Montag, 12. April 1976
Frau Sadat wollte unbedingt eine gewirkte Herrenunterwäsche-
fabrik besichtigen. Unser Protokoll, MR Samsinger, war ausser-
stande, irgendetwas dazu zu sagen. Ich rief deshalb sofort
die Handelskammer Dr. Pichler im Büro Sallinger an und schlug der
Handelskammer vor, man soll Ersatzbetriebe nennen. Herrenunter-
wäsche wird in Vorarlberg erzeugt und der näheste Betrieb ist
in Stegersbach, Burgenland. Wie wir dann mitgeteilt wurde, hat die
Handelskammer sofort erklärt, sie stellt gegebenenfalls einen Hub-
schrauber zur Verfügung, wenn tatsächlich Frau Sadat so weit fliegen
will. Natürlich lehnte sie das ab und begnügte sich dann mit Licona
einer Bekleidungsfirma in Wien. Mit Recht sagte die Sekretärin
von MR Ottahal, die ich um 3/4 9 Uhr anrief. Sagen sie es mir gleich
ich kann es ja selber machen, ansonsten bekomme ich ja auch nur von
Samsinger den Auftrag alles zu erledigen. Das ganze Behördensystem
ist längst reformbedürftig, am meisten aber das Protokoll.
Der Bürgermeister von Enns ruft mich an und fragt was jetzt
endlich mit den 2 Mio. Exportkredit für die Gablonzer geschehen ist,
der Ende April abläuft. Ich hatte seinerzeit sicherlich jemanden
im Büro ersucht, dass man diesen Fall der Verlängerung sofort
in Angriff nehmen soll. Zum Glück konnte ich jetzt von der Öster-
reichischen Kontrollbank, Dr. Castellez, erreichen, der sich mit dem
Dir. Nemecek von der Gablonzer ins Einvernehmen setzen wird und
denen irgendwie helfen resp. Ratschläge geben wird.
ANMERKUNG AN ALLE: Wer hat damals die Gablonzer bei meinem Ennsbesuch
behandelt.
Min.Rat Kurzel und Singer berichten mir, dass die Internationalen
den Bescheid über den Raffinerieabgabepreis zurückgeschickt haben.
Sie erklären, sie hätten keinen-Antrag gestellt, bräuchten keinen
Raffinerieabgabepreisbescheid, weil sie keine eigene Raffinerie haben
Ausserdem müssen sie noch Handelsfunktionen noch zusätzlich erfül-
len, womit der Raffinerieabgabepreis nur für die ÖMV und niemals
für sie bindend sein kann. Kurzel steht allerdings auf dem Standpunkt
den Bescheid haben sie bekommen, ordnungsgemäss die Übernahme be-
stätigt und damit sei er rechtsgültig. Er wird aber mit den Firmen
weitere Verhandlungen führen.
Betreffend des burgenländischen Elektrizitätspreisantrages
der erst am 26.2.76 eingereicht wurde und wo Kurzel und vor allem
Burian glauben, es wäre zweckmässig ihnen 3% zu geben, mache ich
auf die Beispielfolgen und ganz besonders aber auf den internen
Widerstand der Sozialpartner aufmerksam. Hätte Burgenland diesen
Antrag im 74er oder 75er Jahr gestellt, hätte man wahrscheinlich
ihn damals ohne grosse Schwierigkeiten erledigt.Jetzt aber nach dem
1. März sofort jetzt mit 1. Juli eine weitere Erhöhung und dann mit
1. Jänner die dritte Erhöhung zu genehmigen, halte ich persönlich
auch für sehr problematisch.
Minister Weihs möchte jetzt endlich den Akt über die Magermilch-
pulverbeimischung bei Futtermittel. Dadurch kann er 8.000 Tonnen
unterbringen, wenn wir die Rezepturen der Futtermittelwerke ändern.
Er teilt mir mit, dass 1973 sogar angeblich auf unseren Vorschlag
eine solche Vorgangsweise schon einmal gewählt wurde. Damals hätte
das Handelsministerium keine rechtlichen Bedenken gehabt. Jetzt
hat die Bürokratie bei uns wieder einmal entdeckt, dass dies
rechtlich nicht möglich ist. Plesch hat aber jetzt eine For-
mulierung mit der Abteilung ausgemacht, wonach festgestellt wird, dass
die rechtliche Verantwortung beim Landwirtschaftsministerium liegt,
wir aber trotzdem zustimmen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Prüfe, ob tatsächlich wir einmal schon einer
Regelung zugestimmt haben.
Beim Journalistenfrühstück berichtet Hönlinger und Steyrer über
die Herabsetzung der BÜRGES-Zinsen von 9 3/4 auf 9%. Steyrer
aber bringt gleichzeitig aber einen Tätigkeitsbericht und stellt fest
dass in dem I.Quartal eine Verdoppelung der Ansuchen festzustellen
ist. Am meisten freut mich aber, dass jetzt bei der Alt-BÜRGES
560 Fälle mit 90 Mio Zinsenzuschuss und immerhin 245 Fälle mit 40 Mio.
Prämien in Anspruch genommen wurden. Ich mache die Zeitungen noch
einmal darauf aufmerksam, wie interessant und einfach Prämien abzuwik-
keln sind gegenüber von Zinsenzuschuss. Die idealste Lösung wäre,
wenn es tatsächlich gelänge alle anderen Aktionen ebenfalls sowie
die Komfortzimmeraktion und jetzt teilweise die Alt-BURGES auf
Prämien umzustellen. Dies gibt einen viel stärkeren Incentive
und hat scheinbar doch für die Firmen nicht die steuerlichen
schlechten Wirkungen wie sie mir geschildert wurden.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Diese Finanzierungsart sollte man auch in
unsere Industriekommissionsüberlegungen einbeziehen.
Walz berichtete über seine Studie der Beseitigung von Autowracks.
Für mich ist dies ein Gesamtkomplex, wo auch Altöl und Altreifen
dann mehr oder minder geregelt werden müssen. Natürlich kam
sofort die Frage ob dies eine weitere Belastung für den Autofahrer
bedeutet, weil in der Studie auch eine Möglichkeit erwähnt wurde,
dass der Autofahrer eine Kaution beim Kauf vom Auto erlegen muss,
die er dann, wenn er die Bestätigung bringt, dass das Autowrack
entsorgt ist, wieder zurückbekommt. Hier gibt es eine ungeheure
Möglichkeit des Schwindelns, weshalb ich schon aus diesem Grund
dieser Variante keine Chance gebe. Darüber hinaus habe ich natürlich
sofort erklärt, dass noch keinerlei Entscheidung gefallen ist
und dass keinesfalls der Autofahrer jetzt mit neuerlichen Belastun-
gen beunruhigt werden soll. Studien auf allen 3 Gebieten sind jetzt
mehr als genug gemacht, jetzt wird es höchste Zeit dass wir eine
gesetzliche Regelung für Wracks, Öl und Reifen finden, die auch
gleichzeitig die Organisation, die aufgebaut werden muss, regelt.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte diesen Gesetzentwurf oder wenn mehrere
notwendig, diese in absehbarer Zeit jetzt vorlegen.
Die ägyptischen Verhandlungen wurden von Meisl berichtet und es
wurden eigentlich gar keine detaillierten Fragen gestellt, die ich
eigentlich erwartet habe. Da ich Abends dann mit Osman auf Wunsch
des Fernsehens ein Doppelinterview, d.h. ein Pressegespräch führen
musste, konnte ich dort die Detailinformationen dann mitteilen.
Das Mittagessen vom Aussenminister für den niederländischen
Aussenminister Stoel war wieder einmal für meine schlechte Infor-
mation typisch. Bielka meinte, ich würde Stoel kennen, da wie ich
dann später feststellte, dieser der sozialistischen Partei angehört.
Ich vermute dies zumindestens, weil Probst mit ihm per Du war, ich
kam zwar neben dem Aussenminister zu sitzen, habe aber natürlich
über Wirtschaftsfragen mit ihm gesprochen. Mein rechter Nachbar
dagegen war ein Beamter, der längere Zeit an der Wiener niederl.
Botschaft war. Er erzählte mir zwei interessante Probleme in den
Niederlanden. Ein altes Sprichwort sagt, von links hört man nichts
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schlechtes gern, mit anderen Worten, selbst wenn bei der Lockheed-
Affaire was herauskommt, möchte man in der Bevölkerung davon nichts
wissen, sondern irgendwie dies vertuschen oder eben wegen Alter
sowieso in den nächsten Jahren in Pension schicken. Der zweite und
wichtigere Punkt war, dass die internationalen Konzerne in den Nie-
derlanden hart attackiert werden. Zum Mittagessen waren der Direktor
der Unilever und von Philips geladen und mit ihnen unterhielt ich
mich über dieses Problem. Sie bestätigten den niederländischen
hohen Staatsbeamten, der jetzt in Den Haag im Aussenministerium ar-
beitet, dass wir in Österreich hier eine andere Situation haben. Dies
nicht zuletzt deshalb, weil ich mich um eine objektive Geschäfts-
führung des Ministeriums bemühe. Ich unterscheide, und dies erklärte
ich neuerdings, weder schlechte noch brave Unternehmer, ganz egal
ob sie den Multis oder ob sie österreichische Kapitalisten sind,
nicht nach ihrer Gesellschaftsform, sondern eben nach ihrem Ver-
halten der österreichischen Regierung und der gesamten Bevölkerung
gegenüber. Beide Generaldirektoren bestätigten mir, dass diese Ein-
stellung viel dazu beiträgt, dass die Mutterhäuser in Österreich
sehr gerne deshalb sich ausdehnen und expandieren und zusätzliche
Investitionen tätigen. Einmal mehr bestätigt sich meine Theorie dass
sich Wohlverhalten und gegenseitige Achtung ohne dass man Grund-
sätze aufgeben muss, sehr wesentlich zur wirtschaftlichen Ver-
besserung beitragen können.
Die Besprechungen der Verbunddirektoren und der Betriebsräte aller
betroffenen Sondergesellschaften wegen Herabsetzung der Aufsichts-
ratsmitglieder war zwar fraktionell, deswegen aber auch nicht sehr
einheitlich. Alle geben zu, dass wir die Aufsichtsräte reduzieren
können, sollen, ja sogar müssen. Leider wurde so viel Zeit ver-
säumt, dass wir jetzt knapp vor der Ausschreibung der Hauptver-
sammlungen nicht mehr zu einer Absprache mit der ÖVP und den Ländern
kommen können. Da ich aber unter gar keinen Umständen eine Gewalt-
lösung möchte, hat Bandhauer vorgeschlagen, man soll die derzeitigen
Aufsichtsräte automatisch verlängern. Man könne dann immer noch im
Juni oder Juli eine Hauptversammlung einberufen, wo man dann für
alle Sondergesellschaften in jeder einzelnen Hauptversammlung eine
entsprechende Reduktion vornimmt. Eine solche Vorgangsweise er-
scheint mir nicht sehr zielführend. Vor allem musste ich feststellen,
dass die Kärntner nicht bereit waren, Erich Werner noch einmal sein
Mandat auch nur kurzfristig zu verlängern. Ich halte es auch wirklich
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für sehr unzweckmässig. Aus diesem Grund soll jetzt geklärt
werden, wie weit Frühbauer, der neue Präsident der Draukraftwerke
mit der anderen Seite schon Gespräche geführt hat, damit wir
auf alle Fälle, wenn schon nicht von 16 auf 11, so doch auf 14 den
Aufsichtsrat reduzieren. Werner als SPÖ-Mann würde ausscheiden und
es bliebe dann der ÖVP überlassen, wem sie wegnimmt. Bei der Drau
wurde jahrelang nach 70 das Aufsichtsratsverhältnis mit 8 ÖVP-lern zu
7 SPÖ-lern akzeptiert. Erst durch die Zuwahl von Dr. Wais aus meinem
Büro ist es geglückt ein Verhältnis 8:8 zu erreichen. Der Be-
triebsrat Inthal, aber auch sicherlich die Kärntner Partei verlangt
nun, dass auch im Aufsichtsrat die politischen Verhältnisse
wie sie derzeit herrschen, berücksichtigt werden. Damit ist klar.
das sie das Verhältnis, wenn es zu 11 Aufsichtsräten kommen sollte
wie Frank vorschlägt, 6:5 für uns sein müsste. Da ist es aber not-
wendig entsprechende Verhandlungen zu führen. Ich erklärte mich
mit jeder Lösung einverstanden, die keinen Krach auslöst. Mir ist
nur unerklärlich wie man so lange hat entsprechende Vorbesprechungen
Konferenzen, Betriebsräteaussprachen usw. geführt, ohne dass man
zeitgerecht fertig wurde.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: In Hinkunft auch den Terminkalender berück-
sichtigen.
Kreisky wollte vor der Aussprache mit Sadat eine Vorbesprechung.
Staatssekretär Haiden ist wegen dieser Sitzung extra von Tirol he-
reingefahren. Kreisky hat dann zwar keine Beamten, nicht einmal
Schober vom Aussenamt, der sich in Vertretung von Bielka meldete, zuge-
zogen, wohl aber Gen.Dir. Haschek und keine sonstigen Beamten.Kreisky
berichtete, dass er mit Sadat besprochen hat, alles zu tun, damit
er entsprechende Unterstützung auch von Österreich bekommt. Ihm ist
es, wie Kreisky sich ausdrückte, gelungen, Sadat zu überzeugen,
dass er auch für die Bevölkerung sofort entsprechende Konsumgüter
beschaffen muss. Ähnlich wie in Polen will Kreisky damit Überschuss-
güter von Österreich dorthin exportieren. Haiden erklärte sofort
er könne entsprechende Milchpulverlieferungen veranlassen. Die
Frage ist für mich immer nur, wer bezahlt es. Wir haben selbst-
verständlich auch die Möglichkeit Getreide und Zucker zu exportieren.
Für Vieh und Fleisch glaubte ich, nur die Preise würden so ungünstig,
dass grosse Stützungen notwendig sind. Die Ägypter kaufen nämlich
ansonsten mit amerikanischer Unterstützung südamerikanisches
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Paketfleisch, d.h. Gefrierfleisch grösstenteils zur Verarbeitung
was eigentlich wesentlich billiger ist, als Österreichisches.
Kreisky meinte, 3.5 Mia. Schilling würde jetzt Ägypten von Kuwait-
fonds, der ähnlich wie der ERP-Fonds bei uns als Entwicklungsfond aufge-
baut werden sollte. Die Ägypter rechnen also fest damit, dass auch
Österreich sich mit einer Hilfslieferung beteiligt. Die Amerikaner
haben ihm 250 Mio Dollar zugesagt und auch die Deutschen werden
nach der Wahl entsprechende Beiträge leisten. Die Franzosen spezia-
lisieren sich auf Waffenlieferungen. Österreich müsste nun in der
ägyptisch-österreichischen Gesellschaft 50 Mio Dollar Counterpart
bringen. Kreisky meinte, da müsse man noch überlegen, ob die
Banken oder auch Gesellschaften, insbesondere die ÖIAG sich daran
beteiligen soll. Kreisky war sehr erstaunt von Haschek zu hören,
dass die Ägypter 1,8 Mia. Schilling bereits abgeschlossen haben
und daraus Obligo entstanden sind. 2,6 Mia. Schilling würden vier
Verträge ausmachen, die in absehbarer Zeit abgeschlossen werden.
Unter anderem das Tunnelprojekt mit 750 Mio. Weiters sind jetzt
in Besprechungen 4,6 Mia. Schilling-Verträge. Insgesamt würden also
über 9 Mia. Schilling Kredite an Ägypten gewährt werden. Kreisky
meint nun, hier müsste Haschek versuchen, dass auch die Ägypter
wesentliches dazu beitragen. Ich selbst kann nur immer wieder unter-
streichen, dass ich mich mit der Finanzierung nie beschäftigt habe
und nie beschäftigen werde. Dies ist reine Kompetenz des Finanzminis-
ters, der darauf grössten Wert legt. Schön langsam müsste er sich
nämlich den Kopf zerbrechen, wie die Kredite, die wir jetzt mit Staats-
garantie den Osten, aber jetzt auch dann Ägypten geben, jemals zu-
rückbezahlt werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass früher oder
späte die Garantien fällig werden. Dann muss im Budget entsprechend
zur Abdeckung vorgesorgt werden.
Bei der Besprechung hat Sadat gebeten, man soll jetzt bilaterale
ägyptisch-österreichische Probleme erörtern. Ägypten befindet sich
in einer Krise. Sadat hat 6 arabische Länder besucht, bevor er
nach Europa ging.Diese haben ihm jetzt einen Entwicklungsfond für
5 Jahre versprochen. Daran beteiligen wird sich Saudi-Arabien.
die Golfstaaten, Kuweit, Katar und Bahrain. Mit der Gemischten
Gesellschaft mit jeweils 50 Mio Dollar ägyptischer und 50 Mio Dollar
österreichischerseits könnte Österreich das Tor zu Europa sein.
Er möchte unter allen Umständen, dass Österreich viel stärker in
Erscheinung tritt als bis jetzt. Die Projekte ägyptischerseits haben
folgende Priorität: Erstens Agrarprodukte, um die Bevölkerung besser
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zu versorgen, zweitens alle Notwendigkeiten, die sich durch die Ver-
tragskündigung mit der UdSSR ergeben und drittens Wiederaufbau
Infrastruktur, Siedlungen und Städte und ganz besonders der Tunnel.
Kreisky erwiderte zu Punkt 1, dass wir dort wo eine quasi öffent-
liche Bewirtschaftung erfolgt helfen könnten. Er forderte Haiden auf
zu berichten. Dieser meinte, ausser Milchpulver käme doch auch noch
Getreide und Zucker sowie Rindfleisch und Schlachtrinder in Be-
tracht. Kreisky meinte beim letzteren, sofort meinen Einwand, wenn
dies preislich einigermassen geht. Haiden erwähnte dann noch die
Musterfarm und empfahl auch noch eine Besamungsstation. Schnitt-
holzexporte könnten die Staatsforste direkt mit Ägypten abschliessen
Auf diesen Vorschlag ist allerdings gar niemand eingegangen. Zum
Punkt 2, Kündigung des Freundschaftsvertrages mit der UdSSR und
dadurch halbfertige Anlagen meinte Kreisky, man würde eine Delegation
österreichischer Fachleute schicken. Zu Punkt 3, Wiederaufbau und
Infrastruktur, sei am weitesten fortgeschritten und er ersuchte mich
die Projekte zu erläutern. Sadat wies immer wieder darauf hin,
dass wir schnell im Einzelfall das Projekt abwickeln sollten. So
fragte er Osman, warum der Tunnel noch immer nicht im Auftrag ge-
geben ist. Osman erklärte, er müsse die internationale Jury fragen,
da sich 7 Länder beworben haben, Österreich aber jetzt an der Spitze
liegt. Sadat meinte so schnell als möglich beginnen. Vizepr. Sultan
verwies auch auf die Möglichkeit einer Kooperation und joint venture
bezüglich Elektroausrüstungen wie Kabel, Schalter usw. Ich erklärte,
dass wir dieses Projekt Samstag zum ersten mal gehört haben und dass
wir jetzt die Firmen davon verständigen werden. Zaki, unser Über-
setzer, hörte, wie Sadat und Sultan dann sprachen und meinten auch
Jugoslawien hätte sich bereiterklärt, für diese Kooperationen und
joint venture sehr interessiert, die werden aber jetzt zurückge-
stellt, wenn Österreich dies macht.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte über Fachreferat und ganz besonders
Meisl die entsprechenden Schritte sofort unternehmen.
Kreisky erörterte die neue ägyptisch-österreichische Gesellschaft
Er meinte, dies müsse eine Relaisstation sein, die eine bankähnliche
Institution ist, die aber auch Planung und Vermittlung von Plänen
und vor allem aber auch die Verwirklichung der Projekte durch
diese Gesellschaft garantieren soll. Sadat betonte neuerdings
die 50 Mio. Dollar würden die Ägypter sofort zur Verfügung stellen
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und sie wären bereit allen Überfluss an Produkten, die wir haben
sofort abzunehmen.
Anschliessend sollten Sadat und Kreisky eine Pressekonferenz und
insbesondere eine Fernsehübertragung machen. Beide kamen dann
aber, als sie beim Fernsehen, wo Osman und ich bereits sassen,
vorüberkamen, und erklärten übereinstimmend, dieses Geschäft sollen
die Beiden machen. Ich konnte natürlich nur über die Projekte
die im einzelnen von mir auch bei der Sitzung bereits erör-
tert wurden globale Informationen geben und habe ganz besonders auf
die Idee Kreiskys mit der Gemischten Gesellschaft, die die Finan-
zierung durchführen müsste, verwiesen. Was mir unerklärlich ist,
wie die finanzielle Abwicklung in Hinkunft stattfinden soll. Die
Ägypter werden teils Kredite, die sie von den arabischen Staaten
haben einsetzen, grösstenteils aber damit rechnen, dass wir ihnen
die entsprechende finanzielle Hilfe gewähren. Die Rückzahlung oder
wie Haschek zwar falsch, aber treffend sagt, der Cashflow muss
erst mit Ägypten mit ihm vereinbart werden. Da sich Dr. Zaki, unser
Übersetzer und, wie ich glaube, auch äusserst guter, ökonomisch ge-
bildeter Mann mit besten Beziehungen zu Ägypten, für diese Gemischte
Gesellschaft interessiert, werde ich versuchen ihn näher mit
Haschek in Kontakt zu bringen. Die beste Lösung wäre, wenn er ge-
meinsam mit Haschek nach Ägypten fahren könnte.
ANMERKUNG FÜR MEISL: Bitte um Ihre Vorstellungen.
Abends war mit 3 Lagen vorgesehen, die Ägypter in die so gewünschte
Oper zu bringen. Zu meiner grössten Verwunderung ist dann weder
Sultan, noch Osman mit seiner Frau, noch Chafei gekommen. Die
Ägypter teilten mir dann mit, sie müssten bei Sadat bleiben, weil
dieser eine Besprechung mit ägyptischen Journalisten überraschend
einberufen hatte. Vielleicht war der grosse Fehler, dass nicht
gleichzeitig auch von uns die Frau Sadat für die Oper eingeladen
wurde. Dabei war sowieso ein grosser Fehler passiert. Die Opern-
karten wurden dem ägyptischen Protokoll von MR Ottahal übergeben,
der wusste nichts von den Vereinbarungen und den Wünschen der
Wirtschaftsminister und wollte die Karten dann nach irgendwelchen
Protokollgesichtspunkten verteilen. Im Endeffekt wäre es aller-
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dings ganz egal gewesen, weil die Minister und Staatssekretäre,
die ich eingeladen hatte und die kommen wollten, sowieso nicht kommen
konnten. Mit Ägyptern ist es wirklich schwer irgendwelche Verein-
barungen zu treffen. Alles wird dort scheinbar immer improvisiert.
Ich habe nichts gegen Improvisation, im Gegenteil ich
handhabe dieses System auch meistens. Voraussetzung dafür ist nur, dass auch
beim Improvisieren ein gewisses System herrscht. Dies habe ich bei den Ägyptern
grösstenteils vermisst. Sowohl bei meinem Besuch als auch bei der Anwesenheit
von 3 Ministern, die ich jetzt schon Gelegenheit gehabt habe, manche sogar
schon zwei-mal in Österreich zu empfangen.
Tagesprogramm, 12.4.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)