Donnerstag, 20. Mai 1976
In der Fragestunde im Parlament wickelte ich die 3 Fragen
mit den etlichen Zusatzfragen nicht einmal in 15 Minuten ab. Ich
bin neugierig, ob sich einmal bei mir die Opposition beschwert,
oder vielleicht gar dagegen protestiert, dass ich eigentlich sehr
schnoddrige Antworten gebe. Dadurch dass ich bei der ersten Fragebe-
antwortung sofort nur mit womöglich ja oder nein antworte, verliert
der Anfragende mit seinen 2 Zusatzfragen die erste gleich, indem
man neuerdings auf ein spezifisches Problem hinweisen muss. Da er
ja nur 2 Zusatzfragen hat, nehme ich ihm die Chance, zu tief in
die Materie einzudringen oder mich durch Detailfragen in Schwierigkeiten
zu bringen. Mich wundert dass die anderen Minister dieses System nicht
auch schon längst anwenden. Scheinbar stehen sie auf dem Standpunkt
es ist zweckmässiger bei der ersten Frage schon alles lang und breit
zu erklären. Bei den Zusatzfragen mache ich dann oft Zugeständnisse
indem ich erkläre, jawohl das werde ich prüfen oder ich werde das
Entsprechende veranlassen, womit ja der Anfragende meistens sehr
einverstanden resp. zufrieden ist. Bei mir gibt die Fragestunde für
die Opposition eigentlich kaum etwas her. Umso wichtiger erscheint mir,
dass meine Versprechen dann auch eingehalten werden.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die konkreten Zusagen der Abteilung schicken
damit sie auch tatsächlich durchgeführt werden.
Bei der Zweigstellenleitertagung der Österreichischen Fremdenver-
kehrswerbung waren auch alle Bundesländer vertreten. Alle sprachen
mir den Dank aus, dass ich mich so um den Fremdenverkehr bemühe.
Vor allem ist es für diese Leute immer wieder überraschend, wie viel
Zeit ich mir für ihre Probleme nehme. Zuerst beabsichtigte ich
nur 3/4 Stunden dort zu bleiben weil das Tagesprogramm vorgesehen
hatte, dass ich bei der Vertragsunterzeichnung über zollfreie Einfuhr
von handwerklichen Waren aus der Türkei anwesend sein sollte. Na-
türlich habe ich mich dann vielmehr für die Fremdenverkehrsprobleme
interessiert und erklärt, ich bleibe lieber hier. Dies löste wieder
einen Beifallssturm aus. Ich konnte mir nicht verkneifen zu sagen,
denken sie bitte nicht, ich hätte dies so arrangiert, um neuerdings
mich bei Fremdenverkehrsvertretern beliebt zu machen. Mehrere Probleme
wurden aufgezeigt und Würzl, der den Vorsitz führte, hat so wie ich
alles feinstsäuberlich notiert, damit wir diese Probleme beim
31-0639
Österreichischen Fremdenverkehrstag im Burgenland im einzelnen genau
besprechen und ein entsprechendes Programm dann für die nächsten
Jahre entwickeln. Mit Jagoda und Würzl habe ich schon vereinbart,
dass in Arbeitsgruppen gearbeitet wird. Nur eine Arbeitsgruppe die sich
mit Verkehrsfragen beschäftigen sollte, erklärte ich gleich, würde
sehr unzweckmässig sein. Hier müssten wir nämlich mit dem Verkehrstag
von Lanc irgendwie kollidieren. Da ich dies aber unter allen Umständen
vermeiden möchte, habe ich erreicht, dass diese Arbeitsgruppe nicht
eingesetzt wird. Neu für mich war, dass Würzl dann strengst vertraulich
den Fremdenverkehrsverantwortlichen mitgeteilt hat, dass jetzt bereits
von den Orten und von den Hotels 2/3 der Fragebögen eingelangt sind und
man, bevor noch computermässig ausgearbeitet, jetzt schon sagen kann,
dass eine flaue Sommersaison wird. Würzl sagt maximal wird eine Stag-
nation gegenüber dem Vorjahr zu erreichen sein. Ich teile diese Mei-
nung nicht, weil ich annehme, dass eben die Touristen, welche über
kein Reisebüro kommen, die vor allem nicht, auch wenn sie es privat
machen, vorher sich anmelden, von Jahr zu Jahr stärker werden. Ich habe
diese differente Meinung klar und deutlich dort zum Ausdruck gebracht
und war sehr froh, dass es zwischen Würzl und mir einen Gegensatz gibt,
damit die andere Seite sieht, ein Beamter kann jederzeit frei seine
Meinung äussern. Alle stimmten mit mir überein, dass seit dem schweren
Rückschlag im Jahre 1974 und seit der August-Sitzung in Innsbruck
alle Massnahmen zweckmässig gewesen sind und zielführend einen weiteren
Aufstieg des Fremdenverkehrs erwirkt haben. Sollte tatsächlich eine
flaue Sommersaison sein, dann passt es sehr gut, dass wir im September
den Fremdenverkehrstag in Burgenland haben. Wir müssen dann genauso.
wie ich dies im August in Innsbruck getan habe, diesen Rückschlag oder
die Stagnation dazu benützen, um zu sagen wieder neue Ideen, wieder
mehr Einsatz im Fremdenverkehr wie im August 1974, damit es auch 1977
und die weiteren Jahre wieder aufwärts geht.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Unsere Politik in den nächsten Monaten muss sich
bereits auf dieses Ereignis und die Sommersaison einstellen.
Unser Handelsdelegierter in Moskau, Canisius, kam ganz überraschend
und ersuchte mich, ich sollte auf Kreisky einwirken, damit er einen Brief
Kosygin schreibt. Melnikow, der Generaldirektor von Prommaschimport
hat ihm strengst vertraulich, aber doch andeutungsweise mitgeteilt,
dass die UdSSR und zwar nicht nur die Regierung, sondern auch das
Zentralkomitee sich mit der Pelleteiranlage Kostamus beschäftigen wird.
Dieses grosse Projekt möchte die VÖEST seit Jahren schon bekommen.
Jetzt besteht angeblich die Absicht, es gegebenenfalls in der UdSSR
selbst zu bauen, Auch die Gasaufbereitungsanlage wird jetzt spruchreif.
Ich habe in Nairobi, wie ich Canisius mitteilte, über unsere Lie-
ferungen mit Patolitschew verhandelt. Canisius sagt aber mit Recht,
mein Niveau ist schon zu nieder, wenn Kreisky aber schriftlich inter-
veniert, dann wir Kosygin sich mit diesem Problem in der Regierung
und wahrscheinlich auch im Zentralkomitee beschäftigen. Ich habe so-
fort Gehart davon verständigt und versprochen, dass Wanke einen Brief-
entwurf bei der Freitagsitzung mitbringen wird.
Die Besprechung mit den Rumänen zeigt mir, dass Avram von dem Besuch
sehr befriedigt ist. Er hat Gelegenheit gehabt mit Firmen Kontakt auf-
zunehmen und zwar nicht nur in Wien mit den Vertretern, sondern
in den Bundesländern bis nach Innsbruck Mit dieser Methode hat
er die einzelnen Vorschläge seiner Fachleute und vor allem der Direk-
toren seiner Werke detaillierter besprechen können und gleichzeitig
Vorverträge abschliessen können. Da ich vorher zum grössten Teil mit
den Firmenvertretungen selbst gesprochen habe, wusste ich schon, dass
diese entweder bereit waren tatsächlich zu Abschlüssen zu kommen, wie
z.B. Heid, SGP, Steyr-Daimler-Puch, Swarovski usw. oder wie die VÖEST,
die sehr verärgert war die Gelegenheit nützte um den Rumänen ihre
Meinung zu sagen. Koller mit dem ich bei den Ungarnempfang persönlich
mich lange und breit auseinandergesetzt habe, wollte mit Recht Avram
zeigen, dass man so mit ihr nicht umgehen kann. Ein Syrien-Projekt
wo sich die Rumänen und die VÖEST zuerst als Konkurrenten gegenüber
standen, wurde von den Rumänen mit einem 20 %-igen billigeren Preis
erobert. Jetzt soll die VÖEST bei der Durchführung einen Auftrag von
15 bis 17 Mio Dollar bekommen. Die VÖEST verlangt, wenn sie überhaupt
jetzt einsteigt, eine genaue Spezifikation und Preisliste der Lie-
ferungen. Koller sagte mir mit Recht, er denkt nicht daran, jetzt bei
diesem schlechten Zuschlag womöglich auch durch billige Preise mit
einzusteigen. Am Abend gelang es mir beim Empfang in der rumänischen
Botschaft mir den Vertreter der VÖEST Rohner und Avram und seinen Gene-
raldirektor, die Beizanlage mit fast 27 Mio. Schillingen weitestgehend
zu vereinbaren. Avram wollte am liebsten abschliessen, hat aber auch
grosse Schwierigkeiten mit Detaileinwendungen von seinen Generaldirek-
toren fertig zu werden.
Die rumänische Seite hat auf unsere Vorhalte wegen der Billigpreise
sehr detaillierte Offertpreise und Mengeninformationen von Liefe-
rungen anderer Staaten gehabt. Insbesondere bei Socken, Elektromotoren
und kalzinierte Soda haben sie scheinbar aus der Aussenhandelsstatis-
tik von uns genau nachgewiesen, welche Länder grössere Mengen und
noch billiger Preise haben. Fälbl behauptete mir gegenüber, dass
diese Billigsteinfuhren nicht stattgefunden haben, weil wir sie im
Vidierungsverfahren nicht genehmigt haben. Wenn dies der Fall war,
dann wäre es unmöglich, dass die Rumänen die Mengen und die Preise der
Lieferländer wissen. Es muss deshalb, um beiden Beispiel der Socken
zu bleiben, tatsächlich Einfuhren unter 4.90 – 5.00 Schilling von
anderen Ländern stattgefunden haben.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte setze Dich mit den Statistikern und Fach-
verband ins Einvernehmen, um dieses für mich unerklärliche Phänomen
zu erklären. Die Preise findest Du auf der Tagesordnung der Rumänien-
Verhandlungen.
Erich Schmidt vom Gewerkschaftsbund hat aus eigener Initiative
und dies rechne ich ihm sehr hoch an, Besprechungen mit Blümel und
mir wegen der Beschickung der Fonds aufgenommen. Da er selbst, resp.
Tumpel jetzt gerne in die Fonds einziehen möchte, wogegen ich gar
nichts einzuwenden habe, suchte er mit Recht bei uns als Verbündeten
zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Wir einigten uns auch
sofort über die notwendigen Nominierungen. Natürlich kam wieder das
Gespräch, wer anstelle des jetzt Gott sei Dank jetzt wegen Alters
ausscheidenden Geschäftsführers Schnabl, in den Getreidefond ent-
sendet werden soll. Plesch, der vorher dafür vorgesehen war, und
der solange er beim Landwirtschaftsminister arbeitete diesen Posten
auch mit aller Gewalt anstrebte, er hatte ach meine Unterstützung,
möchte jetzt trotz neuerlicher Aussprache, die ich mit ihm hatte,
unbedingt bei uns bleiben. Ich habe Plesch darauf aufmerksam gemacht,
dass dies für ihn sicherlich einen finanziellen Verlust, zumindestens
in der nächsten Zeit bedeutet. Plesch möchte aber unbedingt seine
Tätigkeit bei uns fortsetzen. Ich habe eigentlich nicht geglaubt,
dass Arbeitsklima, Aufgaben und halt kollegiales Zusammenarbeiten
von meinen Mitarbeitern so geschätzt wird. Früher oder später hat
natürlich jeder dann die Chance, eine gute Karriere zu machen, weil
ich auf dem Standpunkt stehe, wenn jemand schon sich profiliert hat
und dies kann er in einem Sekretariat natürlich viel mehr als irgendwo
31-0642
anders, dass man dann schauen muss, ihm in entsprechende Positionen
zu bringen. Bis jetzt ist dies auch meistens geglückt. Diese Politik
führt vielleicht auch dazu, dass jeder das Gefühl hat, ich lasse ihm
bestimmt nicht hängen und jetzt hat jeder alle Chancen sich frei
entfalten zu können. Ich hoffe, dass auch in Hinkunft diese gute
Zusammenarbeit, dieses Klima und nicht zuletzt auch die Arbeitsfreude
bei allen erhalten bleibt.
Tagesprogramm, 20.5.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)