Persienreise vom 30.5. – 3.6.1976
Der Bundespräsident hat vor längerer Zeit Kreisky ersucht, in seine
Begleitung auch einen Minister für Wirtschaftsfragen mitzugeben.
Kreisky hat darauf ausweichend geantwortet und denselben Wortlaut,
den Kirchschläger an ihn schrieb, auch in seinen Antwortbrief verwendet.
Kreisky hat mir überhaupt nichts gesagt, scheinbar wollte er sich
offen lassen wem er mitschickt. Ich erfuhr dann von Kirchschläger
durch reinen Zufall eigentlich ziemlich knapp vor dem Termin, dass
er doch dann mit ihm vereinbart habe, dass ich mitfahren solle. Für
mich sind diese Staatsbesuche aus einigen Gründen sehr angenehm.
Ich hatte damals, als ich Jonas nach Italien und Frankreich begleitete,
doch die Möglichkeit mit einigen Wirtschaftsministern Kontakt aufzuneh-
men. In Frankreich z.B. mit Giscard D'Estaing, was wahrscheinlich, wenn
ich allein in dieses Land fahren werde kaum zustande gekommen wäre.
Ausserdem macht ein solcher Staatsbesuch einen starken optischen und
propagandistischen Eindruck. Meistens begleiten doch eine Handvoll
von Journalisten und Redakteuren des ORF und Fernsehens den Bundes-
präsidenten. Nicht dass ich diese Publicity bräuchte, im Gegenteil
ich muss dort immer sehr aufpassen, dass nicht schlaue Journalisten
mich aus meinen reservaten Meinungen und Ideen herauslocken. Ein
typisches Beispiel dafür war der Kronenzeitung-Redakteur Mahr. Es ist
üblich, dass der Bundespräsident früher oder später doch schlafen geht
und dann die Redakteure, weil sie grosses Interesse daran haben viel
zu erfahren, die Minister ausquetschen. Mahr ist ein besonders raffi-
nierter Redakteur, der unter anderem zustande gebracht hat, dass der
Schah ihm ein Sonderinterview gewährte. Als er nach einer Besprechung
beim Bundespräsidenten sich wegen angeblich 5 Minuten Information
anmeldete, hatte er die Frechheit zu sagen, er käme als Vertreter der
anderen Redakteure. Auf alle Fälle ist bei Mahr Vorsicht geboten.
Mich wollte er ködern, indem er erklärte, ob ich nun jetzt nach Gratz
Bürgermeister von Wien werde, oder nach Benya Gewerkschaftspräsident.
Für ersteres sagte er gebe es gar keinen anderen Mann und als Gewerk-
schaftspräsidentnachfolger hätte ihm Benya in einer sechsstündigen
Aussprache mich selbst vorgeschlagen. Ich erwiderte sofort, dass sei
nicht die Art von Benya und verwies beide Vorschlage in die Kombina-
tionsbereiche der Redakteure. Was Mahr wollte, er wollte nur meine Meinung
zu beiden wissen, um dann entsprechende Kombinationen anzustellen und
sicherlich wieder weitere Aussagen von anderen dazu zu bekommen und
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somit seine Story zu bauen. Diese Freude machte ich ihm nicht, denn
ich halte jetzt schon die Informationspolitik an einzelne Redakteure
zu gefährlich, falsch und letzten Endes gar nicht der Sache dienend.
Ich werde deshalb nach wie vor an unseren Frühstückspressegespräch
festhalten, auch dann wie beim letzten mal, wenn nur 3 Redakteure er-
scheinen, was sicherlich auf den anderen Tag und die Zeitverschiebung
zurückzuführen war. Der Bericht über Iran bei diesen Pressefrühstück
konnte und musste spärlich ausfallen, weil eben schon die Redakteure
aus Iran selbst entsprechende Meldungen geschickt hatten. Die APA
war ja mit dabei und so haben alle Zeitungen die Information bekommen.
Interesse erweckte die Einstellung des Schah zum OPEC-Sitz in Wien.
Kirchschläger hat unter vier Augen, wie er uns dann berichtete, dieses
Thema eingehend mit dem Schah besprochen. Dieser erklärte ihm, letzten
Endes entscheidet dies nicht Amusegar sondern er selbst. Der Iran
kann nicht aktiv werden, wohl aber wird er eine wohlwollende neutrale
Stellungnahme zu diesem Punkt in der OPEC einnehmen. Die Behauptung
des Yamani, Saudi Arabien, dass Iran insbesondere von Wien weg will,
wurde ausdrücklich verneint. Amusegar selbst äusserte sich zwar
auch gegenüber dem APA-Vertreter Dr. Schönberger nicht positiv. Meine
Frau kam beim Galadinner neben ihm zu sitzen. Während des halben Essen sprach
er kein Wort, weil er nur in Englisch und Französisch redet, obwohl wie
sich dann herausstellt, er auch sehr gut Deutsch konnte. Seine Frau ist
eine Deutsche, die auf Österreich nicht gut zu sprechen ist. Bielka er-
zählt, dass eine Österreicherin einen höheren Hofbeamten geheiratet hat,
die wieder mit der Frau des Amusegar ständig in Konflikt ist, nicht
zuletzt wegen ihrer unangenehmen Art. So spielen Hofkamarillen in
die diffizilsten Fragen der Politik. Was für mich wirklich ein Er-
folgserlebnis war, dass wir das Galadinner nicht im Frack absolvieren
mussten. Ich hätte so wie so unter gar keinen Umständen mir einen aus-
geborgt und für mich war dies gar keine Streitfrage. Ich war nur
sehr erstaunt, als mich Bielka informierte und sich bei mir herzlichst
bedankte, dass mein intransigenter Standpunkt ihnen ersparte, mit
diesem unmöglichen Kleidungsstück, behangen mit den Orden, einen
Abend in Hitze verbringen zu müssen. Auch alle bedankten sich herzlichst
bei mir. Ich erfuhr dann von Kirchschläger selbst, der mit dieser Ent-
scheidung allerdings nicht sehr glücklich war, wie sich die ganze
Sache zugetragen hat. Die Protokolls hatten selbstverständlich Frack
und Orden vereinbart, als bekannt wurde, dass ich nicht einen Frack an-
ziehe. Darauf erklärten die Hofschranzen resp. das Protokoll, dann würde
ich nicht eingeladen werden. Dies veranlasste Kirchschläger zu ent-
scheiden, dann geht keiner zu den Dinner. Worauf glaube ich, dies
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dann letzten Endes dem Schah vorgetragen wurde, der dann entschied,
dann halt keiner. Alle anderen waren mir wirklich dankbar, Kirchschlä-
ger allerdings meinte nur, dadurch würde das Dinner auf das Ostniveau
gedrückt werden. Die Oststaaten-Minister kommen nämlich angeblich auch
niemals im Frack. Für die Redakteure war dies natürlich jetzt ein gefun-
denes Fressen und ein guter Gag. Ebenso hat meine Auskunft ihnen ge-
passt, teilweise sicherlich sogar imponiert, als man fragte was eigent-
lich jetzt Kirchschläger und der Aussenminister und ich jetzt in dieser
Delegation zu machen habe. Ich erklärte sofort, die beiden machen die
grosse Politik und ich das Gröscherlgeschäft. Tatsächlich hat aber
Kirchschläger zu meiner grössten Verwunderung, Freude, aber auch
Überraschung beim Schah-Arbeitsgespräch sehr wohl an meine Informationen
und Unterlagen benützt, um auch die einzelnen Projekte vorzutragen.
Dies erschien mir deshalb sehr wichtig, weil das optisch ein sehr gu-
tes Bild gibt, zweites vielleicht doch in einem oder anderen Fall die
Möglichkeit zu sagen, beim Schah wurde dieses Projekt besprochen und
drittens einmal aber damit bewiesen ist, dass ich sehr wohl bei diesen
Verhandlungen eine gewisse Funktion zu erfüllen habe. Kirchschläger selbst
wieder war sehr erfreut, diese Aufstellung in Englisch von mir vorzufinden
weil er dadurch wirklich einen Gesprächsstoff für die zwei Stunden dau-
ernde Aussprache hatte. Der Schah zeigte sich den österreichischen
Wünschen sehr aufgeschlossen. Immer wieder verwies er den anwesenden
Handelsminister Taslimi das Problem mit mir noch zu besprechen. Auch der
ehemalige Handelsminister Mahdavi war anwesend, er ist jetzt Minister
ohne Portefeuille würden wir sagen, begleitete den Bundespräsidenten,
ist derzeit Generalsekretär-Stellvertreter der iranischen Einheits-
partei und hofft beim nächsten Parteitag in ein paar Monaten zum Gene-
ralsekretär gewählt zu werden. Bis jetzt hat diese Funktion der Minister-
präsident Hoveyda in Hinkunft soll sie aber getrennt werden. Angeblich
ist Mahdavi eigentlich nicht rauf, sondern hinunter gefallen. Dem
Handelsressort untersteht auch eine Einkaufsorganisation und dort
wurden Zuckerrechnungen bei steigenden Weltmarktpreisen später gelegt,
als der tatsächliche Einkauf erfolgte, wodurch die Beamten sich einen
entsprechenden Schwarzgewinn für ihre Taschen verschafften. Es gab einen
riesen Gestank und Mahdavi, obwohl er persönlich gar nicht davon
involviert ist, musste den Posten räumen. Der neue Handelsminister
Taslimi ist der ehemalige Generaldirektor der IDRO, Industrial
Development and Renovation Organisation, einer mächtigen Wirt-
schaftsvereinigung. Die Aussprache mit ihm zeigte ihn dann als
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harten Verhandler, der allerdings auch ein sehr grosses Wohl-
wollen gegenüber Österreich hat. Er liess sich alle Projekte
im Detail vortragen, fragte dann immer mit Recht, was kann ich
dazu beitragen, zusammenfassend aber am Schluss meinte er, was
Österreich oder ich dazu beitrage, um den Export Irans nach Österreich
zu verstärken. Die Ziffern sind verheerend, zum Glück geht das
iranische Wirtschaftsjahr so, dass das 1. Quartal immer noch im
alten Jahr drinnen ist. Im 1. Quartal 1975 haben wir noch 287 Mill.
importiert, im 1. Quartal 1976 nur mehr 91 Mill. Unser Export
ist dagegen von 266 Mill. auf 520 Mill. gestiegen. Wenn diese
Tendenz anhält, wird – davon bin ich überzeugt, die iranische Seite
früher oder später auch ihre Importe aus Österreich bremsen. Die
Öleinkommensüberschüsse, die es im vergangenen Jahr gegeben hat,
gibt es heuer scheinbar nicht. Das Staatsbudget mit ca. 40 Mia. $
ist jetzt das erste Mal mit 2 Mia. $ wieder defizitär. Der Aufbau
in Teheran im Vergleich zu drei Jahren vorher ist allerdings merklich
sichtbar. Auch in der Industrieproduktion kann man grosse Fort-
schritte feststellen. Kirchschläger fand doch noch Zeit, er
flog mit dem Hubschrauber in das 140 km entfernte Industriezentrum
Chazvin um das Böhler-Werk zu eröffnen. Böhler baut mit einem
iranischen Privaten eine Pressluftwerkzeuge-Fabrik, die feierlich
eröffnet wurde. Der Industrieminister Najmabadi fuhr mit einem
Auto zu dieser Eröffnung und ich habe sofort auf den Flug ver-
zichtet, um die drei Stunden zur Aussprache mit ihm zu benützen.
Najmabadi ist sehr Österreich-freundlich, nicht zuletzt auch
wahrscheinlich weil der Schah dies mehr oder minder aus aussen-
politischen Gründen wünscht und hat mir daher einige gute Informatio-
nen gegeben, die ich selbstverständlich dann sofort dem Handels-
delegierten und unserem Botschafter mitteilte. Die Wienerberger
Baustoff möchten ein 50:50-Partnerschaftsverhältnis mit privaten
iranischen Investoren. Er erklärte mir sofort, das sei unmöglich,
die maximale Beteiligung könnte 30 % sein und nach 5 Jahren
Aktivität müssten dieser Prozentsatz auf 15 % reduziert werden,
die anderen 85 % werden an Private verkauft werden müssen. Die
österreichischen Firmen beklagen sich weiters, dass sie für das
Know-how nicht entsprechende Verzinsungen, Lizenzen oder Gewinn-
anteil bekommen. Sie möchten gern 8 %. Najmabadi erklärte dezidiert,
das sei ein Wahnsinn, in den meisten Fällen würde gar nichts bezahlt
und wo es sich wirklich um bedeutendes technisches Know-how
handelt, wird maximal 2 % von den Iranern in Aussicht genommen.
Geschickte Firmen allerdings, das hat er nicht gesagt, wird es
aber sicherlich wissen, handhaben das ganze System anders. Böhler
wird z.B. noch immer Ersatzteile für die Pressluftwerkzeuge
liefern. Zu welchem Preis bleibt ganz Böhler überlassen. Der
iranische Partner, ein Freund von Najmabadi, mit der gemeinsam
jahrelang als Ministerialbeamter zusammengearbeitet hat, bevor der
eine Minister und der andere Unternehmer wurde, ist mit dieser
Lösung sicher sehr einverstanden. Beide sind damit zufrieden.
Böhler bekommt höhere Preise und er bekommt mehr oder minder dann
in Österreich ein Konto, da er, davon bin ich überzeugt, sicherlich
beteiligt wird. Der Vorteil einer iranischen Produktion zeigt
sich an Böhler deutlich. Die letzte Maschine ist erst vor drei
Tagen gekommen, es wurde noch kein einziges Stück von Press-
lufthämmern dort erzeugt. Wenn die Produktion anläuft, werden erst
Teilfertigungen erfolgen. Seit Wochen aber ist bereits die Einfuhr
von Pressluftwerkzeug nach Iran gesperrt. Atlas Copco, die grosse
Pressluftfirma, die wesentlich stärker als Böhler ist, hat deshalb
keine Möglichkeit mehr, eine der zehn Typen, die Böhler einmal erzeugen
wird, jetzt noch nach Persien zu liefern. Atlas Copco hat deshalb
seine Vertretung auf diesem Gebiet, wie mir Gen.Dir. Bayer mitteilte
bereits aufgelassen und seine Abteilung geschlossen. Dieses Bei-
spiel zeigte mir deutlich, dass andererseits österr. Exporteure wie
z.B. SGP mit ihren Waggonlieferungen, genauso behandelt wird,
wenn sie nicht ein Joint venture mit iranischen Waggonfabriken
macht. Ich habe wegen der 50 neuen Personenwaggons, die SGP –
Dir. Ziegler war anwesend – bei den iranischen Eisenbahnen offertmässig
abgegeben hat, neuerdings interveniert. Ziegler war darüber sehr
befriedigt, meinte allerdings, es wäre gut gewesen, wenn der Schah
einen Auftrag gegeben hätte. Dass dies nicht möglich ist, hat er
dann selbst eingesehen, denn Kirchschläger konnte natürlich nicht so
insistieren, dass der Schah womöglich verärgert gewesen wäre.
Ebenso unterblieben beim Schah-Gespräch die Intervention wegen der
Nachzahlung für Bauarbeiten, die Porr wünscht. Porr hat zu einem
Fixpreis abgeschlossen und hat nun eine Nachforderung von 1 Mia. Rial.
420 Mill., das sind ungefähr 110 Mill. S, werden derzeit konkret
gesprochen. Ich habe allen zuständigen Ministern, Finanzminister An-
sari, der ebenfalls erklärte, wenn ich Schwierigkeiten habe, soll ich
mich nur an ihn wenden, dem Industrieminister insbesondere das
Projekt genau erörtert und ein Aide-Mémoire übergeben. Najmabadi
meinte, Porr müsse unbedingt das Projekt weiterbauen, nur so könne
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es zu einem Teil des Geldes kommen. Ich habe dann auch mit den
anderen Ministern diesen Wunsch besonders besprochen und den Porr-
Vertretern, die zum Österreich-Abend gekommen waren, dann Detail-
informationen gegeben. Auch den Dr. Walter, der in der Porr AG
dafür verantwortlich ist, setzte ich die Gründe auseinander, warum
es besser war, dass der Bundespräsident beim Schah diese Frage
nicht angeschnitten hat. Sicher hätte der Schah gefragt, wieso
es zu dieser Forderung gekommen ist, die Begründung, alles wurde teu-
rer, hätte er sofort gesagt, trifft auch für die iranischen Export-
güter zu und auch dort ist man nicht bereit, z.B. höhere Ölpreise
zu bezahlen. Die zweite Behauptung, dass durch die Infrastruktur-
mängel die Lieferung später erfolgte, hätte keinesfalls diese
1 Mia. Rial ergeben. Hätte daher de Schah negativ auch nur sich geäus-
sert, wäre kein Minister mehr bereit gewesen, auch nur 1 Rial mehr zu
bezahlen. Was die Iraner wünschen, ist klar. Sie wollen technisches
Know-how, sie wollen Joint venture, sie wollen Kooperationen, wo
immer iranische Firmen und Arbeitskräfte eingeschaltet werden.
Hier gibt es für österreichische Firmen, siehe Böhler, Möglichkeiten.
Der Nachteil ist und dies konnte ich wieder feststellen, dass immer
wieder nur gigantische Projekte für Iran von Bedeutung sind. Anstelle
eines Edelstahlwerkes, das Böhler eventuell bereit wäre, wie ich
bei meinem ersten Besuch vor drei Jahren feststellte, mit dem
Arsenal, das ist die Militärverwaltung, gemeinsam zu machen, ist
jetzt ein 150.000-t-Projekt mit den Franzosen geworden. Ich ver-
suchte, so wie überall, den Iranern die Politik der kleinen Schritte
der mittleren und kleinen Projekte, die auch wirklich finanziert
werden können und die dann auch arbeiten werden, näherzubringen.
Teils mit Erfolg, teils allerdings ohne Erfolg. Interessiert sind
sie z.B. an dem Riesenprojekt, das ihnen wieder einmal Ing. Cifer
Fa. Bauer, Voitsberg, eingeredet hat. Sie möchten gerne die
beabsichtigte Pipeline und Sprinkleranlage in Iran gebaut und
gleichzeitig auch mit einer entsprechenden Beteiligung von
Bauer, Voitsberg, eine Joint venture oder Kooperation aufbauen.
Natürlich hat Cifer weder das Geld noch die Leute, noch fürchte
ich auch tatsächlich die Möglichkeit, diesem Milliardenprojekt
näherzutreten. Für mich war dies eine sehr peinliche Situation,
als man mich wegen dieser Möglichkeit immer wieder fragte, wie es
weitergehen soll. Mit Handelsminister Taslimi konnte ich wegen
des Schoeller-Hallenbaues, einer längst fälligen Forderung von 51
Mill. Rial positiv reden. Eine Tochterfirma des Ministeriums,
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Foreign Transactions Company, wird, so wurde mir versichert,
die Forderung mit 12 Mill. S unverzüglich begleichen. Meisl war
diesmal besonders stolz, weil er mehr Firmenwünsche hatte als
die Handelskammer oder der Handelsdelegierte in Iran wussten. Für
mich war das positivste Ergebnis, dass die österr. Arbeiter in der
neuen Industriezone durch Bereitstellung von Wohnungen der Firma
sehr zufrieden wären, wenn sie tatsächlich einziehen könnten. Seit
Wochen wird ihnen versprochen, dass der Strom angeschlossen wird
und es geschieht nicht und nicht. Ich intervenierte natürlich sofort
gleich bei dem Industrieminister, der mir zuerst voll Stolz stunden-
lang die Industriezone gezeigt und erklärt hatte und dieser hat, ob-
wohl ich nicht Persisch kann, deutlich erkennbar den Direktor dieser
Industriezone zusammengehaut nach Strich und Faden. Er erklärte
mir gegenüber, in drei Tagen können sie einziehen, wenn dies auch
vielleicht nicht so exakt eingehalten wird, haben die Arbeiter
jetzt die Möglichkeit, immer wieder darauf hinzuweisen, dass
zwei Ministern dies versprochen wurde. Der positivste Aspekt
meiner Iran-Reise. Die Firmen-Vertrete auch der anderen Firmen
die ich dort traf und auch bei der Besichtigung der Fachschule
in Isfahan, wo Österreicher die Leitung haben und Iraner die
teils in Österreich, teils in Teheran ausgebildet wurden als
Fachlehrer wirken, sind immer überrascht, wie sehr ich mich um
ihre Details kümmere und wie sehr ich sie wirklich in jeder
Beziehung unterstützte und vor allem informiere. Ein Vertreter
von Semperit, der jetzt einige Wochen in Iran war und mit mir dann
zurückflog, meinte, er sei stolz, dass ein solcher Handelsminister
Österreich jetzt vertritt. Vielleicht war auch dafür ausschlag-
gebend, dass ich mit ihm in der Tourist-Klasse gefahren bin.
Dir. Ziegler wieder von der SGP kam fast entschuldigend und meinte,
seine Direktoren fahren alle First Class, weshalb auch er in der
ersten Klasse fliegt und nicht mit mir. Ich erklärte ihm sofort,
das stört mich gar nicht und vielleicht kann es sich wirklich nur
eine Minister in diesen Ländern leisten, ganz bewusst zu demonstrieren,
dass man das allgemeine Klimbim und Sozialprestige usw. nicht mit-
macht. Für einen Firmen-Vertreter kann dies wirklich oftmals schlechte
wirtschaftliche Beispielsfolgen dann haben. Alle, ob Arbeiter
aus Österreich, die dort einschulen, ob Ingenieure, die Werke
errichten, ob Vertreter, die Waren verkaufen wollen, ja selbst unsere
Diplomaten und Aussenhandelsstellen-Leute bestätigen, auch wenn sie
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längere Zeit dort waren, den Eindruck, den ich nach kurzem Aufent-
halt gehabt habe, wie glücklich können wir in Österreich sein.
Natürlich kann ein Mann wie ein Minister dort insbesondere wenn er
z.B. auf seinem Auto ein Zeichen führt, dass er im Auftrages des
Kaisers wahrscheinlich unterwegs ist, alles missachten. Unser
Chauffeur fuhr prinzipiell bei Rot in die verkehrsreichste Kreu-
zung ein, fuhr immer auf der Gegenfahrbahn, drängte alle anderen
in den Strassengraben und was es sonst noch an Mätzchen in diesen
Halbdiktaturen oder Diktaturen gibt. Kirchschläger meinte einmal
zu mir, allerdings mehr im Spass, hier müsste man Minister sein,
worauf ich nur kurz und einfach antwortete: Nein, lieber in Öster-
reich, ich weiss nicht was, als in Iran Minister.
Donnerstag, 3. Juni 1976
EFTA-Tagung in Genf.
Nach meiner Ankunft erklärte man mir sofort, dass es wegen der
Gipfelkonferenz grosse Schwierigkeiten gibt. Insbesondere die
Schweizer hatten nicht nur grosse Bedenken sondern wendeten sich
ganz entschieden gegen eine solche Gipfelaussprache der Minister-
präsidenten. Das Aussenamt, Gesandter Reisch, war deshalb sehr
unglücklich. Die Aussprache, die Steiger, Reisch mit Schweizern
in Zürich vorher gehabt hatten, war keinesfalls so positiv verlaufen
als sie angenommen haben. Ich entschloss mich daher, ein Vier-Augen-
Gespräch mit Brugger zu führen. Brugger setzte mir auseinander,
dass im Bundesrat über dieses Problem eingehend gesprochen hatten.
Sie fürchten, dass eine solche Gipfelkonferenz kein positives
Ergebnis bei Verhandlungen mit der EG aber auch mit Drittländern
bringen wird und dann eine noch schlechtere Situation eintritt als
sie jetzt bereits ist. Die bilateralen Besprechungen haben mit der
EG nämlich gezeigt, dass kaum Fortschritte zu erzielen sind. Ich
einigte mich aber dann nach Erklärung des österr. Standpunktes
mit Brugger dahingehend, dass wir ins Kommuniqué mindestens eine
Formulierung aufnehmen, dass die Minister take notice also d.h.
zur Kenntnis genommen haben, mehr war beim besten Willen nicht
einzubringen, dass ein solcher österreichischer Vorschlag gemacht
wurde. Nach dieser Aussprache ging es dann auch im informellen
Ministergespräch, das der wichtigste Teil jeder EFTA-Tagung ist,
unser Vorschlag glatt über die Bühne. De schwedische Vertreter,
der neue schwedische Handelsminister Lidbom, wollte dann noch als
Vermittlungsvorschlag durchsetzten, dass ins Kommuniqué gar nichts
hineinkommt und der Vorsitzende, der junge norwegische Handelsmini-
ster Bakke, dies nur bei der Pressekonferenz erwähnt. Dagegen sprach
ich mich ganz entschieden aus und setzte mich letzten Endes auch
dann tatsächlich mit der Aufnahme ins Kommuniqué durch. Beim
Tagesordnungspunkt Mittelmeer Beziehungen zwischen EFTA-Staaten
und den Mittelmeerländern erwähnte ich auch, dass Israel in die
Verhandlungen einbezogen werden sollte. Dagegen sprachen sich
aber alle anderen aus. Der Schwede, indem er meinte, die EFTA
bezieht sich nur auf Europa und Jolles von der Schweiz, indem
er sagte, Israel ist eine schwierige Frage ausserhalb Europas und
könnte jetzt nicht behandelt werden. Finnland dagegen plädierte
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wieder nur für Malta und Zypern aus natürlich den Spanien,
Griechen und Türkei auf die sich letzten Endes ja das Hauptinteresse
richtete. Diese Anregung von mir, Israel einzubeziehen, gibt uns
Österreichern und ganz besonders jetzt mir, die Gelegenheit, den
Israelis wirklich zu beweisen, dass wir nicht, wie sie wahrscheinlich
befürchten und teilweise auf Grund der letztjährigen Entwicklung
mit Recht annehmen können, viel zu sehr arabisch orientiert agieren.
Ich werde daher bei meinem Israel-Besuch im Herbst oder nächstes
Frühjahr auf dieses Problem besonders zu sprechen kommen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND WAIS: Bitte entsprechende Vorbereitungen
und Überlegungen anstellen, wie wir den Israelis wirklich helfen
können.
Steiger erzählte mir, dass Botschafter Martins sehr betrübt sei,
weil er jetzt von diesem Posten abgelöst wird. Er hätte noch
zwei oder drei Jahre bis zur Pensionierung, hätte sich auch gar
nicht bei Steiger direkt beschwert, aber erfahren, dass jetzt Gesand-
ter Nettel ihn ablösen wird. Steiger meint nun, dies könne nur im
Einvernehmen mit dem Handelsministerium geschehen und man hätte
noch nicht mit uns gesprochen. Dies ist richtig, denn ich weiss
nicht durch welchen Zufall ich von Nettel selbst erfahren habe, dass
er sehr wohl nach Genf kommen soll. Ich muss objektiver Weise
feststellen, dass Nettel wahrscheinlich auch der bessere Mann ist.
Martins arbeitet zwar jahrzehntelang in diesem Metier, er kommt
ja auch von der Handelskammer, kennt daher die wirtschaftliche
Seite sehr gut, ist ein ruhiger und absolut weisungstreuer Beamter.
Für mich ist es in der Botschaft, nachdem er Junggeselle ist, immer
ein guter Gastgeber. Nettel, der glaube ich, verheiratet ist, und
sicherlich mit seiner Familie nach Genf ziehen wird, drängt mich
automatisch wieder in die Hotels. Ich würde nämlich auf keinen
Fall mehr draussen in der Residenz übernachten, auch dann wenn er
es mir anbietet. Trotzdem muss ich objektiver Weise zugeben,
ist Nettel wahrscheinlich der initiativere Beamte. Da Steiger aber
vollkommen recht hat, dass mit uns über die Besetzung gesprochen
werden muss, werde ich bei nächster Gelegenheit über seine end-
gültige Meinung und Disposition befragen.
ANMERKUNG FÜR Wiesinger: Bitte bei nächster Ministerratsvorbe-
sprechung erinnern.
Gen.Sekr. Müller von der EFTA habe ich zu einem Besuch nach Öster-
reich eingeladen. Steiger aber auch Tschach sagten mir, dass eine
solche Einladung erwartet wird. Ich habe ihm vorgeschlagen, wie
ich bereits im informellen Ministerkomitee berichtete, dass die
Jugoslawen erwarten, dass er so wie Rabaeus, sein Vorgänger, die
Kontakte zu ihnen aufnimmt. Mir erschiene er zweckmässig, dass
wenn er seine Reise nach Jugoslawien macht, vorher auf zwei
Tage nach Wien zu kommen. Sollte ich nicht nach Rom fahren müssen im
Anschluss an meinen Urlaub, dann käme der erste Montag und Dienstag
sofort nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub in Frage. Ansonsten
bliebe die erste Oktober-Woche – Montag - Dienstag. Müller hat
bereits erklärt, dass seine Frau mitkommt, die sich besonders
für Kunst interessiert. Abends möchten sie gerne ein Theater
besuchen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER UND WAIS: Bitte wenn Termine feststehen,
endgültiges Programm vereinbaren.
Aktenvermerk Wanke betr. Grundsatzgruppe, 3.6.1976
Aktenvermerk Wanke betr. bundesweite Finanzierungseinrichtungen, 3.6.1976
Aktenvermerk Wanke betr. IV, 3.6.1976