Montag, 21.6.1976
Beim Jour fixe setzte ich Mussil auseinander, dass bezüglich der Getreide-
preis- und Milchpreisregelung es notwendig ist, dass jetzt mit
Spitzenvertreter über das System sich einigen müssen. Die Land-
wirtschaft möchte eine ähnliche Lösung, wie wir es beim letzten
mal gehandhabt haben, der Erzeugerpreis soll erhöht werden und der
Verbraucherpreis eventuell einige Monate später. Mussil hat sich
seinerzeit schon dagegen ausgesprochen und verlange von ihm, dass er diesen
Standpunkt jetzt auch gegenüber den Landwirten ernstlich innerhalb
der ÖVP vertritt. Mussil sagt mir freimütig sofort, er kann solche
Verhandlungen nicht beginnen, sonst bekommt er sofort eine so schlechte
Startposition wie er sie nicht ertragen kann. Er ist viel zu schwach,
um innerhalb der ÖVP, wenn er die Verhandlungen beginnt, sich dagen
die Bauern durchsetzen zu können. Entweder ich berufe dieses Gipfel-
gespräch ein, oder er muss warten, bis die Bauern an ihn herantreten.
Da ich nicht die Absicht habe jetzt schon als Vermittler und Einbe-
rufer in Erscheinung zu treten, einigten wir uns zu warten, bis
Sallinger nächste Woche zurück ist, da mit wir mit ihm dieses Problem
eingehend besprechen. Mussil ist sehr erstaunt von mir zu hören, dass
wenn es zu einer Getreidepreiserhöhung kommt, auch die 5 Groschen
Normalweizenstützung abgebaut werden soll.
Mussil hat grosse Schwierigkeiten bei den sogenannten Tankstellen-
espressi. Durch Verordnung wird bestimmt, dass mit 1.7.1976 die Tank-
stellen Espresso nachweisen müssen, schon 3 Jahre vorher bei Inkraft-
treten der Gewerbeordnung eine solche Tätigkeit ausgeübt zu haben.
Dieser Verwendungsnachweis ersetzt die Befähigungsprüfung. Das Gast-
und Schankgewerbe wehrt sich nun ganz entschieden von dieser Bestimmung
einen Dispens zu geben. Mussil möchte neuerdings die Verordnung jetzt
auf 1.1.1977 verschieben. Dann wäre er bereit die Übergangsbestimmung
so zu gestalten, dass es nicht mehr heisst bei Inkrafttreten der Ge-
werbeordnung 3 Jahre verwendet, sondern bei Inkrafttreten dieser Ver-
ordnung. Ausserdem nicht eine Schank- und Gastgewerbetätigkeit, sondern
eine einschlägige Verwendung nachzuweisen. Ich sehe in der neuen Ver-
längerung der Inkrafttretung, d.h. mit 1.1.1977 keine Lösung, sondern
nur ein Rausschieben dieses Problems. Wir einigen uns, dass Jagoda
und Kubka versuchen sollen, eine entsprechende Verordnungsformu-
lierung doch noch zustande zu bringen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND PLESCH: Bitte die diesbezüglichen Verhandlungen
sofort aufnehmen, damit Mussil noch in die Präsidialsitzung am Freitag
damit gehen kann.
Mussil verlangt von mir, dass die Zollpräferenzen für Leder, Taschner-
waren und PVC-Folien aufgehoben wird. Dagegen spreche ich mich ganz
entschieden aus und verlange, dass Dr. Schwarz und Koch, beide sind
von der Aussenhandelsabteilung anwesend, zugezogen werden. Schwarz
versucht mir einzureden, dass die Firmen unter den Import schwer zu
leiden haben. Eine Rücksprache mit Dr. Waas bei mir ergibt, dass die
grössten Importe aus der Bundesrepublik und vor allem aus Italien kom-
men. Die Entwicklungsländer wie Marokko, Tunesien und andere afrika-
nische Länder sind mit 5% wahrscheinlich nur daran beteiligt. Die
wirklich harte Konkurrenz ergab sich, dass die Industrie dem Gewerbe
den Markt streitig gemacht hat. Gegen die Italiener können wir aber
überhaupt nicht vorgehen, weil sie die EG-Freizollregelung jetzt schon
haben. Schwarz meint auch, dass in den europäischen Gemeinschaften
ständig die Zugeständnisse an die Entwicklungsländer zurückgenommen
werden. In Wirklichkeit handelt es sich darum, dass die EG Fonds ??
bei den Importen einzieht. Hier kommt es den Entwicklungsländer
primär ja darauf an, dass die Plafonds entsprechend grosse Mengen
vorsehen. Bei den PVC-Folien, 42.02 Zolltarif, handelt es sich über-
haupt um Waren aus Israel, die meiner Meinung nach unter gar keinen
Umständen unterbunden werden sollen. In Wirklichkeit sind in Öster-
reich 2 Firmen, Interplastik und Knöpfelmacher, die jetzt eine gewisse
Konkurrenz spüren. Schwarz beschwert sich dabei, dass wir ein einziges
mal 1972 gegenüber den Rumänen in einem chemischen Produkt, ich glaube
es war Calciumcarbid die Regelung ausgesetzt haben. Ich vereinbare
mit Dr. Waas, dass jetzt Besprechungen aufgenommen werden und ins-
besondere der Tatbestand und die Ziffern und die betroffenen Firmen
genau festgelegt werden und ich mir vorbehalte, die letzten Entschei-
dungen zu treffen. Waas selbst sagt von sich aus, dass er es für ganz
unmöglich hält, jetzt für diese 3 Produkte die Herausnahme aus der
Präferenzlösung durchzuführen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND WAIS: Bitte die genauen Erhebungen in Angriff
nehmen, und die Handelskammer davon zu überzeugen, dass eine Herausnah-
me fast unmöglich ist.
Nachdem ich mit Dr. Schwarz neuerdings telefoniert habe und ihm die Mit-
teilung von Waas, dass die Handelskammer noch immer keine Ziffern ge-
liefert hat, auseinandersetze. sieht er glaube ich ein, dass es not-
wendig ist, entsprechendes Unterlagenmaterial jetzt endlich zur
Verfügung zu stellen. Er redet sich sofort aus, dass Lederleitner
die Information gemacht hat. Ich verständige von diesem Sachverhalt
noch einmal telefonisch Gen.Sekr. Mussil, der auch sehr verwundert
ist.
Mussil fragt, ob ich mit Kreisky nach Paris fahre, weil er infor-
miert wurde, dass der Bundeskanzler mit dem Aussenhandelsminister
Verhandlungen führen wird. Begleitet wird Kreisky von
Gatscha und Mussil hat grösste Bedenken, dass Gatscha jetzt die
verstaatlichte Sektion und die ERP-Sektion führen wird resp. beide
Sektionen zusammengelegt werden. Mussil befürchtet, dass in Hinkunft
nur mehr die verstaatlichte Industrie bei ERP-Krediten, bei Ent-
wicklungshilfe usw. berücksichtigt wird. Mussil will diesbezüglich
einen Brief an Kreisky schreiben und meint, er wird dort erwähnen,
dass auch ich gewisse Bedenken habe. Abgesehen davon, dass ich solche
überhaupt nicht geäussert habe, auch gar nicht der Meinung bin, dass
Mussil hier recht hat, verbitte ich mir ganz entschieden in Briefen
genannt zu werden, obwohl ich es wahrscheinlich kaum verhindern kann.
Mussil hat dies ja nur so wie immer im Spass gemeint, wobei man
allerdings bei ihm nie weiss, wie weit er dann im Ernst diese Argu-
mentation verwendet.
Im Dorotheum war bis jetzt SChef Habel im Kuratorium und Mussil
schlägt vor, man soll an seine Stelle jetzt MR Steiger senden. Ich
nehme diesen Wunsch kommentarlos zur Kenntnis, da ich erstens nicht
genau weiss, ob wir überhaupt ins Kuratorium in Hinkunft noch einen
Handelsministeriumvertreter senden können und vor allem klären muss,
ob nicht dafür die Gewerbesektion zuständig ist.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND JAGODA: Bitte sofort prüfen, wie es sich
damit verhält.
Mussil legt mir ein Schreiben der Aussteller von der Messe Posen vor,
die sich jetzt bedanken, dass diesmal der Pavillon so zweckmässig ge-
staltet wurde. Mussil möchte, ich sollte hier einen Bestätigungsver-
merk drauf schreiben. Ich notiere aber auf den Brief, dass ich sehr er-
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freut bin, jetzt endlich diese positive Mitteilung zu bekommen, nachdem
mit Recht bei meinem Besuch bei der Posener-Messe die Aussteller sich
über den schlechten österreichischen Pavillon beschwert haben. Auch
diesmal hat Mussil wieder gaghaft geglaubt, mit einem Gesehen-Vermerk
könnte er mich dazu zwingen, anzuerkennen was dort geleistet wurde.
Ich habe natürlich sofort die Kritik, die letzten Endes zur Umge-
staltung des österreichischen Pavillons geführt hat, vermerkt.
Mussil ersucht, dass wir Dr. Pisec in die Gemischte Kommission für
die Sowjetunion aufnehmen. Ich erkläre sofort, dass ich dies jetzt
nicht entscheiden kann, da ich erst mit den Beamten, aber auch mit
den Russen wahrscheinlich indirekt Rücksprache nehmen muss. Zusagen
kann ich, dass ich zu Vorbesprechungen, sowie alle anderen dort
in Moskau anwesenden Firmenvertreter auch diese zuziehen werde.
Mussil erklärt mir, dass die Ostliberalisierung auch von Pisec unter
meinen Amtsvorgänger vorbereitet wurde. Damals war die Industrie in der
Handelskammer schwer dagegen, weil sie sich als inländische Import-
konkurrenz die Oststaaten vom Halse halten will. Der Einfluss Pisec
war aber so stark, dass doch Mitterer dieser Idee nähergetreten ist.
Diese Äusserung ist für mich äusserst wichtig, weil bis jetzt Mussil
immer erklärte, die Ostliberalisierung sei eine Angelegenheit die
ausschliesslich ich betrieben hätte. Sein Aussprach ist ja, ich hätte
die Ostflanke aufgerissen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND WAIS: Bitte vielleicht können wir noch dokumenta-
risch einige andere Aussprüche von Aussenhandelskaufleuten aus der Zeit
Mitterer oder Bock bekommen.
Das Forschungsprojekt Analyse der Gas- und Staubemissionen bei den Span-
plattenherstellern soll durch das Handelsministerium subventioniert
werden Thun-Hohenstein hat bis jetzt nicht entschieden, weshalb Mussil
urgiert. Ich kann ihm überhaupt nichts zusagen, verspreche nur die
Angelegenheit zu prüfen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND PLESCH: Bitte den Akt vorlegen lassen.
Ich verlange von Mussil, dass das Präsidium den Beschluss aufhebt,
die Handelskammer zahlt nur dann 250.000 Schilling zum fast 1-Mio.-
Projekt Wärmeintensive Industrie, wenn auch die Industriellenvereinigung
einen gleichen Betrag bezahlt. Die Industriellenvereinigung kann jetzt
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angeblich nur 100.000 Schilling bereitstellen. Mussil wird mit diesen
Wunsch ins nächste Präsidium gehen. Wenn die Handelskammer einen solchen
Beschluss nicht fasst, die Industriellenvereinigung nicht 250.000
Schilling zahlen kann, dann werden wir auf alle Fälle das Projekt
kürzen müssen. Ich selbst bin überhaupt der Meinung, dass wir jetzt
im Hinblick auf den Sparentscheid der Bundesregierung die entsprechenden
Subventionsprojekte neu überdenken und vor allem kürzen sollten.
ANMERKUNG FÜR FRANK UND TIEBER: Bitte diesen neuen Gesichtspunkt auch
berücksichtigen.
Mussil teilt mir mit, dass er Weihs wegen des Importdepot in Italien
bezüglich Vieh einen Brief geschrieben hat, dem allerdings kein Erfolg
beschieden war. Mussil möchte, dass ich für Holz ein ähnliches Schreiben
nach Italien richte.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND WAIS : Das Schreiben von Weihs und die Antwort
beschaffen und überlegen, ob ein solches Schreiben von mir wegen Holz
zweckmässig ist.
Mussil urgiert die Geschäftsführerbestellung in der Hotel-Treuhand
Dr. Mücke, der derzeit dort Prokurist ist. Er ist sehr erstaunt von
mir zu hören, dass ich damit nicht kompetent bin, sondern der Finanz-
minister zu entscheiden hat.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HEINDL: Was geschieht jetzt in der Hotel-
Treuhand wegen der Änderung der Geschäftsführung.
Mussil verlangt von mir die Unterschrift auf das Aide memoire wegen der
Aufhebung des Artikel 35 gegen Japan. Die endgültige Formulierung
wird mir von Schwarz übergeben. Ich erkläre sofort, dies erst mit
Meisl besprechen zu müssen. Meisl teilt mir anschliessend mit, gegen
den Text wäre nichts einzuwenden, nur über die Ausnahmeliste ist sich
die Handelskammer selbst noch nicht einig. Die Industrie spricht sich
gegen die Fernsehröhren und Reissverschlüsse aus. Mein Antwortschreiben
an die Handelskammer ist daher nicht so bestimmt wie es Mussil gerne
haben möchte, damit er am Mittwoch im Parlament dieser Regelung zu-
stimmt. In Wirklichkeit hat er gar keine andere Möglichkeit mehr in mein
Augen, als zuzustimmen, weil er ja im Ausschuss endgültig ja gesagt hat.
Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals im Haus einer eine Vorlage
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dann noch geschmissen hat. Wahrscheinlich wird er jetzt auf Grund
meines Antwortschreibens am Mittwoch neuerdings urgieren und einen
anderen Brief wünschen. Wenn ich bedenke, dass er uns durch 10 Jahre,
wie Meisl sagt, warten liess, bereitet es mir fast eine Genugtuung
ihm jetzt 3 Tage warten zu lassen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die Abschrift des Briefes für Mittwoch ins
Parlament vorbereiten.
Mussil beschwert sich, dass das Konsumentenschutzgesetz jetzt von Dr.
Keller über die Bühne gebracht werden soll, ohne dass die Einwände des
Dr. Christian von der Handelskammer im Detail berücksichtigt werden.
Genau das Gegenteil sage ich ihm, geschieht. Christian muss jetzt so
schnell als möglich mit Keller im Konsumentenbeiratsausschuss verhandeln
sonst wird Broda mit Recht diese ihm allein zustehende Kompetenz
auch allein mit einer Regierungsvorlage abschliessen. Dann hat die
Handelskammer nur mehr im Begutachtungsverfahren die Möglichkeit sich
dagegen auszusprechen. Im Parlament wird das Konsumentenschutzgesetz
sicherlich beschlossen werden, weil Dr. Meinhart vom ÖAAB ja dem sogar
jetzt schon zugestimmt hat. Mussil ist über diese Entwicklung sehr un-
glücklich, ganz besonders weil der ÖAAB hier einen Alleingang mit
Keller gemacht hat. Mich stört es gar nicht, ganz im Gegenteil. Mussil
und die Handelskammer soll nur sehen, wie wenig sie koordinieren in-
nerhalb der ÖVP und wie ich mich immer bemühe eine einvernehmliche
Lösung in allen Fragen zu erzielen.
Die Handelskammer hat am 3.2.76 und 22.4.76 ein Schreiben wegen der
Hebung?? auch der Stückzahl der Damenoberbekleidung von mir verlangt.
Derzeit ist nur vorgesehen einen Schillingbetrag bei der Einfuhr anzu-
geben. Diese Mengendeklaration soll nun durch eine Stückzahl durch
entsprechende Verordnung von mir eingeführt werden. Die Handelskammer
möchte überhaupt eine handelsstatistische Gesetznovelle, zu der ich
erkläre, man wird sie untersuchen und prüfen. Ich selbst kündige nur an
dass bei dieser Gelegenheit gleich geregelt werden muss, dass bei Ölim-
porten auch die Preise, d.h. eine Wertangabe verlangt werden sollte.
Mussil spricht sich natürlich ganz entschieden gegen diese Idee, die
er aber auch schon beim Energielenkungsgesetz abgelehnt hat, aus.
ANMERKUNG FÜR MEISL & WAIS & WANKE: Bitte die Handelsstatistik über-
denken, ob eine Novelle notwendig und zweckmässig ist.
Beim Journalistenfrühstück gibt es interessante Diskussionen,
insbesondere über die Aussage des Prof. Theuer, der 1,4 Mia. Schilling
Subvention des Kleinhandels an die Konsumenten infolge preisgeregelter
Ware. Redakteur Schifter, der die Lebensmittelzeitungen vertritt, ist
sehr verwundert von Marsch zu hören, wie leichtfertig hier das Institut
auf der Welthandel Aussagen gemacht hat. Ich nützte nämlich die Ge-
legenheit um zu unterstreichen, dass das WIFI, Dipl.Ing. Mayer, welcher
500 Betriebsberatungen durchgeführt hat und dort entsprechende Er-
hebungen durchführte, seriös Unterlagen erarbeitet, zum Unterschied
von Prof. Theuer, ohne seinen Namen natürlich zu nennen. Alle Anwesenden
wussten aber dann in der Diskussion um wem es sich gehandelt hat.
Bei der Auszeichnung der Firma Morawa traf ich auch den obersten
Chef der Handelsleute, Komm.Rat Schönbichler. Dieser hatte schon von
der Diskussion in meinem Pressefrühstück erfahren und meinte nur,
die Unterlagen von Theuer seien ebenfalls in Ordnung, Er konnte mir
allerdings auch nicht erklären, wie 1973 der Handel mit preisgeregelten
Waren die Konsumenten mit 830 Mio. subventioniert haben und wie sie
heuer im Frühjahr beschlossen haben, bei einer Gremialtagung, dass
jetzt schon 1,4 Mia. Schilling diese Subvention ausmacht. Ich sehe hier
eine harte Auseinandersetzung auf uns zukommen.
Beim Staatspreis, "Die schönsten Bücher" hat der neue Präsident
Äusserungen gemacht, die mir sehr interessant erschienen und die wir
auch eigentlich in unserer Presseaussendung hätten berücksichtigen
müssen. Er verwies darauf, dass jetzt die Gefahr besteht, dass in wissen-
schaftlichen Werken geschnuddelt wird. Er und die ganzen Graphiker
stehen auf dem Standpunkt, dass es Unternehmungspflicht ist, ordentliche
Arbeit auch jetzt noch zu liefern. Leider war die Presseaussendung, wie
ich immer sage mit den Hofnachrichten, schon fertig und draussen und
wird daher sicherlich von gar niemanden gebracht werden und wichtige
Ausführungen, die der Präsident und auch ich dort gemacht haben, gehen
total unter.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Es ist notwendig, dass Du bei solchen Veranstal-
tungen dabei bist und dann die Presse entsprechend informierst resp.
die Presseaussendung erst dann zweckmässigerweise gestaltet wird.
Mit Frank besprechen wir seine Ressortprobleme und er selbst schlägt
vor, dass es zweckmässiger ist Potocnik jetzt nach Paris ständig
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zu delegieren, weil die Reisekosten sonst ins gigantische steigen.
Ich bin mit diesem Vorschlag sehr einverstanden, verlange nur, dass
er zuwartet resp. entriert, dass Bobleter der Missionsleiter in Paris
eine solcher Anforderung an das Bundeskanzleramt stellt. In diesem
Fall haben wir die Möglichkeit dann, Potocnik zu schicken und
doch offen zu halten gelegentlich jemanden nach Paris dann zusätzlich
zu entsenden, weil die ständige Delegierung nicht von uns aus gegangen
ist, sondern von Bobleter.
Frank schildert mir auch die Schwierigkeiten die er mit der ÖMV hat
wegen der Konzessionierung der Gasleitung WAG . Ich versuche auf
Frank neuerdings einzureden, dass er zwar in der Sache ruhig hart
bleiben und hart verhandeln soll, dass er aber doch in der Form gegen-
über allen der Elektrizitätswirtschaft, der Ölwirtschaft usw. geschmei-
diger, lockerer, mehr konziliant auftreten sollte. Frank macht ein
erstauntes Gesicht und meint er sei so wie so Gesprächs- und auch kom-
promissbereit.
Ing. Perl, Nischkauer und Herr Ing. Kasamas, die drei Betriebsräte von
der Verbundgesellschaft setzen Frank ebenfalls dieses Problem einge-
hend auseinander. Gekommen sind sie aber um die Nachfolge von Arthold
zu besprechen. Die Betriebsräte lehnen eine Bestellung von Dobner,
die ihm König als der zweite ÖVP-Verbundvorstandsdirektor forcieren
ganz entschieden ab. Eine Bestellung von Dobner würde einen ständigen
Krach mit Erbacher bedeuten. Ich erkläre sofort, dass ich beabsichtige
auch die Vorstandsposten der Verbundgesellschaft, wo der Staat unmittel-
bar der Eigentümer ist auszuschreiben, dann können sich alle darum
bewerben, auch der von den Betriebsräten forcierte und als äusserst
wichtig beschriebene Wiesinger. Wiesinger ist nicht Mitglied der
sozialistischen Partei, was mich gar nicht stört, sondern ich in diesem
Fall nur seine fachliche Eignung prüfen würde. Voraussetzung, damit diese
Bestellung, resp. das Ausschreibungsverfahren ohne Streit über die
Bühne geht ist, dass jetzt von den Betriebsräten die Ausschreibungs-
idee ebenfalls akzeptiert wird, die ÖVP womöglich dezidiert von mir
verlangt, dass Dobner bestellt wird als Nachfolger von Arthold, wo ich
nämlich diesen Streit, den ich vermeiden will beginne, muss ich die
Stimmung in der Verbund so weit haben, dass man erstens zur Kenntnis
nimmt, dass Arthold nicht mehr automatisch mit Jahresende verlängert
wird, zweitens die Betriebsräte und auch die anderen Verbundvorstands-
mitglieder mir nachweisen, dass Arthold wirklich auf seinem Platz
insofern versagt hat, dass keine zweckmässigen Lösungen vorgeschlagen
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wurden und vor allem von ihm niemals Aktivitäten entwickelt
wurden, dass drittens auch Präsident Weiss und alle anderen in
der Verbund einsehen, dass die objektivste und zweckmässigste
Lösung ein Ausschreibungsverfahren ist. Dies werde ich dann selbst-
verständlich auch für die zukünftigen Vorstandsbestellungen in der
Verband handhaben.
ANMERKUNG FÜR FRANK UND TIEBER: Bitte die notwendigen Vorbereitungen
sofort in Angriff nehmen.
Perl wollte dann von mir noch eine Klärung über die zukünftige Ent-
wicklung der Verbundgesellschaft. Ihm und den ganzen Betriebsräten
der Verbund schwebt vor, dass eine zentralisierte Lösung aller Probleme
der Verbundgesellschaft und der Sondergesellschaften angestrebt werden
soll. Ausfluss dieser Idee ist ja gewesen, dass der gesamte Verbund-
vorstand immer in allen Sondergesellschaften vertreten ist. Ich
selbst weise darauf hin, dass mir eine solche Lösung nicht notwendig
erscheint. Vielmehr ergibt sich für mich die Frage, dass durch den
Beschluss des Parteitages die Kumulierung der Aufsichtsräte nicht
mehr in Hinkunft wird möglich sein. Die Verbunddirektoren haben durch
die entsprechenden Treuhandverträge, Poolvertrag, Prüfungsausschuss,
Finanzgenehmigungen eine sehr starke Stellungnahme gegenüber den
Sondergesellschaften. Ich bin gegebenenfalls noch bereit über dieses
Problem mit den Betriebsräten und den Direktoren eine Besprechung
abzuführen, um eine zweckmässige gemeinsame Lösung zu finden. Auf
alle Fälle wehre ich mich ganz entschieden dagegen, einseitig jetzt
schon zu erklären, dass die Verbundgesellschaft eine besondere zusätzlich
verstärkte Stellung gegenüber den Sondergesellschaften benötigt.
Perl schlägt ausserdem zum Schluss noch vor, ich soll das Gemein-
schaftskraftwerk Tullnerfeld als Grosskraftwerk durch die Bundes-
regierung als Sondergesellschaft erklären lassen. Wenn ich dies machen
würde, wäre dies ein Bruch einer Vereinbarung, die Frühbauer, mein
Amtsvorgänger, mit den Landesgesellschaften geschlossen hat. Ich
erkläre mit aller Entschiedenheit, dass ich nicht daran denke, eine
solche Politik zu betreiben. Selbstverständlich bin ich an die
Vereinbarungen und Beschlüsse meines Amtsvorgängers gebunden, nur
im Verhandlungswege kann ich versuchen, wie es z.B. auch mit der
KELAG-Beteiligung von 50% an der Österreichischen Draukraftwerke
jetzt auf 49% geglückt ist, d.h. also im Verhandlungswege Änderungen
von gefassten Beschlüssen und in Aussicht genommenen Lösungen herbei-
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zuführen. Ich werde deshalb unter allen Umständen einen Miss-
brauch meiner Kompetenz verhindern, um Verträge, Beschlüsse
die irgendwo von meinem Amtsvorgänger gefasst wurden, einseitig zu
brechen.
Mit Marhold habe ich die 5% Kürzung besprochen. Marhold hat wieder
einmal bereits entsprechende zweckmässige Vorarbeit geleistet.
Er ist ausser in der Frage der Österreichischen Fremdenverkehrs-
werbung, wo er keine Kürzung vornehmen will, mit dem Finanzministerium
glaube ich schon auch weitesgehendst einig. Bezüglich der ÖFVW ist
er bereit 120 Mio wieder einzusetzen, ja sogar eine 10%ige Erhöhung
von Kaber zu verlangen, wie dies die ÖFVW anstrebt. Die 6 Mio., 5%ige
Kürzung, die wir durchzuführen hätten, schlägt er vor, wird er aus
der Wirtschaftsförderung 2 Mio. und 4 Mio. aus der Fremdenverkehrs
sonstigen Förderung aufbringen und in die ÖFVW hineinstecken. Ich
bin mit dieser Vorgangsweise sehr einverstanden, auch dann wenn Würzl
grosse Bedenken hat.
Würzel hätte sollen mit Zolles die Möglichkeit der Anmietung von der
Prinz-Eugen-Strasse noch besprechen. Zolles hat aber vergessen oder
keinen Termin zustande gebracht und Würzl ist schon nach Rumänien
abgeflogen. Ich erkläre Zolles und auch den anfragenden Geschäfts-
führenden Obmann der Fremdenverkehrswerbung, dass ich nicht end-
gültig entscheiden möchte, ohne dass Würzl dem zustimmt. Ich empfehle
ihnen, sich mit Würzl ins Einvernehmen zu setzen. Der Vermieter
Miksch ist jetzt bereit auf die gesamte Lebenshaltungskostensicherung zu
verzichten. Ich bin überzeugt, bei weiteren Verhandlungen kann
man auch noch den 95 Schilling Quadratmeterpreis entsprechend
reduzieren. Da ich aber nicht in den Ausschuss mehr tätig bin, sondern
der geschäftsführende Obmann dafür zuständig ist, erkläre ich ihm
auf Anfrage dezidiert, dass ich gegen eine Entscheidung die sie treffen
nicht Einspruch erheben werde. Ich habe es auch in der Vergangenheit
nie getan. Würzl hat sich da nur auf mich ausgeredet, was ich in diesem
Fall verstehen kann. Seine Taktik war übrigens sehr erfolgreich.
Letzten Endes verzichtet jetzt Miksch auf die ganze Indexklausel-
versicherung.
Tagesprogramm, 21.6.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)