Mittwoch, 7. Juli 1976
Der Integrationsausschuss war wirklich harmlos, obwohl eine
verhältnismässig grosse Diskussion war. Von der soz. Seite
beteiligt sich nur der Vorsitzende der EFTA-Parlamentarier,
dafür umso mehr ÖVP-Abgeordnete und sogar Hanreich von der
FPÖ. Lanner hat vier Fragen schriftlich sogar vorbereitet,
die ich ihm ohne weiteres beantworten kann, mit Ausnahme seines
Wunsches die Viehexporte der letzten Jahre und die aufgewen-
deten Stützungen dafür. Ich verspreche es ihm in 14 Tagen zu lie-
fern. Dieses Material wird ja sicherlich dann ein Bericht im Haus
entsprechend polemisch verwenden. Lanner nämlich kann sich
dieses Material von der Landwirtschaftskammer ohne weiteres
verschaffen. Überhaupt ist natürlich die Taktik klar, im
Ausschuss will man nur, was die Berichte anbelangt entspre-
chendes zusätzliches Unterlagenmaterial, um dann im Haus die
Debatte und die Angriffe auf die Regierung besser fundieren
zu können.
Klubobmann Fischer erzählt mir, wie sie im Präsidium zu dieser
Ausschussitzung gekommen sind. Der Klubobmann der ÖVP, Koren,
fragte nur an, ob die SPÖ überhaupt bereit sei, noch vor den
Ferien einen Integrationsausschuss zu machen, nachdem er
scheinbar gar kein Animo dafür hatte, wie aus Bemerkungen
hervorging. Koren war sehr überrascht, dass Fischer sofort er-
klärte, aber selbstverständlich und dafür die Frühstunde vor
der Parlamentseröffnung anbot. Die Taktik ist, absolut richtig,
weil der ÖVP gezeigt werden soll, dass wir jederzeit verhand-
lungsbereit sind.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte sicherstellen, dass Landwirtschafts-
ministerium über Steiger die Viehziffern zeitgerecht liefert.
Ein ÖVP-Abgeordneter – Leibenfrost – kam anschliessend und
fragte, ob das Handelsministerium bereit ist, in oberösterr.
Grenzgebiet entsprechende Beratungen für die Unternehmer noch-
mals zu wiederholen. Vor etlichen Jahren haben wir damit be-
gonnen und einen guten Erfolg erzielt. Auch jetzt war im Mühl-
viertel wieder eine solche Beratung, die sich sehr bewährt.
Selbstverständlich sagte ich zu, der Abgeordnete, der in der
HL OÖ beschäftigt ist, wird mir wunschgemäss ein diesbezüg-
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liches Schreiben schicken. Ich bin sehr gespannt, ob er sich
mit dieser Idee in der Handelskammer wirklich durchsetzen
kann.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND TIEBER: Bitte Kontakt mit diesem
Abgeordneten der ÖVP aufnehmen.
Die soz. Betriebsräte der ÖBK – Österr.-Bayerische Kraftwerke –
Hayduk, der Österreicher, und Schossböck, der Bayer, hatten eine
Aussprache mit Abgeordneten Köck, Sekt.Chef Frank, Wais und
mir. Sie beschwerten sich, dass im Mai 1975 eine Satzungsänderung
erfolgte, wo sie überhaupt nicht vorher verständigt wurden.
Der Vertreter des Ministeriums, Peyerl, hätte erklärt, es
sei ein Regierungsübereinkommen und die Sperrminorität, die
früher die Betriebsräte durch die Satzung – Beschlüsse bedürfen
der 75 %-igen Zustimmung – wurde abgeschafft. Weder Frank noch
ich hatten davon eine Ahnung, selbst wenn sachliche Begründung
dafür vorliegt, so hätte Peyerl selbstverständlich vorher mit
den Betriebsräten fraktionell reden müssen. Jetzt haben sie ge-
hört, ist eine neue Idee, nämlich im Personalausschuss, wo sie
vertreten sind, aufzuteilen und für eine Gruppe A, wo die Proku-
risten und Vorstandsgehälter und Probleme besprochen werden,
die Arbeitnehmer auszuschalten. Nur in der Gruppe B würden sie, da
selbstverständlich, so wie jetzt, beigezogen werden. Die Politik
von Frank geht aber dahin und wird von mir 100 %-ig unterstützt,
wo es eine Trennung von Personalausschüssen gibt, diese wieder
in einem einheitlichen zusammenfassen. Die Genossen hatten auch
entsprechende sozialpolitische Wünsche – die Ruhestandszuwen-
dungen sind heute eine Kann-Bestimmung, Österreich gibt es den
13. und 14. und noch Treueprämien, in ihrer Gesellschaft
haben sie nur den 13. nach 7 Jahren. auch bezüglich der
Gehälter und Einstufung fühlen sie sich benachteiligt. Auf diesem
sozialpolitischen Gebiet, erklärte ich, könne ich keinerlei
Entscheidungen treffen sondern hier müssten sie innerhalb ihrer
Organe entsprechende Verhandlungen führen.
Die Möglichkeit, die Inn-Werke und Oberndorf und Ehring, die
jetzt bei der Korneuburger angegliedert sind, der Österr.-Bayer.
Kraftwerke anzugliedern, ist deshalb nicht möglich, weil die
Innwerke als deutsche Gesellschafter dem Bund, die Österr.-Bayer.
Kraftwerke eben das Land Bayern haben. In Österreich, wo beides
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die Verbundgesellschaft vertritt, wäre eine Umlegung ohne
weiters möglich, in Deutschland, glaube ich, schier aber
unmöglich. Ich habe ihnen den Vergleich gesagt, das wäre genau
so, wie wenn jetzt die Österr.-Bayer. Kraftwerke nicht von der
Verbund sondern die Safe die Österreich-Anteil besitzen würde.
Auch dann wäre eine Zusammenführung meiner Meinung nach unmöglich.
Ein Gespräch mit Minister Leodolter und Sekt.Chef Pindur, dem
Leiter der Rechtsabteilung Havlasek und insbesondere dem
Geschäftsführer des Bundesinstituts für Umweltschutz Schäfer
ergab, dass sich das GUSCH benachteiligt vorkommt. Sie wehrten
sich, dass kein Informationsfluss derzeit besteht. Als Beispiel
wird angeführt, dass wir Aktionen setzen, wie z.B. die Schwefelbe-
grenzung im Heizöl und das GUSCH erst bei der offiziellen Begut-
achtung davon erfährt. Beim Altölbeseitigungsgesetz haben sie
sich unseren Entwurf überhaupt über die Beamtenkanäle der ÖVP
verschafft. Das GUSCH arbeitet jetzt an einer Immissionsbegren-
zungsstatistik und insbesondere das Bundesinstitut hat hier
entsprechende Arbeiten vorbereitet und geleistet. Wir einigten
uns darauf, dass erstens ein Informationsfluss durch einen
spokesman, wie Pindur sich ausdrückte, hergestellt wird. Für un-
ser Ministerium kommen dafür Wanke und Jagoda sowie Frank in Frage.
In glaube aber, dass wir einen offiziellen Sprecher nominieren
sollten.
ANMERKUNG AN DIE DREI: einigt euch bitte auf einen Verbindungs-
sprecher.
Zweckmässig erscheint sowohl Pindur als auch mir, das Einvernehme
vor der offiziellen Aussendung von Umweltschutzfragen mit dem
GUSCH herzustellen. Leodolter will kooperieren und ich glaube,
man sollte es auf alle Fälle machen. Da sie an und für sich
so grosse Schwierigkeiten, erscheint es mir selbstverständlich,
sie in jeder Beziehung zu unterstützen.
ANMERKUNG AN PLESCH: Bitte veranlasse die diesbezügliche Durch-
führung, womöglich sofort.
Der iranische Forstminister Mirheydal hat sich für zwei Pro-
jekte besonders interessiert. Ing. Cifer von der Fa. Bauer hat
ihnen ein grosses Bewässerungsprojekt vorgeschlagen. Als die
Iraner dann verlangten eine entsprechende Kapitalbeteiligung
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musste er infolge Geldmangel auf alle Fälle ablehnen. Zuerst
macht Cifer überall grosse Projekte, wenn es dann ans Durchführen
geht, hapert es. Selbst als die Iraner auf 20 % Kapitalbeteiligung
zurückgingen, stellte sich heraus, dass er sich daran nicht beteili-
gen kann. Der Botschafter Namdar hat nun vorgeschlagen, es allen
sich halt Banken und Industrien, die die Projekte dann liefern wer
den, beteiligen. Auch das halte ich für vollkommen aussichtslos.
Das zweite grössere Projekt war und hier hat ihn die Fa.
Vogelbusch sogar eingeladen und die Vertreter waren bei der
Aussprache mit Minister Weihs und mir anwesend, landwirtschaft-
liche Produktenverarbeitungsbetriebe zu errichten. Hier sind
grosse Kombinationen durch Ruthner'sche Gründüngung, Molke-
Verband-Verwertungen und Vogelbusch Protein-Produktionsmöglichkei-
ten gegeben. Käse aus Trockenmilch, Kälberaufzucht und so weiter
mit Hilfe von Einheiten, die 6–800 Mill. S kosten. Zum Start
wären 5.000 Kühe notwendig, woran Österreich sehr interessiert
ist. Derzeit allerdings hat Austro-,Vieh Krisper war anwesend, eine
Chance, weil Iran nur Milch produzierende Kühe wünscht. Fleisch
ist dort uninteressant. Das Verhältnis wäre 1:4. In Österreich
aber 1:7 und in den Europäischen Gemeinschaften sogar 1:8 zwischen
Milch und Fleischproduktion. Vor etlichen Jahren, als man über
dieses Projekt das erste Mal sprach, haben die österr. Firmen
abgelehnt, sich zu beteiligen. Jetzt sind sie bereit, 20 %
joint venture zu akzeptieren. In der Diskussion stellte sich
heraus, dass Dr. Brand von ÖMOLK sich bis jetzt deshalb ver-
geblich bemühte, Trockenmilch zu liefern, weil der Vertreter in
Iran scheinbar bei den falschen Stellen interveniert hat.
Mirheydal ersuchte ÖMOLK über den österr. Handelsdelegierten
den notwendigen Kontakt mit ihm ständig aufrechtzuerhalten.
Fälbl übernahm den Handelsdelegierten Graf davon zu verständigen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte entsprechenden Bericht nach einiger Zeit
verlangen.
Beim Begräbnis von Frau Pittermann ist Bruno ebenfalls im Roll-
stuhl anwesend gewesen. Für ihn ist der Verlust ungeheuer schwer,
da er nicht mehr sieht, war er bis jetzt auf die Information
und das Gespräch seiner Frau angewiesen. Ich habe seiner Tochter,
die mich darum ersuchte, versprochen, dass ich ihn besuchen werde.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte wenn möglich einmal wöchentlich
kurzen Besuchstermin am Rosenhügel einbauen.
Mit Benya besprach ich die Aussprache, welche die Interessens-
vertretungen gehabt haben. Benya hat dort dezidiert erklärt. dass
eine Verbraucherpreis-Erhöhung vor Ablauf eines Jahres über-
haupt nicht in Frage kommt. Angeblich ist Androsch sich im
klaren, dass für heuer eine Überbrückung so wie in den
vergangenen Jahren gefunden werden muss. Nach langer und zäher
Verhandlung ist es mir dann gelungen, Benya wenigstens dafür
zu gewinnen, dass wir mir Jahresbeginn so wie bei der Milch
auch beim Getreide den Verbraucherpreis erhöhen. Da dann bereits
der neue Lebenshaltungskosten-Index, der im wesentlichen eine
Reduktion des Lebensmittelverbrauches klar und deutlich zeigt,
wirksam wird, kann ich vielleicht dadurch wirklich Androsch
gewinnen, dass wir bis zu diesem Zeitpunkt eine Überbrückung
finden.
Heindl teilte mir mit, dass das Textilzentrum jetzt durch die
Besetzung der Arena terminlich nicht mehr fertiggestellt werden
kann. Böhm von der Fa. Schöps hat ihm deshalb erklärt. es wäre
wirklich zu überlegen, nach der Schweiz oder Deutschland zu
gehen, wenn die Regierung resp. die Gemeinde Wien nicht mehr
im Stande ist, eingegangene Verträge einzuhalten. Ich liess
mich deshalb sofort mit Böhm verbinden, um ihm mitzuteilen,
dass die Regierung selbstverständlich grosses Interesse daran
hat, dass Verträge eingehalten werden und dieses Textilzentrum
errichtet wird. Bezüglich der Schweiz und Deutschland sagte
ich ihm mit ruhigem Gewissen, dass es dort viel ärger ist.
In Kaiseraugst z.B. war es der Schweizer Regierung nicht möglich,
einen Vertrag, den sie mit Unilever abgeschlossen hat, auf Errich-
tung einer Ölraffinerie für Speisefette einzuhalten. Noch immer
wieder dieses Gebiet dort besetzt und die Schweizer Polizei ist
ausserstande gewesen, das Schweizer Recht dort durchzusetzen.
Böhm ist natürlich auch deshalb beunruhigt, weil jetzt in den
Filialen die Verkäufer belästigt werden, als Judenknechte und
so weiter beschimpft wurden. Ich besuchte abends dann die Arena
und konnte feststellen, dass dort Autobusse stehen. Ausserdem
wurde sogar die Rettung benötigt, die mit Blaulicht und
Polizeischutz dort eintraf.Es kann sich allerdings auch um einen
normalen Einsatz gehandelt haben, da ich mich selbstverständlich
für Details nicht interessierte. Überhaupt musste ich feststellen
dass es obwohl es dunkel war, ich keinesfalls inkognito agieren
könnte. Ich wurde von einigen sofort erkannt und habe deshalb
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ohne in die Halle selbst zu gehen, das Gelände wieder
verlassen. Für mich ist es ganz klar, dass jetzt links und
rechtsextreme Gruppen und dadurch militant bestorganisierte
Vertreter die ganze Aktion in die Hand bekommen wollen. Kreisky
hat vollkommen recht, dass wir unter gar keinen Umständen
eine Jugendkonfrontation gegen das Regime damit auslösen
dürfen. Früher oder später werden die dort immerhin anwesenden
ca. 100 Jugendlichen erkennen, worum es sich hier wirklich handelt
und bereit sein, Ausweichquartiere dann zu akzeptieren. Momentan
bin ich fest davon überzeugt, haben sie nur ein einziges Interesse
dem Establishment zu zeigen, dass sie ihren Willen durchsetzen
können, d.h. am Schlachthof bleiben.
Tagesprogramm, 7.7.1976