Montag, 26. Juli 1976
Wieder ein Tag ganz im Zeichen der Iraker. Man bemerkt, dass doch
schon Urlaubszeit ist. Unseren Präsidialchef Schipper traf ich zufällig
am Gang, er war schon im Urlaub, ich habe das gar nicht bemerkt.
Ich habe mit ihm ein sehr gutes persönliches Verhältnis, dienstlich
haben wir uns aber fast gar nichts zu sagen. Eigentlich schade.
Ich bin überzeugt, dass es noch Dutzende Beamte gibt, wo ich nicht
imstande war mit ihnen ein wirklich zweckmässiges Arbeitsver-
hältnis und Mitarbeiterverhältnis zu finden. Wahrscheinlich habe ich
dazu auch viel zu wenig Zeit.
Die Pressekonferenz hatte mehrere Themen. Jagoda wollte über die
Aussetzung des Befähigungsnachweises für die Tankstellen-Espressi
und sonstige Verkaufsgeschäfte bei den Tankstellen berichten. Liebl
über die Fremdenverkehrsentwicklung im Juni, die sehr positiv ver-
laufen ist, Fälbl über die Russland-Verhandlungen. Alle drei hätten ein
pressefrühstück-füllendes Programm gegeben. Karim aber, der Ölminister
von Irak, hatte den Wunsch geäussert, an der Pressekonferenz teilzu-
nehmen. Natürlich war das sofort der erste Tagesordnungspunkt und für
die Zeitungen doch eine gewisse Sensation. Einzeln wollten schon
gewisse Zeitungen mit ihm ein Sonderinterview haben. Da er dies scheinbar
verhindern wollte, war er sehr froh, dass ich ihm zur Pressekonferenz
eingeladen habe. Seine Befürchtung, dass er wegen des Palästinenser
Problems, oder wegen der Kurdenfrage interviewt würde, hat sich als
nicht begründet gezeigt. In meiner Einleitung habe ich bereits darauf
hingewiesen, dass wir Wirtschaftsverhandlungen geführt haben, dass der
Ölminister ihnen für Wirtschaftsfragen, ganz besonders aber auch für
OPEC Fragen zur Verfügung steht. Die Redakteure waren dann über die
Interviews sehr unzufrieden und enttäuscht. Karim hat nicht einmal
ihre Produktionsziffern, die sie fragten, beantwortet. Entweder weiss
er es nicht, oder was ich sofort interpretierte und ihnen sagte, ist
Öl bei ihnen hochpolitischer Rohstoff und es wird keine wie immer ge-
artete konkrete Auskunft gegeben. Durch reinen Zufall hatte ich vorher
von der Deutschen Bank Unterlagen über Irak bekommen, wo auch sehr
interessante Ziffern über die Ölproduktion und die Ölpolitik zu lesen
waren. Natürlich nützte ich dieses Wissen sofort und konnte den Re-
dakteuren entsprechende Fragen beantworten. Diese hatten sie aller-
dings nicht an mich gerichtet, sondern an Karim, der nur immer wieder
stereotyp erklärte, es wird nicht mehr produziert als es der iraki-
32-0898
schen Wirtschaft und der Budgetsituation und den Einnahmen ent-
spricht. Die Amerikaner betreiben eine Vorratshaltungspolitik und
wollen damit nur den Arabern schaden. Irak wünscht nur Direktbeziehungen
mit den Konsumenten, die Internationalen gehören ausgeschaltet und
dies ist auch die OPEC-, oder sollte zumindestens die OPEC-Politik
sein. Die österreichische Regierung und ganz besonders Kreisky macht
die richtige Politik, die einem neutralen Staat entspricht und die
die Araber sehr begeistert. Am besten gefiel mir bei den Fragen dann
der Vertreter von British Broadcasting Corp. Er wollte unbedingt
wissen, wie ein fairer Wettbewerb zustande kommt, wenn auf der
einen Seite die OPEC als Kartell und auf der anderen Seite die
Internationalen aufgesplittert als Nachfrager auftreten. Karim gab
ihm eine ausweichende und natürlich auf diese Frage überhaupt nicht
Rücksicht nehmende Antwort. Fast würde ich sagen, der sture Engländer
wiederholte sie deshalb. Zaki konnte ihm dann wieder nur übersetzen
was Karim sagte und das war natürlich wieder etwas anderes als er
fragte. Zaki, der uns wirklich als Übersetzer jetzt fast schon unent-
behrlich ist, war ganz verzweifelt. Beim Hinausbegleiten von Karim ist
dann der Reporter wieder erschienen und hat ihn in Englisch ange-
sprochen, um seine Informationen, die er unbedingt erhalten wollte
von Karim zu bekommen. Sogar im Aufzug ist er noch mit ihm hinuntergefah-
ren, in der Hoffnung, eine befriedigende Antwort zu bekommen. Natürlich
alles vergebens. Wenn ein Araber sich vorgenommen hat, nichts zu sagen,
dies ist meistens der Fall, dann wird er in seiner blumenreichen
Sprache die wahrscheinlich durch die Übersetzung einiges einbüsst,
nur herumreden oder wie man fast besser sagt, palavern. Für mich ist
dies eine unergründliche Mentalität. Ich gebe mich auch keiner
Illusion hin über die Verlässlichkeit von Erklärungen oder Zusagen.
Nach welchen Gesichtspunkten dort wirklich Geschäfte gemacht werden
ist mir nicht ganz klar. Das Maximum was scheinbar zu erreichen ist,
ist dass dort im Irak nicht bestochen wird. Mir ist zumindestens bis
jetzt nichts bekannt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Versuche über die deutschen Banken und Wirtschafts-
ministerium an Publikationen, Informationen womöglich über alle Staaten
der Welt zu bekommen.
Der Rest der Pressekonferenz wurde dann im Eilzugstempo abgewickelt
weil ich darauf bestand. Als Karim und ich weggingen sind natürlich
die Hälfte der Journalisten auch gleich verschwunden. Trotzdem wollte
ich nicht unbedingt, dass Karim allein so dominiert. Puffler meinte
mit Recht, es wäre gut, wenn wir alle Woche einen solchen Gast in
32-0899
unserem Pressefrühstück hätten. Diese Meinung teile ich nicht. Einmal im
Monat allerdings wäre es zweckmässig, wenn wir einen solchen Stargast
hätten. Für September ist es zweckmässig, dann Broda Konsumentenschutz
einzuladen, der sich dafür schon angeboten hat.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte entsprechende Einladung und Programm vor-
bereiten.
Bei der Schlußsitzung konnte ich den Irakern mitteilen, dass ich mit
Generalsekretär Haschek von der Österreichischen Kontrollbank ver-
einbart habe, eine Delegation der Iraker soll mit ihm entsprechende
Finanzierungsgespräche führen. Karim war damit sehr einverstanden.
Das Aussenamt hatte ausserdem einen Nachweis mir gegenüber gebracht,
dass sie sehr wohl die Wünsche der Iraker nach Experten an die
Bundesingenieurkammer und vor allem an alle Landeskammern sowie an
das Arbeitsamt weitergeleitet haben Leider hat sich bis jetzt
niemand gemeldet, angeblich weil 15 Jahre Erfahrung verlangt wird.
Das Aussenamt wird nun die gewünschten Experten in Zeitungsannoncen
ausschreiben. Wenn diese Annonce erscheint, ersuchte ich den Vertreter
des Aussenamtes, soll er uns sofort verständigen, damit wir an Karim
die Annoncen schicken. Die Iraker sollen sehen, dass wir alles unter-
nehmen, damit sie zu Experten kommen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sichere Dir die konkreten Unterlagen, damit
wir zeitgerecht an Karim schreiben können.
Fälbl, der jetzt noch ein Protokoll mit den Irakern machen musste,
erzählte mir, dass auch ihm die Vertreterin des Finanzministeriums
tatkräftig unterstützte, indem sie ihm den englischen Text schrieb.
Auch er war über die Initiative und über die Unterstützung sehr ver-
wundert. Ich glaube wir sollten wirklich versuchen, wie ich gestern
schon abdiktierte, diese Vertreterin des Finanzministeriums zu den
Aussenhandelsverhandlungen zu erhalten. Allerdings muss man sehr vor-
sichtig vorgehen, damit nicht im Finanzministerium dann die anderen
Beamten und ganz besonders ihr Sektionsleiter womöglich an einem
Nahverhältnis kein besonderes Interesse hat, dann womöglich jemand
anderen schickt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Besprechen wir wie wir zweckmässig vorgehen.
Typisch arabisch ist, dass auch in letzter Minute ihnen eingefallen
ist, ein Gegenessen zu geben. Zaki wurde von ihnen beauftragt mich
zu fragen, ob ich überhaupt bereit bin, daran teilzunehmen. Da um
2 Uhr schon sein Raketenboot nach Budapest fährt, wurde festgehalten
dass um 12 Uhr ein Essen stattfinden soll. Der irakische Botschafter
ist erst 3 Tage in Österreich und kennt sich daher natürlich nicht sehr
gut aus. Zaki wird das Ganze für sie organisieren. Umständlich war
auch herauszubringen, wem sie eigentlich einladen. Sie sprachen dann
von mindestens 7 Personen. Insgesamt wurden wir dann allerdings 10,
was sie sehr befriedigte. Die Einladung erledigten wir gleich bei
der Unterzeichnung des Protokolls. Ich fragte ganz einfach jeden einzeln
ob er zum Essen kommen will. Ich kann mir vorstellen, wie die arabische
Mentalität auf Menschen die exakte Entscheidungen, konkret geplante
Zeitabläufe, fixe Vereinbarungen wünschen, wie auf sie also diese Men-
talität wirkt. Ich habe mich schon damit abgefunden. Ich erkläre mir
dies alles mit dem arabischen Sprichwort "Inschallah".
Tagesprogramm, 26.7.1976