Dienstag, 28. September 1976
Beim Bundeskanzler war eine Besprechung mit Vockenhuber, seinem
Kompagnon Dr. Hauser und Prok. Vorhand wegen Errichtung des Betriebes
in Fohnsdorf. Auch die Betriebsräte und der Bürgermeister vom Kohlen-
bergwerk und der Gemeinde waren erschienen. Ich muss gestehen, dass
ich persönlich sehr überrascht war, Vockenhuber sofort den Wunsch Kreisky
nachgekommen ist. Dieser hatte ihm in Amsterdam sogar angerufen und
ersucht, er solle ihm helfen. Hier zeigt sich, dass doch der Kanzler
nicht nur Ideen hat, sondern was meiner Meinung nach noch viel wichtiger
ist, durch seine Autorität einen ungeheuren Einfluss bei den Unterneh-
mern auswirken kann. Insbesondere bei einem einzelnen, den er direkt
anspricht. Vockenhuber erklärte mir z.B., er sei das erste Mal über-
haupt in seinem Leben im Bundeskanzleramt. Er ging auch in einem
Schreiben, das er mir in der Abschrift gab, bevor noch Kreisky gekommen
ist auf das Problem ein, dass die 5.700 Beschäftigten der Eumig keine
Angst haben müssen wegen ihrer Beschäftigung. Eine Abwertung von
Produkten aus anderen Betrieben muss vermieden werden. Dies bezog
sich auf die Äusserung Niederls, der voreilig dieses Projekt in der
Steiermark bekanntgab. Weshalb in Fürstenfeld, wo Eumig die Polaroid-
Produktion aufzieht, Unruhe entstand, dass dort nicht genug investiert
wird oder Teilbeschäftigungen von Fürstenfeld nach Fohnsdorf verlagert
werden. In Fürstenfeld werden die 60 Mio. Schilling Investitionen
für Polariod in keinem Fall beeinträchtigt. Vockenhuber wird nach
Fohnsdorf die Formen und Werkzeugproduktionen, wonach am Weltmarkt
eine sehr stabile Nachfrage zu guten Preisen besteht, legen. Natürlich
muss er die jetzige Werkzeugproduktion von Wien und die Formenproduk-
tion von Kirchberg zwar nicht dort auflassen, aber doch ergänzend nach
Fohnsdorf geben. Jetzt sagt er, muss er sogar angeblich zukaufen. Insge-
samt möchte er im ersten Jahr 81 Arbeiter, 36 Mio investieren, nach
seinem Plan würde dies 1977 bereits beginnen. 1978 braucht er 167
Arbeiter, d.h. 86 neu dazu und 47 Mio. 1979 dann weitere 96 Arbeiter
insgesamt also 263 und 45 Mio. mit insgesamt 127 Mio. Investitionen
ohne Baulichkeiten. Er glaubt dass er in dem grossen Areal des Berg-
werkbetriebes entsprechende Baulichkeiten finden wird, die er, wie
ich ihm versicherte, um einen symbolischen Beitrag bekommen kann.
Ich habe mit Koller von der VÖEST und Steflitsch vereinbart, dass sie
gegebenenfalls die Gebäude herschenken, wenn irgendeine Firma sich
findet und nach Fohnsdorf geht. Wahrscheinlich wird aber Vockenhuber,
wenn er die Gebäude sieht, sich dann entschliessen auf die grüne Wiese
zu bauen, d.h. er braucht dann noch 50 Mio. Schilling ungefähr für
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Bauten. Der Bürgermeister erklärte sofort, er hätte 4 ha Bahnanschluss-
grund, die der GKB gehören. Auch hier würde wahrscheinlich die VÖEST-
Alpine als Muttergesellschaft zu einem Pappenstiel diesen Grund zur
Verfügung stellen müssen. ERP-Kredit kann Vockenhuber mit 5 Jahre
tilgungsfrei und 1% und 10 Jahre dann mit 5% aus dem ERP Kohlen-
resp. Grenzgebietsteil bekommen. Allerdings sind dort nur maximal 70%
laut Richtlinien zu finanzieren. Im Grenzgebiet und Kohlenquote ?
ERP sind derzeit, wie MR Schütz mir nachher vertraulichst mitteilt,
400 Mio übrig. Über diese Information war ich sehr überrascht, denn
normalerweise nimmt man an, dass diese Quote sehr bald wegen der
günstigen Konditionen ausgeschöpft ist. Häuser erklärte von der
Arbeitsmarktförderung stehen sowohl pro Arbeitsplatz entsprechende
Fördermittel, d.h. Zuschüsse zur Verfügung, wenn das Land entsprechend
mitbezahlt und vor allem auch für die Umschulung fast unbegrenzte Mög-
lichkeiten. Vockenhuber teilte mit, dass LR Peltzmann ihm bereits zugesagt
hat, dass die Steiermark auch eine optimale Förderung geben wird.
Sein Prokurist hat bezüglich der Kreditgewährung nur ersucht, man soll
auf eine Belastung der Grundstücke zur Sicherungsstellung Abstand
nehmen, weil diese ansonsten die anderen Investitionen benachteiligen
würden. Androsch erklärte sofort, hier wird er über den E+E-Fonds
entsprechende Lösungen suchen. Vockenhuber verlangt auch nicht rück-
zahlbare Mittel, wobei er sich vorstellt eine Subvention in ange-
messener Relation zum aliquoten Anteil an den Ersparnissen des Bundes,
die durch Schliessung des Fohnsdorfer Kohlenbergbaues über 3 Jahre her-
gestellt werden könnten. Seine Idee ist, der Bund erspart sich, wenn
Fohnsdorf geschlossen wird Geld und er möchte dafür maximal 60 Mio
Schilling Subvention. Androsch ist auf diesem Vorschlag nicht konkret
eingegangen, sagte allerdings, auch hier wird er um eine Lösung be-
müht sein. Wahrscheinlich wird er, da er ja ein eigenes Gesetz dafür
bräuchte, doch auf Grund der individuellen Steuergestaltung die ja
der Finanzminister immer wieder hat, die Wünsche Vockenhubers in irgend-
einer Weise befriedigen, ohne dass dies direkt so zum Ausdruck kommt.
Die Betriebsräte waren wegen dieser schnellen Erledigung durch Kreisky
genauso überrascht wie ich und sehr positiv dem Betrieb gegenüber einge-
stellt. Ich versicherte Vockenhuber, dass wenn er irgendwelche Unter-
stützung braucht, dass er sich jederzeit an mich wenden kann.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte dieses Projekt besonders ver-
folgen und in jeder Beziehung unterstützen.
Im Ministerrat hat Androsch das Budget vorgelegt und dazu wurde wieder
der Sektionschef traditionsgemäss zugezogen. Das Ganze ist eine solche
Farce, dass es direkt lächerlich ist, daran noch festzuhalten. Viel-
leicht war es seinerzeit noch notwendig, als koalitionsmässig noch
über einzelne Ansätze vielleicht sogar im Ministerrat diskutiert wurde,
dass der Sektionschef anwesend war, um den Finanzminister Auskunft
zu geben. Jetzt ist alles so abgesprochen, dass es nicht einmal eine
halbe Minute dauert. Androsch hat auch das erste Mal erklärt. wenn man
das Bundesfinanzgesetz behalten wollen, dann sei er bereit von seinem
Prinzip abzugeben es wieder einzusammeln. Die meisten aber erklärten,
nein nein, sammle es nur ein, sonst heisst es dann womöglich, wir hätten
irgendwelche Ziffern rausgegeben. Die Gesamtsumme ist 67.2 Mia. Per-
sonal, trotz Einsparung der 3.100 Dienstposten mit 492 Mio. In Wirk-
lichkeit macht das Personal 62.9, 4.8 seien durch die Herabsetzung der
Lehrerverpflichtung eine fiktive Ziffer. Die Personalkosten sind
also insgesamt rechnungsmässig 67.7, davon die rund 500 Mio Ersparnis
ab, machen 67.2. Der Sachaufwand ist 173.6 Mia. gegenüber Einnahmen
von 197.2 ergibt sich ein Defizit von 43.6. Die Stabilisierungsquote
ist 2.8 Mia. und die Konjunkturbelebung 3.6 Mia. Beide Posten werden
natürlich überhaupt nicht berücksichtigt, weil sie ja nur budgetpoli-
tisch praktisch zur Anwendung kommen sollen, wenn die Wirtschaftslage
dies erfordert. Kreisky hat wegen Dienstpostenreduzierung von 1% allen
Ministern und ganz besonders Lausecker, der ja die Arbeit gehabt hat,
gedankt. Dies ist auch das erste Mal. Plesch hat in unserem Dienst-
postenplan einen Druckfehler bemerkt, nämlich wir haben nicht 303
A-Posten, sondern nur 294, d.h um 11 weniger in der Summe statt 936
927, also 9 Posten ebenfalls weniger. Als ich diesen Fehler den
SChef Schipper zeigte und Aufklärung wünschte, war dieser sehr
überrascht, rannte sofort in die Personalabteilung und hat dort wahr-
scheinlich gefragt, wie gibt es das, dass Plesch auf so einen Druck-
fehler draufkommen kann. Plesch sagte mir, er hätte dieses System ge-
hört, das auch ich seinerzeit immer anwendete. Tatsächlich habe ich
in meinen ersten Kammerjahren, wo immer ich früher hingeschickt wurde
z.B. in den Milchwirtschaftsfond, vielleicht auch durch reinen Zufall
einige Rechenfehler entdeckt. Dies hat dann sofort mir dort einen
Nimbus gegeben, den niemand mehr zerstören konnte. Frau Lechner, die
damals die Finanzabteilung führte, hat mir nach Jahren gestanden,
sie zitterte immer, wenn ich im Milchwirtschaftsfonds war, ob ich nicht
wieder irgendwas entdecken würde. Allerdings habe ich immer, wenn mir
irgendwas aufgefallen ist, niemals jemandem aufgebaut, sondern mit aller
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Freundschaft aufmerksam gemacht. Dies wirkt nämlich viel stärker,
als wenn man herumbrüllt, oder sonstwie seine Überlegenheit zeigt.
Die fleissige, sachliche Arbeit setzt sich letzten Endes gepaart mit
einer geschickten Methode so durch, dass es einem selbst Freude macht
man dadurch Mitarbeiter gewinnt, selbst wenn sie, was natürlich un-
vermeidlich ist, auch Fehler machen.
Kreisky fragte bei dem Punkt erste Tagung der österr.-libyschen
Regierungskommission in Tripolis nicht, wer daran teilnimmt und
warum wir dort hinfahren, sondern Weihs, wieviele Rinder wir dorthin
exportiert haben. Bis jetzt sollen es nach Angabe Weihs 29.000 Stück
gewesen sein, im ersten Halbjahr 1976 davon 14.000. Insgesamt soll er
1975 nur 29.000 Stück exportiert haben. Bei einem Stützungsaufwand
von 7.50 Schilling pro Kilogramm. Da hier zweimal 29.000 vorkommen,
kann es sich um einen Zufall handeln oder um das System, irgendeine
Zahl zu nennen. Da ich aber die Exportziffern genau brauche, wird
es zweckmässig sein, aus dem Material des Viehverkehrsfonds, welches
ich jetzt von Blümel immer bekomme, aber ergänzt aus den Informationen
des Landwirtschaftsministeriums eine summarische Tabelle Exporte in
Stück, Stützungserfordernis pro Kilogramm und in Summe zu erstellen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte veranlasse dies.
In der Industriekommission hat Haider von der Versicherung und ÖAAB-
Kammerrat, derzeit Vorsitzender des Wirtschafts- und Sozialbeirates
über die Vorschläge zur Industriepolitik referiert. Ich meldete mich
sofort als erster zur Diskussion und erklärte, wir würden so wie 1970
die seinerzeitige Studie sehr gerne die neuesten Erkenntnisse des Bei-
rates für unsere Industriepolitik ab 1976 gerne heranziehen. Es sollte
daher der Beirat hier weiterarbeiten. Mussil erklärte, dass die Prä-
sidenten morgen so etwas beschliessen könnten, wenn der Zwischenbericht
weiter ausgebaut werden soll. Igler verwies auf die Eigenfinanzierungs-
probleme und besonders auf die Besteuerung der Aktie usw. und die
Aussenfinanzierung mit Eigenmittel. Treichl ging ganz genau auf den Be-
richt ein und beschwerte sich nur, dass die Inflation zu wenig berücksich-
tigt wurde und dass insbesondere die Förderung der Industrie derzeit aus-
schliesslich gewinnabhängig ist. Arbeiterkammerpräsident Czettel
meinte, es müsste noch das Arbeitskräftepotential, die Kapitalausstat-
tung und die Expansionschancen sowie die Schwachstellen näher unter-
sucht werden. Der erste Tagesordnungspunkt endete mit dem Wunsch
Kreiskys, das Ergebnis dann publizistisch, wahrscheinlich in Form einer
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neuer Beiratsstudie auszuwerten. Zum zweiten Tagesordnungspunkt,
Zellstoffprojekt, berichtete ich, dass zum endgültigen Bericht eine
Holzstudie notwendig ist, die Haiden veranlasst hat. Zum Glück kündigte
ich zum Schluss des kurzen Referates, wo ich auf die wichtigsten
Punkte einging an, dass wir diese Studie anfangs des nächsten Jahres
vorlegen wollen. Wanke hatte mit Recht mich aufmerksam gemacht,
dass die ursprüngliche Absicht bestand, die endgültige Studie
wesentlich später erst fertig zu machen. Kreisky hat dann im Schluss-
wort allerdings dann gesagt, er könne unmöglich 6 Monate noch warten,
die neuen Projektanten hätten schon Lieferaufträge erteilt, weshalb
er so schnell als möglich diese Studie will. Wenn wir unsere ursprüng-
liche Zeitplan vorgeschlagen hätten, die Studie erst in maximal
einem Jahr fertigstellen zu können, hätte dies niemals seine Zu-
stimmung bekommen und wir wären nur dort gestanden als Leute die lang
arbeiten und nichts herauskommt. Wenn die Holzstudie von Haiden vor-
liegt, werden wir uns dann eben zu einer Stellungnahme durchringen,
die natürlich vorbehaltlich der zugesagten Leistungen der Projektanten
sein wird. Wanke befürchtet nämlich, dass Turnauer doch früher oder
später einmal abspringen möchte. Dies glaube ich nicht, wenn tatsächlich
Kreisky, siehe Vockenhuber ihm persönlich unterstützt und einmalige
Zusagen gibt. Benya hat in der Diskussion gefragt, wieso der Staat
die Umweltschutzinvestitionen fördert und damit das Verursacherprinzip
verlässt. Benya hat ausserdem die Arbeitsplätze der Bestehenden beson-
ders herausgestrichen und meinte, diese dürften nicht gefährdet werden.
Vizepräsident Derfler hat das Interesse der Landwirtschaft an diesem
Sulfatprojekt ganz besonders herausgestrichen, da die Bauern und Wald-
besitzer hoffen, dann ihre Fichten-, Tannen-, Kiefer-Überschüsse jederzeit
verkaufen zu können.
Die wirklich interessanteste Diskussion ergab sich aber beim dritten
Punkt, wie die Bundeskammer über die Eigenkapitalbildung referiert.
Sallinger hat allgemein eingeleitet und grundsätzliche Wünsche herunter-
gelesen und dann Mussil ersucht, zu ergänzen. Dieser hat dann genau die-
selben Wünsche, die Sallinger schon vorgebracht hat, wiederholt. Die
Investitionssteuer soll weiterhin ausgesetzt bleiben, ebenso die 25%ige
Sonder-AfA. Die Bewertungsabschläge, Delkredere für Exportförderung
müssen bleiben. Die Doppelbesteuerung der Aktie sei abzuschaffen und die
Vermögenssteuer unter gar keinen Umständen zu erhöhen. Die Innenfinan-
zierung könne nicht über den Preis erfolgen, die Scheingewinne müssten
verschwinden und Wiederbeschaffungsrücklage sei entsprechend zu bilden.
Eine Beteiligungsgesellschaft müsse beschaffen werden, aber nicht
über den Investivlohnfonds, den Prof. Andrae vorschlägt, sondern
im klassischen Sinne als Kapitalgesellschaft die vom Staat oder
sonstigen Stellen subventioniert wird. Vielleicht, wenn er Andrae
nicht zitiert hätte, hätte dieser geschwiegen. So aber hat er sich
sofort zu Wort gemeldet und gemeint, dass geförderte Kapital würde
die Frage aufwerfen, wem es nachher gehört. Seiner Meinung nach nur
den Arbeitern die dieses Kapital schaffen. Prof. Nowotny attackierte
den Handelskammervorschlag vom konjunkturpolitischen Standpunkt,
Seidel vom wirtschaftspolitischen, wobei dieser darauf hinwies, dass
es ein Investitionsproblem gibt, weil das Bruttokapitalstock derzeit
nur um 3% pro Jahr steigt, während die Industrieproduktion wesentlich
schneller zunimmt und im Frühjahr 1977 die gesamte Kapazität ausge-
lastet sein wird. Die Kapitalakkumulation im Haushalt ist gering,
nur die Masse macht es aus, dass dieser Sektor in Erscheinung tritt.
Mit Hilfe von Pensionsrückstellung und Abfertigungsrückstellung, d.h.
Sozialkapital war es bis jetzt möglich die Investitionen zu lösen.
Nussbaumer meinte, Kapitalkosten müssen man sparen, weshalb er sogar
für eine Indizierung beim Anlageneintritt. Die steuerliche Begünsti-
gung müsste aber streng verrechenbar werden, wenn es aufgelöst wird,
d.h. eine strenge Nachversteuerung. Igler und Mussil hatten alle Hände
voll zu tun, um sich gegen die Angriffe der Wissenschaft einigermassen
zu wehren. Ich konnte nicht umhin ihm nachher zu sagen, no, da haben sie
sich was Schönes angefangen, worauf Mussil meinte, er möchte wissen,
wie Kreisky wieder die Professoren gewonnen, er sagte sogar bestochen
hat. Da die Zeit schon sehr stark fortgeschritten war, ist der Punkt
Andrae über Beteiligungsgesellschaft auf die nächste Sitzung im Dezember
verschoben werden. Androsch hat seinen Bericht über den Wirtschafts-
und Sozialfond durch das Procedere dargelegt, nämlich dass er den
Entwicklungs- und Erneuerungs-Fondsgesetz in die Begutachtung schickt.
Er möchte eine Abstimmung zwischen ERP, E+E, Investitionskredit AG
und den Hausbanken erreichen.
ANMERKUNG FÜR MEISL, WANKE u. PLESCH: Bitte MR Müller muss sich um diese
Probleme stärker annehmen.
Die Fraktion des Handelsausschuss begann um 13 Uhr. Durch die Industrie-
kommission konnte ich erst um 13.15 Uhr erscheinen und da war die ganze
Fraktion schon zu Ende. Ohne dass wirklich über die Probleme der Alt-
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ölbeseitigung, d.h. des Gesetzentwurfes von FPÖ, noch geschweige
über das Ladenschlussproblem gesprochen wurde. Ich habe natürlich
dann ausserhalb der Sitzung sofort diese Diskussion begonnen und
es stellte sich heraus, dass wir knapp in 3/4 Stunden mit der Proble-
matik durchkamen. Die Abgeordneten haben zwar bei der offiziellen
Fraktionssitzung, die ja nur 5 Minuten gedauert haben kann, den richtigen
Beschluss gefasst, nämlich, dass die beiden Gesetzentwürfe in die Unter-
ausschüsse verwiesen werden sollen, doch waren sie untereinander weder
über die Methode einig, noch geschweige denn über den sachlichen Inhalt
oder der Problematik. Ich glaube, alle waren dann froh, über die abgeführte
Diskussion. Im Handelsausschuss selbst hat dann zu meiner grössten Ver-
wunderung Stix als FPÖ-Vertreter sofort bei der Erörterung seiner Ge-
setzentwürfe den Vorschlag gemacht, alles den Handelsunterausschüssen
zuzuweisen resp. für Altöl einen solchen zu schaffen, bis die Regierungs-
vorlage ins Haus kommt. Stix hat sich dann bei mir persönlich noch
bedankt für die loyale Vorgangsweise. Wanke erzählte mir, er hätte ihm
dann noch mitgeteilt, dass es für die FPÖ ein grosser Erfolg ist, dass
sachlich im Handelsausschuss mit ihr zusammengearbeitet wird. Scheinbar
dürfte in anderen Ausschüssen die ÖVP sich durchsetzen und auch die
SPÖ jederzeit bereit sein alles abzulehnen. Mussil hätte nämlich eben-
falls mir vorgeschlagen, radikal die Vorschläge der FPÖ niederzustimmen.
Ich habe zwar für die FPÖ nicht sehr viel übrig, weil ich sie als eine
unverlässliche Partei betrachte. Trotzdem werde ich auf die Sachvor-
schläge jederzeit und genauso gewissenhaft eingehen, als wenn sie von
anderen kommen.
Botschafter Schmid berichtete mir, dass es möglich war für die
Philippinen VÖEST und Elin 38 Mio. Dollar Wasserkraftwerke abzuschliessen.
Es handelt sich um das Projekt Agus 1, ein 80-MW-Laufwerk, das tech-
nisch abgesprochen und vertraglich bereits unterschrieben ist. Der
Vorschlag von den Rumänen mit der SGP ein Dampfkraftwerk 2x150 MW
zu bauen, ist nach Wissen von Schmid überhaupt noch nicht spruchreif
geschweige denn unterschriftsreif. In Indonesien wieder, hat Schmid die
Meinung sollten wir das 250 MIO Dollar-Projekt Sulfatzellulose 200.000
Tonnen unbedingt unterstützen und uns sogar daran beteiligen. Finanziert
wird es von Kuweit und Saudi-Arabien, dient primär zur Bedarfsdeckung
der indonesischen Wirtschaft und kann sicherlich auch noch trotz der
hohen Frachtkosten durch die niederen Lohnkosten und günstige Holzbrin-
gung nach Europa rentabel Zellulose verkaufen. Letzteres glaube ich
kaum, doch werden wir das Projekt im einzelnen noch sehr genau prüfen.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte entsprechende Informationen
einholen.
In unserer Klubsitzung auf de Landstrasse berichtete ich über die
Wirtschafts- und politische Situation und ganz besonders über den Streit
der Repräsentationskosten. Die Fernsehdiskussion von Androsch, wurde mir
mitgeteilt ist sehr gut angekommen, doch werden die Leute davon nicht
überzeugt, dass für die Innenrepräsentation grosse Schweinereien pas-
siert sind. Die Stimmung zu diesem Punkt ist gerade nicht sehr gut,
obwohl ich versuchte zu erklären, dass der Minister sicherlich nicht,
als er die Torte für den 80jährigen Böhm bestellte, erklärte, sie
muss 13.000 Schilling kosten. Es kommt eben immer wieder auf die Dar-
stellung des Falles an. Ich erwähnte, dass auch ich seinerzeit für
einen Nahost-Handelsminister ein Bett gekauft habe, wofür jetzt in den
Repräsentationskosten 8.000.– Schilling ausgewiesen wurden. Demagogisch
könnte man jetzt schreiben, Minister Staribacher kauft Bett für 8.000
Schilling. Jeder würde denken für meine Person oder gar vielleicht
für eine Freundin. Und wenn eine Zeitung dies so schreibt, so ist es auch
die Absicht unterschwellig Interesse für eine Ausgabe zu erwecken.
In Wirklichkeit erinnere ich mich, haben wir damals noch grosse
Schwierigkeiten gehabt, den Wunsch des Syrers zu erfüllen und gleich-
zeitig die Transport- und Sicherheitsbestimmungen zu umgehen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Aus den ganzen Repräsentationsaufwendungen suche
bitte diese interessanten Posten heraus.
Bei der Feier der Firma Jodlbauer, die am Abend für Staatswappen-
überreichung mit der Belegschaft stattfand, erklärte ich in der Ansprache,
dass es mir lieber ist, ich bin jetzt bei den Kolleginnen und Kollegen,
als Vormittag bei der Prominenz. Dies war nicht eine verbale Erklärung
sondern es gelang mir dann auch dies wirklich zu beweisen. Jodlbauer
meinte nämlich dann auf die Erwiderung, ich sei hier fast als Gewerk-
schaftsmann aufgetreten, was ich wollte und auch gelang. Da das Essen
Gott sei Dank schon vorüber war, hatte ich Gelegenheit und Zeit einige
Ausführungen zu machen, die, wenn ich mir jetzt dies so überlege,
wirklich ein vom gewerkschaftlichen Standpunkt diktiert waren. Das
Unternehmen soll Gewinn machen, war meine These, dann könne sich die
Belegschaftsangehörigen über ihren Betriebsrat herausfetzen, dieser hat
dann auch zum Schluss geantwortet und meine Vermutung bestätigt. Die
Firma wird sozial geführt, verlangt Leistung, aber ein sehr gutes Klima.
Tagesprogramm, 28.9.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 44. Ministerratssitzung, 28.9.1976
32_1062_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)