Samstag, 16. Oktober 1976
In der Diskussion von der Landeskonferenz der Lebensmittel-
arbeiter in Salzburg hat Kriechhammer, Christliche Fraktion,
Kritik geübt an unserer zurückhaltenden Lohnpolitik, er ist
Brauer und mußte zugeben, daß der letzte Abschluß sehr gut
war, was ihn nur störte, war, daß wir so lange verhandelten.
Er meinte, wir könnten viel früher streiken, der Streikfond
sei ja dazu da und man müßte die Unternehmer viel härter an-
fassen. Ein so starkes Linksüberholen ist mir das erste Mal
bei der Christlichen Fraktion begegnet. Daß sie mit der Benya-
Formel nicht einverstanden sind, daß sie sich darauf berufen,
was Böhm in den 40er-Jahren gesagt hat, zuerst muß die Wirt-
schaft aufgebaut werden, dann können wir uns mehr erholen, ist
mir nichts Neues, daß aber, selbst bei einem guten Abschluß wie
Kriechhammer zugibt, er lieber gesehen hätte wir hätten mit
Kampfmaßnahmen diesen erreicht, das ist gute kommunistische alte
Taktik, die aber wenigstens immer behauptete, der Abschluß sei
unbefriedigt.
Die Weinberger'sche Walzenproduktion ist ungeheuer stark ratio-
nalisiert. Die Arbeiter sind an diesem Betrieb stark interessiert.
Der Betriebsrat hat mir deshalb sofort mitgeteilt, sie erwarten,
daß inländische Stahlwerke, die zu 60 % beliefern, womöglich zu
100 % und nicht durch Importe ihre Arbeitsplätze gefährden. Der
Landesobmann der Metallarbeiter, Schmidhofer, hat ihnen zuge-
sichert, er wird mit Brauneis, Zentralbetriebsratsobmann der
VÖEST sprechen.
Anmerkung für WANKE: Bitte Fachreferat ebenfalls einschalten.
Die Sozialleistung Wohnungsbau usw. ist sehr hoch, die Durch-
schnittsverdienste 56 Schilling, für Former wird 77 Schilling
bezahlt. Zur Rationalisierung ist die Lohntangente von 33 %
1968 auf 41 % gestiegen. Die Kooperationsbemühungen in Iran,
Polen, Venezuela, Ägypten und Brasilien sind bis jetzt nicht
erfolgreich verlaufen, obwohl sich der Betrieb sehr darum bemüht.
Bei der Brauereibesichtigung Kaltenhausen war auch Generaldir.
Beurle anwesend, ersuchte mich darauf einzuwirken, daß die
Abschöpfung die jetzt neuerdings verhandelt wird, bei der Basis
33-1150
Winnipeg bleibt und nicht auf die Europäische Gemeinschaft
umgelegt wird. Im Landwirtschaftsministerium ist Gareiss dafür
zuständig.
Anmerkung für PLESCH: Bitte setz dich mit Gareiss ins Einver-
nehmen und berichte mir.
Bei dem Referat und der Diskussion mit den Freien Wirtschafts-
verbändlern aus ganz Salzburg gab es eigentlich gar keinen
harten Kern und vor allem keine wie immer gearteten Angriffe.
Scheinbar war alles todfroh, daß ich ihnen überhaupt so lange
zur Verfügung stand. Bald wäre dies danebengegangen, denn hätte
ich mit Wohl Mühlbach besucht, so wäre der größte Teil der Zeit
auf die Fahrt aufgegangen. Ich hatte die Fahrzeit wesentlich
unterschätzt. Die Mühlbacher Probleme habe ich mit Steinocher
Stockinger, Ex-Weltmeister Bradl und dem Skischullehrer Plenk
sowie Wohl eingehend besprochen. Steinocher sieht dies so opti-
mistisch, daß er meint, wenn jetzt alle in Verhandlung stehenden
Betriebe kommen und es besteht große Wahrscheinlichkeit dann
wird dort ein Arbeitermangel zu verzeichnen sein. Bradl meint,
die große Lösung wäre eine Seilbahn auf den Hochkönig, damit
sie Sommerskifahrt dort betreiben könnten. Dieses Projekt wird
zu teuer sein und wird von allen anderen, obwohl nicht offiziell,
und nicht gegen Bradl gerichtet, wohl aber mir nachher flüsternd,
abgelehnt. Ich ersuchte Bradl, er soll auf alle Fälle einmal
eine unverbindliche und nicht kostenaufwendige Studie machen.
Anmerkung für TIEBER: Würzl wird jetzt nach Mühlbach fahren,
laß dich von ihm genau informieren, er soll mit Wohl ständig Kontakt
halten.
Die Gemeinde Golling hat jetzt einen soz. Bürgermeister, dieser
hat als Hypothek übernommen 39 Mio. Schilling Aufwendung für das
Hallenbad. Die Gemeinde hat für 23 Mio. die Haftung übernommen,
8 Mio. haben wir ihnen Zinsenzuschuß mit 2.5 % gegeben, 15 Mio.
sind offen. Auch die Zinsenzuschuß 2.5 % reichen nicht, weil
das Land nur 1 % gibt, sie haben 3 % erwartet, da es eine Frei-
zeit AG ist, können sie keinen Zweckzuschuß vom Finanzausgleich
bekommen. Was sie bräuchten, wäre dringend ein weiterer Zinsen-
zuschuß oder Umschuldung.
Anmerkung für TIEBER: Ortmann kennt den Fall, er soll optimalst
eine Lösung versuchen.
Ein gewißer Gartner hat mich angesprochen, daß eine Licht-
genossenschaft in Untersulzbachtal jetzt einen Wasserfall
zwecks örtlicher Stromerzeugung ableiten möchte. Das Land,
Dr. Moritz, ist angeblich dagegen, er ist nicht ganz sicher
und meint, daß wäre vom Fremdenverkehrsstandpunkt ein Wahnsinn.
Anmerkung für FRANK und WAIS: Bitte den Fall genau prüfen.
Bei der Staatsbürgerversammlung hat der erst in 14 Tage im
Amt befindliche Bürgermeister von Hallein mir eine ganze Reihe
von Wünschen an meine Ministerkollegen mitgegeben. Der Finanz-
minister soll sein Wort ja halten und die Salzproduktion in
Hallein aufrechterhalten. Der Bautenminister soll die Bundes-
straße erst dann genehmigen, bis er mit dem Bürgermeister Kontakt
aufgenommen hat, denn es gibt mehrere Varianten. Der Unterrichts-
minister soll die Handelsschule-Expositur endlich genehmigen.
Die Frau Gesundheitsminister hat dem Spital versprochen eine
Geriatrische Abteilung, die 20 Mio. Schilling kostet und bei ihrer
Besichtigung in das Buch eingetragen, sie wird prüfen ob ein
dritter Stock gebaut werden soll. Der Verkehrsminister soll die
Nahverkehrsprobleme Hallein durch Schnellbahn mit Salzburg ver-
binden und der Handelsminister soll garantieren, daß der Atom-
müll nicht in Salz gelagert wird, letzteres konnte ich ihm sofort
zusagen, denn die Salzstöcke dort sind alle wasserführend. Für
die anderen Minister habe ich es zur Kenntnis genommen und werde
es weiterleiten.
Anmerkung für TIEBER: Bitte den Sekretariaten schriftlich
mitteilen.
Meine Frau war ausnahmsweise einmal den ganzen Tag mit und
hat erklärt – nie mehr wieder. Anstelle von Essen – ständig
Brötchen und viel trinken und stundenlang, ja fast den ganzen
Tag, ausser bei der Betriebsbesichtigung, in verrauchten Lokalen
herumsitzen und diskutieren.
Tagesprogramm, 16.10.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)