Freitag, 5. Nov. 1976
Der Generaldirektor der ungarischen Nationalbank Bacskai wollte
zu einem Vortrag in den Kautsky-Kreis kommen. Da er seinen
Pass verloren hatte, konnte er nicht ausreisen. Ich hatte mit
ihm vereinbart, er würde in Ungarn recherchieren, ob und wann
ein solches Gemeinschaftskraftwerk an der ung.-österr. Grenze auf
Kohlenbasis errichtet werden könnte und wie die Finanzierung durch
die ungarische Nationalbank erfolgen würde. Ich hatte nicht er-
wartet, noch einmal von ihm, nachdem er jetzt nicht nach Öster-
reich kommt, etwas zu hören. Zu meiner grössten Überraschung rief
mich Dir. Philipp Rieger von der ÖNB an und teilte mir mit, er hätte
mit ihm telefoniert und solle mir ausrichten, dass dieses Projekt
in Ungarn eine sehr niedrige Priorität hat. Von der ungarischen
Seite dürfte man also nicht erwarte, dass in absehbarer Zeit
selbst wenn die technischen Voraussetzungen gut sind, dieses Pro-
jekt in Angriff genommen wird. Bacskai empfahl mir aber, bei allen
ungarischen Ministern und Politikern, die nach Österreich kommen,
immer wieder auf dieses Projekt zu drängen, sodass vielleicht die
ungarische Seite bereit ist, dem Projekt eine höhere Priorität
zuzuerkennen.
ANMERKUNG FÜR FRANK UND WAIS: Bitte vom Geologen Holzer und
unseren Energiefachleuten eine Kurzfassung für Kadar-Besuch
bereithalten.
Im Hause Demel wurde von Alfred Prokesch "9 mal Österreich" vorge-
stellt. Die erste Auflage hat mir der Autor mitgeteilt, hat
eine Rechtsabweichung, weil er wegen der Slavik-Politik in Wien
damals sehr verärgert war. Jetzt, die zweite Auflage, die vorge-
stellt wurde, sagen seine Freunde, ist linksgefärbt, er erklärt
sich dies dadurch, dass er jetzt – da Slavik nicht mehr in der
Politik ist – eigentlich mit der SPÖ ausgesöhnt ist. Ich
glaube nicht, dass Prokesch ein Mitglied der SPÖ ist. Überraschend
war für mich aber wie persönliche Verärgerungen bei einem Autor
selbst auf Sachbücher wie "9 mal Österreich" für einen Einfluss haben.
Die ÖFVW und ich bin dort als Obmann erschienen, hat 9 Buchhändler,
die sich besonders an einem Wettbewerb beteiligten mit Urlaubs-
aufenthalten in Österreich belohnt. Zwei österr. Buchhändler, von
Freytag & Berndt konnte ich der Dame persönlich die Urlaubsschecks
übergeben, ein Schweizer und sechs deutsche Buchhändler wurden
verlost. Am Frühstück konnte ich Gott sei Dank nicht teilnehmen,
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da ich zur selben Zeit das neue Auslieferungszentrum von
Peugeot in Neu-Gunstramsdorf eröffnete.
Komm.Rat Jeschek, der formelle Besitzer von Peugeot, meinte
bei der Begrüssung, nach der Peugeot-Klinik in Wien sind sie
jetzt im Süden der Bundeshauptstadt mit dem Auslieferungslager
Leider sind sie aber nicht in Wien. Die Bundeshauptstadt
scheinbar keine genügenden Gründe zur Verfügung stellen
können. Ich habe dieses Problem schon öfters mit Dir. Mayerhofer
von der Wiener Betriebsansiedlungsgesellschaft besprochen.
Das ganze Areal umfasst mehrere Fussballplätze, wie Jeschek
bei seiner Erklärung vom Blatt herunterliest. Natürlich habe
ich dann sofort bei meiner Rede dieses neue Flächenmass besonders
erwähnt und meinte, hier sieht man wie der wirkliche Motor und
angeblich auch schon Besitzer von Jescheks Firma Joschi
Walter zwar im Hintergrund agiert, aber alles in der Hand hat.
Während der Führung und dem anschliessenden Essen hatte ich Ge-
legenheit mit dem französischen Direktor von Peugeot über
die Wirtschaftssituation in Frankreich zu sprechen. Dort herrscht
so wie in Österreich ein richtiger Auto-Boom. Er führt dies
auf die zu erwartenden Preissteigerungen mit Jahresbeginn zurück.
Die Konsumenten dürften dies wissen oder vermuten und kaufen des
halb jetzt alle Modelle wie verrückt. Für Jänner fürchtet man
in Frankreich nicht nur das Ende des Auto-Booms sondern auch
eine allgemeine Flaute. Wenn tatsächlich die kaum beginnende
westeuropäische Konjunktur im Winter wieder zusammenbricht,
sehe ich auch für unsere österreichische Wirtschaftsentwicklung
sehr schwarz. Ich bin nicht überzeugt, ob es uns ein zweites
Mal so gelingen wird, durch entsprechende Staatsaufträge
und Budgetexpansion über einen Rückschlag der westeuropäischen
Industrie so gut hinwegzuturnen wie 1975. Vieles wird davon
abhängen, ob Carter in Amerika eine andere Wirtschaftspolitik
wie Ford einschlägt. Da die Carter-Adminstration aber frühstens
Mitte des nächsten Jahres wirksam werden wird, kann es zu
einer kritischen Entwicklung im Winter und Frühjahr des
nächsten Jahres kommen.
Gen.Dir. Bauer rief ich an um von ihm zu verlangen, dass er
entweder den Interessensvertretungen in der Paritätischen
Kommission die Unterlagen für die Gas-Preis-Erhöhung liefert,
insbesondere mit der Arbeiterkammer sich arrangiert oder ich
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die Gaspreise preisregeln muss. Bauer erklärte sofort, er wird
Kontakt mit der Arbeiterkammer aufnehmen. Bei dieser Gelegenheit
teilte mir Bauer mit, dass von der OPEC noch keinerlei Entscheidung
über eine Rohölpreiserhöhung getroffen oder auch nur verhandelt
wurde. Der Generalsekretär Feyide hat nach Bauers Meinung nur irgend-
etwas gesagt. Auf die Preissenkungen in der BRD bei Benzin ange-
sprochen, dort beträgt der Super jetzt im Durchschnitt nur 96 pf.,
das ist 6.80 S gegen 7.30 bei uns in Österreich, meinte Bauer, er
möchte gerne zu mir kommen, um mir dieses Problem und noch andere
auseinanderzusetzen. Bauer hat bereits mit den Internationalen über
die Preissenkungen in der BRD gesprochen und meint, er würde viel-
leicht wieder einen Alleingang machen müssen. Tatsache ist, dass
in der BRD keine Preisregelung existiert und deshalb im Winter die
Benzinpreise automatisch fallen, dafür die Heizölpreise steigen und
im Sommer sich das Ganze dann wieder umdreht. Ob eine solche Politik
wirklich zweckmässig ist möchte ich dahingestellt lassen. Richtig
ist, dass aber auch die Kronen-Zeitung und andere Massenmedien bei mir
anfragen, wann denn endlich Österreich auf die Entwicklung in der BRD
reagiert. Die Massenmedien holen sich die – wie sie für ihre Leser
feststellen – positiven Punkte heraus und verlangen dann womöglich von
mir dieselbe Lösung. Diese könnte aber nur in Aufhebung der Preisrege-
lung gefunden werden. Ich glaube auch, dass es zweckmässig wäre,
schön langsam auch auf diesem Sektor die Preisregelung aufzugeben.
Auch dann, wenn es als Ergebnis verschiedene Benzinpreise in Öster-
reich regional verschieden geben würde.
Min.Rat Pelzl kam sich zu mir über eine Aussprache mit Plesch beschwe-
ren. Pelzl meinte, er hätte das Gefühl gehabt, von Plesch in ein
Verhör genommen zu werden, wegen der angeblichen Verrechnungsfehler
eines OB-Beamten Widor. Plesch wieder konnte darauf hinweisen,
dass die überprüfenden Stellen sich bei uns beschwerten, ich habe
sogar einen diesbezüglichen Brief bekommen, wonach diese in ihrer
Arbeit behindert werden. Plesch hat glaube ich hier vielleicht im
Ton ein bisschen zu hart in der Sache aber ganz richtig durchgegriffen.
Letzten Endes kam es dann sogar zu einer Aussöhnung zwischen Pelzl
und Plesch, an der mir sehr gelegen war.
Wichtiger als dieser interne Streit erschien mir die Frage des
Bergbaues in St. Anton, welcher nach dem einen Gutachten der Wild-
bach- und Lawinenverbauung Schuld an einem Erdrutsch, nach dem
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Gutachten der geologischen Bundesanstalt aber nicht nachweisbar
ist und wo eine weitere Gefährdung des Dorfes zu erwarten ist. Da
die Wildbach- und Lawinenverbauung mit dutzenden Millionen die
Sanierung wird durchführen müssen, stehe ich auf dem Standpunkt, dass
diese die Priorität in der Entscheidung hat. Der Bergbau war nicht
imstande, die einfachsten Sicherheitsmassnahmen und Aufräumungsarbeiten
durchzuführen, weshalb auch das Handelsministerium mit 500.000 S
einspringen musste. Das zweite Drittel bezahlt das Land und das
dritte vorerst einmal die Wildbach- und Lawinenverbauung. Da wir
im Handelsministerium keine weitere Mittel mehr zur Verfügung haben
und sie auch nicht bezahlen können, und wollen, muss die Sanierung
zwischen Wildbach- und Lawinenverbauung und Land Vorarlberg vorge-
nommen werden. Für mich ist daher selbstverständlich, dass die Wildbach-
und Lawinenverbauung letzten Endes zu bestimmen hat, was geschehen
soll. Der Bergbaubetrieb möchte nur noch, das heruntergerutschte
Material aufarbeiten und Pelzl setzt sich dafür sein ein. Pelzl
hat es insoferne schwierig, als er ja bescheidmässig die Stillegung
und die Sanierung des Gebietes aussprechen muss. Er möchte dies natür-
lich im Einvernehmen mit den Bergbauberechtigten und kommt damit in
automatischen Gegensatz zur Wildbach- und Lawinenverbauung. Ich
habe Pelzl mit aller Deutlichkeit gesagt, ich wünsche natürlich wenn
möglich eine einvernehmliche Lösung, doch muss die Sicherheit der
Bevölkerung über alles gestellt werden. Wer zahlt, schafft an, gilt
auch für diese Sanierung und die Wildbach- und Lawinenverbauung
wird deshalb letzten Endes, da sie alles wird bezahlten müssen,
auch entsprechende Auflagen und Forderungen stellen. Plesch hat es
übernommen, die Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung und die
OB – Min.Rat Pelzl – zu einer Besprechung einzuladen.
Tagesprogramm, 5.11.1976