Montag, 24. Jänner 1977
Beim Jour fixe habe ich Sallinger und Mussil lächelnd oder wenn
man so will spasseshalber doch mit allem Ernst auf die Taktik der
ÖVP bezüglich der Waffenaffäre und Munitionslieferung hingewiesen.
Persönlich sagte ich, hoffe ich, dass bei der geheimen Abstimmung
die ÖVP mit der FPÖ durch einige sozialistische Abgeordnete der
Misstrauensantrag eine Mehrheit bekommt, damit ich dieses Geschäft
endlich los bin, dann wird die Handelskammer die grössten Schwierig-
keiten haben, wer immer mein Nachfolger wird. Einen Misstrauensantrag
zu stellen, bevor eine Untersuchung klar und deutlich die ganze Ange-
legenheit durchleuchtet und dargelegt hat, ist taktisch falsch,
da jedermann verstehen wird, dass man diesen ablehnen muss. Die
wirklich Geschädigten werden die waffen- und munitionsproduzierenden
Firmen insbesondere Steyr-Daimler-Puch und Hirtenberg sein. Sallinger
schlug mir sofort vor, er möchte unbedingt mit mir gepaart sein,
weil wir doch die Vertragsunterzeichnung von Voith und den sowj.
Firmen im Bristol haben. Ich versprach ihm, mit unserem Klub über
seinen diesbezüglichen Wunsch zu sprechen. Heinz Fischer erklärte
mir dann abends bei der Ministerratsvorbesprechung, dass ich ohne
weiteres mit entfernen könnte.
Sallinger urgierte neuerdings die Bestätigung der Repräsentationsver-
einbarung, d.h. ihres Briefes vom 22.11.1976.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Wo bleibt dieses Schreiben.
Mussil wollte neuerdings wissen, ob ich bereit wäre, Arthold wieder
eine Verlängerung seiner ausgesprochenen Kündigung zu geben. Ich er-
widerte, dass ich ihm nicht gekündigt habe, sondern die Organe,
nämlich der Aufsichtsrat, auf den ich keinen Einfluss habe.
Ich habe mich vor der Aufsichtsratssitzung redlich bemüht, einen
Kompromiss zustandezubringen, bin aber gescheitert. Sallinger meinte,
ob ich bereit wäre, mit Taus über das Problem Verbund zu sprechen,
was ich selbstverständlich bejahte. Arthold, erklärte ich dezidiert,
wird nicht einmal von seinen eigenen Leuten gehalten, wie er doch
genau weiss. Mussil und Sallinger meinten, wenn sie ihre Leute zur Zu-
stimmung bringen, ob ich dann bereit wäre, eine Verlängerung neuer-
dings durchzusetzen. Dafür erklärte ich mich dezidiert nicht für
zuständig. Diese Angelegenheit war im Aufsichtsrat, ist dort ent-
schieden worden und könnte daher, wenn überhaupt, nur dort geändert
werden. Mussil versuchte noch mit der Behauptung, im Aufsichtsrat hätten
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die Betriebsräte, die dafür nicht zuständig sind, die Entscheidung
über die Abberufung Artholds herbeigeführt. Dies erklärte ich
ihm, ist falsch, denn selbstverständlich haben nur die Kapital-
vertreter diesen Beschluss herbeigeführt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte verschaffe Dir das Protokoll der Auf-
sichtsratssitzung.
Die Wolfsegg-Traunthaler hat irgendwelche Wünsche der Handelskammer
mitgeteilt, weil diese mich fragte, ob ich organmässig dafür
zuständig wäre. Sie waren sehr erstaunt zu erfahren, dass dafür
die verstaatlichte Industrie, Gatscha, resp. die Holding und
nicht das Handelsministerium zuständig ist.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte über Sterk, Gatscha resp. WTK
nachfragen, worum es sich handelt.
Der Landesproduktenhandel möchte unbedingt seine Spanne erhöhen,
weshalb Mussil neuerdings urgierte. der Finanzminister hätte
infolge der Gebührenerhöhung für die 5-jährigen Kredite, die der
Landesproduktenhandel braucht und diesen mit 200 Mill. S belasten
soll, entsprechende Zusagen gemacht. Meine Antwort war sofort, da
gibt es nichts anderes, als die Preisregelung endlich aufzuheben.
Wie dies ja auch auf diesem Sektor der Kleinhandel neuerdings ver-
langt. Mussil sprach sich wegen der Mühlen und wegen des Getreide-
handels ganz entschieden dagegen aus.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WAIS: Bitte vom Finanzministerium über
die Gebührenbelastungsbesprechung sich informieren.
Der Handelsdelegierte Klade soll nach Meinung von Gleissner auf
alle Fälle nach Beirut gesendet werden. Mussil wollte mir dies
schmackhaft machen und erklärte, jeder Handelsdelegierte
müsste jetzt dreimal im Ausland Zugeteilter sein, bevor er eine
eigene Aussenhandelsstelle bekommt. Sallinger bestätigt, dass
tatsächlich jetzt überall jeder dreimal in einer Auslandsposition
sein muss, ist aber er der Meinung, dass auf gar keinen Fall nach
Beirut kommen sollte.
Sallinger war in der ÖFVW und meint nun, wir sollten unbedingt ein
eigenes Haus irgendwo mieten. Ich verwies darauf, dass der Wagner-
Bau historisch von Bedeutung ist und, wenn er renoviert wird, für
uns ideal ist. Sallinger ersuchte mich, ich sollte mit Mussil und
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ihm einen diesbezüglichen Besuch in der Hohenstaufengasse machen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Termin mit Zolles vereinbaren.
Wegen der Ausbildung der Ausbildner und unserem Auftrag an das Ge-
werkschaftsinstitut regte sich Mussil neuerdings sehr auf. Ich er-
widerte, wie schon letzten Mal, ich hätte mich redlich bemüht,
ein gemeinsames Institut zwischen ÖGB und Handelskammer zustande
zu bringen und auf die unmittelbare Verteilung resp. Auftragser-
teilung hätte ich keinen Einfluss genommen und denke auch nicht
daran, dies zu tun. Mein Ziel sei nach wie vor, ein gemeinsames
Institut zu errichten.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WAIS: Wo bleibt die Antwort auf den Brief der
Handelskammer vom 14. Jänner?
Die Brauereien waren bei Mussil und wünschen ein Antidumpinggesetz
gegen Deutschland und Polen. Nach § 31 des Lebensmittelgesetzes
wird untergrädiges Bier eingeführt und nicht beanstandet. Eine
Flaschenpfandpflicht sollte jetzt endlich gesetzlich geregelt werden.
Auf alle Fälle spricht mach sich ganz entschieden gegen Einwegflaschen
aus. Bei Bier soll es nur mehr einen 10 %-igen Restzoll geben, wes-
halb so wie Edelstahl und Papier Mussil meint, diese EG-diskriminierten
Sparten müssten besonders unterstützt werden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WAIS: Das ganze Problem vorbereiten und im
nächsten Jour fixe mit AK besprechen.
Beim 200. Pressefrühstück sprach Puffler einleitend über das erste am
20.3.1972, das sich mit der Gewerbeordnung beschäftigte, das 50. mit
dem Fremdenverkehr, das 100. mit dem Aussenhandel, Preisen und der
Marktordnung, das 150. mit der Rohstoff-Frage, Fremdenverkehr, Strom-
und Benzinpreisen und das 200. heute mit dem Slogan: 200 mal und
kein bisschen müde. Ein diesbezügliches Schreiben hat Puffler von
mir jedem der Teilnehmer gegeben. Leberl berichtete über die Aktionen
des Patentamtes bezüglich der Entwicklungsländer, wo wir ihnen
100 Recherchen für arabische Staaten, Antillen und Afrika zur Verfügung
gestellt haben. In der Diskussion konnte ich gleich die differente
Auffassung zwischen den Patentanwälten und dem Patentamt darlegen.
Leberl berichtete mit Stolz, dass er 120 Techniker und 20 Juristen hat.
Und damit als europäische Resource-Abteilung im Europa-Patent aner-
kannt ist, weiter beschäftigt werden kann, ohne dass ich natürlich dort
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ein Wort erwähnte, habe ich mir bei diesem Bericht gedacht,
welche Möglichkeiten wir eigentlich ungenützt lassen, um diese
Techniker-Kapazität für unsere Industriesektion zu nützen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte mit Leberl und Wanke doch wegen der
neuen Ideen: mehr Einschaltung dieser Leute, in Angriff nehmen.
Würzl hat über den Dezember-Fremdenverkehr berichtet, der durch die
unglücklich gefallenen Weihnachtsfeiertage, die entweder an einen
Freitag oder auf alle Fälle das Wochenende fielen, schlechter ausfiel
als im Vorjahr. Bei dieser Gelegenheit hat er von mir in der Früh
schon aufmerksam gemacht auch auf die Behauptung der Gastgewerbe-
Zeitung, dass ich mit den Devisenbetrag manipuliere, Dr. Schulmeister
vom Wirtschaftsforschungsinstitut mitgebracht und sich auch per-
sönlich ganz entschieden gegen diesen Vorwurf ausgesprochen.
Schulmeister erklärte dann mit aller Offenheit, dass zwischen
dem Wirtschaftsforschungsinstitut und der OeNB durch eine von uns
ins Auftrag gegebene Studie die Stellung des Reiseverkehrs
in der Gesamtwirtschaft ein Streit, der seit längerer Zeit zwischen
den beiden Institutes existiert, ausgebrochen ist. Die Nationalbank
hat jetzt auf Grund ihrer Umstellung auf Computer sich in letzter
Zeit nicht entscheiden können, das Berechnungssystem des Wirt-
schaftsforschungsinstituts zu übernehmen. Innerhalb der OECD wurde
1965 eine Arbeitsgruppe gebildet, war der Vertreter der österr.
Nationalbank Hain federführend war. Diese hat ein System entwickelt,
das das Wirtschaftsforschungsinstitut jetzt anwendet, ausser den
bei der OeNB eingehenden Devisen sind lt. Wirtschaftsforschungsmeinung
unbedingt auch die Devisenkäufe der Ausländer in ihrem Heimatland
zu berücksichtigen. Ca. 5 Mia. S geben Österreicher in Deutschland
z.B. aus, die nicht bei österr. Banken aufscheinen, wohl aber bei
deutschen Instituten. Dort kaufen die deutschen Gäste diese öster-
reichischen Devisen, bringen sie nach Österreich mit und geben sie
hier aus. Dadurch haben die Deviseneinnahmen aus dem Fremdenverkehr
im vergangenen Jahr 7 Mia. mehr betragen, als die OeNB ausweist. Für
die Volkseinkommensstatistik wird vom Statistischen Zentralamt
die Wirtschaftsforschungsdaten genommen. die OeNB berücksichtigt angeblich
nur Deutschland, Italien und Jugoslawien und dies nur bezüglich
der Gastarbeiterausgaben und Fremdenverkehrseinnahmen nur sehr begrenzt
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Deshalb hat die OeNB 20 Mia. Ausgaben, während das Wirtschaftsforschungs-
institut 25 Mia. S im vergangenen Jahr errechnet hat. Schulmeister ver-
suchte dies so einfach wie möglich darzustellen, aber ich glaube zum
Schluss waren alle restlos verwirrt. Mir am es aber primär darauf an,
den Vorwurf, dass ich manipuliere mit aller Entschiedenheit zurück-
zuweisen, was mir glaube ich auch tatsächlich geglückt ist.
In der Diskussion wurde über verschiedenste Möglichkeiten der Devisen-
einsparung gesprochen. Insbesondere wurde ich natürlich auch gefragt,
was ich zum Vorschlag Kienzls sage, dass wir mehr inländische Energie
in diesem Fall Atomenergie produzieren sollen, um nicht so auslands-
abhängig vom Devisenstandpunkt aus zu werden. Ich erwiderte sofort,
dass die Staatshandelsländer ihre Importe von österr. Maschinen und
Anlagen nur über Exporte mit Energie-Rohstoff bezahlen können, weil
mit den anderen Produkten sie am österr. Markt nur sehr schwer
ankommen. Über die Energielieferungen bin ich also in zweifacher
Hinsicht sehr befriedigt. Einerseits weil wir die Energie brauchen
andererseits, weil wir dadurch das Aussenhandelsaktivum ein bisschen
abbauen können. Anschliessend wurde ich in dieser Frage sowohl
von ZiB 2, Swietly, als auch vom Tele-Objektiv insbesondere wegen
des Atomkraftwerkes und der Stromerzeugung interviewt. Hlavac
von ZiB 1 wollte unbedingt Informationen über die Benzinpreis-
Entwicklung. Koordiniert wird scheinbar im Fernsehen auch nicht.
Ansonsten wäre es ganz unmöglich, dass man oft wochenlang überhaupt
vom Fernsehen nichts bemerkt und dann gleich 3 Stellen gleichzeitig
allerdings auf verschiedenen Gebieten Fernsehaufzeichnungen machen.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Ohne Kritik versuche einmal diese Praktik zu
erforschen.
Puffler war sehr erfreut und erstaunt, dass ich ihn bei der Presse-
konferenz so herausgestrichen habe und ihn insbesondere für seine
Tätigkeit bis zum 200. Pressefrühstück gedankt habe und gleichzeitig
auch immer wieder herausstreiche, dass er letzten Endes ja der
Vorsitzende dieser Pressefrühstücke ist. Der wirkliche Dank gebührt
aber dem Erfinder dieser Institution, nämlich Fritz Koppe. Wenn
Herbert Tieber jetzt dann nach Tirol zurückgeht, und dies steht
eindeutig fest, werden wir zwar im Büro für ihn einen Nachfolger
sehr bald einsetzen, aber niemanden für die Pressebetreuung haben.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Mache mir bitte Vorschläge, wie wir dieses Problem
lösen können.
Palme von der Presse hat sich bei mir erkundigt, ob Dr. Egger
einen Auftrag hat vom Handelsministerium für eine Textilzusammen-
legung in Vorarlberg. Ich wusste nichts davon und habe mich nur
verpflichtet, mich diesbezüglich zu erkundigen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte die diesbezügliche Information einholen.
Vor dem Wiener Vorstand hat mich Stadtrat Mayr ersucht, es sollte
sein Referent Dr. Pribil und Jagoda bezüglich der Existenzgründung
in Wien nochmals zusammenkommen weil seiner Meinung nach eine Ab-
grenzung zwischen diesen beiden Aktionen zum Nachteil der Wiener
Unternehmer derzeit beabsichtigt ist. Meine Idee, dass Wien einen
Teil der Betriebe fördert und wir den anderen, geht nicht.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Bitte neuerliche Gespräche mit mir und
Pribil führen.
Beim Wiener Vorstand und auch dann im Ausschuss war ausser den uninter-
essanten Organisations- und Sekretariatsberichten nur der Vergleich
zwischen Koller und Paulas und Honay wegen des Streites im Freien
Wirtschaftsverband, der mit einer Klagerücknahme Kollers endete,
interessant. Die gerichtliche Auseinandersetzung hätte den Freien
Wirtschaftsverband glaube ich sehr geschadet. Edlinger ist es
endlich gelungen, dass die Vorwürfe zurückgezogen werden und damit
ein Streit beendet ist. Gratz berichtete dann, dass der Aufsichts-
rat der Holding sich auf 12 Kapitalvertretern zusammensetzen soll,
dem einer aus der Finanzverwaltung, 7 Sozialisten, 3 ÖVP-ler und ein
Freiheitlicher angehören sollen. Gedacht ist an erfahrene Funktionäre
der Wiener Vorstand wird noch die Liste beschliessen. In den Töchtern
wird es keinen Proporz geben und die Aufsichtsräte sollen sehr
klein gehalten werden. Inden GesmbHs 3–4, wobei einer der Finanz-
verwaltung einer der Holding angehören sollen. Bei 33 Gesellschaften
ist resp. sind entsprechende Vorschläge zu erstatten. Die Aktiengesell-
schaft wie Augarten und Messe und vor allem aber, wo die Gemeinde
Wien nicht allein Eigentümer ist, sondern auch Minderheiten hat,
wird es besondere Probleme geben.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WAIS: Kümmert Euch um diese Frage, hier
könnten wir den einen oder anderen Aufsichtsrat delegieren.
Gratz berichteten dann im Wiener Ausschuss, dass er nicht auf jede
Äusserung von Busek sofort reagiert. In der Gas-Situation wird sich
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Nekula mit der ÖVP auseinandersetzen. Das Wiener Präsidium
wird jetzt an Kreisky herantraten, um wie dies auch der Burgenland
ein Jahr vor der Wahl gemacht hat, Wiener Probleme mit ihm resp.
der Bundesregierung zu besprechen. Bezüglich der Floridsdorfer
Brücke berichtete Böck, dass sie nicht repariert werden kann.
Wenn Busek und die ÖVP tatsächlich dafür eintreten, dass dies eine
Bundesstrasse werden soll, kann Gratz mitteilen, dass seit einiger
Zeit diesbezüglich schon Gespräche mit dem Bautenminister statt-
fanden. Lanc musste aus dem Parteivorstand berichten, da Gratz nicht
anwesend war. Seine Information über Lü wurde überhaupt nicht disku-
tiert.
Die Ministerratsvorbesprechung war äusserst kurz. Kreisky hat in
Ischgls mit den Bauernvertretern dort gesprochen und eine echte Zu-
friedenheit festgestellt. Der Slowenenvertreter Warasch, der Güttler
diesen Sprengstoff gegeben hat, leugnet noch alles. Seine Sekretärin
musste aber bestätigen, dass tatsächlich Güttler Termine bei ihm
gehabt hat. Die Entwicklung in Ägypten macht Kreisky grosse Sorgen,
weil etliche Landwirtschaftsprojekte ganz gross gemacht werden
könnten, wenn Hendricks von der CA-Tochter nicht so viel schwätzt.
Die diesbezügliche Entwicklungshilfe soll Kreisky jetzt soll
von Veselsky berichtet werden.
ANMERKUNG FÜR WAIS UND PLESCH: Versucht zu ergründen, um welches
Projekt es sich im besonderen handelt.
Androsch verwies darauf, dass die CA, Vranitzky und Grimm mit
ihm diesbezüglich auch gesprochen haben und ähnlich wie Austroplan
auf diesem Sektor eine Gesellschaft gegründet werden soll. In
Deutschland ist der Generalbevollmächtigte für Ägypten Alex Müller.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Verfolge dieses Projekt.
Über die Munitionsaffäre meint Kreisky müsste Lütgendorf einwandfrei
erklären können, dass er tatsächlich nicht wusste, dass es nach
Syrien exportiert wird. Kreiskys Erklärung vor dem Nationalrat
wird dann darin enden, dass er als Koordinator ein neues Export-
regulativ ausarbeiten wird. Die seit Jahrzehnten bestehende Ver-
einbarung reicht nicht mehr aus. Auch unter Prader-Zeit wurden
leihweise grosse Mengen Munition und Waffen immer wieder getauscht
und verliehen. 1969 z.B. 20 Mill. Patronen von Hirtenberg nach
Bolivien oder Kolumbien.
Anschliessend gab es eine Besprechung mit dem Klub und den
unmittelbar betroffenen Ministern, Kreisky, Androsch, Rösch,
Broda und mir. Pahr musste zu einem Vortrag der aussenpolitischen
Gesellschaft, weshalb er nicht anwesend sein konnte. Auch dort
hat Kreisky neuerdings erklärt, dass ein Misstrauensantrag gegen
Lütgendorf in das die ÖVP sich jetzt hineingesteigert hat, bevor
eine Prüfung erfolge, nur zum Nachteil der ÖVP sich auswirken
kann. Eine Meinungsumfrage von IFES hat allerdings ergeben,
dass 62 % der Leute sagen, Lü soll gehen. Kreisky verlangt aber
unbedingt eine restlose Aufklärung der ganzen Vorfälle im Parlament.
Abg. Hatzl hat mir gegenüber, als ich ihn zum Ballhausplatz begleitet
erklärt, er fürchtet, dass die ÖVP dann noch mit entsprechenden
Enthüllungen kommen wird. Jetzt hat das Profil herausgebracht,
dass Lütgendorf sich einen grösseren Kredit bei der BAWAG
aufgenommen hat. Die ganze Affäre wird jetzt in meinen Augen
sehr ungut, weil alle privaten Beziehungen, die wirklich gar
niemanden etwas angehen, in den Zeitungen jetzt breitgetreten
werden. Kreisky hat aber vollkommen recht, wenn er sagt, man muss
der ÖVP deutlich zu verstehen geben, dass die Art wie der Kurier,
Rabl, andere Redakteure sowie die anderen Zeitungen immer wieder
die ÖVP in solche Situationen hineinbringen, von uns nicht
so apportiert wird, wie sie sich das vorstellen.
Muliar hat einen grossen deutschen Orden von der BRD bekommen.
Bei der Ehrung und dem Abendessen traf ich einen deutschen
Unternehmer Iringer, Komm.Ges., Sitz Andreasgasse. Dieser hat
in Köflach 1973 die Bekleidungsfirma Trend erworben. Er ist
in Österreich so zufrieden, dass er jetzt in Gleisdorf die
Fa. Fencord 7–8 Mill. S zum Vergleich ausgeschrieben, kaufen
wollte. Jetzt hat es angeblich ein anderer erworben. Ich
habe Iringer sofort erklärt, Gröger wird sich mit ihm zusammen-
setzen, um entsprechende Vergrösserungspläne und Finanzierungs-
möglichkeiten zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Gröger soll sofort Kontakt in
Köflach mit Iringer aufnehmen.
Botschafter Grabert wollte mir unbedingt klar machen, dass ich
einen offiziellen Besuch in der BRD insbesondere in Bonn und im
Norden Deutschlands heuer noch machen sollte. Ich habe dies ganz
entschieden abgelehnt und darauf verwiesen, dass ich nur nach
München inoffiziell komme und hoffe, dass auch Brugger zu diesem
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Treffen kommen wird. Eine offizielle Deutschland-Reise nehme
ich für nächstes Jahr in Aussicht.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Deutschland muss mit Dänemark u. Norwegen irgend-
wann im September nächsten Jahres vereinbart werden.
Muliar war nicht nur über die Auszeichnung sehr erfreut, sondern
hat dort auch sofort erklärt, er hat jetzt Deutschland entdeckt,
nachdem die Deutschen ihn jetzt verstehen. Früher ist er, wenn
er nach Paris gefahren ist, nicht ein einziges Mal zum Tanken
stehengeblieben. Jetzt hat er mir erzählt, geht er wieder auf
Tournee und wird in Berlin zum 33. und 34. Mal vor vollem
Haus seine jüdischen Witze und sonstigen österreichischen Geschich-
ten erzählen. Das bringt ihm nicht nur in Deutschland grossen Ruhm
sondern für uns in Österreich auch viele Devisen ein. Ich habe
mich wirklich mit ihm gefreut, weil er sicherlich einer der
wenigen Schauspieler ist, die sich jederzeit zu unserer Partei
bekannt haben und dies auch immer öffentlich erklären. Dafür wurde
er schon sehr viel angefeindet.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Er ist unglücklich, dass er mit Dir und teil-
weise mit mir so wenig Kontakt hat.
Tagesprogramm, 24.1.1077
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)