Freitag, der 4. März 1977

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Freitag, 4. März 1977

Dir. Castellez, Österr. Kontrollbank, verständigt mich, dass
er mir dem, wie ich wirklich auch glaube, bedeutendsten Erfinder
auf dem Textilsektor Fehrer jetzt ein Finanzkonzept ausarbeiten
wird. Fehrer ist ein schrulliger Mann, will überhaupt nichts
mit der Industriellenvereinigung oder Handelskammer zu tun haben
und für seine epochalen Erfindungen noch niemals von Österreich
weder vom Wissenschaftsministerium geschweige denn vom Handels-
ministerium eine Subvention verlangt oder bekommen und ist bereit,
diese Erfindung in Österreich zu verwerten. Castellez möchte des-
halb ein Finanzkonzept entwickeln, dass er österr. Firmen zur
Produktion seiner Spinnmaschinen einschaltet.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte mit Castellez Kontakt aufnehmen und
jedwede Unterstützung geben.

Neuerdings wird mir mitgeteilt, dass in der BÜRGES der Geschäfts-
führer Hönlinger, wie man so schön sagt, aufhält. Castellez ist
aber auch nicht imstande, eine konkrete Angabe zu machen. Sobald er
konkrete Firmen nennen darf und kann, wird er mich sofort ver-
ständigen. In diesem Fall werde ich genau wie bei Ortmann die
Staatsanwaltschaft verständigen. Gerüchte allein reichen nicht aus.

Die Kochkunstausstellung anlässlich der 75 Jahre Köcheverband in
Österreich ist vor allem eine Augenweide. Sicherlich schmecken
die ausgestellten Objekte auch sehr gut, aber beurteilt werden sie
nach dem Aussehen. Manche sind wirklich kleine Kunstwerke und
viele Nachtstunden werden dafür aufgewendet. In meinen Augen eigentlich
sinnlos, denn primär soll das Essen gut schmecken, gut gekocht werden
und eigentlich nicht unbedingt so exzellent aussehen. Noch gilt
aber der Grundsatz, das Auge isst mit. Die Qualität könnte man
wahrscheinlich kaum entsprechend beurteilen.

Bei der Ausstellung traf ich Präs. Sallinger und teilte ihm mit,
dass Dittrich jetzt auf meinen Brief geantwortet hat. Dittrich
meint, wenn nach seinem Antwortschreiben, wo er seine Angriffe im
Prinzip aufrechterhält, nur seine Stellung versucht zu erklären,
noch Wert darauf lege, dass mein Brief veröffentlicht wird, dann
müsste er auch sein Antwortschreiben entsprechend der Stellungnahme
verarbeiten. Dies veranlasst mich jetzt das Antwortschreiben auf


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den Brief Dittrichs entsprechend zu konzipieren. Jagoda und
auch Puffler werden auf die sachlichen Details ganz konkret
eingehen.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte auf Redaktionsschluss der Handels-
kammer-Zeitung achten!

Beim Jour fixe mit AK und ÖGB entwickelte sich natürlich die Diskussion
über die Zahlungsbilanzsituation. Experten des ÖGB und AK,
Handelskammer und Industriellenvereinigung werden in einer losen
Arbeitsgruppe und nicht wie Sallinger und Mussil mir mitteilten
als Arbeitsgruppe des Wirtschaftsbeirates über dieses Problem
diskutieren. Die Vorschläge von Zöllner gehen nach wie vor dahin,
die Auto-Absetzbeträge für die Selbstständigen und auch
für die Unselbständigen die Kilometergeld-Staffelung sowie
die Absetzpauschale für die Unselbständigen zu ändern. Nach
Meinung der Arbeiterkammer haben höchsten 1/3 – 2/3 der Unselbstän-
digen das Autopauschale abgesetzt. Dies kann ich mir nicht vor-
stellen, da ich überzeugt bin, dass jeder, der nur irgendwie kann
dieses Pauschale absetzt, selbst dann, wenn er nicht täglich
zur Arbeitsstätte mit seinem eigenen Auto fährt.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Vielleicht kann man hier vom Finanzministe-
rium konkrete Ziffern bekommen.

Kienzl steht nach wie vor auf dem Standpunkt, dass eine Auto-
einfuhrabgabe die einzige Möglichkeit ist, eine Entlastung der
Zahlungsbilanz zu erreichen. Insbesondere müsste man die grösseren
Typen schon allein wegen des höheren Benzinverbrauches im Hin-
blick auf die Benzinsparmassnahmen höher belasten, wie dies
allerdings geschehen sollte und könnte, ohne dass wir diskri-
minierend gegen unsere internationalen und insbesondere EFTA-
und EG-Verpflichtungen vorgehen, ist mir nicht ganz klar. Wir
einigten und dann darauf, dass selbstverständlich die Export-
förderung, die Förderung des Fremdenverkehrs, grössere Devisen-
erlöse also von den beiden die beste Lösung wäre. Wie dies aber
zu erreichen ist, hat niemand konkret sagen können. Der Finanz-
minister erhöht jetzt sämtliche Kreditrahmen, wodurch unser
Export auf diesem Gebiet keine Hemmungen zu erwarten hat.
Weitere Förderungen sind aber nicht vorgesehen. Eine Abwertung
kommt nicht in Frage. eine steuerliche Entlastung des Fremden-
verkehrs ist nicht geplant. Ausserdem bin ich gar nicht sicher,
ob dadurch wirklich die Preise gesenkt werden. Auch bin ich gar


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nicht überzeugt, dass wenn Preissenkungen erfolgen, soferne sie
nicht exorbitant gross sind, kaum wesentlich mehr Gäste nach
Österreich bringen werden. Der einzige Effekt wäre, dass sich
die Ertragslage der Unternehmer vielleicht verbessert. Der
wirklich grosse Umschwung in unserer Exportindustrie und im Fremden-
verkehr könnte nur durch einen entsprechenden Wirtschaftsaufschwung
in Westeuropa oder besser gesagt weltweit erreicht werden. Diesen
sehe ich allerdings auch nicht. Alle kamen wir übereinstimmend zu
der Meinung, dass grosse Massnahmen nicht gesetzt werden und auch
gar nicht erwartet werden dürfen. Die kleinen aber sollten jetzt
koordiniert werden, von uns wird Min.Rat Marsch ersucht, die Koordi-
nation sowohl der Vorschläge des Handelsministeriums, der einzel-
nen Sektionen und Abteilungen, als auch mit den Vertretern der
AK und des ÖGB und in weiterer Folge mit Handelskammer und Industriel-
lenvereinigung abzustimmen.

Bezüglich der Verordnung auf Grund des Lebensmittelgesetzes, die bis
30. Juni 1978 fertig sein sollten, urgiere ich neuerdings bei
allen, Leodolter entsprechend zu unterstützen. Nach längerer Dis-
kussion kommen die einzigen Vorschläge, Leodolter müsste
Dr. Psota, der bei ihr jetzt im Ministerbüro arbeitet, entspre-
chende Sondervollmachten geben. Dies kann sie aber scheinbar bei
der Bürokratie, die sich dagegen wehrt, nicht richtig durchsetzen.
Vielleicht auch hat sie gar nicht die Absicht, diesen Krieg mit
Sekt.Chef Pindur, dem Abteilungsleiter und Rechtsabteilung
Havlasek usw. zu führen. Manchmal ist es wirklich leichter, in
einem Ministerium keine Genossen sitzen zu haben und mit der einge-
fahrenen Bürokratie zu regieren, als in Leodolters Fall, ein
neues Ministerium zu gründen und damit neu aufzubauen.

Bezüglich des Problems der Nahversorgung wird der FPÖ-Vorschlag
über das kaufmännische Wohlverhalten von allen im Prinzip aner-
kannt. Entscheidend wird nur, ob ein Verstoss gegen dieses
kaufmännische Wohlverhalten durch eine Klage auf Grund des Miss-
brauchs d. unlauteren Wettbewerbs oder eine Untersuchung des
Paritätischen Kartellausschusses sein soll. Ich präferenziere
gar keine dieser beiden Lösungen. Im Prinzip bin ich überzeugt,
wird es sowieso zu keiner entscheidenden Änderung des derzeitigen
Zustandes kommen. Erich Schmidt ersucht mich, ich sollte unter
gar keinen Umständen jetzt in die Verhandlungen eingreifen oder


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auch nur die Verhandlungen durch Verlautbarungen stören. Der
ÖGB hofft, zu einem Arrangement in absehbarer Zeit zukommen.
Mir ist jede Vorgangsweise recht so wie ich auch an jedem Ergebnis
interessiert bin. Ein eventueller Widerstand des Konsum, NR-Abg.
Haberl im Parlament wird dann noch zu überwinden sein. Dass wir heuer
noch eine entsprechende Gesetzesvorlage beschliessen müssen, sind
sich alle klar.

Aus personellen Gründen und weil die Wirksamkeit unserer Preisregelung
für Eier und Fische sehr ungenügend ist, wird eine Ausserkraftsetzung
für Eier genauso wie wir sie seit einem halben Jahr bei Fischen
jetzt schon handhaben, erwogen. Da es sich hier nur um Importwaren
handelt, könnte gegebenenfalls die Eier-Importpreisregelung eine
Spannenregelung ablösen.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte diesbezügliche Besprechungen mit Land-
wirtschaftsministerium führen.

Der Besuch der Ölextraktionsanlage in Deutschland bei Unilever wird
auch mit einem Vertreter des Handelsministeriums stattfinden. Wanke
meinte, aus Kostengründen könnten wir uns diese Studienreise von
der Unilever bezahlen lassen. Die AK und der ÖGB zahlen es sich
allerdings selbst. Ich habe sofort entschieden, dass auch wir für
Magister Goldmann die Reise bezahlen.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Unilever davon verständigen.

Die Müller haben mir eine Brief geschrieben, wo sie behaupten,
dass 20.000 t Mais jetzt dringend eingeführt werden müssen, um
die Futtermittelversorgung zu gewährleisten. In dem Brief wird be-
hauptet, nur ich sei dagegen eine solche Einfuhr und damit gegen die
Mischfutterwerke. Blaha teilt mit, dass eine Obmännerkonferenz
im Getreideausgleichsfonds stattgefunden hat und man dort über-
einstimmend festhielt, dass jetzt ein solcher Import auf gar
keinen Fall in Frage kommt.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte bei der Briefbearbeitung entsprechend
berücksichtigen.

Zöllner schneidet das Problem der Liberalisierung der Banken
und des Habenzinsabkommens an. Kienzl teilt mit, dass die ÖNB
ein neues Habenzinsabkommen anstrebt, wo nur der Eckzinsfuss


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festgelegt wird. Derzeit gibt es eine Stafflung nach 3 Monaten,
halbjährlich, jährliche Fälligkeiten usw. Ausserdem will die
ÖNB noch ein Zollzinsabkommen, die Liberalisierung der Filialen
für die Banken und Sparkassen dürfte nur erfolgen, wenn gleichzeitig
das Kreditwesensgesetz, resp. Sparkassengesetz damit erkauft werden
kann. Nach Meinung Zöllners und Kienzls hat Androsch aber nicht diese
Absicht. Wenn ich mir vorstelle, dass wir in unserer Oppositions-
zeit in der AK mit unseren Vertretern in den Banken und Sparkassen
ein eigenes Kreditwesensgesetz und Sparkassengesetz entworfen
und durchdiskutiert hatten, so muss dieser Entwurf damals sehr
unzulänglich gewesen sein, denn bis jetzt ist es nicht geglückt,
neue Gesetze zu schaffen. Damals war allerdings auch unsere Konzeption,
das Finanzministerium zu teilen, um die enge Verflechtung zwischen
Budgeterstellung und Kreditaufsicht und damit dem Finanzminister ein
entsprechendes starkes Druckmittel in die Hand zu geben, aufzuweichen.
An diesem Beispiel sieht man deutlich, wie man seine Meinung dann
ändern kann, wenn man in die Verwaltung dann hineingestellt wird
und wahrscheinlich als Finanzminister froh ist, diese Möglichkeit
zu besitzen. Dies ist in meinen Augen, obwohl ich darüber niemals
mit Androsch diskutiert habe, der tiefere Grund, dass diese Materie
bis jetzt vollkommen unverändert blieb.

Ein DDR-Regisseur hat mit dem Reinhardt-Seminar das Brecht-Stück
"Aufstieg des Dritten Reiches" inszeniert. Schauspielschüler waren
sehr engagiert. Die Zuschauer, meistens junge Leute, für eine Zeit,
die sie nicht kannten, für meine Begriffe überraschend sehr inter-
essiert. Das Ganze ist schon so lange her, dass man es sich kaum
mehr vorstellen kann. Ich halte deshalb eine solche Aufführung für
sehr wertvoll für die Alten, um sich daran zu erinnern. Für die Jungen
um vielleicht doch zu verstehen, was Diktatur bedeutet. Ironie des
Schicksals, dass es ein Regisseur, der sicherlich den Faschismus hasst
aber im eigenen Land kein System der Demokratie hat, dieses Stück
inszenierte.

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Tagesprogramm, 4.3.1977




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Direktor Kontrollbank


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Gesundheitsministerin


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: GF BÜRGES, ÖVP-nahe


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter Gesundheitsministerium


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Konsulent Lebensmittelwesen, Gesundheitsministerium


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: AK


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Reg.R HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Beamter HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: SChef HM
                            GND ID: 12195126X


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Präs. Wr. HK


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                                    GND ID: 119100339


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                                        Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


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                                          Tätigkeit: Branchenreferent HM


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: AK


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                                              Tätigkeit: Finanzminister
                                              GND ID: 118503049


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                                                Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                                  Tätigkeit: Textilmaschinenfabrik Linz


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