Donnerstag, 24. März 1977
Die Gemischte Kommission für Fremdenverkehr Jugoslawien hat
ihres zweite Tagung diesmal in Wien. Der Delegationsleiter
Dr. Mazi entschuldigte seinen Minister, der wegen anderweitiger
dringender Arbeiten nicht kommen konnte. Für mich ein typisches
Zeichen, dass auf seitens Jugoslawiens diesen Kommissionen nicht ein
allzu grosser Wert beigemessen wird. Trotz der ungeheuren Bedeutung des
Fremdenverkehrs von Österreich für Jugoslawien.
Bei der Vorbesprechung teilte mir der jugoslawische Geschäfts-
träger mit, dass der Aussenhandelsminister Ludviger in diesem Jahr
nicht mehr, weder nach Österreich kommen kann, noch zeitmässig
ich zu einer Besprechung nach Jugoslawien fahren könnte. Er liess
sich dafür tausend mal entschuldigen und schlug ein Treffen in
Jugoslawien für das nächste Jahr vor. Mir war diese Entscheidung
nur recht, denn ich lege keinen besonderen Wert darauf, heuer
noch nach Jugoslawien zu fahren. Ich wollte nur diese Reise gleich
mit meinen Besuch in Albanien verbinden. Das ganze wird also im
nächsten Jahr stattfinden. Ich hatte den Eindruck, dass es sich hier
nicht um eine diplomatische Ausrede handelt, sondern um nach
Österreich zu fahren bedarf es in Jugoslawien noch immer scheinbar
einen Beschluss in der Regierung und für meinen Besuch, der über-
raschend für Ludviger kam, hätte der österreichische Geschäfts-
träger in Belgrad schon frühzeitig, nicht erst jetzt, eine dies-
bezügliche Vereinbarung besprechen müssen. hatte das
Gefühl, dass der jugoslawischen Seite es peinlich war, diese Fest-
stellung treffen zu müssen. Sie will auf keinen Fall den Eindruck
erwecken, dass aus Slowenen-Ortstafelgründen sie, nicht dass das
Wort gefallen ist, den Besuch verschieben muss. Dies dürfte auch
jetzt wirklich nicht mehr der Fall sein.
Da die Gespräche mit dem südkoreanischen Vizeministerpräsidenten
NAM in englisch zu führen sind, habe ich schon allein aus sprach-
lichen Gründen den Vertretern der Firmen, VÖEST-Alpine, Plasser &
Theurer, der Kontrollbank und natürlich unseres Handelsdelegierten
in Seoul gebeten, ihre konkreten Vorstellungen bei der Kommissions-
besprechung nach einer verhältnismässig kurzen Vorsprache darzu-
legen. Südkorea ist für die österreichischen Firmen insbesondere
für Grossprojekte sehr interessant, da sie zum Unterschied von
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Nordkorea sehr wohl ihre Zahlungsverpflichtung erfüllen. Die
Einladung der ganzen Delegation erfolgte auch auf Wunsch der
VÖEST-ALPINE! Insgesamt war die Delegation 2 Dutzend Vertreter,
der allerdings Journalisten, Generaldirektoren und ich weiss
nicht was sonst noch alles angehörte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bei einer eventuellen Asienreise muss ich
Südkorea auch besuchen.
Der tunesische Generaldirektor Bahroun von der Elektrizitätswirt-
schaft wurde auf Wunsch von Simmering-Graz-Pauker und Siemens
mit beiden Generaldirektoren dieser Werke bei mir vorstellig. Er
zeigte sich sehr befriedigt über den Besuch, da er Gelegenheit
hatte, das Elektrizitätswerk Donaustadt der Gemeinde Wien zu be-
sichtigen. Zwei dieser Typen, je 150 MW werden jetzt in Tunis von
der Kraftwerksunion Deutschland mit Siemens Österreich und SGP
errichtet. Dies ist das grösste Projekt, das jemals von Österreich
in Tunis gebaut wird. Ich bin überzeugt, dass im Gefolge dieser
Grossprojektes dann ebenfalls andere Möglichkeiten für Kooperation
resp. Lieferungen von Grossprojekten eingeleitet werden können.
Bei den sozialistischen Berufsschullehrern hatte ich ein Referat
über die Zukunft der Lehrlingsausbildung. Ich berichtete frei-
mütig über die schwierigen Verhandlungen über das neue Berufsaus-
bildungsgesetz resp., da je nur eine Novelle daraus wird, über die
bisherige ablehnende Haltung der Handelskammer. In der Diskussion
wurde vorgeschlagen, wir sollten die jetzigen gesetzlichen Möglich-
keiten besser nützen. Die Verordnung von Sinowatz gibt die Mög-
lichkeit die Schulzeit von 1 1/2 Tagen einzuführen. Die Lehrpläne
sollten dafür entsprechend erstellt werden. Gawlik meinte sogar, es
müssten der humane Bereich und besonders Deutsch und Fremdsprachen
neu eingeführt werden, resp. wesentlich verstärkt. Die Lehrer
stürzten sich also mehr auf ihr unmittelbares Schulproblem, als
auf die Kritik wegen der unzulänglichen Vorschläge über die neue
Berufsausbildungsgesetznovelle. Scheinbar hatte man dort von der
Handelskammer nichts anderes erwartet und fühlte nur einmal wieder
bestätigt, dass es eben nur schrittweise zu einer Änderung der Be-
rufsausbildung kommen kann. Vielleicht war es aber auch mein offenes
Eingeständnis, warum der Gipfel der Gewerkschaftsbewegung und auch
ich so bald kapituliert haben, um die Lehrausbildung der jetzt zu-
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wachsenden Lehrgänge zu garantieren.
Bei der Einladung für den südkoreanischen Minister durch die
Handelskammer haben wir uns, Gen.Sekr. Mussil und ich, mich
zeitgerecht wegen Parlamentsabstimmung abgesetzt. Mussil hat
mir allerdings dann erklärt, er beabsichtige nicht mehr ins
Parlament zurückzukehren. Da ich aber den ganzen Tag noch nicht
dort war, fuhr ich spät abends dann schnell hinüber, um den
Abgeordneten auch die Ergebnisse meiner Blitz-Recherchen mitzu-
teilen. Ich glaube, dass ich jetzt das System gefunden hab, wie
ich in Hinkunft ab besten die Intervenienten befriedigen kann.
Wenn zwei Tagessitzungen im Parlament sind, bekomme ich ja meistens
am ersten Tag bereits die Intervention. Diesmal habe ich sofort mit
Jagoda Kontakt aufgenommen und er hat nach kurzer Prüfung – meistens
konnte er mir sogar ohne Prüfung sofort eine Antwort geben – wie wir
in diesem Fall vorgehen sollten. Wenn auch das Ergebnis meistens
negativ war, waren die Abgeordneten sehr befriedigt, weil ich
ihnen am nächsten Tag – eben heute – sofort dann das Ergebnis mitteilen
konnte. Die schriftliche Ausfertigung resp. im Brief vor mir, wo
dann die genaueren Details folgen werden, erfolgt später. Alle waren
aber befriedigt, dass sie jetzt so schnell eine erste Entscheidung
bekommen konnten.
ANMERKUNG AN ALLE: In Hinkunft bitte bei Interventionen aus dem National-
rat so vorgehen.
Tagesprogramm, 24.3.1977