Mittwoch, 4. Mai 1977
In der Fraktion des Handelsausschusses, Integrationsausschusses
und Zollausschusses im Parlament diskutierten wir selbstverständ-
lich nicht nur über die an und für sich sehr uninteressanten
Regierungsvorlagen. Eigentlich ist es selbstverständlich, dass
nicht nur mich diese uninteressanten Vorlagen kaum interessieren,
geschweige denn erst einen Abgeordneten. Im Briefwechsel zwi-
schen den Botschaftern über Umstufungen oder Verfahrensverein-
fachungen bei der Zollabwicklung ist in Wirklichkeit ein rein
technisches Problem und kann einen Politiker kaum interessieren.
Ähnlich war es dann natürlich auch in den Ausschüssen selbst.
Die Präsidentenkonferenz hat für den Integrationsausschuss nur
1/4 Stunde vorgesehen, denn im selben Lokal hätte 15 Minuten
später bereits der Handelsausschuss tagen sollen. In der Frak-
tion hatte ich schon auf diese Unmöglichkeit hingewiesen und
selbstverständlich habe ich dies auch vor der Eröffnung des
Integrationsausschusses gesagt. Karasek hätte sicherlich daraus
einen Gag machen wollen, denn er berschwerte sich auch darüber.
1/4 Stunde hätte vielleicht genügt, wenn man nur die Briefwechsel
zur Kenntnis genommen hätte, abändern kann der Ausschuss resp.
das Parlament sowieso nicht. Hier gilt die Methode, friss Vogel,
oder stirb. Selbstverständlich könnte das Parlament den Brief-
wechsel ablehnen, was sicherlich niemand will, weil er selbst
für die Opposition viel zu uninteressant ist. Hier kann man sich
also beim besten Willen nicht profilieren. Karasek erinnerte deshalb
an die Tradition, dass ich als Integrationsminister jederzeit be-
reit war und natürlich auch bin, jedwede Auskunft über die Inte-
grationssituation zu geben. Diesmal wollte Karasek über den
EFTA-Gipfel und über die bilateralen Verhandlungen zwischen
Österreich und der EG-Kommission einiges wissen. Da ich Land-
wirtschaftsminister Haiden ersucht habe, dass er ebenfalls an der
Sitzung teilnimmt, wurden auch Landwirtschaftsprobleme dann er-
örtert. Früher war der Hauptsprecher Lanner. Dieser hat seine
berufliche Tätigkeit in der Landwirtschaftskammer mit Integra-
tionsfragen begonnen. Seine Informationswünsche und auch seine
Angriffe konnte ich daher fast mit Präzision vorhersehen und
habe es mir sehr leicht machen können, diesen Kampf mit ihm zu
führen. Selbst in der Plenarsitzung, wenn er dann dagegen wetterte,
dass zu wenig für die Landwirtschaft geschieht, war es mir ein Leich-
tes, ihm zu sagen, aber Herr Abgeordneter, sie sind ja überall dabei,
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ich habe sie doch überall eingeladen, sie sind doch bestens in-
formiert, was sollen unqualifizierte Behauptungen oder Wünsche,
von denen sie von vornherein wissen, sie können nicht erfüllt
werden. Der Nachfolger von Lanner, der ja jetzt als Generalsekretär
der ÖVP andere Aufgaben hat, ist resp. dürfte Gesandter Karasek
sein. Dieser betrachtet die Integration überhaupt nur vom
aussenpolitischen Standpunkt, denn vom Aussenamt kommt er ja.
Sein Interesse war daher ausschliesslich auf den EFTA-Gipfel
gerichtet und nur nebenbei, wie es mit der Landwirtschaft weiter-
gehen soll. Für mich war daher die Beantwortung besonders leicht,
denn ob eine Regierung der EWG-Staaten noch Bedenken gegen den
Gipfel hat, ist verdammt einfach zu beantworten. Ich erzählte
über die Aufklärungstätigkeit, die ich und vor allem alle
anderen Minister bei jeder Gelegenheit durchgeführt habe und wenn
noch der eine oder andere Minister oder Beamter in einem Staat
Bedenken haben sollte, dass sich der EFTA-Gipfel gegen die EWG
richtet, wird er spätestens nach Abschluss und Vorlage des Kommuni-
qués überzeugt sein, dass es sich hier nur um einen Versuch Kreiskys
handelt, die Integration weiterzutreiben. Wenn ich mir vorstelle,
dies wäre in unserer Oppositionszeit gewesen, ich hätte mit Detail-
fragen und Attacken den zuständigen Minister aber ganz heftig ange-
griffen und nicht eine solche Tour d'Horizon über den Gipfel
zugelassen resp. selbst gemacht. Karasek möchte sich aber auch
hier aussenpolitisch profilieren, beweisen, dass er in die Nie-
derungen der "Krämer-Probleme" erst gar nicht einsteigen will,
also auf höchstem Niveau, fast würde ich sagen am liebsten mit
Kreisky die Klingen kreuzen. Hier hat Kreisky wahrlich ein leichtes
Spiel.
Im Handelsausschuss, der dann doch in einem anderen Saal tagen
musste, wurde für das Patentgesetz und Markenschutzgesetznovellen
ein eigener Unterausschuss eingesetzt, weil die Patentanwälte
unbedingt noch einmal dem Parlament ihren Standpunkt nahelegen
wollten. Um sie anhören zu können, kann nicht der Ausschuss einfach
sagen, kommt zu unserer Sitzung, sondern dann muss zuerst ein
Unterausschuss eingesetzt werden, dieser kann dann beschliessen,
die und die Experten sollen gehört werden, diese müssen dann vom
Präsidenten des Hauses geladen werden und so weiter. Auch das
Parlament ist furchtbar formalisiert. Einer Regierung kann es
nur recht sein, diese komplizierte Arbeitsweise ist aber sehr
zeitaufwendig, selbst für die Abgeordneten einer Opposition, weshalb
diese auch kaum ein besonderes Interesse entwickeln.
Wenn sich ein Abgeordneter zu irgendeinem Punkt der Tagesordnung
meldete, hat der Ausschussvorsitzende Staudinger zu mir aber doch noch
deutlich hörbar genug gesagt, der spricht wieder nur fürs Protokoll.
Um die Verhandlungen für die Nahversorgung, die jetzt in ein End-
stadium treten, voranzutreiben, habe ich vorgeschlagen, man soll
den Unterausschuss für diese Patent- und Markenschutzfragen so legen,
dass gleichzeitig auch der Unterausschuss für die Nahversorgung an
demselben Tag zusammentritt. Ich hoffe, dass bis dahin bereits das
Ergebnis von unserer Arbeitsgruppe im Handelsministerium vorliegt.
Indirekt, dachte ich mir, gibt dies auch einen gewissen Druck für
alle Beteiligten im Handelsministerium, bis zu diesem Zeitpunkt fertig
zu sein. Wir einigten uns auf den 24. Mai.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND WAIS: Bitte bis dahin die Verhandlungen
abschliessen und die Formulierungen für den Unterausschuss zur
Verfügung stellen.
Beim Bericht über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeich-
nungen mit Spanien hat Abg. Hietl ersucht, man soll so schnell
wie möglich noch einige Weinsorten aufnehmen. Ich konnte wieder einmal
mehr replizieren, dass dieses Abkommen auf den Vorschlägen der Handels-
kammer und Landwirtschaftskammer basiert, die hätten zeitgerecht die
Wünsche präsentieren sollen. Doch bin ich selbstverständlich bereit,
bei nächster Gelegenheit, es wird allerdings etliche Jahre sicherlich
dauern, diesen Abänderungswunsch zur Sprache zu bringen. Abg. Stix
wollte wissen, nachdem wir jetzt neben Spanien, mit Italien, Griechen-
land, Ungarn und Frankreich ein solches Abkommen abgeschlossen haben,
welche Staaten noch unmittelbar bevorstehen. Verhandelt wird derzeit
mit der CSSR und Westdeutschland. Die Aktivitäten für diese an und
für sich gar nicht so interessante und wirtschaftspolitisch bedeutende
Frage hat nicht zuletzt im Handelsministerium deshalb nachgelassen,
weil das Patentamt sich diese Materie wieder zurückgeholt hat, die
während meines Amtsvorgängers von diesem Min.Rat Hauffe übertragen wurde.
Min.Rat Hauffe ist in das Präsidium mit einer Abteilung versetzt
worden, um ihn als Nachfolger für Sekt.Chef Habel, Gewerbesektion
aufzubauen. Sekt.Chef Schipper hat übrigens selbst erklärt, dass
das Problem Abteilung Min.Rat Hauffe direkt im Präsidium organi-
satorisch nicht hineinpasst und gelöst werden soll.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte Zeitplan mit mir neuerdings
besprechen.
Die Frage über die Verlängerung des Weizenhandelsabkommens war nur in
einem einzigen Punkt für mich kritisch, als man eigentlich nicht genau
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und befriedigend erklären kann, dass dieses Abkommen ausgelaufen
ist, weil wir nicht zeitgerecht eine Verlängerung vorgenommen haben.
Dass es für uns uninteressant ist, steht auf einem anderen Blatt,
hier hätte ich eine harte Attacke erwartet. Niemand hat dies
bemerkt.
Beim Mühlenbericht hat Gorton wieder sein Loblied auf den Mühlen-
fonds und auf die ganze Konstruktion gesungen und NR Ing. Gradinger
meinte, man müsse vielleicht jetzt schon Vorkehrungen treffen,
dass nicht zu viele Mühlen stillgelegt werden. Unwahrscheinlich,
wie wenig Ahnung er von der Überkapazität der österr. Mühlen-
industrie und -gewerbe hat. Wenn die Stillegung und Konzen-
tration der Mühlen nicht schneller erfolgt, werden wir noch 100
Jahre brauchen, bis es befriedigend gelöst ist. Angesprochen, ob
das Handelsministerium sich jetzt schon Gedanken macht, wie das
befristete Gesetz nach 1979 ausschauen sollte, konnte ich mit
ruhigem und gutem Gewissen erwidern, dass dieses Problem bereits
1978, wenn die Marktordnungsgesetze neuerdings diskutiert werden
müssen, weil auch die ein Jahr vorher befristet ablaufen würden,
Gelegenheit über unsere weitere Vorgangsweise im Parlament
auf diesem Gebiet diskutiert werden wird. Die soz. Abgeordneten
haben sich während der ganzen Debatten überhaupt nicht zu Wort
gemeldet, bei so einer schwachen Opposition braucht man auch
tatsächlich keine Unterstützung.
Mit den Zuckerarbeitern besprach ich die weiter Vorgangsweise
wegen der Schliessung der Dürnkruter Zuckerfabrik. Der Obmann der
Zuckerarbeiter ist gleichzeitig BRO der Dürnkruter Zuckerfabrik.
Natürlich versucht er die anderen Kollegen insbesondere Hohenau
und Leopoldsdorf davon zu überzeugen, dass man die härtesten
Kampfmassnahmen ergreifen müsste, um die Schliessung nicht nach
der jetzt laufenden Kampagne sondern erst in zwei oder drei Jahren
zu akzeptieren. Die Gefahr, die ich darin sehe und ich habe dies
den Zuckerarbeitern klar und deutlich gesagt, ist, dass die
Zuckerindustrie dann sagen wird, mit Schliessung Dürnkrut er-
spart sie sich 20 Mill. S und die stellt sie den davon Betroffenen
gerne zur Verfügung. Die Arbeitsplätze sind insoferne ja wirklich
gesichert, als die ständigen Arbeiter auf alle Fälle, sei es nach
Hohenau oder nach Leopoldsdorf versetzt werden. Ausserdem bietet
sie jedem Arbeiter, der selbst kündigen will, bis zum Jahre 1982
volle Abfertigungsansprüche an, so als ob sie die Zuckerindustrie
kündigt. Die Überstellung der rund 140 Beschäftigten in Dürnkrut
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wird deshalb kaum Schwierigkeiten bereiten. Mein Vorschlag
lautete deshalb, man sollte den Punkt: Termin der Schliessung
erst sekundär behandeln, primär wäre jetzt nicht nur für die
ständigen Arbeiter, sondern auch für die befristeten Dienstver-
hältnisse der Kampagne-Arbeiter entsprechende Lösungen zu suchen.
100 sind davon in Dürnkrut betroffen und eventuell genauso viele
in Leodpoldsdorf und Hohenau, weil ja durch Aufstockung der
ständigen Arbeiter durch die Dürnkruter in diesen beiden Fabriken
weniger zusätzliche Kampagne-Arbeiter gebraucht werden. Darüber
hinaus muss unser ganzes Interesse auch der Dürnkruter Gemeinde
gelten, die durch die Verlegung der Arbeiter und Auflassung der
Fabrik einen ganz beträchtlichen Steuerausfall hat. Da die Zucker-
industrie bereit ist, die Hallen der Zuckerfabrik und auch selbst-
verständlich alle brauchbaren Maschinen wie Dampfkesseln usw. billigst
abzugeben, habe ich unmittelbar mit dem Konsum Kontakt aufgenommen.
ob sie gegebenenfalls eine Produktion hinauslegen wollen.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte auch andere Firmen von dieser
Möglichkeit informieren.
Dir. Dautzenberg, Fa. Heid, informierte mich über ihre Geschäfte,
die sie teils mit Ägypten schon abgeschlossen haben, die sie teils
aber ganz besonders noch im Auge haben, insbesondere auch im Sudan.
In Marokko haben sie jetzt einen Vertrag abgeschlossen, für 11 Mio. S
Saatgutstationen zu errichten. Die dort vorgesehenen Schulungskosten
300.000 S, die der Firma sicherlich nicht soviel kosten, aber einen
guten Kalkulationsbestandteil bildeten, wurden von den marokkanischen
Unterhändlern herausgestrichen. Die Begründung war, dass die österr.
Regierung ja erklärt hat, für Entwicklungsländer Schulungshilfen
zu geben. Dies stimmt, doch setzt dies voraus, dass die marokkanische
Regierung einen diesbezüglichen Antrag bei der Entwicklungshilfe-Abteilung
im BKA stellen lässt. Frau Dr. Leupold wird die Fa. Heid diesbezüglich
betreuen. Für die grossen Projekte im Sudan, die Heid beabsichtigt,
wurde eine umfangreiche Feasibility study vorgelegt. Sudan hat
genug Wasser, um grossangelegte Bewässerungen durchzuführen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte auch andere Firmen wegen Unterstützung
ihrer Projekte anrufen.
Bei der Sitzung des Ladenschluss-Ausschusses des Konsumentenpolitischen
Beirates ergab sich zwischen Vizepräsidenten Schönbichler der
Handelskammer und mir insoferne eine aufklärende Diskussion als
die Handelskammer jetzt wieder von der Bezahlung ihrer Spezial-
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erhebung durch Fessel für die Handelsunternehmungen abrücken möchte.
Ich hatte seinerzeit mit Mussil und Sallinger vereinbart, dass je
ein Drittel Handelskammer, Arbeiterkammer und Handelsministerium
die Studie über die Konsumenten so finanziert werden soll. Spezial-
studie für die Handelsunternehmungen von der Handelskammer und für die
Arbeiter und Angestellten in den Handelsbetrieben von der Gewerkschaft
der Privatangestellten ist von dieser zu zahlen. Die Handelskammer,
Schönbichler, möchte nun aber, dass auf alle Fälle gesichert ist,
dass die drei Studien ein ganzes bilden. Dagegen habe ich nichts
einzuwenden, ganz im Gegenteil, letzten Endes erklärte ich mich
aber dann doch bereit, einen symbolischen Beitrag zu den beiden anderen
Studien auch zu bezahlen. Der IFES-Vertreter meinte, dass die Er-
hebung erst seriös im September vorgenommen werden kann und sollte.
Übereinstimmend wurde festgestellt, dass keine beteiligte Stelle
ein besonderes Interesse daran hat, dass diese Arbeit überhudelt
wird und eben seine Zeit brauchen wird. Die Erhebung über die
Konsumenten wurde im Detail durchbesprochen, das wichtigste
Kriterium ist, dass es sich hier um Verhaltensdaten handelt, die
erhoben werden und nicht um Modelle von Ladenschlussmöglichkeiten.
Die Öffentlichkeit und am meisten natürlich die Massenmedien werden
sehr enttäuscht sein, wenn von dieser Arbeit nicht herauskommt,
so und soviel Prozent wollen eine Änderung und so und soviel stimmen
dem neuen Modell oder vielleicht gar mehreren Modellen zu oder nicht
zu. Wenn Zeitungen bisher Umfragen gemacht haben, so war dies immer
so primitiv vereinfachend und meistens total falsch vom Standpunkt
einer seriösen Untersuchung.
Der Rundfunk-Redakteur Kattinger wollte anschliessend an diese
Sitzung auch nicht das mit mir vereinbarte Hörfunkinterview wegen
des Vereins für Konsumenteninformation sondern unbedingt eine
Statement zu den Ergebnissen des Ladenschlussausschusses resp. der
jetzt beschlossenen Erhebung, ich habe dies nicht zuletzt deshalb
abgelehnt, weil ich die Verhandlungen nicht neuerdings stören
wollte, ausserdem stehe ich auf dem Standpunkt, auch der Vorsitzende
eines Ausschusses sollte in Erscheinung treten. Ich verwies ihn des-
halb an den Ausschuss, wo er wahrscheinlich kaum eine Information
bekommen hat. Niemand wünscht nämlich ein neuerliches emotionelles
Aufschaukeln dieses Problems. Alle sind wir todfroh, dass auf diesem
Gebiet wieder eine gewisse Ruhe eingekehrt ist.
Dr. Schädel von der Elin-Union beschwerte sich bei mir, dass
die EVUs sowohl die Bundesgesellschaft Verbund mit ihren Sonder-
gesellschaften, aber noch viel mehr die Landesgesellschaften nicht
bereit sind, den Wünschen der Elektroindustrie entgegenzukommen.
Jeder hat sein eigenes Transformatorensystem, Wien 10 KV, NÖ und
Steiermark 20 KV, Salzburg 25 KV, Tirol 30 KV usw. darüber
hinaus haben jedwede Versuche, die ich bereits vor Jahren verlangt
habe, eine Vereinheitlichung zu erzielen, überhaupt noch keinen
Erfolg gezeitigt.
Die EVUs beginnen jetzt selbst Leitungen zu bauen, oder immer
stärker ausländische Offerte zu akzeptieren. Schädel konnte mir
nicht erklären und vor allem nicht entkräften, dass Preisdifferenzen
von deutschen Angeboten, die dann aber auch ausgeführt werden,
gegenüber österreichischen von 50 % und mehr auf das Tages-
ordnung sind.
Die wirklich entscheidende Frage, wieso Elin in Altenwörth alle
9 Generatoren austauschen muss, wird von Schädel dahingehend
beantwortet, dass jetzt angeblich der Verdacht auf Schweissfehler
durch die VÖEST die Ursache wären. Ich habe Schädel nicht im Unkla-
ren gelassen, dass durch den Ausfall Altenwörths viel Strom nicht
erzeugt werden konnte, das Wasser über die Wehr gelaufen ist und
ich die Schuldigen nicht nur bei Elin sondern auch bei den
Donaukraftwerken suche. Man hätte viel mehr von Seiten der DoKW
prüfen und kontrollieren müssen. Dass sie jetzt sich einen
Statiker angestellt haben, ist zu spät und wahrscheinlich aus
sogar überflüssig. Es hätte vollkommen genügt, wenn die DoKW bei
Vorlage des neuen Projektes, das eine Verdoppelung der Turbinen-
leistung gegenüber dem letzten Kraftwerk in Wilhering vorsah,
entsprechende Prüfungen vorgenommen hätte. Ein endgültiges Urteil will
ich mir aber erst nach Vorliegen des Abschlussberichtes machen.
Eine Aussprache mit Sekt.Chef Frank und NR Heindl ergab, dass
dieser nach wie vor sehr verärgert über die Personalsituation
ist. Seine Agenden sind, das kann ich gar nicht abstreiten, wesent-
lich vergrössert worden und Frank selbst möchte nicht nur auf dem
Energiesektor sondern auch in der OB eine einwandfrei geführte
Institution. Dazu braucht er für die in Pension gegangenen entsprechen-
den Ersatz. Abgesehen davon, dass er ihn momentan durch Fachkräfte
gar nicht bekommt, steht Plesch aber auch ich auf dem Standpunkt,
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er muss zumindestens teilweise bereits eingestellte Leute aufrechnen
lassen. Da er nur bei Vorliegen eines entsprechend qualifizierten
Bewerbers eine Zustimmung zu einer Personalaufnahme bekommen
kann, verhandelt er z.B. derzeit mit Prof. Hadics, damit dieser
die Abteilung Sterk übernehmen kann und sollte. Schwierigkeiten
gibt es derzeit nur, weil Hadics gleichzeitig seine akademische
Laufbahn nicht abbrechen will. Dies liegt auch in meinem Interesse,
die Zustimmung von Minister Firnberg liegt leider noch immer
nicht endgültig vor, da der akademische Senat auf der Technischen
Hochschule Wien scheinbar Schwierigkeiten macht. Frank möchte
vor allem auch, dass jetzt endlich die Geschäftsordnung der OB
mit der Personalvertretung verhandelt wird, da er diese eigent-
lich schon seit Jahresanfang bräuchte. Entschieden wehrt er sich
und dies glaube ich mit Recht, dagegen, wenn Plesch irgendwo
Organisationsänderungen z.B. Auflösung der Abteilung 5 als
Brennstoffabteilung ankündigt. Zwischen Plesch und Frank gibt
es nicht nur riesige Spannungen, sondern ich glaube auch etliche
Missverständnisse. Heindl und ich einigten uns dann mit Frank,
dass der im Büro für Energiefragen zuständige Dr. Wais mit
ihm stets über die Organisationsänderungen und Personalwünsche
reden wird, damit wir doch dann wieder gemeinsam mit Plesch, Wais,
Heindl und ich einen Ausweg aus dieser verzwickten Situation
finden.
Frank hat mir dies 10 Rohberichte der Aufklärungskampagne gezeigt.
Wenn er, und er macht dies sicher, diese Unterlagen durcharbeitet,
ja wenn er sie selbst durcharbeiten lässt, entsteht ein ungeheurer
Arbeitsaufwand. Frank ist stets bereit, das muss ich anerkennen,
auch für den Bundeskanzler, ja selbst für das Gesundheitsministerium
entsprechende Vorarbeiten zu Listen. Dadurch ist er und sind seine
Leute sehr überlastet. Zusätzlich kommt jetzt noch die Arbeit
in der Internationalen Energieagentur, Sekt.Chef Frank ist
der Typ, der überall, wo er nur anstreift, sofort sich einmischt
und sich dadurch eine ungeheure Arbeit auflastet. Dann wächst sie
ihm fast über den Kopf und es kommt zu den spannungsgeladenen
Auseinandersetzungen, nicht nur mit Plesch sondern auch mit anderen.
Auf die Dauer daher unbedingt eine andere Lösung gesucht erden
müssen, da ich fürchte, dass er nicht so viel zusätzliche Be-
dienstete bekommen kann. Ich erklärte ihm noch einmal dezidiert,
dass wir eben pro Jahr ein Prozent der Dienstposten einsparen müs-
sen.
Bei der Ankunft des englischen Aussenhandelsministers Dell spät
abends in Schwechat hatte ich dann doch noch Gelegenheit, bei der
Fahrt in die Residenz und beim dortigen obligatorischen Drink
mit ihm über die englischen Wirtschaftsverhältnisse zusprechen.
Die Devisen- und Zahlungsbilanzsituation hat sich in England wesent-
lich verbessert. Die Inflationsrate mit fast 16 %, die heuer auf
13 reduziert werden soll, die grosse Arbeitslosigkeit, das geringe
Wirtschaftswachstum, macht aber den Engländern schwer zu schaffen.
Da sie das wirtschaftliche Problem nicht befriedigend lösen können
und konnten, kommt es meiner Meinung nach auch jetzt zu den schweren
politischen Rückschlägen der Labour Party. Hier habe ich es
viel leichter gehabt, unsere Situation zu schildern. Erst im
Vergleich mit anderen Staaten sieht man, wie gut wir wirklich
liegen. Was ist England ein Problem ist, ist es nicht bei uns, was
in England befriedigend gelöst wurde, nämlich Zahlungsbilanzsituation
ist bei uns allerdings jetzt wirklich ein grosses Problem. Fast
würde ich es mir einfach machen und sagen, man kann halt nicht
alles haben.
Tagesprogramm, 4.5.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)