Mittwoch, 11. Mai 1977
Die Fettarbeiter (LUGA) hatten eine Gruppensitzung, wo wir
die weitere Vorgangsweise wegen der Lohnverhandlungen besprachen.
Das Angebot der Unternehmer war 7,8 %, die Gewerkschaft forderte
9,1 %. Bei 8,5 % hätte man sich treffen können, doch wollte
die Unternehmerseite nicht über 8 % hinausgehen. Die Hauptschwie-
rigkeit ist, dass die Mindestlöhne für die Frauen mindestens
so erhöht werden müssen, wie die Metallarbeiter abgeschlossen
haben. Als Teilerfolg konnte das Verhandlungskomitee durchsetzen,
dass die Frauenlöhne sich nach den Männerlöhnen richten und
zwar von 94 % auf 95 %. Die Forderung war 98 % des Männer-
lohnes für die Frauen, die heute weitestgehend schon an Maschinen
stehen. Die Fettarbeiter sind gut organisiert und betragen in
ganz Österreich nur mehr nicht ganz 700 Beschäftigte. Die
Lohntangente ist 8 %, die Gehaltstangente 5, insgesamt also
Löhne und Gehälter 13 % Anteil an dem Preis, eine wirklich
verschwindende Grösse. Die Handelskammer macht deshalb auch
wenig Schwierigkeiten vom kostenmässigen Standpunkt sondern
weil es für sie wieder einmal eine Prestigefrage ist, vor
allem aber als Präjudiz gilt für die nun wieder beginnende
neue Lohnrunde bei den Lebensmittelarbeitern. Die Fettarbeiter
stehen allerdings auf dem Standpunkt, dass sie erst den Abschluss
der vorhergehenden Lohnrunde bilden. Vor der Paritätischen
Kommission ist Vizepräsident Seidl und Gen.Sekr. Mussil
zu mir gekommen, ob wir tatsächlich die Absicht haben, die im
Vorjahr vereinbarte Schiedskommission einzuberufen. Genau
dies wurde bei unserer Aussprache beschlossen. Die Vereinbarung
sieht vor, dass bevor wir Kampfmassnahen wie z.B. Betriebs-
versammlungen, die meistens dann längere Zeit dauern, setzen,
die Schiedskommission einberufen werden soll.
Die Leitung der Ankerbrot-Fabrik, Dipl.VW Schoeller und der
Direktor Mailath-Pokorny erörterten mir die finanzielle
Situation der VNI. 1976 ist ein Verlust von 41 Mio. S entstanden,
der nur durch ausserordentliche Erträge 35 Mill. S von der
Gemeinde Wien für ein Grundstück, aufgefangen werden konnte.
Für 1977 ist ebenfalls ein Verlust von 42 Mill. S geplant,
um aus der zweiten Tranche des Grundstückverkaufes wieder 35 Mill.
hauptsächlichst gedeckt zu werden, Schon im ersten Quartal
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aber beträgt der Verlust 19,5 Mill. S. Damit steht für VNI
fest, dass sie weitere Reorganisation machen müssen, die in
einem 13 Seiten langen Brief an den Betriebsrat der Angestellten
und der Arbeiter vorgeschlagen wird. Einleitend in diesem Brief
wird verlangt, man müsse auf Polemik über Gründe und Ursachen
verzichten und die Leitung fordert den Betriebsrat auf, für
Verhandlungen zur Verfügung zu stehen. Natürlich lehnen die Betriebs-
räte eine solche Sprache ab und verlangen, dass der Brief
wieder zurückgenommen wird. Dies meint Schoeller, könnten
sie unmöglich. Ich schlug ihnen vor, dann müssten sie versuchen
durch Zurücknahme der unmöglichen Stellen dem Betriebsrat
entgegenzukommen, sonst wird es zu keiner Einigung über die
weitere Vorgangsweise kommen. Der Arbeiterbetriebsrat hat mir
bereits bei der Wiener Konferenz am Samstag die ganze Situation
geschildert, Schoeller meinte, mit dem Arbeiterbetriebsrat würden
sie leichter zu einer Lösung kommen, wenn nicht der Angestellten-
betriebsrat so vollkommen unzugänglich wäre. Sie ersuchten mich,
ich sollte mit ihm reden, was ich selbstverständlich nicht kann
und will, sondern erklärte mich nur bereit, mit dem Obmann der
Privatangestellten Dallinger zu sprechen, damit dieser mit
dem Angestelltenbetriebsrat Reichert und ich neuerdings mit dem
Arbeiterbetriebsrat Jakubec sprechen werde. Dies habe ich dann
spät abends bei der NR-Sitzung auch getan.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Jakubec verbinden.
Im Klub berichtete Firnberg, dass sie gegebenenfalls auf die
Novelle des Denkmalschutzgesetzes verzichten wird, wenn es
nicht gelingen sollte, mit der katholischen Kirche eine einver-
nehmliche Lösung zu erzielen. Als Ausweg sollte jetzt versucht
werden, die wichtigsten nationalen Denkmäler, das sind ca.
100, wovon natürlich auch der grösste Teil Kirchenbesitz ist,
einvernehmlich festzulegen und die weitere Vorgangsweise zur
Erhaltung dieser nationalen Denkmäler jetzt schon zu bestimmen.
Sollte auch diese Vorgangsweise zu keinem Ziel führen, dann wird
es zu keiner Novelle kommen.
Staatssekretär Karl und Finanzminister Androsch referierten über
die Änderung der Kinderbeihilfe. Durch Aufstockung, fast Ver-
doppelung von 450 S auf 880 S für das erste Kind und 1.800 für
zwei Kinder soll 12 mal ausgezahlt derzeit 14 mal allerdings
die Kinderbeihilfe wesentlich erhöht werden. Gleichzeitig aber
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würde der Steuerabsetzbetrag für die Kinder wegfallen. Die Er-
sparnis des Finanzministers auf dem Steuersektor von 7,2 Mia. S
würde dem Familienlastenausgleichsfonds überwiesen werden. Der
Familienlastenausgleichsfonds, der verhältnismässig noch immer
reichlich dotiert ist und Reserven hat, müsste ca. 1.2 Mia.
zuschiessen um diese beträchtliche Erhöhung der Kinderbeihilfe
für alle sicherzustellen. Bedenken äusserte in der Diskussion
nur Dallinger, der namens des Gewerkschaftsbundes Steuerverhand-
lungen führt und meinte, mit dieser Regelung, die für 300.000
für die oder teilweise nur eine Steuerersparnis derzeit haben,
weil sie eben so wenig verdienen, in Zukunft eine wesentliche
sozial gerechte Erhöhung ihrer Kinderbeihilfe erlangen. Den ÖGB
stört nur dabei, dass 80.000 Bauern davon betroffen sind, die
keine Steuer zahlen oder nur eine geringe Steuer, obwohl sie ver-
mögensrechtlich wesentlich besser dastehen als z2.B. vielleicht
die Facharbeiter. Die Bauernschaft zahlt auch bedeutend weniger
in den Familienlastenausgleich ein und würde wieder einen ganz
grossen Anteil durch diese Regelung herausnehmen. Bedenken wurden
auch wegen der 12-maligen Auszahlung geltend gemacht, weil mit
Sicherheit zu rechnen ist, dass früher oder später wieder die
13. und 14. Kinderbeihilfe verlangt wird. In der BRD, wo bis
jetzt nur 12 bezahlt wurden, geht der Trend zur 13. und 14. Auszahlung,
diese jetzt einzuführen. Androsch möchte aber auf alle Fälle zwecks
Vereinfachung bei dem neuen System bleiben, besser gesagt dieses
einführen. Ein wirkliches Problem stellt nur die österr. Grenz-
gänger, die in Deutschland arbeiten resp. in der Schweiz beschäftigt
sind, dar. Dort macht die Kinderbeihilfe wesentlich weniger aus,
die Einkommen der Arbeiter und Angestellten werden in Österreich
versteuert, jetzt bekommen die besserverdienenen wenigstens eine
entsprechende Steuerermässigung, die in Hinkunft wegfallen würde.
Kreisky berichtete dann über die politische Lage und wies einleitend
auf die seiner Meinung nach äusserst pessimistische und kritische
Wirtschaftslage in Westeuropa hin. Auch die österr. Unternehmer
sind schlecht beschäftigt, die Zahlungsbilanz ist katastrophal
und die Vollbeschäftigung bei uns ist nur auf die innerösterreichischen
Ankurbelungsmassnahmen der letzten Jahre zurückzuführen, die sich teil-
weise erst jetzt in den Auftragslagen der Unternehmungen nieder-
schlägt. Die Massenmedien insbesondere die bürgerlichen Zeitungen
gehen deshalb, weil die Wirtschaftspolitik in Österreich so erfolgreich
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ist, auf Nebenkriegsschauplätze wie Lütgendorf, katholische
Kirche usw. Lütgendorf kann erst entschieden werden, bis der Bericht
des parlamentarischen Untersuchungsausschusses vorliegt. Wirklich
empört waren alle, dass strengste Vertraulichkeit vereinbart wurde
und jetzt wieder in der Wochenpresse das wörtliche Protokoll
des Untersuchungsausschusses teilweise abgedruckt wird. Irgendjemand
von der ÖVP spielt also dieses Material, wie Heinz Fischer meint,
der Wochenpresse zu, wo es noch nicht einmal für den Ausschuss
gedruckt ist.
In der Fragestunde wurden die vom letzten Mal übriggebliebenen 2 Fragen
über die Aufklärungskampagne der Bundesregierung und über die
Verwendung der Sonnenenergie mit mehrere Zusatzfragen von mir
glaube ich befriedigend beantwortet. Die ca. 3 Mill. S Gesamt-
kosten für die Aufklärungskampagne sind nicht hinausgeschmissenes
Geld, wie die ÖVP behauptet, sondern bildet die Grundlage für
den Bericht der Bundesregierung an den Nationalrat, den ich bereits
für Juni ankündigte. Die Sonnenenergie wird einmal eine grosse
Rolle spielen, nur derzeit kann ich noch nicht sagen, wie sie
wirtschaftlich so weit sein wird, dass sie in Österreich eine
grössere Rolle spielt. Ein Missverständnis oder eine schlechte
Ausdrucksweise von mir gab sofort die Zusatzfrage, ob jetzt das
zweite Kernkraftwerk von mir noch heuer genehmigt wird. Ich erwiderte
ganz im Gegenteil, ich habe sofort 1974, als ich die Elektrizitäts-
kompetenz übernommen habe, den Wunsch, den Baubeschluss des zweiten
Kernkraftwerkes sofort zu treffen, sofort abgelehnt und verhindert,
dass ein solcher Baubeschluss bis jetzt gefasst wurde. Auch derzeit
beabsichtige ich nicht, einen solchen mit Zustimmung der Verbund-
gesellschaft für das zweite Kernkraftwerk zu treffen. Bgm. Gratz
hat im Radio eine dezidierte Erklärung gegen den Betrieb von Kern-
kraftwerken, auch von Tullnerfeld abgegeben. Der ORF hat mir das
Band extra vorgespielt und meine Stellungnahme dazu verlangt.
Ich erwiderte, dass ich insoferne in keinem Gegensatz zum Bürger-
meister bin, als auch in nicht entscheiden kann, ob die Wissenschafter
und Techniker erklären, dass die Sicherheitsbestimmungen genügen. Alle
Auflagen aber werden bis zum letzten Beistrich, wie ich immer wieder
erkläre, erfüllt sein müssen, bevor Zwentendorf erst nach Diskussion
im Parlament in Betrieb gehen wird. Die am Abend erschienenen Zei-
tungen brachten dann ganz gross, erster bedeutender Sozialist
gegen die Betrieb von Atomkraftwerken. Mir ist diese dezidierte
Erklärung insoferne unverständlich, als bei der Ministerratsvorbesprechung
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am Montag gerade Gratz es gewesen ist, der meinte, man dürfe in
der Öffentlichkeit nicht den Eindruck erwecken, dass die Re-
gierung oder die Parteispitze hier konträre Meinungen haben.
Ich versuchte den Gegensatz abzuschwächen, weil ich mir beim
besten Willen nicht vorstellen kann, dass bei der erwarteten
Energiesituation tatsächlich das Kernkraftwerk jahrelang einge-
mottet wird. Scheinbar will Gratz den Betriebsbeginn für Zwentendorf
über den Wiener Wahltermin Oktober 1978 hinausschieben. Der
nächste Wahltermin wird dann Oktober 1979 für die Nationalrats-
wahlen sein, worüber wieder Kreisky wird hinausschieben wollen.
Heindl teilte mir mit, dass er mit Abg. König und Wiesinger
von der ÖVP privatim gesprochen hat und diese ihm erklären, sie
könnten sich sehr wohl vorstellen, dass beide Parteien im
Parlament auf Grund des Berichtes dann die Zustimmung für Zwenten-
dorf geben, wenn nicht jede versucht, der anderen dann die Schuld
in die Schuhe zu schieben, Voraussetzung dafür müsste sein, dass
die Regierung einvernehmlich feststellt, dass der Betrieb von
Zwentendorf notwendig ist. Ich erklärte Heindl, nach der jetzigen
Situation würde ich mir eine solche Prognose, einen einheitlichen
klaren eindeutigen Regierungsbeschluss nicht zu stellen trauen.
Im Plenum wurde dann den ganzen Tag bis fast 9 Uhr nur über das
Volksbegehren, Fristenlösung diskutiert. Bei der Abstimmung, wo
ausgezählt wurde, waren alle SPÖ- und FPÖ-Abg. anwesend, womit
der Bericht des Ausschusses über das Volksbegehren mit 103 Stimmen
angenommen und 75 Stimmen incl. des Präsidenten Minkowitsch abge-
lehnt wurde. Die ÖVP hatte 5 Abwesende, eigentlich auch ein trauriges
Resultat ihrer Klubdisziplin.
Gen.Dir. Lunacek, Gen.Sekr. Kleiss und Dr. Mayerhofer vom Raiffeisen-
verband beschwerten sich zuerst über meine kritische Stellung-
nahme gegenüber der ländlichen Genossenschaftsbewegung um dann
auf das Problem der Ölmühle zu sprechen zu kommen. Sie waren sehr
befriedigt, dann von mir zu hören, dass ich selbstverständlich
anerkenne, dass eine aussenwirtschaftliche Absicherung dieses
Projektes gefunden werden muss, ohne aber dass ein Fettwirtschafts-
fonds errichtet werden soll. Bezüglich der Handelsspannen-
regelung bei Getreide machte ich keine Zusicherung, obwohl sie
angeblich nachweisen können, dass nur 48 % ihrer Kosten durch
die derzeitige Handelsspanne gedeckt sind. Ich verlangte im
Gegenteil, dass eine weitere Getreidepreiserhöhung heuer
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unterbleiben müsste, weil wir gemeinsam ein Exportmodell jetzt
mit Anbauverträgen für Kontraktweizen usw. erstellen müssen.
Um die Überschussproduktion von Füll- oder Normalweizen in Zukunft
zu verhindern, Diese macht nämlich auch dem Verband ländlicher
Genossenschaften jetzt schon sehr zu schaffen und Lunacek ist gerne
bereit, hier mitzuwirken. Lunacek kommt von der Milchwirtschaft,
Direktor der NÖM und ich habe ihm auch wieder vorgeworfen,
dass die Verbände nicht imstande sind, wirklich ein grösseres
Angebot von österreichischen Käsesorten z.B. in ganz Österreich
sicherzustellen. Agrosserta kauft ihre Produkte nur in ihrem
Einzugsgebiet und ihren Filialen, Schärdinger-Verband macht das-
selbe wieder nur in seinem Einzugsgebiet und Filialen. Würden
sie ihre Produkte überall verkaufen, könnten sie wahrscheinlich
dem starken Einbringen des französischen Käses besser gegenen .
Die Raiffeisen-Organisation wird sich in Hinkunft noch stärker
der Ausdehnung ihres Warensortiments widmen und damit, wie könnte
es anders sein, die Handelsbetriebe im ländlichen Raum weiter
zurückdrängen und natürlich auch entsprechend verärgern. Für den
Wirtschaftsbund aber teilweise auch Freien Wirtschaftsverband
wird diese Entwicklung sehr unangenehm sein. Aufzuhalten ist sie
auf keinen Fall. Das einzige, was ich machen konnte und darüber
ist jetzt auch der Raiffeisenverband sehr glücklich, war, dass sie
der Gewerbeordnung mit all den Auflagen, die dort stipuliert sind,
unterliegen. Heute fürchte ich, würde es mir nicht mehr gelingen,
eine einvernehmlich und wie ich glaube zweckmässige damals ge-
schaffene neue Gewerbeordnung zustande zu bringen.
Handelsrat Nikolaenko kam, um sich über die Einführung der
Zölle für Gasöl und Heizöl schwer zu beschweren. Ihre österr.
Firmen Turmöl, Gen.Dir. Maimann, aber auch die Vertreter von
ÖAF Gräf & Stift wegen der Ersatzteile, die für die Lada, 3.500
Stück werden jetzt geliefert, für 5 Mill. S Zoll zahlen müssen,
möchten, dass in Hinkunft weiter der § 6 des Zollgesetzes, wo
eine Zollfreistellung oder zumindestens wesentliche Reduktion
möglich ist, angewendet wird.Dasselbe gilt für Wasserleitungs-
rohre, die die SU zu uns einführen möchte. Ich erklärte Nikolaenko
nur, dass ich diese Anträge genau prüfen werde, weil sie garan-
tiert von Patolitschew im Juli bei der Gemischten Kommission
zur Sprache kommen werden. Nikolaenko erwartet, dass bis zu
diesem Zeitpunkt die Endanträge positiv entschieden sind.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND MEISL: Bitte trotz der schon abschlägigen
Briefe für Öl insb. KFZ-Ersatzteile und Wasserleitungsrohre neu
prüfen.
Nikolaenko teilte mir mit, dass die Gasreinigungsanlage,
auf die die österr. Firmen sicher gerechnet haben, an die
Franzosen zugeschlagen wurde, weil dort wesentlich bessere
Kreditbedingungen für sie Sowjets zu erreichen waren. Auf
meine Anfrage, wegen der Lieferung von 1 Mia. kWh meinte
Nikolaenko, das wird vom Gosplan neuerdings geprüft
und wahrscheinlich von Patolitschew bei der Gemischten
Kommission zur Sprache gebracht.
Der neue Fachverbandsvorstandsobmann für den Fremdenverkehr
Komm.Rat Scheiner kam mit Geschäftsführer Dr. Zedek und
was mich am meisten überraschte auch mit unserem Freien
Wirtschaftsverbandsvertreter Paulas, um Fremdenverkehrs-
probleme mit mir zu besprechen. Scheinbar will Scheiner,
und ich begrüsse das sehr, durch Mitnahme des Freien Wirt-
schaftsverbandes dokumentieren, dass es sich hier um eine über-
parteiliche Politik handeln soll. Die Aufstockung des Kurato-
riums des Österr. Fremdenverkehrs um Finanzministervertreter,
Min.Rat Kaber resp. Kort vom Ministerbüro Androsch, wurde
einvernehmlich beschlossen. Die Ausdehnung der ERP-Aktion
im Fremdenverkehr, die wir beabsichtigen, durch Vorziehen
von 100 Mill. aus der ERP-Rate 1977/78 und durch eine Ersatz-
aktion von 400 Mill. S wurde allgemein befriedigt zur Kenntnis
genommen. Eine weitere Forderung war die intensivere Verkaufs-
förderung durch Bildung örtlicher Basisorganisationen, wo ich
ihnen nachweisen konnte, dass wir bereits in Kärnten 3 Direktoren
mit 450.000 S und in Oberösterreich zwei Direktoren mit 100.000
S installiert haben. Bezüglich der Lösung des Problems der Reise-
büros erklärte ich neuerdings, dass ich mit jeder zweckmässigen
Lösung einverstanden bin, die die Konsumenten schützt. Dieselbe
Erklärung gab ich dann auch bei einer Geburtstagsfeier im
Palais Auersperg, wo ich viele Reisebürovertreter traf, zur
allgemeinen Zufriedenheit ab. Mir kommt es nämlich wirklich
nicht darauf an, unbedingt ein Reisebürogesetz zu erlassen,
wenn es z.B. möglich sein sollte, durch Verordnung auf Grund der
Gewerbeordnung befriedigende Lösungen zu erzielen.
Eine stärkere Berücksichtigung der Fremdenverkehrsgemeinden
derzeit 30 Mill. S im Finanzausgleichgesetz kann nur beim nächsten
Finanzausgleich vom Finanzminister und den Ländern und Gemeinden
gelöst werden. Bezüglich des Arbeitsruhegesetzes, wo bis jetzt
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Gast- und Schankgewerbe und Beherbergungsbetriebe sowie Bäder
auf Grund des Gesetzes schon ausgenommen waren und in Hinkunft
nur durch eine Verordnung geregelt werden soll, wird Würzl
mit Jagoda noch Gespräche mit dem Sozialministerium führen.
Ich erklärte mich dafür nicht zuständig. Bezüglich der Auf-
stellung von FS-Geräten in Hotelzimmern mit entsprechender
Gebührenermässigung erklärt der ORF, hier müsse eine gesetzliche
Regelung geschaffen werden, die FV-Vertreter werden deshalb
mit Minister Lanc Gespräche aufnehmen. Der angestellte Vergleich,
für das Hotelbuch 1977/78 ergibt, dass bei 1.500 Betrieben die
durchschnittliche Erhöhung 6,5 % beträgt. Interessant war,
dass mit nicht einmal Zedek Zahlen, die er zur Verfügung gestellt
hat, erklären konnte, wie diese Berechnung erfolgt. Ich hatte
selbstverständlich wieder einmal mich für Details zu sehr ge-
kümmert. Wenn mir aber etwas erzählt wird, dann muss es mir auch
bis ins Details erklärt werden.
In der Paritätischen Kommission, der ich vorsitzen musste,
wurde entweder die Preiserhöhung wie z.B. Haarschneiden mit
2.- S einvernehmlich festgelegt, obwohl bereits auch beim letzten
Mal bereits festgestellt wurde, dass die Friseure um 5.- bis
15.- S erhöht haben. Die Bundeskammer wird sich bemühen, die
überhöhten Preise zurückzuführen. Viel Erfolg verspreche
ich mir davon nicht. Einzelpreise wie z.B. Ziegelei-Produkte
Leitl-Werke wurde an den Unterausschuss zurückverwiesen oder für
chemische Industrie, Fa. Schmidgall mit 6 % genehmigt. Die
Lohnbewegung der Angestellten im Baugewerbe wurde freigegeben,
die der Textilarbeitergewerkschaft bezüglich Chemisch-Putzer
in den Ländern ausserhalb Wiens wesentlich mehr erhöht. In Wien
beträgt der niedrigste Lohn für Frauen jetzt 21.- S. Nach 15 Monaten
Laufzeit wurde der Kollektivvertragslohn um 10 % und der Istlohn
um 8,5 % erhöht. Das ist wahrlich eine zurückhaltende Lohnpolitik.
Die Anreise der EFTA-Ministerpräsidenten und Handelsminister
bedingt, dass sowohl Kreisky als auch ich am Flughafen anwesend
sein mussten. Kreisky ist deshalb nicht zur Paritätischen
Kommission gekommen und trotzdem war ich dann früher in
Schwechat als er. Er war sehr verwundert, dass alles in der
Paritätischen Kommission so schnell gegangen ist. Die Erklärung
ist sehr einfach, denn in Wirklichkeit wird bei den Präsidenten-
besprechungen alles vorher schon mehr oder minder vereinbart.
Ich hatte neuerdings Gelegenheit, ein Jugendzentrum des
Kaplan Pöschl in der Ungargasse zu besuchen. Ca. 2 Dutzend
Mädchen sind dort in einer Grosswohnung untergebracht. Diese
Art der Betreuung insbesondere von Burgenländern und Nieder-
österreichern in Wien halte ich für sehr zweckmässig und verhält-
nismässig billig. Lehrlingsheime mit Dutzenden Angestellten und
Betreuern kommen hier wesentlich teurer, wie ich noch aus
meiner Zeit von der Arbeiterkammer genau weiss. Ich habe des-
halb in jeder Beziehung diese Art der Unterbringung von Jugend-
lichen gefördert. Teils konnte ich ihnen über die Elektroindustrie
Fernsehapparate verschaffen, teils gebe ich Direktsubventionen
für die Erhaltung und Erneuerung dieser Wohnungen. Leider hat
mir Pöschl mitgeteilt, er kann durch mangelnde Arbeitskapazität
nicht noch zusätzliche solche Heime schaffen.
Die Fremdenverkehrsbetriebe insbesondere Reisebüros beschwerten sich
beim Auersperg-Besuch bei mir, dass die spanische Hofreitschule
zu wenig Vorstellungen hat. Angeblich können die Bereiter nicht
mehr eingestellt werden, weil kein Geld dafür vorhanden ist,
die Reisebüros meinen, man könne wesentlich höhere Karten-
preise verlangen und dadurch grössere Einnahmen der Spanischen
Hofreitschule geben, damit sie mehr Vorstellungen anbieten
könnten. Ich versprach, darüber mit Minister Haiden zu
reden.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Haiden verbinden.
Die Besuche von Schönbrunnn, die im Vorjahr 1 Mill. gezählt
wurden, sind manchmal für Ausländer nicht mehr im Programm
unterzubringen wegen der verhältnismässig geringen Offen-
haltezeiten der Führungen. Es wäre aber nicht Österreich,
wenn es nicht dann einen Weg gäbe, durch entsprechendes
Trinkgeld wenigstens das Aufsperren der Säle zu erreichen,
wodurch die Ausländer die Möglichkeit haben, durchzugehen, wenn
sie auch keine Führung mehr bekommen. Ich werde diesbezüglich mit
Moser, dem die Burghauptmannschaft untersteht und wo mich der
Personalvertreter ausdrücklich darum ersucht hat, wegen
Aufstockung von Aushilfskräften im Sommer sprechen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Moser verbinden.
Tagesprogramm, 11.5.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)