Dienstag, 2. August 1977
Eine Delegation des Fachverbandes Nahrungs- und Genussmittel-
industrie mit Firmenvertretern der Teigwarenerzeuger und auch
Betriebsräte und Gewerkschaft Lebensmittelarbeiter interveniert
wegen Sofortmassnahmen. Einleitend konnte ich feststellen,
dass die Behauptung einzelner Funktionäre und Beamten der Handels-
kammer und auch von Teigwarenerzeugern, dass ich Massnahmen ver-
zögert hätte, mit aller Entschiedenheit zurückweise und fest-
stelle, dass ich mich stets bemüht habe, mit dem Interessenver-
tretungen einen gemeinsamen Weg zu finden. Die GATT-Kündigung
für Teigwaren-Zölle liegt zur Unterschrift noch immer in
Brüssel, weshalb auch im Parlament erst im Herbst die entspre-
chende Verordnungen eingebracht werden können. Ein Antidumping-
verfahren, vom Fachverband gewünscht, liegt noch immer in der
Bundeshandelskammer ebenso der Antrag gegen die Ostimporte auf
Grund des Marktstörungsgesetzes. Im Accordino wurde eine Aufstockung
von 20 t auf die 400 t durchgeführt, obwohl die Italiener und teilweise
auch österr. Stellen bis 100 t Aufstockung vorgesehen hatten. Auch
hier wurde im Einvernehmen mit allen Beteiligten insbesondere der
Tiroler und Vorarlberger Landesvertreter gehandelt. Der Wunsch
Durumweizen entsprechender Qualität zu bekommen, wurde durch
mich bei entsprechender Erhöhung des Erzeugerpreises für den
Bauern angeregt. Vor zwei Jahren habe ich gegen die grössten Be-
denken der Handelskammer und vor allem der Landwirtschaftskammer
die Abgabe an den Getreidefonds bei Durumweizen-Vermahlung aufge-
hoben und dadurch den Erzeugerpreis um 54 Groschen erhöhen könne,
ohne dass die Mühlen einen höheren Preis bezahlen mussten. Inter-
essanterweise wird auch jetzt der Bedarf von 30.000 t nur zu
60 % durch heimische Erzeugung gedeckt. Der Rest muss importiert
werden. Meiner Meinung nach ist dies darauf zurückzuführen,
weil die Landwirtschaftskammer zuerst fast eine Gegenpropaganda
gegen meine Aktion gestartet hat. Heuer muss es aber besser werden,
denn durch die Einfuhr von italienischen Teigwaren, der Anteil
hat sich von 4 % im Jahre 1967 auf 17 % im Vorjahr und heuer
wird er 20 % betragen, erhöht, die inländische Produktion entsprechend
senken. Angeblich werden die langjährigen 20.000 t Erzeugung jetzt
auf ca. 10.000 t absinken. Wenn dies zutrifft, müssten wir mit dem
Durumanbau in Österreich ohneweiters diesen Bedarf decken können.
Kritisch für die österreichische Produktion ist nur, dass
wir 8.- S für den Durumgries bezahlen müssen, während die Deutschen
nur 7.- und die Italiener sogar nur 4.30 S bezahlen. Die Italiener
bekommen auch für den Export 190 Lire Exportsubvention. Die Aus-
gleichsabgabe in Österreich beträgt 5.30 und ist vollkommen unzu-
länglich. Die GATT-Kündigung ist jetzt höchste Zeit durchzuführen,
um die Ausgleichsabgaben erhöhen zu können. Die EG lässt auf Welt-
marktpreis produzieren, kanadischer Durum 1.84 S cif Europa-Hafen.
Für mich war bei dieser Aussprache so wichtig, dass die Betriebsräte
feststellen konnten, die Angriffe gegen auch als Obmann der Lebens-
mittelarbeiter, ich kümmere mich nicht um ihre Arbeitsplätze,
vollkommen unberechtigt sind. Wir werden einen diesbezüglichen
Bericht auch in der Lebensmittelarbeiter-Zeitung schreiben.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte die Unterlagen Redakteur Demel
schicken und mit ihm besprechen.
Die Fa. Leitl hat für Spannbeton die Preise nicht um die von
der Paritätischen Kommission in Aussicht genommenen 4 % sondern
um 6 % erhöht, der Antrag hat auf 9 % gelautet und könnte durch
betriebswirtschaftliche Unterlagen jederzeit nachgewiesen werden.
Die Vertreter der Firma, der junge neue Chef Dr. Christoph Leitl
aber auch der Finanzreferent Komm.Rat Wohlhart und der Verkaufs-
direktor Rieger wiesen mir an Hand von Bilanzen nach, dass sie
1975 4 Mill., 1976 1,7 Mill. und im ersten Halbjahr 1977
sogar 6 Mill. S Verlust haben. Sie gaben allerdings zu, dass
durch die Erhöhung jetzt um 6 % sie hoffen, heuer ohne Verlust
herauszusteigen. In ihren zwei zugekauften Werken in Hörsching
und Gerling haben sie die für den Ziegeleiverband zugestandenen
3,8 % Preiserhöhung nur verrechnet. Die 6 % in ihrem Stammwerk
müssen sie aber haben, weil ansonsten die 2/3 an den Betrieben
beteiligten Beschäftigten heuer nicht nur keine Prämie bekommen
würden sondern weiterhin Substanz verlorengehen würde. Der Umsatz
beträgt jetzt 130 Mill. S. Meiner Meinung nach wäre es unglücklich,
würde die Arbeiterkammer und der ÖGB darauf bestehen, dass ich
Tatsächlich den § 4 des Preisgesetzes zur Anwendung bringe.
In diesem Fall könnte mir die Firma unverzüglich nachweisen,
dass betriebswirtschaftlich diese Erhöhung notwendig war. Ausserdem
könnten die Firma der Sekretär Marcon von der AK und der Sekr. des
Gewerkschaftsbundes Mühl hätten im Preisunterausschuss zu erkennen
gegeben, dass sie die Unterlagen anerkennen, nur auf höhere
Weisung dagegen stimmen müssen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Jour fixe AK – Habsburg und Leitl
in Tagesordnung aufnehmen, Unterlagen von Salomon verlangen.
Mit Sekt.Chef Frank konnte bei einer Aussprache mit Heindl, Wais
und mir die offenen Fragen bereinigt werden. Heindl hat sich hier
wirklich sehr eingeschaltet, um insbesondere den zu Unrecht
von Frank so hart attackierten Plesch zu entlasten. In der Personal-
frage wurde ohne unsere Taktik zu verlassen, keine generellen
Zusagen zu machen sondern notwendige Einstellungen, wenn die
entsprechenden Bewerber vorliegen, dann einzeln durchzuführen, die
offenen Fragen bereinigt. Für Brunner von der Finanzprokuratur
wurde ein Werkvertrag für 50.000 S, für einen Mustervertrag Erd-
ölgesellschaft RAG und ÖMV vereinbart, wobei Frank jetzt erkennt,
dass die Schwierigkeiten nicht von Plesch kommen sondern von der
Personalabteilung Böhm oder der Budgetabteilung Marhold. Dasselbe
gilt für Schmidt, der einen Konsulentenvertrag für die Lagerstätten-
untersuchungen bekommen soll. Mit Hinterhuber von der Uni Innsbruck
wird jetzt ebenfalls ein Vertrag abgeschlossen, damit er die
entsprechenden Kontrollen der Bergbehörden vornimmt und entsprechende
Reorganisationsvorschläge macht. In unseren bergbaupolizeilichen
Verordnungen muss eine neue Elektrotechnische Verordnung nun
erlassen werden. Min.Rat Pelzl hat wahrscheinlich auf Vorschlag von
Sekt.Chef Frank vorgeschlagen, wir sollten damit den Verein für österr.
Elektrizitätssicherungstechnische , ÖVE beauftragen. Ich halte eine
solche Vorgangsweise für unmöglich, denn man kann nicht ein Verordnungs-
recht ja sogar die Verordnungspflicht einer Abteilung an einen
Verein delegieren, weil man nicht selbst imstande ist, eine
solche Verordnung zusammenzuschreiben. Sekt.Chef Frank behauptet,
dass der Entwurf von Pelzl unbrauchbar sei. Zu diesem Zweck wollte
er dem Verein einen Werkvertrag geben. Dieser hat ein Anbot auf
48.000 S dafür gestellt. Heindl als Abgeordneter und Jurist
sagte Frank, dass dies vollkommen unmöglich ist. Wir einigten
uns dann darauf, dass eine Arbeitsgruppe im Ministerium Oberste
Bergbehörde eingesetzt wird, wo der Verein als Konsulent zuge-
zogen wird, dafür eine Subvention von 45.000 S bekommt und sozusagen
einen Entwurf des Ministeriums begutachtet, erarbeitet oder wie
immer man sagen will. Der Entwurf stammt aber dann nicht von
dem Verein sondern ist ein Ergebnis der Arbeitsgruppe beruhend auf
einem Vorschlag vom Ministerium. Es genügt vollkommen, wenn formell
dieser Weg eingehalten wird und von Pelzl nichts anderes stammt als
die Überschrift dieser Verordnung. Ich glaube allerdings nicht, dass
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der Verordnungsentwurf von Pelzl so schlecht ist, dass er nicht
als Grundlage dienen kann.
Sekt.Chef Frank h-t mir gleichzeitig mitgeteilt, dass ich unbedingt
zur Ministertagung der Internationalen Energieagentur am 5./6.
Oktober nach Paris fahren muss. Ich verspreche mir von dieser Minister-
ratstagung nicht einen grossen materiellen Erfolg sondern nur wie
ähnlich bei der Tokio-GATT-Ministertagung oder bei den EFTA-Minister-
ratssitzungen eine grosse optische Wirkung. IN den seltensten Fällen
habe ich erlebt, dass bei solchen Tagungen Entscheidendes in den
Sitzungen oder sogar in den Couloirs besprochen oder gar erreicht
wurde. Die Internationale Energieagentur muss nur auf der einen
Seite ihre Aktivität bestätigen lassen, aber der anderen Seite
auch auf einem höheren Niveau als sonst nur die Beamtendelegationen
in Erscheinung treten. Bei allen solchen internationalen Konferenzen
kann es ja nur immer über das kleinste gemeinsame Vielfache zu
entsprechenden Beschlüssen kommen. Dies sieht in der Praxis so
aus, dass wenig konkrete Formulierungen, viel allgemein gehaltene
Deklarationen aber dann letzten Endes beschlossen werden.
Die Besprechung mit dem neuen Bergbauminister Polens Lejczak
auf Einladung des Vertreters der Polkarbon Komm.Rat Rosenstrauch
in der Krainerhütte, war insoferne erfolgreich, als ich Lejczak
mitteilen konnte, Österreich wird sich an einer Studiengesell-
schaft über eine Kohlenpipeline Polen-Österreich beteiligen.
Ich habe vorher mit Gen.Dir. Apfalter von der VÖEST gesprochen,
der mir mitteilte, dass sie zwar nicht ihre Kohlenbezüge aus
Polen vergrössern können, wohl aber auch an einer solchen Studiengesell-
schaft teilnehmen werden. Die VÖEST bezieht jetzt 2 Mill. t
Kohle zu je fast einem Drittel aus Polen, Sowjetunion und der
CSSR. Eine Umschichtung dieser Menge nach Polen kommt auch nicht
in Frage, weil sie mit der CSSR dafür fest Anlagen-Verträge und
mit der UdSSR insbesondere Kompensationsgeschäfte wie z.B.
200.000 t Bleche gegen Kohlenlieferungen festgelegt haben.
Die 5 Mill. t, die wir, um die Pipeline rentabel zu gestalten,
aus Polen beziehen müssen, könnten daher nur durch zusätzliche
Mengen, die die Chemie-Linz für die Vergasung oder die Elektrizitäts-
wirtschaft für die Stromerzeugung bezieht, verbrauchen. Ich bin aber
selbst überzeugt, dass es früher oder später insbesondere, wenn der
Rhein-Main-Donau-Kanal fertig sein wird, rentabel wird, eine
solche Kohlenpipeline in Betrieb zu haben. Die Befürchtung von
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den Polen, dass jetzt VÖEST-Alpine amerikanische Kohle
importieren wird, ist nicht zutreffend. Apfalter ver-
sicherte mir und ich habe dies auch weiter gegeben, dass
die 750.000 t, die in Amerika Waschkohle produziert wird,
bei einer Investition von 500 Mill. S durch die VÖEST nur in
Amerika verkauft wird. Diese Investitionen der VÖEST wurden aus-
schliesslich deshalb gemacht, weil 1974 die Polen für ihre Kohlen-
lieferungen von der VÖEST entsprechende Vorauszahlungen, Zuschläge,
verbilligte Kredite für einen Betrag von fast 800 Mill. S
verlangt haben, um ihre Kohlenstätten auszubauen. Damals bedurfte
es nicht nur meiner Intervention sondern letzten Endes sogar der
dezidierten Erklärung Kreiskys gegenüber dem polnischen
Ministerpräsidenten Sierankiewicz , dass letzten Endes dann
Weglokoks auf diese Bezahlung verzichtete. Lejczak legte
grossen Wert darauf, dass ich bei meinem Polen-Besuch Anfangs
September im Zuge der Gemischten Kommission von Warschau dann
auch nach Kattowitz fahre, damit ich dort die entsprechenden
Kohlengruben aber auch das neu errichtete Staatswerk be-
sichtige. Min.Rat Fälbl wird die entsprechenden Vereinbarungen
und Termine vorbereiten. Mir erschien die Gelegenheit besonders
wichtig, um auch Lejczak den Wunsch Österreichs zu sagen,
in Polen Atommüll lagern zu können. Komm.Rat Rosenstrauch hat
den Polen über das Ergebnis der Kreisky-Aussprache mit den
Waldviertler Bürgermeistern berichtet. Damals erklärte
Rosenstrauch, wie er jetzt wiederholte, hätte der Kanzler
1 Mia. S für das Waldviertel angeboten, doch wurde dies von den
Bürgermeistern abgelehnt. Ohne dass Rosenstrauch dies deutlich
zumindestens bei der jetzigen Aussprache sagte, hat es angeklungen,
dass Österreich auch bereit wäre, den Polen für einen solchen
Betrag Kredite oder teils sogar Subsidien zu geben. Zu dieser
Äusserung habe ich überhaupt nichts bemerkt sondern so geflissent-
lich überhört. Ich bin überzeugt, dass wir uns über eine
entsprechende Hilfe für Polen einigen würden, dass die
Elektrizitätswirtschaft sicherlich auch entsprechende Beträge
zahlen müsste und würde, wenn die Polen allerdings nur mit Ge-
nehmigung Russlands die abgebrannten Brennstäbe oder gar
den Atommüll abnehmen würden. Lejczak liess sich im Detail
informieren, insbesondere was ich ach schon vorher mit Bot-
schafter und anderen Ministern besprochen hatte und wird dieses
Problem, welches er sofort sagt, das äusserst schwierig ist,
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in Warschau besprechen. Wenn es nach den Polen ginge, bin ich über-
zeugt, würden sie sehr wohl eine solche Lösung anstreben.
Dass dieses Problem für die österrr. Regierung ein sehr grosses ist,
kann jetzt die Ostseite dadurch ersehen, dass jeder Minister –
Firnberg mit den Ostdeutschen, ich mit den Polen und anderen
Staaten, zuletzt sogar mit Aussenhandelsminister Patolitschew
– dieses Problem bei jeder Gelegenheit immer wieder zur Sprache ge-
bracht wird und entsprechende Antworten dringendst erbeten werden.
Ich bin überzeugt, dass Kreisky mit dem polnischen Ministerpräsidenten
Jaroszewicz dieses Problem ebenfalls im September besprechen wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Gehart über unsere Intervention bei dem
polnischen Maschinenbauminister und jetzt dem Bergbauminister wegen
Atommüll-Lagerung zu informieren.
Tagesprogramm, 2.8.1977