Freitag, 23. September 1977
Bei der Textilverbandstagung auf der Schattenburg wurde ich mit
spärlichem Applaus empfangen. Die dort Anwesenden waren alle aber durch
das neue Abgabenänderungsgesetz ungeheuer verärgert, aggressiv und
ich war auf eine ganz hart Auseinandersetzung gefasst. Sekt.Rat
Grumbeck hatte am Vortag schon mit einem Teil der Teilnehmer eine
Diskussion gehabt und mir in der Früh bereits über die harte Aus-
einandersetzung berichtet. Die Einleitung vom jetzigen Vorsitzenden
des Fachverbandes Adensamer, einem kleinen Industriellen aus dem
Waldviertel, der Futterstoffe erzeugt, aber auch die Textilbilanz
vom Fachverbandssekretär Dr. Huber war nicht aufregend. Begonnen
hat es, als der Diskussionsleiter Dr. Hladik, ein Geschäftsführer
der Vorarlberger Textilwerke die Diskussion übernahm. Sie war von
ihm sehr fair geleitet, wie man mir nachher von verschiedener Seite
versicherte, war sie auch eine der interessantesten seitdem die
Schattenburgtagungen stattfinden. Minister Bock, der früher auch
einige Male daran teilgenommen hatte, gab natürlich nicht einen so
guten Reibebaum ab, wie ich heute. Dadurch war die Diskussion sehr
lebhaft und meine Argumentation gegenüber den Vorwürfen sehr wider-
sprüchlich. Ich stellte die These auf, dass die Unternehmer auch
behauptet hätten, wie würden mit den Preissteigerungen nicht fertig
waren. Von 10 % sind wir jetzt auf 5,5 % zurückgegangen. Die prophe-
zeite Stagflation ist nicht gekommen. Ebenso wurden wir mit der
starken westeuropäischen Rezession im Jahre 1975 besser fertig als
als andere europäischen Staaten. Auch hier wurde das Gegenteil
behauptet. Die Lehrlingsunterbringung haben wir dank der Unter-
stützung auch der Handelskammer bis jetzt bestens gelöst. Obwohl
man behauptet hat, die Regierung kann nicht einmal 1975 vor
den Wahlen diesen Skandal beseitigen. Immer wieder aber musste
ich auf die Vorwürfe des zweiten Abgabenänderungsgesetzes eingehen.
Zum Glück konnte ich auf die geänderte Stellungnahme des Finanzministers
jetzt doch die Autos bis zu 105.000 S abschreibungsmässig anzuer-
kennen, verweisen, die ja wirklich eine grosse Erleichterung der
Klein- und Mittelbetriebe bringen und für die grösseren auch für
ihren Wagenpark die Abschreibungsmöglichkeit erhält. Die Beispiele
für steuerfreie Rücklagen für Abfertigung und Pensionen haben sofort
eine Diskussion ausgelöst, wo ich nicht die notwendigen detaillierten
Informationen besass. Dr. Haffner hat mir sofort als wir nachher über
die Tagung diskutierten, recht gegeben, dass dort auch nicht alle
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aber doch einige sehr genau die Bestimmungen und Auswirkungen
kannten. Ich selbst war aber vollkommen unzulänglich informiert.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Wo bleibt die versprochene
Zusammenfassung.
Landesrat Rümmele hatte mit mir dann eine Aussprache über die
Vorarlberger Probleme. Insbesondere möchte er doch jetzt
die 350.000 t Leitungskapazität der Europa-Ölleitung durch Vor-
arlberg nützen und in der Nähe Lustenau eine Destillation er-
richten. Ich bin überzeugt, dass er mit den Gemeindevertretern
grosse Schwierigkeiten haben wird.
Vorarlberg, eventuell auch mit der Preussag, die auch die Bohrungen
übernimmt, eine entsprechenden Vertrag machen. Die ÖMV, sagt Rümmele,
ist zwar immer bereit mit ihnen zu reden, aber niemals bereit, kon-
krete Abschlüsse zu tätigen.
Der Wunsch Vorarlbergs ist, dass in Nigeria von der ÖMV jetzt Öl
bezogen werden soll, damit die österr. Exporte nach Nigeria
wieder aufgenommen werden können und vor allem auch die 500 Mill. S
die teils noch in Nigeria liegen, teils aber auch Produkte, die
für Nigeria bestimmt sind, endlich den Vorarlberger Stickern
ausbezahlt werden können. Die Vorarlberger Sticker müssen nur
100 Maschinen stillegen, produzieren bereits wieder für 1,9 Mia. S
während die Schweiz angeblich nur für 1,4 Mia. S Stickereien derzeit
erzeugen kann, Die Österreicher haben also die Schweizer wieder
weit übertroffen.
Vorarlberg ist bereit, die Aktion Bergerlebnis mitzumachen.
Bezüglich der Aktion Existenzgründung gemeinsam mit Ländern hat
Vorarlberg seit dem Jahre 1976 eine bis 250.000 S Zinsenzuschuss
4 % auf 5 Jahre eingeführt. Bis jetzt haben sich 150 Unternehmer
dafür interessiert.
Bei der Übereichung des Staatswappens an die Firma Bäumler, einem
deutschen Unternehmen, der in Hohenems eine Zweigniederlassung hat
konnte ich mit den Firmenchefs feststellen, dass es derzeit in
Österreich wesentlich günstiger für sie ist als in der BRD oder
anderswo. Die Firma investiert weiter und bei meiner Ansprache
verwies ich darauf, dass ich hoffe, dass die Firma noch weitere
Investitionen in Österreich tätigen wird. Die Brüder Bäumler haben
mir dies zugesagt.
Die fraktionelle Besprechung mit den Illwerke-Vertretern in Bludenz
war insofern eine interessante Diskussion, als selbstverständlich
einen grossen Raum der Diskussion die Schiedsgerichtsverhandlung
mit den deutschen Abnehmern einnahm. Unser sozialistischer Direktor
Peter bei den Illwerken wollte den Betriebsräten immer im Detail er-
zählen, warum dies und jenes nicht geht. Die Betriebsräte haben aber
ein sehr gutes Gefühl und die Belegschaft fragt immer wieder, warum
dies so geht. Da die Vorarlberger Landesregierung letzten Endes
so irrsinnige Forderungen für ihren Vorstandsvertreter errechnet hatte,
4 Mia. S für die Vergangenheit, 70 Groschen Strompreis, fast doppelt
so viel wie jetzt für die Zukunft, die Deutschen nur 49,5 Mill. S
geboten haben, würde auch ich nicht anders entscheiden, als dass
jetzt das Schiedsgericht einberufen werden muss. Die Betriebsräte und
Belegschaft ist scheinbar über diese Entwicklung nicht sehr glücklich.
Die haben so wie ich das Gefühl, es ist zweckmässiger sich mit den
Deutschen zu arrangieren als im Schiedsgerichtsverfahren abzuwarten,
was dabei herauskommt. Wegen des Ausbaues von Walgau müssen wir
uns auch mit dem deutschen Abnehmer einigen, weil ansonsten wasser-
rechtliche Schwierigkeiten entstehen können. Ebenso verwies ich darauf,
ist es dringend notwendig, im Rahmen des internationalen Verbund-
systems sich mit der grossen deutschen Gesellschaft RWE und den
Schwaben zu einigen. Wieder einmal mehr habe ich bestätigt bekommen,
wie die Belegschaft und insbesondere Betriebsräte ein gutes Gefühl
haben, was für ihren Betrieb gut ist und was nicht. Die Direktoren
haben oft eine andere Meinung. Neu bei dieser Aussprache war für
mich, dass Dir. Peter mir vor der Versammlung mitteilte, dass die
Frau eines Pensionierten Direktors Unterlagen, d.h. Akte der Gesell-
schaft besitzt, die die Gesellschaft jetzt dringend insbesondere
im Schiedsgerichtsverfahren braucht. Wie mir Peter nachher unter
vier Augen versicherte, handelt es sich um die Frau des verstorbenen
Generaldirektors Ammann. Ähnlich wie beim jetzt pensionierten Gen.
Direktor sind in dem Illwerke-Büro nur mehr die Aktendeckel, die
Inhalte fehlen aber.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort von Min.Rat Burian den Fall
ebenfalls prüfen lassen.
Interessant war dann spät abends in Tirol die Diskussion in Nauders.
Zu dieser Staatsbürgerversammlung war der Wirtschaftsbund und seine
Vertreter aufmarschiert. Der Fremdenverkehrsverband hatte für denselben
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Zeitpunkt vor längere Zeit schon eine ordentliche Generalversammlung
einberufen. Da die SPÖ Nauders sehr spät meine Staatsbürgerversammlung
dort endgültig fixierten konnte, überschnitten sich die Termine.
Zur grössten Überraschung von mir hat man aber dann die General-
versammlung verschoben und alle sind korporativ zu meiner Staats-
bürgerversammlung erschienen. Die interessante, langwierige
Diskussion echt Tirolerisch war echt fair und sachlich. Der Fremden-
verkehrsobmann lud mich zu einem Urlaub ein und alle bedankten
sich, dass ich überhaupt nach Nauders gekommen bin. Vielleicht
habe ich auch deshalb dort so gut abgeschnitten, weil ein Gastwirt
nicht bereit war, der Liftgesellschaft beizutreten. In der Diskussion
sagte er, er denke nicht daran, er lasse sich nicht dazu zwingen und
übrigens verlange man von ihm jetzt das 2 1/2-fache wie von den
Gründungsmitgliedern. Ich schlug ihm, er solle doch ein Gegenangebot
machen, mit dem Reden kommen die Leute zusammen, denn dies sei
auch für seine Gäste von Bedeutung. Jetzt nämlich verlangen die Lift-
eigentümer von nicht der Gesellschaft gehörenden Gastwirten
einen höheren Fahrpreis als für die Gäste in ihren Hotels. Ob eine
solche Differenzierung rechtlich möglich ist, wurde ich selbstver-
ständlich sofort gefragt und erklärt, das könne ich so nicht entschei-
den. Hier würden letzten Endes die Verwaltungsbehörden resp. die Gerich-
te zu entscheiden haben. Da der Hotelier Windischbauer mit dieser
Auskunft nicht ganz zufrieden war, scheinbar aber auch nicht die
Absicht hat, in Verhandlungen einzutreten, war mein Vermittlungs-
vorschlag für die anderen eine willkommene Gelegenheit mir durch
Applaus zu bestätigen, dass mein Vorschlag scheinbar sehr vernünftig
war. Helfen wird er sicherlich nichts, denn wenn Tiroler stur sind,
dann sind sie es scheinbar bis zur letzten Konsequenz. Beschwerde
wurde von allen geführt, dass das Bezirksbau-Amt die Salzstreuung
noch durch die ganze Ortschaft durchführt. Wenn die Schneestrecke,
welche vom Pass Reschen nach Tirol um 7 km verlängert wird, dann
würde auch die Ortschaft der Salzstreuung entgehen. Hofrat Koidinski
in Landeck lehnt aber eine solche Lösung ganz entschieden ab.
Alle ersuchten mich, ich sollte wegen Verlängerung der Schneefahrbahn
mit dem Hofrat sprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: bitte ein diesbezügliches Gespräch resp.
Schreiben vorbereiten.
Der Vizepräsident des Tiroler Landtages Lettenbichler war von
unserer Versammlung sehr begeistert. Er meinte, dies sei jetzt
das Tagesgespräch in Nauders auf lange Zeit und gäbe für die örtlichen
Funktionäre eine gute Basis. Die Ortsorganisation hat dort jetzt
ein junger Genossen übernommen und phantastische Mitgliederzuwächse
zu verzeichnen. In Tirol zeigt sich halt dasselbe wie überall,
junge gute Ortsfunktionäre, die es am Anfang sehr schwer haben,
können sich doch leichter durchsetzen als alte verdiente Genossen,
die halt nicht mehr den notwendigen Elan aufbringen können.
Tagesprogramm, 22./23.9.1977