Donnerstag, 2. Feber 1978
Komm.Rat Schachner, Sekr. des Verbandes der Reisebüros, und
Präsident Raml ersuchten mich, bei ihrer Verbandstagung am
14. April in Stubenberg an einem Kamingespräch teilzunehmen.
Sie haben eine Arbeitsgruppe für das incoming Geschäft gegründet
und Schachner ist der Vorsitzende. Die Erklärung, warum bis jetzt
dieses Geschäft von ihnen so nachlässig betrieben wird, erklärt
sich einfach daraus, dass sie auf ihre Provision 8% ab der
Buchung bis zur Abwicklung fast 1/2 Jahr warten müssen. Beim
out going Geschäft dagegen kassieren sie sofort, zahlen dann
ebenfalls erst Monate später. Auf mein Vorhalten geben sie auch so-
fort zu, dass sie bei package bis zu 20% verdienen. Um diese
Finanzierungsschwierigkeit bei incoming zu lösen, hat Würzl
ihnen bereits vor Monaten vorgeschlagen, bis zu 40 Mio Schilling
bei einem Zinssatz von 6 – 6 1/2 % Kredite bereitzustellen.
Unbestritten ist, dass im skandinavischen Raum, Frankreich, aber
auch Übersee noch grosse Möglichkeiten bestehen. Schwierig wird
es auf alle Fälle sein, die 1.700 Reisebüros, von denen wahrschein-
lich nur einige Dutzend wirklich eine Bedeutung haben, auf ein
Programm auszurichten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würzl soll mit den Beiden ein Arbeitsprogramm
für Stubenberg ausarbeiten.
LAbg. Deutsch ersuchte, ich sollte der Firma Nowak & Co. in Langau
NÖ helfen, damit diese Firma nach Algerien oder in andere Ent-
wicklungsstaaten Petroleumlampen liefern kann. Sein Problem ist,
dass in dieser Region auch dieser Betrieb doch einige Arbeiter
beschäftigt, vor allem versuchte er gegebenenfalls durch Entwicklungs-
hilfe-Geschenke einen grösseren Auftrag zu bekommen. Seiner
Meinung nach, gäbe es auch die Möglichkeit bei einer entspre-
chenden Unterstützung für die ÖBB Petroleumlampen liefern zu
können.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND HAFFNER: Vielleicht kann ich durch ent-
sprechende Schreiben an Minister, Handelsdelegierte usw. wirklich
ein wenig helfen.
Der Gerngross-Konzern mit seinen 12 Häusern, ausgenommen nur
Herzmansky, startet eine grosse Aktion "Kauft österreichische
Qualität". Früher hatten sie einen Slogan, der "Schilling ist
mehr wert", jetzt wird ein grosser Verkaufsslogan "Österreichische
Qualität ist goldwert" gestartet. 1978 beabsichtigen sie nur
10% ihres Warenangebotes mit Importwaren zu decken. Der Verkaufsdi-
rektor Zlabinger gab mir unumwunden zu, dass Gerngross jetzt
überzeugt ist, eine patriotische Welle mit dem Slogan "Kauf Dir
Deinen Arbeitsplatz, kauft österreichische Qualität" herankommen
zu sehen. Der Werbechef Pawlis sagte, die Aktion kostet direkt
mindestens 4 Mio für Werbung, wenn man aber die Investitionen dazu
rechnet, wird es wesentlich mehr. Im Jänner haben sie im Konzern
einen Umsatzrückgang um 12% gehabt, den es aufzuholen gilt. Für
die Umgestaltung der einzelnen Kaufhäuser haben sie 15–18 Mio
Schilling investiert. Auch Gerngross soll jetzt neugestaltet
werden. Interessant waren deren Äusserungen, dass das grosse
Schweizer neue Kaufhaus ABM vis a vis von Herzmansky für
sie keine Konkurrenz darstellt. Der Fehler in dieser Kaufhaus-
gruppe ist, dass ABM genau so wie im Shopping Center Süd nur
ein beschränktes Sortiment anbietet. Die Kunden wollen aber
eindeutig heute ein umfangreiches Sortiment, wenn sie in ein
Kaufhaus gehen. Interessant war, dass die beiden mir gegenüber
sich äusserten, es wäre ihnen lieber, wenn ABM eine grössere
Werbekampagne starten würde, damit eben mehr Kunden auch zu ihnen
kommen. Damit könnte die Mariahilfer Strasse, die immer mehr
als Einkaufsstrasse an Ansehen verliert,
aufgewertet werden. Ein typisches Beispiel für richtiges Ver-
halten ist die Firma Kleider-Bauer, die ihnen ebenfalls Konkurrenz
macht. Sie sind der Meinung, dass Entscheidende ist, dass man
zuerst einmal eine Einkaufsstrasse durch Werbemassnahmen bekannt
macht, wo der Kunde dann einkauft, ist erst sekundär. Ein so
fortschrittliches Denken und Verkaufspolitk hätte ich gar nicht
erwartet.
Kabinettschef Wohlleben von Minister Graf Lambsdorff war mit meinem
Vorschlag einverstanden, dass wir versuchen sollten, die Tradition
Dreiergespräch zwischen Schweiz, Deutschland und Österreich der
Wirtschaftsminister fortzusetzen. Dr. Conrad von der Deutschen
Handelskammer wollte bei dieser Gelegenheit von mir neuerdings
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die Zusage, wann ich jetzt offiziell nach Deutschland kommen
würde. Wohlleben musste aber gleichzeitig zugeben, dass es
ganz unmöglich ist, im ersten Halbjahr einen offiziellen Be-
such in Deutschland unterzubringen. Ich habe Conrad auch keinerlei
Zusage für das zweite Halbjahr gemacht. Ein offizieller Besuch
in Deutschland erscheint mir derzeit nicht so dringend not-
wendig. Nachdem ich jetzt unseren Botschafter in Bern ersucht
habe, bei dem neuen Bundesrat Honegger bezüglich eines Termins
des Dreiergespräches bei den Salzburger Festspielen vorzufühlen,
wird jetzt Wohlleben dasselbe in Deutschland versuchen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vorsichtshalber Rosenkavalier-
Karten in grösserer Anzahl und entsprechendes Quartier in der
Nähe Salzburg bestellen.
GD Freibauer, Universale, die im vergangenen Jahr
2.5 Mia Schilling Umsatz gemacht hat, berichtet mir über die
Auslandsaktivitäten. In Algerien hofft er eine Schleifscheiben-
und Schleifpapierfabrik mit einem Österreich-Anteil von 550 Mio
Schilling gemeinsam mit Tyrolit und der oö. Schleifpapierfabrik
Haslinger zu bekommen. In Ägypten soll in Port Said ein Bürohaus
mit der VOEST Stahlkonstruktion 200 Mio Schilling gebaut werden.
In Ungarn wird Hotel Budapest mit 600 Mio Schilling gegen
härteste Konkurrenz der Franzosen und Finnen versucht zu be-
kommen. Im Irak hat die Regierung die Absicht, Hotel Bagdad
für 1.3 Mia zu errichten. An Planungskosten sind 500.000 Schilling
dem Architektbüro Schwanzer erwachsen, welche die Iraker aber
bezahlen. Die härteste Konkurrenz in Bagdad sind die Schweden.
Die Iraker möchten aber ein grosses Konferenzzentrum bauen, an
dem die VOEST beteiligt sein würde. Ausserdem wollen sie noch
4 weitere Hotels errichten, für die sich auch die Firma Lindl
interessiert.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND PLESCH: Wie weit können wir über die
Branchenreferenten und Länderreferenten solche beabsichtigte
Aktivitäten erfassen.
Im Parlament hat mich der Obmann des Getreideausgleichsfonds
NR Fachleutner ersucht, ich sollte den beiden Stärkefirmen
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Gmünd, NÖ, Dir. Wohlmeyer, und Deuring, Vorarlberg, mitteilen.
dass wir bereit sind, den Mais, den sie für die Industriestärke
aufkaufen, zu subventionieren. Haiden und Androsch haben ein
diesbezügliches Arrangement getroffen. Ich erklärte mich sofort
dazu bereit, wenn aktmässig festgehalten ist, dass ich die dafür
notwendigen Mittel vom Finanzministerium für ein BÜG bekommen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND BURIAN : Bitte so schnell als möglich den
Akt mit Finanzministerium vorlegen.
Fachleutner gab mir gegenüber strengst vertraulich zu, er sagte,
wenn ich dies irgendwo behaupte, würde er es selbstverständlich
abstreiten müssen, dass sie im heurigen Jahr tatsächlich nur für
Qualitätsweizen eine Preiskorrektur erwarten. Damit würde die
bereits von mir beim letzten Mal gehandhabte Preisregelung dies-
mal bezüglich der Erhöhung fortgesetzt werden. Ich liess ihm nicht
im Unklaren, dass ich erwarte und durchsetzen werde, dass für
Normalweizen nur mehr die Brotgetreidemenge, wenn überhaupt, preis-
geregelt bleibt. Die grosse Masse des anderen Weizen muss preisfrei
werden, das bedeutet, dass er automatisch auf den Futter-Getreide-
preis zurückfällt. Fachleutner ist sich darüber im Klaren, kann
dies aber offiziell natürlich niemals zugeben. Interessant war
nur eine Bemerkung von ihm, dass in ihrem Klub diskutiert wurde,
wegen Alberndorf eine dringliche Anfrage gegen mich zu starten.
Fachleutner meinte, er war bei denen, die sich dagegen ausgesprochen
haben, weil sie überzeugt waren, dass ich entsprechendes Material
in der Hand habe. Die Behauptung des Bgm. Zottl, den er als sehr
schwierigen Menschen bezeichnet, war für ihn und dann scheinbar auch
für die Mehrheit der ÖVP-Klubmitglieder nicht überzeugend, weshalb
diese meinten, Staribacher würde sicherlich entsprechendes Gegen-
material in der Hand haben. Ohne ihm die Details zu sagen oder
gar die Unterlagen zu zeigen, meinte ich nur, ich bedaure sehr,
dass sie diese dringliche Anfrage nicht gestellt haben. Ich
hätte dann entsprechende Möglichkeit gehabt, darauf zu reagieren.
Jetzt versucht nur noch der Geschäftsführer Bergmann der ÖVP in
unfairer Weise mich als Unruhestifter in Niederösterreich hinzu-
stellen. Obwohl keine einzige Zeitung diese unqualifizierten Be-
hauptungen bringt, glaube ich doch, werde ich mir auf die Dauer
diese ständigen Angriffe nicht gefallen lassen können.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Überlege, wie wir hier am besten reagieren
sollen.
Bei der Rechnungshofdebatte hat als letzter Redner der steirische
Abgeordnete der ÖVP – dessen Namen mir momentan nicht einfällt –
mit ganz falschen Argumenten meine Politik bezüglich der Berg-
bauförderung und der Handelspolitik kritisiert. Abg. Neumann
hätte mir dabei eine ganze Menge von herrlichen Angriffsmög-
lichkeiten geliefert. Da er der letzte Redner war, war der
Plenarsaal auch ganz voll und ich hatte die Absicht, mich
von der Regierungsbank zu Wort zu melden, um seine falschen
Behauptungen richtigzustellen. Da aber die meisten Abgeordneten
ihre Züge erreichen wollten und da man, wie Präs. Benya mir vor
allem erklärte, Neumann nicht so ernst nehmen soll, und mich
dringlich ersuchte, von der Wortmeldung Abstand zu nehmen, habe
ich dann diese günstige Gelegenheit zu replizieren, vorübergehen
lassen. Auf die Dauer halte ich zwar eine solche Politik – weil
man bei den Kollegen dadurch eine guten Eindruck lässt, kollegiales
Verhalten, wenn sie nach Hause fahren wollen – aber dennoch nicht
für sehr zielführend. Ich fürchte nämlich, dass Abg. Neumann und
Konsorten dann denken, man hätte auf ihre einseitige Darstellung
nichts zu erwidern. Ich fürchte, man ermuntert sie dadurch immer
mehr durch falsche Behauptungen scheinbar beweisen zu können, dass
der Minister gar nichts dagegen sagen kann. Ich bin überzeugt,
dass seine Ausführungen kaum in die Öffentlichkeit dringen. Allein
aber schon die Gefahr, dass er dann bei Versammlungen dies auch
wiederholt und damit den Eindruck erweckt, wie sehr er den Minister
im Parlament angreift, ohne dass dieser sich wehrt, ist auf lange
Sicht gesehen gefährlich.
Tagesprogramm, 2.2.1978