Dienstag, 25. April 1978
Dr. Skene, Zuckerindustrie, und Mauthner, Exporteur für Zucker,
wollten mir unbedingt einreden, ich müsste in mein Budget 7 Mio
Schilling aufnehmen, damit ich den Beitrag zum Internationalen
Zuckerübereinkommen bezahlen kann. Die Zuckerindustrie wollte
seinerzeit, um ihre Exportquote von 60.000 Tonnen zu sichern, dass
wir unbedingt diesem Internationalen Zuckerübereinkommen beitreten.
Damals hatten wir – und dies ist aktenmässig nachzuweisen – der
Zuckerindustrie dezidiert erklärt, dass das Handelsministerium
resp. der Staat daraus keinerlei Verpflichtungen oder Bezah-
lungen übernehmen würde. Jetzt hat das Übereinkommen festgelegt,
dass ein Fonds gegründet wird, woraus für Entwicklungsländer ent-
sprechende Zuckerexporte getätigt werden. Soll bei Auflösung des
Fonds dann etwas noch übrig bleiben, so bekommt der Staat seine
Einzahlungsquote wieder zurück. Mauthner hat mit dem Finanzministerium
verhandelt und hat scheinbar dort eine Zusage bekommen, dass wir im
Handelsministerium eben nur eine Budgetpost aufnehmen sollten, damit dann
eventuell im nächsten Jahr ein entsprechender finanzieller Betrag
von seitens des Finanzministerium zugestanden wird. Genau diese
Vorgangsweise werde ich aber nicht machen. Ich bin nicht bereit, um
die Zuckerindustrie eine Budgetpost aufzunehmen, ohne vorher die
schriftliche Zusicherung, ja fast eine Aufforderung des Finanz-
ministeriums zu haben, dass die entsprechenden Budgetmittel ........
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND PLESCH: Solange das Finanzministerium uns
nicht schriftlich diese Zusicherung gibt ......
Die Firma Högl, Schuhfabrik in OÖ, hat bis jetzt ihren Hauptexport
in die UdSSR gehabt. Von 1 Mio Schuhe, die wir im Vorjahr exportierten,
hat die Firma allein 600.000 Stück geliefert. Für dieses Jahr wurden
168.000 bereits abgenommen. Insgesamt hat die Schuhindustrie bis
jetzt 350.000 Paar geliefert. Zur grössten Verwunderung der Firma
hat nun Raznoexport, die Abnehmerorganisation in der UdSSR, weitere
100.000 Paar, die bereits erzeugt sind und 30 Mio Schilling kosten,
sowie 150.000 Paar, die in Produktion sind und 40 Mio ausmachen,
nicht mehr abgenommen, obwohl sie diesbezügliche Erklärungen vorher
abgegeben hat. Ein schriftlicher Kontrakt wurde allerdings nicht
abgeschlossen, war aber auch in der Vergangenheit in der Produktions-
zeit nicht üblich. Raznoexport hat die Modelle bestimmt, die Preise
43-0447
vereinbart und dann bis jetzt immer gekauft. Eingeschaltet
war eine österreichische Tarnfirma Einver , ein gewisser Direktor
Balatka, der auch nicht erklären kann, warum momentan der Export
gestoppt ist. Raznoexport hat nur einen vagen Brief geschrieben,
den ich gelesen habe, wo sie erklären, für das nächste Jahr even-
tuelle Kontingente, wenn sie welche von der Binnenhandelsstelle
bekommt, jetzt sofort bei Högl dann abzunehmen. MR Fälbl, der noch
Detailbesprechungen mit ihnen führte, ist der Meinung, und hat
andeutungsweise von der sowjetischen Handelsdelegation hier in
Österreich gehört, dass mit der Firma irgend etwas nicht stimmen
soll. Zu einer Überbrückungsmassnahme habe ich Fälbl aufgefordert,
soll er unbedingt den Branchenreferenten Giglinger heranziehen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Giglinger soll mitteilen, wie es weitergeht.
Im Ministerrat hat Kreisky neuerdings bei der Vorlage der Aus-
landsreisen der Bundesbediensteten 1977 darauf verwiesen, dass
jetzt schon nach seinen Informationen die Reisekonten stark über-
zogen sind. Er forderte die Minister auf, besonders aufzupassen,
dass die Quoten nicht überschritten werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte auf nächste Sektionsleitersitzung ent-
sprechenden Bericht setzen.
Im Jahresprogramm des ERP-Fonds wurde die Änderung von Kreisky
selbst vorgenommen und die Elektrizitätswirtschaft wieder ihre
100 Mio Schilling-Quote zugewiesen. Die Ministerratssitzung war
gerade noch beschlussfähig, weil der grösste Teil der Minister,
die fehlten, im Parlament bei Ausschüssen tätig waren. Kreisky wird
einen Brief an den Präsidenten des Nationalrates schicken, damit er
Dienstag Vormittag bis 11 Uhr für die Ministerratssitzung parlaments-
frei bleibt.
Die Routine Kreisky bei Ministerratsvorträgen kann ich immer wieder
feststellen, wenn er z.B. bei der Auslandsdienstreise eines Mini-
sterialrates des Innenministeriums zum Gedankenaustausch nach
Washington über amerikanisches Sicherheitswesen sofort Lanc fragt,
was hat der dort zu tun. Lanc erklärt, dass es sich hier um kriminal-
politische Informationen handelt, wie Verbrecher in New York,
Washington und San Francisco bekämpft werden. Kreisky sagt, hier
muss man unbedingt äusserst vorsichtig vorgehen, denn solche Reisen
43-0448
seien nicht unbedenklich, weil letzten Endes vielleicht dann
irgendwelche Kontakte oder gar Aufträge von CIA befürchtet
werden müssen. Ich habe über diesen Tagesordnungspunkt glatt
hinweggelesen.
Pahr teilt mit, dass er vom 1. bis 10. Mai nach Mexiko, Trinidad
und Tobago fährt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Hat Pahr die gewünschten Unterlagen von uns
bekommen?
Dr. Gmeinhart, TKW, und Dr. Kettl, Direktor der SAFE, wollen, wie
sie mir mitteilen, versuchen, ein Arrangement zwischen diesen
beiden Gesellschaften zu finden, damit die Salzach gemeinsam aus-
gebaut werden kann und soll. Das Strombezugsrecht der SAFE
würde dort mit 50 % festgelegt werden. Gmeinhart schwebt es
nun vor, ähnlich wie die ÖDK die KELAG beteiligen lässt, dass
auch die SAFE sich in stärkerem Ausmass bei der TKW beteiligt.
Derzeit hat Salzburg 1 % Anteil. Kettl meint, 26 %, also die Sperr-
minorität würden sie anstreben. Ich erkläre sofort, dass dies
vollkommen unmöglich ist. An und für sich bin ich ja bereit,
für Landesgesellschaften oder Länder, die sich irgendwie durch
Aktivitäten auszeichnen und an den Sondergesellschaften beteiligen
wollen, bis zu 49 % solche Anteile zu geben. Voraussetzung dafür ist
aber, dass nicht nur die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten
dafür von Seiten der Landesgesellschaften vorhanden sind, sondern
dass eben dann andere Länder oder Landesgesellschaften mit ihren
Aktivitäten nicht behindert werden. Derzeit ist das Anlagevermögen
der TKW 12 Mia S. Die SAFE wird 3–4 Mia kosten, wenn davon
höchstens die Hälfte auf die SAFE entfällt, kann selbstverständ-
lich nur ein entsprechend kleinerer Anteil auch kapitalmässig und
aktienrechtlich ihnen zugestanden werden. Der wirkliche Hauptgrund ab
ist, und dies erkläre ich ganz dezidiert, dass ich ja für die
Tiroler einen entsprechend grösseren Anteil reservieren muss.
Tirol hat derzeit auch kleiner als 1 % Anteil, ich möchte aber,
dass nicht eine eigene Osttiroler Sondergesellschaft zwischen
TIWAG und Verbund gegründet wird, wie dies die Studiengesellschaft
derzeit ist, sondern dass eben für den Ausbau Osttirols die Tiroler
Landesregierung, oder was mir viel lieber ist, die TIWAG einen
entsprechend grossen Anteil an den Aktienkapital der TKW bekommen
43-0449
sollte. Ich brauche daher einen wesentlich grossen Prozentsatz
für die Tiroler, weil 49 % nicht überschritten werden dürfen und
können. Wahrscheinlich muss ich mindestens die Sperrminorität für
Tirol reservieren. Da NÖ mit 1 %, Wien mit 6,5 % beteiligt sind,
eine Erhöhung für diese kommt ja nicht in Frage, so bleiben für
Salzburg maximal 15 %. Am liebsten wäre es mir, wenn es gelänge, in
den nächsten Monaten gleichzeitig ein Arrangement mit Salzburg
und Tirol zu finden. Vorerst muss es mir aber gelingen, den Landes-
hauptmann von Tirol, Wallnöfer, aber noch viel mehr, vielleicht
weil der TIWAG-Vorstand jetzt sowieso bald in Pension geht, mit
den neuen TIWAG-Leuten ein Arrangement wegen Osttirol zu finden.
Wallnöfer möchte, dass der Bau so bald wie möglich beginnt,
vom Baubeschäftigungsstandpunkt müsste er unbedingt nach Fertig-
stellung des Zillergründls in Angriff genommen werden, zu diesem
Zeitpunkt ist die TIWAG auch mit ihrem Kraftwerk Sellrain-Silz
schon sehr weit fertig, sodass diese freien Baukapazitäten dann
sofort in Osttirol eingesetzt werden müssen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte auf diesen Zeitplan alles abstellen.
In der Fraktion des Unterausschusses für Kernfragen gab es diesmal
ein richtiges Durcheinander. Sekt.Chef Pindur hat vom Sozial-
ministerium ein Konvolut von bisherigen Aktivitäten betreffend
die Sicherheit zusammengestellt. Innenminister Lanc war dagegen,
dieses Konvolut weiterzugeben, weil – wie er mit Recht sagte –
das Innenministerium nicht eingeschaltet war und darin die einzel-
nen Referenten der Studien falsche Aussagen bzgl. Einsatz von
Polizei und Militär gemacht haben. Leodolter war auch anfangs dagegen
diese Studie zu übergeben, diese Meinung teilte ich ebenfalls, im
Laufe der Diskussion stellte sich aber heraus, dass der nö.
Hofrat, der für Sicherheit zuständig ist, bereits an dieser
Studie ebenfalls mitgearbeitet hat. Für mich bestand daher
gar kein Zweifel, dass entweder bereits jetzt oder spätestens
im Laufe der Verhandlungen auf diese Studie zu sprechen kommen
wird und damit die ÖVP entweder bereits informiert ist oder
in kürzester Zeit informiert sein wird. Eine nicht weiterge-
gebene Studie bedeutet aber eine noch viel gefährlichere Waffe
in der Hand des Gegners als ein vertraulich ihm übergebenes
Exemplar. Wir einigten uns daher darauf, dass Heindl als
43-0450
unser Sprecher der ÖVP und der FPÖ diese Studie als eine
Arbeit von Pindur überreicht, die noch nicht zwischen den
Ministerns abgesprochen ist und die sozusagen eine Fleissauf-
gabe darstellt. Überhaupt konnte weder in der Fraktionssitzung
noch dann im Ausschuss selbst eine klare Linie über die Frage
der äusseren Sicherheit gefunden werden. Stadtrat Schieder hat
bereits in der Vorbesprechung darauf hingewiesen, dass das
Gesundheitsministerium sehr wohl für den überörtlichen Alarm-
plan zuständig ist und nicht, wie die Juristen des Gesundheits-
ministeriums behaupten, nur die Landeshauptleute. Die Landeshaupt-
leute werden nämlich in mittelbarer Bundesverwaltung zwar mit
der Durchführung betraut, der Alarmplan selbst aber müsste vom Gesund-
heitsministerium erstellt werden. Diese Meinung hat dann auch in
der Sitzung die ÖVP eingenommen. Nur dem geschickten Vorschlag
Heindls, zuerst über die Rechtsfragen lang und breit zu disku-
tieren, dann aber vor allem einmal Schieder zu ersuchen, für
Wien und dann Hofrat Hoffmann für NÖ berichten zu lassen, hat
einen Eklat verhindert. Am besten war dann aber nach zwei
Stunden Debatten Innenminister Lanc. König fragte ihn einige
sehr detaillierte Sicherheitsfragen und Lanc hat ausführlich
und umfangreich über die schussicheren Glasfenster der Portierloge
bis zu den Einzelheiten der Drehtüren aus den Bescheiden be-
richtet, sodass in seiner langsamen Art nicht nur die Zeit
verging, sondern alle total ermüdet, erschöpft zusammenbrachen.
Die nächste Sitzung wird sich mit dem Problem der Alternativ-
energie beschäftigen und insbesondere über die Förderung der
finanziellen Möglichkeiten des Energiesparens und vor allem auch
über die Energiesituation.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die offenen Regierungsfragen von König,
Antwortvorbereitung, nur Statistik, zusammenstellen.
Eine Genossenschaft des Transportes, angeblich dem Freien Wirt-
schaftsverband nahestehend, VÖT, hat eine eigene Zeitung und
ersuchte mich um ein Interview. Wie eine Photographin und ein
Chefredakteur von dieser Zeitung leben kann, ist mir ein Rätsel.
Die Genossenschaft selbst hat die Absicht, wenn sie Gewerbestruk-
turverbesserungskredite kriegen könnte oder eine sonstige Aktion
für sie herangezogen werden kann, gegebenenfalls Autos aufzu-
43-0451
kaufen und dann im Leasing ihren Mitgliedern zu geben.
Hier will scheinbar der Redakteur gleichzeitig auch ein
entsprechender Geschäftsführer eines Erwerbszweiges werden.
Ich habe gegen diese Idee einmal in dem Interview nichts
einzuwenden gehabt, sondern nur erklärt, hier handelt es sich
um eine neue Konstruktion, man soll mir diesbezüglichen Antrag
stellen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte lass prüfen, welche Möglichkeit
diese Genossenschaft hat.
Anstelle der Sektionsleiter-Sitzung mussten wir wegen der grossen
Eröffnung der Ost-Tangente der Autobahn und damit in Verbindung
unseres Landstrasser Kirtages die Bezirksausschuss einberufen.
Mein politischer Bericht musste auf Wunsch Heindls, und dafür habe
ich volles Verständnis, äusserst kurz sein. Trotzdem dürfte
das Referat vollkommen genügt haben, denn über die so wichtige
Frage, die Ergebnisse der Meinungsumfragen, die ich natürlich
nicht bis ins letzte Detail schilderte, um vor allem die Ziffern
nicht weit zu verbreiten, muss ausreichend gewesen sein, denn
in der kurzen Diskussion über mein Referat wurde darauf gar
nicht bezuggenommen. Umso länger diskutierten wir dann über
die Frage der organisatorischen Abwicklung dieses Landstrasser
Kirtages. Wir hatten vor längerer Zeit einmal einen Fiaker-
Kirtag am Fiakerplatz gestartet und dies war damals ein voller
Erfolg. Noch viel grösser, weil es Gemeinderat Sallaberger, dem
Zentralsekretär der FWV gelungen ist, einen richtiggehenden kleinen
Prater in der Baumgasse aufzubauen, müsste dieser Landstrasser
Kirtag werden. Autodrom, Ringelspiele, Kinderschaukel, Schiess-
buden, Ballwerfen, Eisverkäufer, Würstelbrater, Wiener Strassencafe,
Heuriger, Informationsstand der Arbeiterkammer, Ausstellungen, ja
sogar politische Ecke mit Gesprächen der Bezirksmandatare und
zum Schluss dann ein Riesenfeuerwerk sollen den 7. Mai zu
einer ersten grossen Werbeveranstaltung für die Gemeinderats-
wahlen machen. Von zwei Uhr bis um 9 Uhr soll es einen richtig-
gehenden grossen Rummel dort geben. Natürlich muss die ganze Organi-
sation des Bezirkes, insbesondere unsere Vertrauenspersonen, durch
Steck-Aktionen, Flugzettel-Verteilung usw. auf diese Veranstaltung
hinweisen. Ich glaube, dass dies wirklich für die Landstrasse
ein grosser Wahlauftakt sein wird, wenn der Wettergott mitspielt.
Beim Fiakerkirtag haben wir allerdings damals auch einen
Riesenerfolg gehabt, nicht zuletzt weil die Witterungsver-
hältnisse damals auch sehr günstig waren.
Unsere Präsidiumsmitglieder informierte ich über die Möglich-
keit, die Rennweger Kaserne ausschliesslich für kommunale Zwecke,
d.h. für das neue Bezirkszentrum auszubauen, wenn es gelingt,
die ganzen Bundesstellen-Wünsche auf das Landstrasser-Gürtel-
Gelände zu verlegen. Übereinstimmend stellten wir fest, dass
wir fest, dass selbstverständlich jeder Landstrasser Mandatar,
ob SPÖ, ÖVP, ja selbst Freiheitlicher oder Kommunist für diese
Lösung sein wird. Von der örtlichen Bezirksverwaltung wird
man daher grösste Unterstützung dafür bekommen. Die wirklich grosse
Gefahr besteht darin, dass entweder das Unterrichtsministerium,
dort entscheidet ein schwarzer, der Landstrasse nicht gutgesinnter
Beamter und auch im Wissenschaftsministerium, wo sicherlich
auch schwarze Beamte diese Flächen- resp. Gebäudefragen beantworten,
sicher dagegen sein werden. Hier hat Sekt.Chef Schmelz, der ja
ein ÖAAB-Funktionär und gleichzeitig Sprecher des ÖAAB des Bauten-
resp. Handelsministeriums gewesen ist, übernommen, mit diesen
Beamten zu verhandeln. Ich hoffe, dass er so erfolgreich
sein wird, wie auf unserer Seite, glaube ich, auf der Landstrasse
die einhellige Meinung für dieses Projekt ist.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Versuche über Czernin und Schmelz zu erfahren,
wie es dort weitergeht.
Tagesprogramm, 25.4.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 115. Ministerratssitzung, 25.4.1978
43_0452_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)