Montag, 18. September 1978
Beim Jour-fixe, welches mit Sallinger alleine stattfand, wurden nur
wenig Details besprochen. Der Konsulentenvertrag mit dem pensionier-
ten MR Dr. Dinzl, Handelsministerium, der für die Textilindustrie
von grosser Bedeutung ist, läuft Ende des Jahres ab und Sallinger
schlug vor, dass wir ihn jetzt bezahlen resp. verlängern sollten. Ich
sagte sofort, dafür hätte ich keine Möglichkeit, der Fachverband ist
daran primär interessiert und er soll daher den Vertrag verlängern.
Für das Staatswappen möchte er jetzt den Tiroler Gremialvorsteher
Moser vorschlagen. Nachdem wir jetzt in Mayrhofen den ersten Gast-
wirt gemacht haben, war mir vollkommen klar, dass nun auch andere
kommen werden, wogegen ich gar nichts einzuwenden habe. Neuerdings
kam das abgelehnte – und 1975 zurückgezogene – Auszeichnungsverfah-
ren der Firma Prack, 70 Beschäftigte, 75 Mio Schilling Umsatz, zur
Sprache. Braun Einrichtungskontor hat gleichzeitig seinerzeit ein-
gereicht, es bekommen und jetzt, sagt Sallinger, hält er den Druck
nicht mehr aus. Natürlich erklärte ich sofort, dass die Arbeiter-
kammer ablehnt, ohne natürlich den Grund zu sagen. Meine Begrün-
dung ist, dass vielleicht doch nicht alle gesetzlichen Bestimmungen
eingehalten werden. Sekretär Oder kennt den Fall natürlich genau
und meinte, man könne doch einen Unternehmer nicht verpflichten,
dass er einen Betriebsrat schafft. Offiziell bestritt ich, dass
dies der Ablehnungsgrund sei.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wo bleibt übrigens das Schreiben gegen den
Rechtsanwalt, der eine solche Behauptung schriftlich mir mitge-
teilt hat.
Mit den BÜRGES-Richtlinien resp. der Neufassung der Merkblätter
ist die Handelskammer, wie man auf Wienerisch sagt, sauer. Ich
konnte mich rausspielen, dass ich erklärte, dies sei, so viel mir
mitgeteilt wurde, im Beirat besprochen worden und nach langen
Diskussionen beschlossen worden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jagoda soll doch noch einmal versuchen eine
Lösung mit der Handelskammer zu finden.
Die Handelskammer macht sich Sorgen, wenn die Abfangjäger ge-
kauft werden sollten, ob die Kompensation für Exporte dann ge-
sichert sind. Ich verwies darauf, dass Rösch eine andere Wehr-
politik macht als Lütgendorf und dass bereits bei den Hubschraubern
Agusta die entsprechenden Kompensationsvoraussetzungen von sei-
tens des Handelsministeriums geschaffen wurde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie weit funktioniert jetzt diese Verein-
barung.
Sallinger wollte nur wissen, ob es eine Möglichkeit gibt, den
Brauereivertrag mit einer längeren Laufzeit als 12 Monate abzu-
schliessen. Ich sehe keine Möglichkeit, weil auch die letzte
Paritätische Kommission, wo dieses Problem von Vizepräsident Seidl
angeschnitten wurde, zu keinem Beschluss führte.
Sallinger hat mir angedeutet, er muss mit Präsident Mühlbacher
die Streitfragen, welcher dieser in der letzten Zeit entfacht hat,
besprechen, da er sonst für die weitere Entwicklung der Zusammen-
arbeit in der Handelskammer grosse Schwierigkeiten sieht. Bei den
Handelskammerwahlen im April 1980 besteht sonst die grosse Gefahr,
dass die Freiheitlichen sowohl auf Kosten des Freien Wirtschafts-
verbandes, als natürlich vor allem des Österreichischen Wirtschafts-
bundes stärker werden. Daran hat er gar kein Interesse. Da Mühl-
bacher anschliessend zu einem 4-Augengespräch mit Sallinger kam,
habe ich einleitend insoferne mich eingeschalten, als ich 1/4 Stunde,
länger konnte und wollte ich nicht, bei diesem Gespräch anwesend war.
Ich sagte sofort, nicht dass ich, wie jetzt Carter in Camp David,
versuche die beiden Streitteile mit Druck zu einer Lösung zwingen
möchte. Sallinger hat einmal mehr auf Mühlbacher seine Freundschaft
verzichtet. Mühlbacher wieder versichert, dass er niemals die Han-
delskammer-Idee nicht auch überall verteidigt. Ich glaube und hoffe,
dass doch die offenen Probleme, die letzten Endes zu dieser harten
Auseinandersetzung führten, beigelegt werden können. Sallinger
jedenfalls legt, sicherlich bedingt durch seine wirklich sehr
schmerzhafte Krankheit, grössten Wert darauf, mit allen persönlich,
ja fast freundschaftlich verbunden zu sein. Dies schafft ihm inner-
halb der ÖVP sicherlich einen schweren Stand. Umso mehr glaube ich,
muss man ihm wirklich entgegenkommen, was übrigens auch Mühlbacher
sicherlich einsieht.
Beim Pressefrühstück berichte ich auf Anfrage von Redakteur Auer
über meine Bemühungen zur Lösung der Rabattsenkung auf Ölprodukte,
MR Fälbl über die Bulgarien-Verhandlungen, Fabrizii über die
Ö-Norm-Änderungen resp. Beratertätigkeit der Industriesektion,
Burian vor allem aber präsentierte unsere Arbeitstätigkeit des
Handelsministeriums für Klein- und Mittelbetriebe seit 1970.
Damit wurde diese Arbeit prinzipiell einmal der Presse über-
geben. Durch ihren Umfang wird sie wahrscheinlich total unter-
gehen. Wichtig wird jetzt sein, für die nächste Zeit – fast
könnte man sagen als Reservethemen für Journalistenfrühstücke,
wo wir nicht brandneue Informationen geben können – diese um-
fangreiche Studie im Detail immer auszuwerten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Die Abteilungen sollen entsprechende Detail-
informationen liefern.
Beim Abholen von Präsident Schiwkow erfuhr ich, dass Argentinien
bei Steyr-Daimler-Puch für über 4 Mia Schilling Panzerkürassiere
kaufen möchte. GD Malzacher hat sich an Minister Pahr und Finanz-
minister Androsch gewendet. Alle haben aber grösste Bedenken, auch
Kreisky und Kirchschläger. Hätte sich Malzacher an mich gewendet,
was er zu meiner grössten Verwunderung nicht tat, so hätte ich ihm
sofort erklärt, die Regierung wird kaum auf Grund der innenpoliti-
schen öffentlichen Meinung, da angeblich sogar die Schweden und
Schweizer ablehnen, einer solchen Ausfuhr zustimmen können. Hier
hätte Malzacher müssen einen anderen Weg suchen. Betriebsratsob-
mann Schmidl, Präsident der Arbeiterkammer OÖ, der anschliessend
telefonisch bei mir intervenierte, behauptet, dass Malzacher mit
mir gesprochen hat. Ich ersuchte Schmidl seinem Chef Malzacher aus-
zurichten, dass er zwar wegen Nigeria bei mir war und Verhandlungen
führte, aber kein Wort über dieses Geschäft verlor.
Vizeministerpräsident Lukanow wollte doch noch während der Fahrt
im Auto mir klar machen, dass Schiwkow ein eigenes Protokoll über
die Wirtschaftsprobleme bei seinem Staatsbesuch erwartet. Ich
setzte ihm auseinander, nachdem ich neuerdings vorher mit Kirch-
schläger darüber gesprochen habe und dieser auch aus prinzipiellen
Gründen ein solches Spezialprotokoll ablehnt, dass nur die Mög-
lichkeit besteht im Rahmen des Communique alle Wünsche, die
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Bulgarien besonders hat, zu erwähnen. Ausserdem wünscht Lukanow,
dass wir, da wir auch eine Auslastungsgarantie für Fremdenver-
kehrseinrichtungen und Bäder in Bulgarien, genau wie bei den Un-
garn ablehnten, doch ein Gespräch zwischen dem Hauptverband für
Sozialversicherungsträger und bulgarischen Fachleuten zustande
kommen sollte. Darüber habe ich anschliessend mit Minister Leo-
dolter gesprochen, die ich dann bei der Vertragsunterzeichnung
auch Lukanow vorstellte.
Die bulgarische Seite, Lukanow insbesondere, wünscht eine Zusammen-
stellung von Firmen die teils mit Unterstützung des österreichischen
Staates feasibility study für ihre Wintersport- und Fremdenver-
kehrsattraktionen machen kann und will. Ich schliesse mich dieser
Forderung insoferne an, als ich erklärte, dass z.B. Doppelmayr,
der in Vorarlberg bei meinem Besuch ausdrücklich informierte, dass
er sehr wohl Problemlösungen für alle die Projekte, die er letzten
Endes verkaufen will, vorher anbieten muss. MR Fälbl hat dann
von Handelsrat Schmidt in Sofia eine Gedächtnisstütze wie dieser
sie mit Recht bezeichnet, anfertigen lassen. Fälbl wollte diese,
in dieser Form den Bulgaren übergeben. Dagegen hatte ich grösste
Bedenken.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass dann von Fälbl mit der Handels-
kammer eine solidere Liste mit Zustimmung der einzelnen Firmen
zusammenstellen.
Das Arbeitsgespräch Kirchschläger – Schiwkow, war eine reine
tour d'horizon. Schiwkow ist interessiert an neuen Formen der
Zusammenarbeit, die den traditionellen Warenaustausch sprengen
soll. Der Rhein-Main-Donau-Kanal gibt Möglichkeiten für den Touristen-
transport und aber auch Warentransport, den man gemeinsam wahrneh-
men sollte. Dritte Länderaktivität für Wirtschaftszweige, die dem
Export verbunden sind. Die Dokumente seien gut vorbereitet und schon
unterschrieben, was zeigt, wie diese beiden, zwar auf verschiedenen
Systemen beruhenden, Staaten gut zusammenarbeiten. Er sei mit der
wirtschaftlichen kulturellen und sonstigen Entwicklung sehr zu-
frieden. Im Tourismus wird Eftimov neue Wege gehen. Man beabsich-
tigt in Österreich Schiffe zu kaufen oder eine gemeinsame Gesell-
schaft sogar zu errichten. Wo es politische Differenzen gäbe,
werden sie nicht erwähnt und dies sei gut. Kontakte auf höchster
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Ebene genügen aber nicht, es müssten auch die Organe und die
Beamten mehr zusammenkommen. Kirchschläger erwiderte dann, dass
der Rhein-Main-Donau-Kanal, so Gott will, im Mitte des nächsten
Jahrzehnts fertig werden soll. Er frägt, ob es ein solches Sprich-
wort auch in Bulgarien gibt und Schiwkow meint, jawohl, wenn Gott
zulässt. Gute Bemerkung Kirchschläger's, dann ist das Noch-Nicht-
System geändert, was allgemeine Heiterkeit auslöst. Die Strassen-
transporte seien in der öffentlichen Meinung sensibilisiert, wes-
halb die Regierung Frachtverkehrsbekämpfung national und inter-
national aufnehmen muss. Hier gibt es nur eine globale europaweite
Lösung. Die bulgarischen Wünsche werden sehr ernst genommen.
Österreich wird aber sehr zurückhaltend im Einzelfall agieren, bis
eine Europalösung gefunden ist. Im Tourismus soll Eftimov von
Staribacher versuchen eventuelle neue Lösungen zu finden. Dann kam
Kirchschläger auf die wichtigste Frage, nämlich die humanitären
Bitten zu sprechen. Mit Schiwkow hat er sich schon 6 bis 7 mal
getroffen und stets hat er hier solche Wünsche übergeben und auch
weitesgehendst Berücksichtigung gefunden. Anschliessend wurden
dann die Beziehungen mit ihren Nachbarstaaten, sowohl von Kirch-
schläger als Schiwkow besprochen. Die bulgarischen Verhandlungen
und die entsprechenden Essen werden auch bei diesem Staatsbesuch
routinemässig verlaufen.
Im erweiterten Wiener Vorstand hat Edlinger über eine IFES-Umfrage
gegenüber Juni berichtet. Danach hat die SPÖ einen Zuwachs von 1%
und 52%, die Volkspartei aber einen von 3% und 27%. 1975 war es
3 Wochen vor der Wahl so, dass SPÖ 51 hatte, die ÖVP aber nur 23%.
Zielgruppen wie die Angestellten zwischen 30 und 50 Jahren sollen
jetzt von den Privatangestellten angesprochen werden, die Haus-
frauen durch einen Brief Gratz'. Von den Grundstückstransaktionen
haben 77% gehört. Profil wird diese neuerdings skandalisieren. Diese
Grundstückstransaktionsinformationen führen nach Meinung Gratz' dazu,
dass 57% der SPÖ eine Präferenz geben, aber nur 52 bereit wären,
die SPÖ jetzt zu wählen. In der Diskussion gab es eine harte Aus-
einandersetzung und Kritik über die Verunsicherung unserer Funk-
tionäre und Unbehagen im Funktionärskader. Aus der Sommerdiskussion
innerhalb der Partei, noch mehr aber jetzt durch die Gründung von
Sozialisten gegen Kernkraftwerke usw. Stadtrat Nittel klärte auf,
dass das Profil wieder mit dunklen Andeutungen behauptet, dass
42 Mio Schilling direkt die SPÖ von Sozialbau resp. GESIBA bekommen
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hat. Grundlage sind die Vereinbarungen über die Baubetreuung, wo
Sozialbau nicht 6%, aber 3% bekommen hat und GESIBA 2.5%. Mayr
ergänzte, dass mit diesem Baubetreuungsprozentsatz nicht das
Auslangen gefunden werden kann. Bei der Verbauung Forum Kino
wurde dies von der Gemeinde im Detail geprüft. 2.5% wurden zuerst
vereinbart, 2.85% musste man jetzt schon zugestehen und wenn man
nicht 3% bezahlt, wird die GESIBA auch dort einen Verlust haben.
Der Verband für Gemeinnützige Wohnungen hat in seinen Richtlinien
festgelegt, bis 4% können verlangt werden, dann ist noch immer die
Gemeinnützigkeit gewährleistet. Ein Prüfungsgericht 75/76 ergibt
17.6 Mio Schilling Verlust von der GESIBA wegen unzulänglicher Bau-
betreuungszuschläge. Leider musste ich dann die Sitzung verlassen,
als die Diskussion über Kernkraftwerke abgewickelt wurde.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Heindl kann Dich im Detail informieren.
Die Triester Handelskammer hat im Hilton einen Empfang gehabt und
dort gleichzeitig Film vorgeführt und grosse Ansprachen gehalten.
Ich habe dort wirklich nur guten Tag gesagt.
Mit den philippinischen Handelsminister Quiazon hatte ich bei der
Eröffnung des Handelszentrums Gelegenheit sehr in Detail gehende
Gespräche zu führen. Nachdem wir ein Kraftwerk Elin, VOEST mit den
Philippinen abschliessen konnten, wurde jetzt noch die Aufschlies-
sung von Kohlenfeldern im Tagbau vertraglich vereinbart und wahr-
scheinlich ist dort ein weiteres Kraftwerk für uns zu erwarten. In
den Philippinen gibt es grosse Exportmöglichkeiten. Da wir dort
keinen Botschafter haben, hat der Handelsminister den Wunsch, einen
Freund von ihm zum Honorarkonsul zu bestellen. Mit Pahr habe ich
dieses Problem dann abends im Detail besprochen. Da wir bereits
einen Honorarkonsul dort haben, der allerdings nicht sehr aktiv ist,
hat Pahr dann zugestimmt, wenn ich wegen der umlaufenden Geschäfte
diesen Mann haben möchte, dann wird er ihn auch tatsächlich ernennen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte stelle Kontakt mit den österreichischen
Partner dieses Handelszentrums her.
Beim Empfang für die Generalkonferenz für die Atomenergieorga-
nisation konnte ich mich nur kurze Zeit aufhalten, da er bereits
zu Ende ging. Da alle gleichzeitig um 18.30 Uhr begannen, konnte
ich natürlich nicht überall sein.
Beim Abendessen habe ich dann mit Christow noch einmal die bulgari-
schen Wünsche, insbesondere auch weitere ad hoc-Kommissionen be-
sprochen. Ich versuchte ihm neuerdings klarzumachen, dass die
wirkliche Entscheidung über ein Geschäft ausschliesslich durch
die Firma erfolgt. Wenn seine Organisation mit den Firmen, z.B.
VOEST ALPINE, eine Vereinbarung treffen, dann ist es für das Han-
delsministerium und für die Regierung selbstverständlich, dass
sie diese Vereinbarung akzeptiert, ja sogar unterstützt. Wir
brauchen dazu nicht, wie Christow sich ausdrückte, einen Schirmver-
trag über alle diese Geschäfte. Die bulgarische Mentalität dürfte
aber sein, über solche Schirmverträge des Staates resp. der Mini-
sterien dann die österreichischen Firmen zu Aktivitäten zwingen,
die diese eben nicht machen wollen. Ohne dass wir es aussprachen,
ist dies der grosse Gegensatz zwischen den Bulgaren und uns. Eine
Lösung sehe ich daher für dieses Problem in absehbarer Zeit nicht.
Tagesprogramm, 18.9.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)