Freitag, 29. Sept. bis Sonntag, 1. Oktober 1978
Dir Kastelic und Dr. Saller von der Fa. Ganahl ersuchen um
Unterstützung für ihren Kredit, den sie für eine Erweiterung
ihres Betriebes in Stegersbach, Gloriette-Hemden und Blusen-
Produktion, brauchen. Insgesamt betrug die Investition 29 Mio S,
8 Mio S brauchen sie auf Zinsenzuschuss-Industriekredit-Aktion
der Bundesregierung und 13 Mill. S aus dem Grenzlandförderungs-
kredit, der nur mit 1% für 5 Jahre zu verzinsen ist. Der letztere
soll von der ERP-Kommission, wie Fabrizii mitteilt, im Prinzip möglich
sein, doch nicht in der gewünschten Höhe. Der Betrag steht noch
nicht fest. Kastelic ersucht mich, bei Lachs und Wirlandner, die
ERP-Kommission angehören, zu intervenieren, was ich zusage.
Ich spreche mit Wirlandner dann über dieses Problem, er teilt
mir mit, dass wir ja beschlossen haben, an seiner Stelle Vize-
kanzler Häuser in diese Funktion zu entsenden. Er übergibt jetzt
gerade die ganzen Fälle und wird ihm auch diesen Betrieb positiv
empfehlen. Da ich nach der Staatswappenüberreichung in Güssing
noch genug Zeit habe, besuche ich überraschend den Betrieb in
Stegersbach. Dort übersiedelt man gerade in die neue Betriebs-
stätte. Darüber bin ich einigermassen schon überrascht, denn normaler-
weise wird vor dem Investitionsbeginn oder zumindestens während
der Bauarbeiten um den Kredit angesucht und interveniert. Gloriette
ist wirklich ein wenig spät dran. Ich empfahl wegen der Kredit-
höhe, dass auch LH Kery eingeschaltet werden soll. Mit dem Prä-
sidenten des burgenländischen Landtages Pinter, der anstelle Kerys
zur Staatswappenverleihung kam, habe ich diesbezüglich auch ge-
sprochen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte mit Lachs sprechen und berichten lassen.
Dr. Heiss von der Fa. Tirolia informiert mich, dass er für die
Weiterführung des Betriebes Rieser im Zillertal keine Chance
sieht. Die ARG hätte die Verantwortung und zieht sich aber jetzt
systematisch und endgültig zurück. Dieser Entscheid dürfte auf
die deutsche Muttergesellschaft zurückzuführen sein. Heiss sieht
aber für die dort Beschäftigten keine Schwierigkeiten, er meint,
er könnte sie in seinem Betrieb unterbringen. Dies insbesondere
dann, wenn es doch zu einer Kooperation zwischen Elin und
Tirolia käme. Er wird seinen Betriebsrat Knapp beauftragen, mit
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den Belegschaftsvertretern im Zillertal zu reden, wie und wer
aller eine Arbeit resp. Beschäftigung bei Tirolia sucht bzw.
bereit ist, hinüberzuwechseln. GD Grünwald, ÖIAG, teilt mit,
dass Elin endgültig ablehnt, sich in irgendeiner Weise an
der Herdfabrik Rieser zu beteiligen resp. schwer werden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Sprich mit dem BRO Knapp, damit wir
die Entwicklung weiter verfolgen können.
Eine französische Unternehmerdelegation, die in irgendeiner
Gruppe zusammengefasst ist, interessiert sich für die wirt-
schaftlichen Verhältnisse in Österreich. Da zum gleichen Zeit-
punkt der Präsident der EG-Kommission Gundelach zum Landwirt-
schaftsminister Haiden kommt, empfehle ich mich nach ca. 1/2
Stunde, nachdem das Büro Haiden bereits mitgeteilt hat, ich
sollte pünktlich womöglich bei Minister Haiden sein. Ich bin
sehr überrascht, als ich dort überhaupt niemanden antreffe,
ausser Haiden selbst. Gundelach kam erst nach 1 1/2 Stunden
nach dem vorgesehenen Termin, weil er von seinem Hotel aus
wegen einer Fischereifrage solange mit Brüssel ständig kontak-
tieren resp. telefonieren musste. Gundelach bestätigt dann,
was Haiden mir vorher bereits im Detail erklärt hat. Die Schlacht-
rinderexporte sollen nicht in GATT-Verhandlungen einbezogen werden,
weil sie keine formale Bindung wollen. In der Planung aber der
EG werden sie jetzt eingerichtet. Es soll pragmatisch vorge-
gangen werden.
Wein über 15 % Alkoholgehalt wird in Hinkunft in die EG export-
tiert werden können. Auch die Anerkennung der Qualitätsnormen
wird von beiden Seiten vorgenommen. Dazu ist allerdings noch
ein Mandat der Kommission notwendig resp. ein Beschluss des
Rates.
Bei den Ölsaaten soll die ganze Frage ruhen,
die EG liegt auf der Linie Deutschlands, da der Sojaschrot auch
von Amerika meistens über Deutschland kommt, ist die EG hier
besonders empfindlich.
Notwendige österreichische Exporte für Verarbeitungsfleisch
sollen in Hinkunft über das Intervenionslager möglich sein.
Da Österreich über 10.000 t aus Südafrika resp. insbesondere
Südamerika importiert, wäre dies natürlich schon eine gewisse
Entlastung für die ungeheuren Vorräte von 350.000 t des derzeitigen
Internvetionslagers der EG. Für Butter haben sie 400.000, für
Magermilchpulver 900.000 t Vorrat.
Die Zuchtrinderexporte sollen in Hinkunft so abgewickelt werden,
dass die Stammscheine aus Österreich nach wie vor gelten und
keine Eintragung in die Zuchtbücher der EG-Staaten verlangt wird.
Da aber fast bis 50% der Zuchtrinderexporte in Wirklichkeit
keine echten Zuchtrinder sind, obwohl sie den Schein von österr.
Verbänden bekommen und dann sofort geschlachtet werden, bietet
Haiden eine Selbstbeschränkung durch eine Altersbegrenzung der
Kühe 5–6 Jahre an.
Gundelach legte grössten Wert darauf, dass endlich jetzt ein
Ergebnis im GATT im Zuge der Tokio-Runde erreicht werden müsste.
Voraussetzung dafür ist, dass die Amerikaner auf ihr Antidumping-
verfahren resp. die counter valley unities , die mit 3. Jänner 1979
in Kraft treten soll, verzichten. Wenn die Amerikaner dies machen,
dann ist die EG entschlossen, die Verhandlungen im GATT abzubrechen.
Durch die counter valley unities könnte die amerikanischen Admini-
stration 40 % der EG-Exporte in die USA treffen. Wenn irgendwo
nachgewiesen wird, dass niedrige Löhne durch Arbeitsmarktförderungs-
zuschüsse oder durch Betriebsgründungskredite die Kosten anders
gestalten als sie im freien Markt sein würden, kann bereits dieses
Exporthemmnis angewandt werden. Gundelach unterstreicht, was
er dann auch in der offizellen Sitzung besonders macht, es wäre not-
wendig, dass Österreich die EG sich ständig konsultiert. Dies
sei auch ausserhalb der Gemischten Kommission notwendig. Gundelach
erwartet auch eine gegenseitige Unterstützung bei den GATT-Verhand-
lungen. Im einzelnen weist in der Vorbesprechung nur auf Biskuit
und Tomaten hin, wobei nicht ganz klar ist, ob er damit § 6 Zoll-
ermässigung meint. Nur dies könnte aber, wie Min.Rat Steiner vom
Landwirtschaftsministerium mir nachher mitteilte, gemeint sein.
Bei der offiziellen Sitzung bietet Haiden die Selbstbe-
schränkung bezüglich der Altersbegrenzung von Zuchtrindern
an, die Schlachtungen, die unmittelbar nach dem Export
erfolgen, führt er auf die Diskrepanz des Preisniveaus zwischen
hohen Schlachtrinderpreisen und verhältnismässig billigen
Zuchtrinderpreisen zurück. Ich verwiese darauf, dass wir im
GATT angesucht haben, die Kartoffelverarbeitungsprodukte aus
der GATT-Bindung herauszunehmen. Daran sollte eigentlich die
EG auch interessiert sein. Derzeit hat sie nämlich keine Präferenz,
gegenüber der EG dürften wir nur den variablen Satz verrechnen,
der fixe Satz kommt aber derzeit gar nicht zur Anwendung, weil
eben durch den gebundenen GATT-Zollsatz nur gering abgeschöpft
werden kann. Wenn die GATT-Bindung wegfällt, würden wir den
festen Satz und den variablen Satz gegenüber Drittländern
verrechnen, gegenüber der EG natürlich nur den variablen Satz.
Das Ganze ist zwar ein relativer Vorteil der EG, doch darf
nach nicht vergessen, dass die jetzige Regelung in absoluten
Beträgen für die EG doch günstiger ist als nach einer GATT-
Kündigung. Bezüglich der Bier-variablen Abschöpfungssatz von
40 auf 90 Satz pro 100 kg gebe ich Gundelach eine ausführliche
Begründung. Er wird, wie er mir in der Vorbesprechung schon
mitteilte, ein sehr konkretes Schreiben über die Beschwerden und
Wünsche der deutschen Bierbrauer übermitteln. Er ist hoch be-
friedigt, dass ich ihm zugesagt habe, dass wir dann eine genaue
Information und Begründung ihm schicken werden. Gundelach ver-
spricht auch in offener Sitzung, dass der EG-Vertrag sehr
grosszügig von ihm interpretiert wird. Unzweckmässig erscheint
ihm, wenn Österreich sich bei Verhandlungen z.B. mit den USA
auf die Freihandelszonenregelung mit EG beruft. Dadurch kommt
er auch bezüglich seiner Ölschrot-Importe in Schwierigkeiten.
Entscheidend erscheint Gundelach, wie er auch in der offiziellen
Sitzung offiziell mitteilt und empfiehlt, dass viel mehr zwi-
schen Österreich und der EG konsultiert werden sollte. Ich
empfehle daher anschliessend an die Sitzung sowohl Min.Rat
Steiner als auch unseren Vertretern in der Mission in Brüssel
auch mehr inoffizielle Kontakte zu halten, wenn auch wir Öster-
reicher glauben, dass laut Vertrag eine Konsultation nicht
notwendig ist, so sollte man informell oder auch inoffiziell
eine solche auf alle Fälle, bevor wir Massnahmen setzen, mit
EG-Kommission pflegen. Wenn Gundelach sich nämlich tatsächlich
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jetzt, was ich nicht bezweifle, für Österreich so einsetzt,
ja fast stark macht, muss man ihn in der formellen Frage
Konsultation wesentlich mehr entgegenkommen, als dies bis jetzt
geschehen ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte achte auf diese Entwicklung.
Bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Güssinger konnte ich
einmal mehr feststellen, was es für eine so kleine Ortschaft
wie Sulz im Burgenland bedeutet, wenn ein so bedeutendes Er-
eignis mit der Firma feiern zu können.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wenn irgendwie möglich sollte ich tatsächlich
diese Auszeichnungen persönlich immer an Ort und Stelle überreichen.
Die Veranstaltung des Freien Wirtschaftsverbandes in einem
noblen Hotel Wiesler in Graz war insoferne ein voller Erfolg,
als wir eine lange und sehr eingehende Diskussion über Wirt-
schaftsprobleme hatten. Wie weit allerdings dort nur Freie-Wirt-
schaftsverband-Mitglieder waren oder wie gross der Anteil
dieser war, konnte ich im einzelnen nicht feststellen. In der
Diskussion wurde mir von FWV-Vertreter mitgeteilt, dass sich
auch ÖVP-Wirtschaftsbund-Mitglieder daran beteiligten.
Kritik wurde fast keine laut, sondern eher bescheidene Anfragen.
Beantworten konnte ich alles, obwohl natürlich die unangenehmen
Fragen meistens die Kompetenz anderer Minister betrafen.
Das Samstag-Frühreferat bei den Gewerkschaftern in Stiftung
3-Monatskursler war insoferne interessant, als die meisten
Teilnehmer aus der Steiermark resp. aus Kärnten kamen. Dort
hat man grosse Arbeitsplatzsorgen, die einzelnen Betriebs-
räte haben deshalb insbesondere ihre Wünsche und Nöte mit
mir diskutiert. Die Elin-Betriebsräte beschwerten sich, dass
die STEWEAG, aber auch die GKT, sprich Verbundgesellschaft,
die Trafo immer wieder im Ausland bestellten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte lass prüfen, was daran wahr ist.
Moser ersuchte mich anstelle des Frühstücks bei Niederl die
zweite kommunalpolitische Arbeitsgemeinschaft zu begrüssen.
Der Saal war bummvoll, scheinbar haben sich die Grazer Partei-
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genossen doch besonders nach dem Verlust des Bürgermeisters
in Graz jetzt mehr aus kommunalpolitische Fragen gestürzt.
Viezbürgermeister Stoiser eröffnete und ich sollte namens
der Regierung, wie Gmoser meinte, Erklärungen abgeben. Dies
tat ich aus zwei Gründen nicht. Erstens habe ich in der Kommunal-
politik wirklich nichts zu sagen und habe gar keinen Grund,
dort irgendetwas zu sprechen, wie Gmoser von mir verlangte,
zweitens war aber vor allem der Referent in dieser Arbeits-
gruppe der Regierungsstaatssekretär Nussbaumer. Ich selbst er-
wähnte nur, dass diese Bundesregierung im Finanzausgleich
10 Mio S den Grazern durch 6 Jahre jetzt gegeben hat, was
eine Novität war. Der Finanzausgleich läuft heuer ab, wird aber
sicherlich auch in diesem Punkt verlängert. Darüber hinaus be-
kommt Graz aus der KFZ-Steuer 20 Mill. S für die Nahverkehrs-
probleme zu lösen. Insgesamt hat Graz also jetzt für seine
schlechte finanzielle budgetären Situation von dieser Bundes-
regierung 30 Mill. S bekommen. Das Handelsministerium hilft
indirekt den Stadtwerken, indem es eine verhältnismässige
grosszügige Elektrizitätstarifregelung gegen die Konsumenten
durchsetzt. Dadurch können die Verluste der Verkehrsbetriebe
teilweise abgegolten werden. Da ich gar nicht wusste, dass
ich bei einer kommunalpolitischen Tagung reden soll, wenn
auch nur eine Begrüssungsansprache, musste ich mir diese In-
formationen beim Hinaufgehen resp. im Foyer zusammenkratzen.
Burian war sehr erstaunt, wie viel ich wusste. Selbstverständ-
lich habe ich ihm sofort gesagt, dass alle diese Informationen
nicht auf meinem Miste gewachsen sind, sondern dass ich eben
wieder einmal bei der Vorbereitung Glück hatte. Im Foyer muss
man eben die richtigen Leute treffen.
Beim Prssefrühstück hatte ich nur ein paar Minuten Zeit, mit
Niederl zu sprechen. Selbstverständlich fragte ich ihn sofort,
was daran wahr ist, dass unsere Leute in der Steiermark er-
zählen um 4% würde die ÖVP weitere Gewinne bei der nächsten
Wahl am Sonntag erzielen können. Niederl bestritt dies ganz
entschieden. Er meinte, die Baugemeinnützigkeitsspende sei
in der Steiermark sehr bekannt, wie die Umfrage ergab und
hätte ihm geschadet. Da ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste,
dass die Umfrageergebnisse von LR Krainer der Presse mitgeteilt
wurde und annahm, dass das Umfrageergebnis von uns stammt,
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ging ich keine Polemik mit Niederl diesbezüglich ein.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Nur Interesse halber, auch wenn Du
einmal Steirer triffst, den Sachverhalt dann zu klären.
Bei der Eröffnung der Grazer Südostmesse meinte Niederl, er
wolle diesmal die Veranstaltung nicht zu einer Polemik oder
gar zu einer Wahlveranstaltung benützen. Schlau wie er ist,
erwähnte er aber, dass LH-Stv. Sebastian und er diese Woche bei
der Bundesregierung wegen des BMW-Steyr-Daimler-Puch Dieselmotoren
werkes vorsprachen. Über das Ergebnis sagte er gar nichts. Seba-
stian flüsterte mir, was ich allerdings sowieso schon wusste,
dass die Entscheidung über den Standort ausschliesslich die
Firma zu treffen hat. Natürlich ging ich bei meiner Rede darauf
ein, verwies, was die Regierung alles für die Steiermark tat
und dass in diesem Fall die Unterstützung der Regierung sicher
ist, wenn die Entscheidung von der Firma, die ausschliesslich
dafür zuständig ist, auf ein steirisches Industriezentrum fallen
sollte. Ansonsten verwies ich darauf, dass die Ergebnisse besser
liegen als die Prognosen und wurde meinem Image, ein unverbesser-
licher Optimist zu sein, wieder einmal gerecht.
Die Pressekonferenz im neuen Presse- und Informationszentrum
war gut besucht, aber eigentlich wirklich ganz harmlos. Ich hoffe,
dass nicht das sehr grosszügig ausgestattete Informationszen-
trum mit seinen vielen Sälen darauf schuld ist.
Die Wahlveranstaltungen am Samstag und am Sonntag waren verhält-
nismässig gut besucht, sind aber bekanntlicherweise kein Stimmungs-
und vor allem einmal kein Ergebnisbarometer der zukünftigen Land-
tagswahl. Die Funktionäre in der Steiermark sind sehr pessi-
mistisch und manche rechnen mit weiteren Verlusten. Ich habe
bei der letzten Landtagswahl, wo Sebastian erklärte, man müsse
jetzt auf Grund der Nationalratswahl-Ergebnisse damit rechnen,
und dies sei ihr Ziel, auch Landeshauptmann zu stellen, wurde
bekanntlicherweise von den Wählern ins Gegenteil verkehrt.
Die SPÖ verlor 3 Mandate und hat jetzt nur mehr 23, die ÖVP er-
reichte 31, jetzt wird erklärt mit den zwei FPÖ-lern, die bereits
schon ankündigten Niederl zu unterstützen, sind es dann 33.
Einige Funktionäre, wie z.B. LT-Abg. Premsberger, BRO von
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Waagner-Biro, der mich begleitete, rechnet aber doch damit,
in der Obersteiermark ein Mandat zurückzugewinnen und in Graz.
Letzteres wird von Niederl ganz entschieden ezweifelt. In
Graz, meinte er mir gegenüber, werden die Freiheitlichen
auf Kosten der ÖVP ein weiteres Mandat gewinnen. Dies wäre eine
bittere Enttäuschung der Steirer, insbesondere der Grazer.
Im Grossen und Ganzen aber dürfte die steirische Landespartei
wirklich ohne Schwung und wahrscheinlich, ohne dass sie es aus-
sprechen, mit der jetzigen Landesregierungsmannschaft den Wahl-
kampf abwickeln. Was mich persönlich störte, war, dass trotz
Aufforderung von mir und diesmal auch wirklich mit entsprechender
Zeitmöglichkeit, keine Diskussion abgewickelt wurde. Im Burgenland
hatte ich das bei Landtagswahlen auch erlebt, dort aber war eine
sehr gute Organistion, eine ungeheure Kampfstimmung, der Sieg
Kerys von vornherein feststehend und die Burgenländer sagen, wir
brauchen nicht zu diskutieren. Im Burgenland sind auch die
Funtkionäre und ich glaube sogar die Mitglieder gut ausgerichtet.
Im Burgenland störte mich die Tatsache, dass wir überhaupt nicht
diskutierten, wenig. In der Steiermark aber halte ich es gerade
bei dieser miesen Stimmung für sehr unzweckmässig und, um nicht
zu sagen, falsch. Die Wahlversammlungen werden dort, glaube ich,
wirklich nur als eine Pflichtübung betrachtet. Gerade in
kleinen Dörfern ist man dann umso mehr überrascht, wenn ich
doch mit meinen altbekannten Gags, die mir persönlich schon
auf die Nerven gehen, aber immer noch sehr gut ankommen, eine
verhältnismässig gute Versammlungsstimmung erzielt.
Überrascht bei den Veranstaltungen im Köflacher Revier war ich
nur, dass z.B. bei den Veranstaltungen der Kinderfreunde und
Roten Falken eine sehr grosse Anzahl von Teilnehmern mitmachten.
Am Chemie-Wandertag war trotz Regen eine 95%-ige Beteiligung.
Würde ich daraus den Schluss ziehen, die Nebenorganisationen,
besser gesagt die befreundeten Orgnisationen der Partei, arbeiten
dort viel aktiver.
Die Gespräche und Besichtigung von Köflach und Voitsberg III
waren für mich sehr interessant. Dort feiert man mich ja in jeder
Beziehung als den Initiator ja sogar Schöpfer dieser Idee. Bei
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jeder Veranstaltung wurde herausgestrichen, dass der Kohle-
bergbau in einigen Jahren zu Ende gegangen wäre, wenn nicht
dieses neue Projekt gekommen wäre. Die ÖVP – LH Niederl – hatte
ja gar keine andere Absicht, als die gross ausgekohlten und
abgetragenen Löcher mit Müll der Steiermark auszufüllen.
Köflach sollte eine Riesendeponie werden. Jetzt wird durch
die Abtragung eines Berges 150 mill. m3 tauben Gestein diese
Löcher aufgefüllt und damit wertvolles Bauland wieder entstehen.
Die Region hat ein sicheres Bergwerk, die Landschaft wird
am Ende sogar verschönert, jetzt nur, wie ich bei der Besichtigung
feststellen konnte, ist es furchtbar, ein ganzer Berg wird abge-
tragen, so etwas hat es in dieser Gegend überhaupt noch nicht
gegeben. Überrascht war ich auch zu erfahren, dass die österr.
Braunkohle wesentlich schwieriger mit Bagger abgeschnitten werden
kann. Das taube Gestein zu entfernen ist nur eine Frage der
Transportmöglichkeit. Diesbezüglich werden schon riesige Förder-
bänder überall installiert. Wenn man aber dann auf die Braunkohle
kommt, wird diese gegenüber der Braunkohle in Ostdeutschland
wesentlich härtere Anforderungen an die Bagger stellen. Die
DDR-Ingenieure haben gesagt, dieses Problem ist auch zu meistern.
Praktische Erfahrung haben sie damit aber keine. Hoffentlich
geht dies alles gut.
Die Betriebsräte von ÖDK haben dann in einer kleineren Aussprache
mit Hautzenberg und mir verlangt, dass ihre Firma bei der Planung
vom Kohlekraftwerk an der burgenländisch-ungarischen Grenze
ebenfalls eingeschaltet wird. Die ÖDK hofft auch, dass sie
dieses Werk auch dann noch betreiben kann. Die Verbund hat
dagegen die Absicht, ähnlich wie in Korneuburg eine solche
Konstruktion aufzuziehen. Ich habe mich noch nicht endgültig
entschieden, weil ich tatsächlich noch nicht weiss, wer hier
günstiger kostenmässig abschneidet. Da jetzt mit der Planung
aber bereits Siemens und andere ausländische Firmen betraut
werden sollen, wird eine Entscheidung jetzt bald fällig. ZBRO
Inthal behauptete mir gegenüber, es seien bereits feste Ver-
einbarungen zwischen Verbundgesellschaft und den Deutschen.
Dies kann ich mir deshalb nicht vorstellen, da ja letzten
Endes auch die Verbund auch Interesse daran haben muss, unausge-
lastete Planungsreserven der ÖDK zu nützen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte erkundige Dich vorsichtig, wie
die Sache liegt.
Die Köflacher Leistungsschau ist eine Ausstellung von 150
Gewerbetreibenden der Region. Was mich persönlich überraschte
war, dass ich dort erstmalig um 9.999 S die Eumig-Polaroid-
Kamera sah. Sicher ist dies darauf zurückzuführen, dass ich
weder auf der Wiener Messe, noch auf der Grazer Messe die
einzelnen Stände besuchte, sondern allein schon aus Zeitmangel
nur die internationalen Ausstellungen resp. Gemeinschafts-
ausstellungen der Staatshandelsländer besuchte. In Graz
waren es die Jugoslawen, ganz besonders die grosse Ausstellung
Chinas hat mich am meisten beeindruckt, dass wertvollste Unikate
auf dem Mittelalter von der chinesischen Regierung zur Ver-
fügung gestellt wurden. So etwas wäre von einem westeuropäischen
Staat, ja selbst von Österreich vollkommen undenkbar. China möchte
aber in Graz entsprechende repräsentieren und der Botschafter war
sehr stolz, diese wirklich grosszügige Ausstellung zeigen zu
können. Für mich eingermassen komisch und überraschend, als
dass ich auf einer grossen Messe wie der Grazer historisches
chinesisches Kulturgut entdecke, auf der kleinen Leistungs-
schau in Köflach ein österreichisches neues Produkt. Am
meisten gespannt bin ich aber, wie die Wahlen in der Steier-
mark wirklich ausgehen werden. Nach meinem Eindruck fürchte
ich leider nicht positiv.
Tagesprogramm, 29.9.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 30.9.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 1.10.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)