Dienstag, 7. November 1978
Dir. Egger von der Fa. Gellertz und Importeur der Firma für Westing-
house und Thermoking, einer Kühlgesellschaft, hat die Idee, mit den
Rumänen gemeinsam eine Container-Firma zu gründen, um zwischen
Krems und Sulina, der Freihandelszone, ein Transportunternehmen
aufzumachen. Die Rumänen würden 800 Container leasen und die
österr. Firma 200. Mit diesem Container möchte er zwischen Krems
und Sulina Transporte, insbesondere Kühltransporte aufziehen.
Die Rumänen würden sofort daran interessiert sein, weil sie
endlich ihren Freihafen mehr nützen könnten und gleichzeitig
die 2,5 Mill. $ durch diese Gesellschaft mit Leistungen abzahlen
könnten. Egger selbst exportiert jetzt 100 Mill. S Transportkühl-
aggregate eben von Thermoking und Westinghouse nach Rumänien.
Ich habe Meisl die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt
und er hat mit Egger weitere Gespräche geführt.
Im Klub hat Kreisky dann neuerdings die Abstimmungsergebnisse und
deren Folgen referiert. Er ist fest davon überzeugt, dass Öster-
reich mit dieser Kernkraftabstimmung einen neuen Weg beschreiten
muss. In Schweden wurde über Kernkraft die Regierung gestürzt,
in Deutschland kommt es zur Lahmlegung von Regierungsaktivitäten
durch die Atomgegner, in Frankreich wird es wegen der Wiederaufberei-
tungsanlage bald zu Schwierigkeiten kommen und GB wird überhaupt
in der nächsten Zeit unter einen ungeheuren Druck kommen. Die
wichtigste Aufgabe, meint Kreisky, ist eine Aufklärungsarbeit zu
leisten. Diese sollte aber nicht durch Partei erfolgen, sondern
durch höchste mit wissenschaftlicher Qualifikation ausgezeichneten
Fachleuten. Die Jugend hat sich insbesondere der Antikernkraft-Aktion
angeschlossen und dort besonders aktiv gezeigt, weil es gegen die da
oben gegangen ist. Das Volksabstimmungsergebnis muss jetzt dazu
führen, dass ein Gesetz eingebracht wird, welches Adamovich vom Verfas-
sungsdienst ihm jetzt ausarbeitet. Adamovich selbst hat das
Handelsministerium angerufen, um Mitwirkung ersucht und wir
haben den Koll. Zluwa entsendet. Spät abends ist er dann mit
einem Entwurf gekommen, der allerdings zu meiner grössten Über-
raschung doch auf dem Strahlenschutzgesetz basiert. Es wird ein
Initiativantrag, der – da er auf Strahlenschutz basiert – nicht
als Verwaltungsgesetz gelten kann. In Zitierung des Strahlenschutzge-
setzes wird ein Betrieb von Kernkraftwerken verboten. Kreisky erwähnt
neuerdings, dass die Nichtinbetriebnahme Zwentendorfs und deren
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Kosten auf die Konsumenten abgewälzt werden dürfte. Im Schweden
kosten die 2 stillgelegten Kernkraftwerke 10 Mill. S pro Tag und
dies bereits seit 2 Jahren. Jetzt kann ich auch in den verschi-
edensten Zeitungen lesen, wie Wallnöfer für Tirol den Verlust mit
1 Mia S angibt, Steiermark Gen.Dir. Altziebler 600 Mill. S usw.
Die Ernüchterung bei den Gegnern wird jetzt immer grösser. Die
ÖVP-Funktionäre in der E-Wirtschaft sind schön langsam verzweifelt,
dies konnte ich aus einer Bemerkung von Mussil entnehmen, der meinte,
wir müssten nur eine Lagerung für den Atommüll finden, dann wäre alles
in Ordnung und man könnte durch Gesetzesbeschluss natürlich dann
die Kernkraftwerksidee positiv vom Volk votieren lassen und damit
in Betrieb gehen. Die Waldviertler Ergebnisse hätten nämlich klar
und deutlich gesagt, dass man dort wegen der Lagerung so stark da-
gegen gestimmt hat. Wenn das Lagerproblem gelöst sei, sei alles aus-
geräumt.
Bei der Diskussion im Klub hat Gradenegger eine Idee, die die westlichen
Länder, welche gerade so stark gegen die Atomkraft gestimmt haben,
am härtesten treffen würde: Seiner Auffassung nach ist es unge-
recht, dass Tirol und Vorarlberg einen so tiefen Elektrizitäts-
preis haben, dies sei mit einer der Gründe gewesen, warum so locker
am Sonntag entschieden wurde. Da es in Österreich einheitliche
Preise für Milch, Brot, Benzin usw. gibt, sollte man auch jetzt
einen einheitlichen Elektrizitätspreis festsetzen. Ansonsten ergab
diese Diskussion, genauso wie dann auch die bis 11 Uhr dauernde
im Bezirksausschuss auf der Landstrasse, dasselbe Bild, man beschwerte
sich über die Disziplinlosigkeit der Soz. Jugend und der JG und
erwartet, dass Massnahmen gesetzt werden. Ich selbst habe dann
insbesondere auf der Landstrasse versucht klarzumachen, dass wir
jetzt alles dringender brauchen als eine adminstrative Massnahme
gegen einzelne Organisationen. Wie Wille im Klub und dann auch einige
auf der Landstrasse feststellten, ist die grosse Gefahr, dass wir
jetzt durch ein Scherbengericht eine Personaldiskussion heraufbe-
schwören. Was notwendig ist, ist Einzelpersonen, insbesondere wird
immer wieder der Name Blau genannt, durch eine einzige Massnahme,
nämlich vollkommenes Negieren strafen, die wirklich einzige Lösung ist.
Im Bezirksausschuss konnte ich dann, so hoffe ich zumindestens,
die vielen Diskussionredner davon überzeugen, dass wir jetzt zwar
die dritte Frage oder Wahl verloren haben, ORF – Wiener Wahl –
Zwentendorf, dass wir uns aber jetzt für die Nationalratswahl
mehr denn je vorbereiten müssen, weil dort letzten Endes die grosse
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Entscheidung fällt. Ich habe auch über die Parteivorstandsbeschlüsse
bezüglich der Ermächtigung Kreiskys eingehend referiert. Die Ge-
nossin Mauritz meinte, ob auch für mich eine Gefahr bestünde,
dass ich vielleicht aus der Regierung ausgebootet werde. Ich
konnte sie im wahrsten Sinne des Wortes beruhigen. Nach den Gesprächen,
die ich im Parlament mit Kreisky wegen der Repräsentationskosten
der Handelskammer, wegen der nächsten Aktivitäten auf dem Sektor der
E-Wirtschaft führte, konnte ich feststellen, dass er ausschliesslich
meine Ideen aufgriff und mir sehr wohlwollend gegenüber in jeder
Beziehung ist. In einem Punkt sind wir verschiedener Auffassung:
ich stimme mit ihm überein, dass der Wirtschaftsbund jetzt innerhalb
der ÖVP jetzt kaum mehr etwas zu sagen hat, ich glaube aber, dass
wir trotzdem mit Sallinger weiter bestens kooperieren sollen,
weil früher oder später dieser doch wieder einen gewissen Einfluss
zumindestens in der ÖVP gewinnen wird. Kreisky ist der Meinung, dass
das Wirtschaftsbund nie mehr etwas zu reden haben wird und dass
sich auch Sallinger überhaupt nicht mehr in keiner Frage durchsetzen
wird können. Kreisky hatte mehr Unterstützung bei der UNO-City
durch z.B. die Bauindustrie und damit der Handelskammer erwartet,
genauso wie bei der Atomabstimmung, wo er den Einsatz und die Aktivität
der Wirtschaft vermisst hat.
Im Klub werde ich von den Genossen jetzt als Mister Nuclear angesprochen,
ein neuer Spitzname.
Mit Frank hatten Heindl und ich zuerst unter sechs Augen eine
harte und offene Aussprache. Ich erklärte Frank dezidiert, dass
ich nicht verstehen kann, wie es zu dieser Meinungsäusserung im ÖVP-
Pressedienst gekommen ist. Frank erklärte mir, und da hat er sicher-
lich recht, dass er nur dem Kurier auf dessen Anfrage mitgeteilt
hat, wie die Versorgung Österreichs jetzt ohne Zwentendorf vorge-
sehen ist. Der Kurier resp. dann der ÖVP-Pressedienst hat die Äusserung,
dass keine Katastrophe eintreten wird, ganz gross herausgestrichen
obwohl dies nur eine beiläufige Bemerkung gewesen ist. Ich habe Frank
erklärt, dass ich eine ähnliche Aussage wegen der Zukunft gemacht habe,
ohne dass man daraus sofort eine Schlagzeile – keine Katastrophe – daher
der logische Schluss, Zwentendorf ist gar nicht notwendig, ziehen
konnte. Frank hat mir angeboten, er wird jetzt längere Zeit
überhaupt keine Erklärung mehr abgeben. Ich empfahl ihm, damit
dies nicht aussieht, wie ein Maulkorb, der ihm jetzt verpasst wurde,
er sollte sich nur äusserst vorsichtig in Hinkunft als Energiepapst
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äussern. Am besten wäre es, wenn er überhaupt nur im Rahmen der
Pressefrühstücke sich zu Problemen äussern würde.
Heindl und ich besprachen dann mit Frank, Satzinger, in weiterer
Folge ist dann auch noch Zluwa von der Besprechung mit Adamovich
und dem Gesetzenwurf dazugekommen, sowie mit Bandhauer dann unsere
zukünftige Energiepolitik. Heindl wird jetzt die Arbeitsgemeinschaft
Energie von der Ökonomischen Konferenz einberufen. Ich bin sehr
neugierig, ob die Atomgegner – Matzner und Konsorten – kommen werden,
um konkrete Vorschläge zu erstatten.
Frank wird mit den Ländern die Verhandlungen wegen der Heizsysteme
und der Wärmedämmung fortsetzen. Bei letzteren haben wir
feststellen müssen, dass sich die Länder, wenn es darum geht,
höhere Werte in die Verordnungen resp. Gesetze, die sie gegebenen-
falls erlassen müssen, aufzunehmen, grösste Bedenken haben.
Überhaupt stellt sich heraus, dass der Weg über den Artikel 15 a der
Bundesverfassung, also ein Staatsvertrag mit den Ländern äusserst
schwierig ist. Es dauert monatelang, bis es zu Artikulierung
der Ideen kommt und dann neuerdings monatelang, bis es zu einer
Formulierung der Verordnungen kommt. Die Taktik wird daher von
Heindl im Unterausschuss des Parlamentes die sein, über das
Energiesparen womöglich eine Liste aufzustellen, wo derzeit die
Kompetenzen im einzelnen liegen. Als Ergebnis der dann vom Unter-
ausschuss vorgesehenen Massnahmen möchte Heindl dann den Antrag
stellen, man soll die Verfassung dahingehend ändern, dass eben die
Wünsche, welche die ÖVP und die FPÖ sicherlich zu diesen Punkten
haben, dann dem Bund übertragen werden. Dieser Kompetenzänderung wird
von der ÖVP kaum zugestimmt werden. Die Länder würden nämlich,
davon bin ich überzeugt, mit aller Entschiedenheit gegen eine
solche Massnahme Stellung nehmen. Da es sich dabei um ein
2/3-Gesetz handelt, müsste die ÖVP dezidiert dann zustimmen.
Heindl wird diese Taktik mit Klubobmann Fischer noch besprechen.
Ich selbst muss gestehen, bis auf diese Idee von einer Schweizer
Journalistin aufmerksam gemacht worden. Als sie mich fragte,
wie dies in Österreich mit der Energiesparpolitik steht, musste
ich ihr erklären, dass es, ähnlich wie in der Schweiz in der
Kompetenz der Kantone, bei uns an den Ländern liegt. Hier, meinte
sie, würde es grosse Schwierigkeiten geben, wie ja auch in der Schweiz
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die Elektrizitätsfragen meistens an Kantonspolitik
scheitert resp. zumindestens differenziert ist.
Ein Problem der Bundesregierung ist aber die Kompetenzen
zwischen Bautenministerium und Gesundheitsministerium ent-
sprechend abzugrenzen resp. festzulegen, wie und in welchem
diese gegebenenfalls angewendet oder geändert werden muss.
Ein typisches Beispiel ist, dass das Bautenministerium das
Dampfkesselbetriebsgesetz machen soll, um entsprechende Spar-
massnahmen dort einbauen zu können, während die Gesundheits-
behörde, also das Gesundheitsministerium am liebsten ein
Emmissionsschutzgesetz hätte, um dort diese Materie zu
regeln. Moser und Leodolter konnten sich in dieser Frage noch
nicht einigen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte frage bei den Büros der beiden
Minister an, wie die Sache jetzt wirklich steht.
Bandhauer hat in der Verbundgesellschaft jetzt die Idee, nur
ein Zweier-Vorstand soll in Hinkunft diese grosse Organisa-
tion führen und vertreten und ist scheinbar von den Technikern
dort unter einen starken Druck gesetzt worden. Erbacher als
Generaldirektor war gleichzeitig für die grosse technische
Sektion verantwortlich, der Netzbau, der Elektrizitätsausbau, und
zwar die elektrische Seite, die Umspannungswerke usw. lagen
in seiner Kompetenz. Zach, der ÖVP-Vorstandsdirektor, hatte
nur die Bauabteilungen unter sich. Die Techniker wollen jetzt
die alte Idee, welche auch die ÖVP immer propagiert, dass
zwei Stellvertretende Vorstandsdirektoren bestellt werden
sollen. Bandhauer würde dafür den Betriebsdirektor Krautt
heranziehen. Ich habe ihm klargemacht, dass dies eine schlechte
Lösung sei. Stellvertretende Vorstandsdirektoren nehmen an
den Vorstandssitzungen auch als Vorstände teil. Dadurch hat
z.B. der Vorstandsdirektor Zach die Möglichkeit, dem Krautt
entsprechend in seine Kompetenz mit hineinzureden. Bandhauer
soll daher Krautt zu einem Generalbevollmächtigten für alle
technischen Fragen machen, ihn stets zu allen Sitzungen mit-
nehmen und dort auch tatsächlich dann agieren lassen. Niemand
kann ihm in seine Kompetenz dann hineinreden. Bandhauer hat
diese Argumentation eingesehen und wird daher zwar bei den
jetzigen weiteren Besprechungen mit Betriebsräten, aber auch mit
den ÖVP im Verbundkonzern diese Meinung ausschliesslich
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zwei Vorstandsmitglieder, eben er als Generaldirektor und
Zach, wenn die ÖVP nicht einen anderen vorschlägt, als seinen
Stellvertreter, also den Zweier-Vorstand, vertreten. Wenn
tatsächlich er oder Zach längere Zeit erkranken sollten,
kann man noch immer ad hoc dann eine andere Lösung anstellen.
Jetzt aber sollte man bei dem Zweier-Vorstand bleiben. Diesen
Vorschlag habe ich auch Kreisky morgens zur Kenntnis gebracht,
und er war nach Überlegungen dann doch damit einverstanden.
In der Enns soll als Nachfolger des SPÖ-Vorstandes Austeda,
Prokurist bei der Verbund, namhaft gemacht werden. Neuhauser,
Handelsbevollmächtigter, kommt dafür nicht in Frage, da
insbesondere die Betriebsräte sich ganz entschieden dagegen
aussprechen. Bandhauer wird mit dem Aufsichtsratspräsidenten
LR Reichl darüber Gespräche führen.
Die Nachfolge von Erbacher muss jetzt genau überlegt werden.
Sicher ist, dass bei dem Wärmekraftwerk Korneuburg die
Idee, welche Bandhauer schon lange Zeit hatte, dass man die
Prokuristen zu Geschäftsführern macht, wird endlich verwirklicht
werden können.
Die Aufsichtsratsposten Erbachers und seine sonstigen Funktionen
werden jetzt zusammengestellt und wir werden dann entsprechende
Beschlüsse fassen müssen.
Bandhauer selbst sagt, er wird alles daransetzen, so schnell
als möglich im Bundeslastverteiler-Beirat die notwendigen
Beschlüsse vorbereitet werden, wenn es zu einer Versorgungskrise
mit Strom kommen sollte. Dies wird kaum in diesem Winter,
wahrscheinlich aber im nächsten oder übernächsten Winter
der Fall sein. Zluwa hat übernommen, eine Lastverteiler-
Verordnung vorzubereiten. Diese soll dann im Beirat, welchen
ich am nächsten Dienstag persönlich besuchen werde, vorbereitet
und besprochen und dann in die Begutachtung verschickt werden.
Ich habe Bandhauer zugesagt, in den nächsten Lastverteiler-Beirat
persönlich zu kommen, um dort sozusagen vor versammelter Mann-
schaft als neuen Bundeslastverteiler zu vereidigen.
Tagesprogramm, 7.11.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)