Donnerstag, 7. Dezember 1978
Vizepräsident Seidl von der Handelskammer teilt mir mit, dass
er jetzt noch einmal einen Versuch unternehmen wird, mit der
Rohölaufschliessungsgesellschaft RAG zu einer Lösung wegen der
Gaspreise an die Industrie Oberösterreichs zu kommen. Er stellt
sich vor, Chemie Linz 4 Mio Schilling Rückvergütung, Lenzing 4 Mio
Schilling Rückvergütung, Steyrermühl 1 Mio Rückvergütung. Sollte
die RAG dieses Angebot oder ein ähnliches nicht akzeptieren, so
würde ich dann die Preisregelung noch heuer vornehmen. Das Ganze
gilt nur bis zum nächsten September, denn dann müssen neue Verträge
abgeschlossen werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die Preiskommissionvorbesprechung so
einrichten, dass heuer noch die Preisregelung stattfinden könnte.
Der stellvertretende Generalsekretär der OPEC, Chalabi, aus Irak,
macht seinen Antrittbesuch bei mir. Wir unterhalten uns sofort
über die zu erwartende Rohölpreissteigerung. Chalabi ist fest davon
überzeugt, dass es diesmal zu einer Erhöhung kommt, obwohl mit Sicher-
heit anzunehmen ist, dass der irakische Vorschlag, 20%, sicherlich
nicht beschlossen wird. Die OPEC-Staaten bleiben unter allen Umständen
bei der Dollarfakturierung, obwohl sie durch deren Abwertung stets
einen geringeren Erlös für ihr Rohöl erhalten.
Die Autozulieferverträge der grossen Autolieferanten sehen vor, dass
nur Ersatzteile über ihre eigene Organisation in Werkstätten angebo-
ten werden dürfen. Alles andere nennen sie Imitation und lehnen es
ganz entschieden ab. Die Firmen Weber und Riedl, deren Besitzer und
der Sprecher Kochola beschwerten sich bei mir über diese Ver-
tragsbetimmungen. Sie würden, wenn diese Bestimmung zumindestens
nicht so streng ausgelegt wird, ihre Abnehmer mit denselben Ersatz-
teilen zu wesentlich günstigeren Preisen beliefern. Porsche Österreich,
Pappas, Mercedes-Vertreter, ist angeblich gegen diese Praktiken ihrer
Lieferwerke.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Die Industriesektion soll dies prüfen.
Gen.Dir. Bauer, ÖMV, kommt zum Jahresausgangsplauscherl. Bauer hat
in den vergangenen Jahren stets versucht über diese Methode die
ÖMV-Probleme zu schildern, ohne irgendwelche konkrete Massnahme im
Detail zu besprechen. Vorher hatte mir bereits MR Mock mitgeteilt,
dass es notwendig sein wird, die Interimsverträge auf 3 Monate zu
verlängern. Für mich ist dies selbstverständlich. SChef Frank wollte
aber über die Nichtverlängerung einen gewissen Druck auf die ÖMV und
RAG ausüben. Seine Vorstellung ist über die Investition, die Auf-
schlussbohrungen usw. den Gesellschaften aufzuzwingen. Diese sind
aber nicht bereit sich in die Details und ihre konkreten Pläne, vor
allem aber über ihre Dispositionsmöglichkeit vom Ministerium rein-
reden zu lassen. Dafür habe ich sogar ein gewisses Verständnis. Ich
sagte daher Bauer zu, er kann mit einer Verlängerung der Interims-
verträge rechnen, doch müssen mit MR Mock die endgültigen Verträge
positiv beendet werden. GD Bauer wird einen diesbezüglichen Ver-
handlungspartner und Zeitplan mitteilen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Mock soll aufgrund dieser Zusage die Ge-
spräche sofort aufnehmen.
Ofenheizöl wird zur Genüge produziert und verteilt und es dürfte
zu keinerlei Engpässen kommen. Rechnungshofpräsident Kandutsch
hat GD Bauer versichert, dass der Rechnungshof nicht die Forderung
stellt, Gasspeicherung mit einer Abgabe ähnlich der Ölgewinnung zu
belegen. Ich bin nicht so sicher, ob nicht seine Beamten sehr wohl
bei Überprüfung in der Obersten Bergbehörde diese Einnahmequelle des
Staates urgiert haben. Derzeit will Bauer mir unbedingt klarmachen,
dass diese Forderung ausschliesslich von SChef Frank stammt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte lass Dir den Sachverhalt von der Ener-
giesektion genau schildern.
Direktor Cifer von der Bauer, Voitsberg Gesellschaft, wollte auch von
GD Bauer eine Empfehlung, um mit der algerischen Regierung über den
Bezug von Erdgas mitverhandeln zu können. Bauer hat dies angeblich
genauso wie ich abgelehnt, weil dafür die Austria-Ferngas zuständig
ist. Einen, allerdings nichtssagenden, Empfehlungsbrief dürfte er aber
dann doch, zum Unterschied von mir, Cifer gegeben haben. Bauer hat das
Projekt in Monfalcone einen Gashafen zu errichten, noch nicht aufge-
geben. Nach seinen Berechnungen stellt sich dieser Gashafen billiger
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als eine Pipeline von Algerien bis in den österreichischen Raum.
Eines ist richtig, dass durch die Pipeline nur algerisches Gas nach
Italien transportiert werden kann. Wenn dagegen ein Gashafen in
Monfalcone entsteht, können auch von anderen Ländern in Hinkunft
Gasschiffe ihre Fracht löschen. Bauer denkt hier an den Nahen Osten.
Ich urgiere neuerdings die Untersuchung über die Kohlepipeline von
Polen nach Österreich. Bauer wäre sofort bereit, mit der VÖEST, Apfal-
ter hat dieselbe Meinung, wie er mir mitteilt, die notwendigen Studien
zu finanzieren. Beide wehren sich nur dagegen, wie Rosenstrauch wünscht,
eine eigene Firma gegründet wird. Diese verursacht nur Kosten und
bringt das Projekt auch nicht weiter. Die Studie könnte nach Meinung
Bauers sogar heuer noch vergeben werden, wenn Rosenstrauch von der
Polcarbon endlich von der Idee abgeht, eine eigene Studiengesell-
schaft zu errichten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte veranlasse, dass man vielleicht wirklich
jetzt die Studie vergibt, ohne eine Gesellschaft gegründet zu haben.
Der Handlungsbevollmächtigte der KKWP und Sohn des ehemaligen Ener-
gieministers Waldbrunner fragt mich, wie es jetzt mit den Beschäftigten
weitergehen soll. Er hat noch nichts davon gehört, dass von den 40
10 jetzt im Verband der Elektrizitätswerke Österreichs eine Arbeits-
gruppe für Alternativenergie bilden werden. Die hochspezialisierten
Fachleute hat man seinerzeit überall aus den Gesellschaften, ja sogar
aus dem Ausland zurückgeholt, um in Hinkunft einen Stab für Atomkernkraftwerkeplanung, Errichtung usw. zu besitzen. Man war so überzeugt,
dass hier nichts passieren kann, dass man für diese Beschäftigten, die
sehr gute Verträge haben, nicht einmal Abfertigungsrücklagen in die
Bilanz aufgenommen hat. Waldbrunner ist sehr erfreut von mir zu hören,
dass ich mich gleich bei der ersten Aussprache mit den Vertretern der
Elektrizitätswirtschaft für die Weiterverwendung aller eingesetzt habe.
Was Waldbrunner nur möchte, wäre, dass sie die gleichen Rechte haben,
wie sie jetzt bei der KKWP oder GKS-Gesellschaften vertraglich ver-
einbart sind. Dies kann ich ihm nicht garantieren.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Für die nächste Besprechung mit Bandhauer vor-
merken.
Beim Jour-fixe mit AK und ÖGB berichte ich über die Filmförderung.
Da jetzt zwischen Androsch, Sinowatz und mir beschlossen wurde,
dass das Unterrichtsministerium federführend ist, muss sich auch
die Arbeiterkammer an Sinowatz wenden. Derzeit ist im Entwurf, den
der Gewerkschaftsbund, Sektion Filmschaffende, mit den Unternehmern
ausgearbeitet hat, im Beirat nur der ÖGB und die Handelskammer ver-
treten. Wenn die Arbeiterkammer Sitzungsstimme haben will, muss sie
sich jetzt entsprechend einsetzen.
Zum Ofenheizölverbrauch und deren Versorgungsschwierigkeit bei ein-
zelnen Tankstellen wird von der AK behauptet, dass die Umstellung von
Heizöl leicht auf Ofenheizöl erfolgt ist. Die ÖMV ist eben der Meinung,
dass mehr Geräte verkauft und im Einsatz sind.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lass prüfen, was wirklich geschehen ist.
Die AK nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die Grenze für die
Einfuhrscheine Textil von 4.000 Schilling nicht auf 10.000 Schilling,
wie die Handelskammer wollte, erhöht wird. Die Aufsplitterung ist
natürlich möglich, doch bei jeder höheren Grenze umso leichter.
Nachdem ich mit Präsident Czettel über die Zustimmung der Arbeiterkammer
zur Milchpreiserhöhung mit 1. Jänner neuerdings gesprochen habe, werden
Zöllner und Blaha sich überlegen, ob sie nicht doch der amtlichen Preis-
regelung zustimmen können. Am Montag wird zwischen den Interessens-
vertretungen für die Paritätische Kommission die Belastung für alle
anderen Milchproduktevereinbarungen getroffen werden. Auf den Milch-
gipfel wurde zwischen Haiden und den Bauern vereinbart, 50 Mio Schil-
ling für Exportverluste in die Verbraucherpreiserhöhung einzubauen.
Trotzdem glaubt Blaha, kommt er mit 30 Groschen Trinkmilchpreiser-
höhung inklusive 10 Groschen Abgabe für diese Exportvergütung aus.
In diesem Fall schlage ich ihm vor, müsste er in der Preiskommission
unbedingt zustimmen. Wenn die Arbeiterkammer nämlich gegen die Preis-
erhöhung stimmt, dann befürchte ich, wird dies ein gefährliches Prä-
judiz für das Verhalten der Handelskammer bei zukünftigen amtlichen
Preisfestsetzungen sein.
AK und ÖGB nehmen meinen letzten Vorschlag an, GD Seidl die Er-
mächtigung zum Abschluss zu geben, wenn es zu keinem Abschluss
kommt, dann die Preisregelung mit 92 Groschen festzusetzen, zur
Kenntnis. Wenn Seidl erfolgreich ist, wird die Preiskommission nur
die fixierten neuen Verträge zur Kenntnis nehmen, ohne dass ein Preis-
bescheid erfolgt.
ÖGB und AK sind mit der Regelung der EFTA zufrieden, dass bei der
nächsten Sitzung der Minister vorher das Konsultativkomitee Gelegen-
heit hat, mit den Ministern ein Gespräch zu führen. Dies ist eine
Forderung der norwegischen Gewerkschafter, den sich aber alle anderen
angeschlossen haben.
Zöllner urgiert, dass das ÖPZ, wo die Arbeiterkammer auch beteiligt ist,
im nächsten Jahr dieselben Aufträge und Budgetmittel als Subvention
bekommen soll, wie heuer.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte das Nötige veranlassen.
Kienzl berichtet, dass die Nationalbank nur daran denkt, eine autonome
Währungspolitik gegenüber dem europäischen Währungssystem zu führen
wie bisher. Eine Assoziierung käme deshalb nicht in Frage, weil
Österreich auch dann nur auf die kurzfristige 45-Tagehilfe zurück-
greifen könnte und nicht am Währungstopf beteiligt wäre. Eine Assoziie-
rung würde uns daher keinen besonderen Erfolg bringen. Wie weit die
europäische Währung dann mehr ist als nur ein optischer Erfolg von
Schmidt und Giscard d'Estaing, bleibt abzuwarten.
Mit Direktor Wohlmeyer, Kartoffelverwertung Gmünd, verhandeln Plesch
und ich im Parlament am Abend stundenlang. Wohlmeyer behauptet, dass
alle unsere Besprechungen über das Ölsaatenprojekt sofort den Ameri-
kanern bekanntgegeben wurden. Er wird mir, wie er verspricht, die ent-
sprechenden Unterlagen liefern. Er selbst hätte ein einziges Mal mit
Dir. Seda vom Konsum mit dem amerikanischen Handelsrat Thuroczy und
Stuppmann in der US-Botschaft in Wien gesprochen. Dabei hätte er eben-
falls wieder festgestellt, dass, um es krass auszudrücken, alles den
Amerikanern verraten wird. Wohlmeyer möchte eine eigene Handelsstrate-
gie auch gegenüber den Amerikanern jetzt entwickeln.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Dränge bitte auf alle diese Unterlagen.
Wohlmeyer behauptet, dass alle 10 Jahre das Ölsaatenprojekt in Angriff
genommen wurde, um dann zu scheitern: 1958, davon weiss ich überhaupt
nichts, 1968, die Unterlagen waren ihm bekannt und er wundert sich,
wieso dies uns nicht früher mitgeteilt wurde, und derzeit, 1978, wo
die Amerikaner wieder ein ähnliches Spiel wie in der Vergangenheit
spielen. Dagegen möchte sich Österreich mit einer Konzeption wehren,
die er noch mit Plesch und einem kleinen Kreis von Vertretern der da-
von betroffenen Ministerien ausarbeiten will.
Präs. Sallinger fragt mich zuerst unter vier Augen, ob er in der ÖVP
etwas unternehmen sollte, damit das Europäische Patentübereinkommen
doch noch heuer ratifiziert wird. In weiterer Folge wird dann sogar
Präsident Dittrich von der Wiener Handelskammer zugezogen, der dezidiert
erklärt, wenn unser Präsident Sallinger dem Handelsminister etwas ver-
sprochen hat, dann muss dies gehalten werden. Der Vorsitzende des Unter-
ausschusses, Staudinger, der nachher dazugerufen wird, ist sehr un-
glücklich, weil er ja auf Weisung des ÖVP-Klubs die letzten Verhand-
lungen so geführt hat, damit unter gar keinen Umständen heuer noch
das Übereinkommen ratifiziert werden kann. Am interessantesten für mich
ist der Auftritt Königs, der dann letzten Endes auch dazugerufen wird.
Mussil fragt ihn scharf, wieso er gegen die Ratifizierung im heurigen
Jahr sei, worauf dieser sofort erklärt, er macht alles, was sie wollen,
prompt wird daher, ohne dass ich mich besonders anstrengen muss, nach
längerer Verhandlung beschlossen, der Handelsausschuss kommenden
Dienstag wird gleich bei Beginn kurz unterbrochen, der Unterausschuss
stellt fest, die Ratifizierung ist notwendig, keine Experten werden
mehr gehört usw. und das Ganze wird dann im Nationalrat am 17. Dezember
beschlossen. Die ÖVP dürfte es jetzt doch mit der Angst zu tun bekommen
haben, dass ein Nichtbeitritt den schlechtesten optischen, aber sicher-
lich auch noch moralischen und materiellen Nachteil für Österreich
bringt. Klubobmann Fischer, den ich über das Ergebnis informierte, wo
gleichzeitig auch Klubobmann Mock zufällig dazu kam, meinte, ich sollte
lieber in die Präsidialverhandlung jetzt gehen, denn mit den Sozial-
partnern sei alles von mir bestens ausgepackelt, da braucht er nichts
mehr dazu beitragen. Klubobmann Mock wieder meinte, er hätte, als dieses
Problem an ihn herangetragen wurde, gemeint, das wird Staribacher mit
den Sozialpartnern schon hinbringen, da braucht er sich nicht dreinzu-
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mischen. Scheinbar hätten jetzt die Sozialpartner dort gesiegt, ich glaube
aber, dass es andere Gründe gibt, obwohl Sallinger jetzt sicherlich
erklären wird, dass dies der ausschliessliche Grund des Wandels vom
ÖVP-Klub gewesen ist.
Tagesprogramm, 7.12.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)