Dienstag, 12. Dezember 1978
Die Brüder Wintersteiger aus Braunau erzeugen, auf Steyr-
Motoren und Geländefahrzeugen aufgebaut, Hubstapler. Der
Manager, ein gewisser Lenauer, hat nun mit Ägypten ein joint
venture abgeschlossen. 400.000 ägypt. Pfund werden in Form von
Grundgebäuden 51% der Gesellschaft von der ägyptischen Staats-
firma Terfana , 49% durch 50.000 Pfund für Maschinen, 100.000
Pfund für das know how und 50.000 Pfund für sapporising , d.h.
zwei Mann werden nach Ägypten auf Kosten der Firma gesendet.
184.000 Pfund sollen Warenlieferungen sein. Angeblich finanziert
das angeblich alles die "Z" aus ihrer Filiale in Vöcklabruck.
Die bisherige Sparkasse kann sich nämlich nicht dazu entschliessen,
weil sie dem zweiten Besitzer dieser Firma, Rehberger, zuneigt,
der sich mit Wintersteiger zerstritten hat. Die 60 Beschäftigten
sollen mit den Ägypten-Aufträgen ausgelastet werden. Lehnauer,
ein jetzt aus einem Jahr Untersuchungshaft Entlassener, hatte vorher
in Saudi-Arabien grosse Lieferungen mit Steyr-Daimler-Puch Trakto-
ren eingeleitet. Da er diesen 84 Mio Schilling-Auftrag nicht er-
füllen konnte resp. die Steyr-Daimler-Puch AG sich benachteiligt
fühlte, wurde er in Untersuchungshaft genommen. Der eine Bruder
Wintersteiger's hat in Ägypten bei den Flugzeugproduktionen von
Nasser mitgearbeitet. Ich habe sie gleich darauf aufmerksam ge-
macht, dass sie ein ungeheures Risiko eingehen. Herold wird ihre
Wünsche entsprechend nach Informationen usw. unterstützen. Dies
wäre nach der Firma Maculan das zweite joint venture, das mit Ägyp-
ten abgeschlossen wurde.
Blaha teilt mir mit, dass die Besprechungen im Milchwirtschafts-
fonds gescheitert sind. Die Handelskammer hat die Erhöhung der
Milchkleinhandelsspanne von 8.9 auf 12% verlangt, was eine 18 Groschen
zusätzliche Verteuerung bringen würde. Bei Butter soll um 2 Schil-
ling die Spanne erhöht werden, die Käsespanne für den Grosshandel
von 8% auf 10%, für Kleinhandel von 23 auf 25% bei offenem Käse und
einheitlich auf 23% bei den normalen Käsesorten, die vorverpackte
Ware von 13% bis 18%, jetzt nur mit 18%. Ja selbst der Transport-
kostenausgleich von 60 Groschen soll auf 1.16 erhöht werden, wel-
ches den Transportausgleichfonds mit 25 Mio Schilling belasten würde.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Handelskammer jetzt
unter allen Umständen, da es sich nur um den Abbau der Stützun-
gen handelt, wo die Landwirtschaft nicht primär interessiert ist,
jetzt ihre Forderung mit Gewalt durchsetzen möchte, selbst wenn
es zum Scheitern der Verhandlungen kommt. Ich fürchte diesmal
wird es furchtbar schwierig sein, einen Konsens zu erreichen.
Diesbezüglich habe ich dann mit MR Kurzel gesprochen, der im Preis-
vorverfahren schon erklärte, es müssten jetzt alle Anstrengungen
unternommen werden, um so schnell als möglich, nämlich vor Weih-
nachten, noch zu einem Ergebnis zu kommen. Der Milchwirtschafts-
fonds hat jetzt eine Berechnung für Haiden gemacht, wo der Milch-
preis um 50 Groschen erhöht werden soll. Die Arbeiterkammer war
nicht einmal bereit die vorgesehenen 40 Groschen zu akzeptieren,
sondern glaubte mit 30 Groschen das Auslangen finden zu können.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte kläre, was das Landwirtschaftsministerium
im konkreten beabsichtigt.
Der indische Industrieminister Fernandes ist an 3 grossen Projekten
interessiert. Mit Steyr-Daimler-Puch möchte er eine Kooperation
haben, da sie derzeit 60.000 Traktoren, 60.000 Lastkraftwagen, 40.000
Autos erzeugen und wesentliche Produktionssteigerung durch Koope-
rationen möchten. Zweitens schwebt ihm vor, dass für die Papier-
und Zellulosefabriken, wo sie 100.000 Tonnen derzeit erzeugen,
sobald als möglich 1 Mio Tonnen erzeugen sollen. Dafür sind für
4 Mia Schilling Investitionen vorgesehen, welche von den Firmen
Voith und Andritz usw. genützt werden sollten. Das dritte grosse
Projekt ist drei Stahlfirmen mit 1.5 Mio Tonnen auf 4 Mio Tonnen
auszubauen. Das wird ca 4.5 Mia Dollar kosten. Insgesamt werden im
5-Jahresplan 180 Mia Dollar aufgewendet. Die jetzt aufgezählten
Projekte sollen aber ausserhalb des 5-Jahresplanes zusätzlich
finanziert werden. Im schwebt vor ein soft loan, d.h. also ein
verbilligter Kredit von maximal 3%. Hier erklärte ich, wird es die
grössten Schwierigkeiten geben. Wenn dafür aber einer zuständig ist,
dann Staatssekretär Nussbaumer, der bei der Sitzung anwesend war,
weil nur mit Hilfe der Entwicklungshilfe wir eine solche Konstruk-
tion zustande bringen können. Nussbaumer hat an meiner Stelle dann
Fernandes zum Essen eingeladen, weil ich zu dem stellvertretenden
Präsidenten von Irak gehen musste.
Bevor die Iraker noch kamen, hat Pahr sich mit Recht bei
mir bitter beschwert, dass bei der von uns geforderten Aussprache
mit den Irakern über die Wirtschaftsbeziehungen SChef Gatscha,
der alles organisiert hat, gar nicht zu dieser Sitzung gekommen
ist. Gatscha hat gestern grosse Sprüche getan, Kreisky ihn aufge-
fordert die Verhandlungen zu führen, er Kreisky sogar gesagt, dann
wird er von einer Aufsichtsratssitzung fernbleiben und hat dann
heute doch Bodo Beelitz nur geschickt. Dieser hatte keine blasse
Ahnung, um was es gegangen ist. Ich selbst hatte, da mich vor dem
Ministerrat Rösch noch aufmerksam machte, dass die Steyr-Daimler-
Puch 1.000 Pinzgauer verkaufen wollen und könnten, schnell noch
den Handelsministerium-Vertreter Herold informiert. Niemand wusste
aber etwas von diesem Geschäft, auch die Iraker nicht. Dass in der
irakischen Delegation ein Vertreter mitkommt, der die Akkreditive
eröffnen wird resp. den schon abgeschlossenen Vorvertrag oder besser
gesagt vielleicht sogar Vertrag jetzt effektuiert, war eine Fehl-
meldung. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Herold mich unverzüg-
lich verständigt, ja vielleicht sogar aus der Sitzung anruft, um
diese Information sofort an mich weiterzuleiten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sorge, dass das nächste Mal der Kontakt
besser funktioniert.
Kirchschläger machte mit Recht, mir und Pahr gegenüber ganz besonders,
die Bemerkung, man soll halt nicht so viele Leute einladen, wenn
man sich dann nicht um sie richtig kümmert. Auch ich muss, glaube ich,
sehr aufpassen, dass nicht zu viele Minister jetzt zusammenkommen
und dann bei uns genau dieselben Fehler passieren, wie ich sie jetzt
bei etlichen Einladungen von anderen Ministerien, insbesondere vom
Bundeskanzleramt, feststellen kann resp. Pahr glaubt feststellen
zu müssen.
Im Bundesparteivorstand konnte ich leider nur kurze Zeit anwesend
sein, weil ich dann sofort zur Fraktion des Handelsausschusses gehen
musste. Kreisky hat einleitend gleich mit der Frage Unvereinbar-
keit Androsch und Präsidiumsbeschluss referiert. Wie mir dann einige
Parteivorstandsmitglieder, die ich abends dann fragte, mitteilten,
wurde sehr freimütig über dieses Problem gesprochen, aber keine
Kritik mehr dann in keiner Richtung laut. Jeder war scheinbar froh,
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dass diese Frage zumindestens formell erledigt ist. Wichtig
für mich war nur eine Diskussion über die Abschreibungsmöglich-
keit des Verlustes der Gesellschaften, die an Zwentendorf beteiligt
sind. Hier hat insbesondere Landeshauptmann Wagner und Stellvertre-
ter Frühbauer für die KELAG erklärt, sie könnten nicht akzep-
tieren, dass die 10-jährige Aufteilung jetzt von Kreisky abge-
lehnt wird. Kreisky selbst steht nach wie vor auf dem Standpunkt,
man darf den Landesgesellschaften jetzt nicht entgegenkommen, denn
sonst spürt die ÖVP überhaupt nichts, dass Zwentendorf durch ihr
Verschulden nicht in Betrieb gehen kann. Androsch selbst soll in
der Diskussion erklärt haben, auf ein paar Wochen kommt es nicht an,
man wird die ganze Frage prüfen und dann sehen, was geschehen soll.
In der Fraktion des Handelsausschusses, aber auch dann in der Si-
tzung von Unterausschüssen und des Handelsausschusses wurde die
Tagesordnung im wahrsten Sinne des Wortes abgespult. Da es gelungen
war die ÖVP doch noch zur Annahme des Europäischen Patentüberein-
kommens zu bewegen, war kein Streitfall mehr und der Handelsaus-
schuss konnte wieder lauter einstimmige Beschlüsse fassen. Vormit-
tag hatte ich noch dem Patentanwalt Collin Möglichkeit gegeben, mit
mir über seinen Vorschlag zu reden. Er hat mir in einem Brief ange-
deutet, er hätte ein Kompromiss, welches er mir nur unter vier Augen
mitteilen kann. Zu meiner grössten Überraschung bestand das Kompro-
miss aber nur darin, dass wir das PZT, d.h. das grosse internatio-
nale Abkommen ratifizieren sollten, aber dafür das europäische
Patentübereinkommen nicht. Dies war kein Kompromiss, sondern aus-
schliesslich ein Weg, der auch von den ÖVP-lern jetzt nicht mehr
vertreten wurde.
Bevor wir die Sitzung im Handelsausschuss begonnen haben, hat mich
noch Abg. Stix gebeten, mit ihm einige Abänderungvorschläge sowohl
zum Kernkraftverbotsgesetz als auch zu den anderen Gesetzen zu be-
sprechen. Zur Kernkraft machte er Abänderungsanträge, die sach-
lich begründet waren, bereits aber durch entsprechende Abänderungs-
anträge von Wille zu seinen Initiativantrag berücksichtigt waren. Es ge-
lang deshalb letzten Endes über alles, den Gesetzestext und den Aus-
schussbericht, einstimmig Beschlüsse zu fassen. Der Ausschussvorsit-
zende Staudinger war über die Ergebnisse überrascht und sehr erstaunt,
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aber auch sehr erfreut. Vor etlichen Wochen hatte er noch nicht
gedacht, dass auch dieses Problem einstimmig letzten Endes vom
Ausschuss beschlossen wird. Er entwickelt mit der Zeit densel-
ben Ehrgeiz, den ich schon seit 1970 habe, nämlich durch die Kon-
senspolitik durch keine Kampfabstimmungen zu kommen. Bis jetzt
waren wir beide in dieser Beziehung erfolgreich.
Tagesprogramm, 12.12.1978
Tagesordnung 143. Ministerratssitzung, 12.12.1978
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