Freitag, 22. Dezember 1978
Der csl. Handelsrat Chrust bringt eine gedruckte Glückwunsch-
karte von Aussenhandelsminister Barcak. Ich diktiere sofort einen
Glückwunschbrief an Barcak und gebe ihn Handelsrat Chrust mit.
Bei dieser Gelegenheit erzählt er mir, dass er jetzt in der CSSR
war und über die neuen Projekte der Vöest mit den Verantwortlichen
in Mährisch Ostrau und auch Prag gesprochen hat. Die Vöest ist
auch mit den neuen Anlagen zu teuer. Er befürchtet, dass genauso wie
bei dem grossen Projekt in Ruschon Berg Deutschr-Rosenburg die
Finnen zum Zuge kommen können. Diese haben einen wesentlich
günstigeren Preis und bei den Bauten als Sublieferanten die
Polen eingeschaltet. In Österreich hat sich auch Andritz um das
Projekt beworben. Wieder einmal konkurrenzieren sich zwei
österr. Firmen und ein Dritter wird der lachende Dritte sein.
Nach seiner Meinung wäre es dringend notwendig, dass die Vöest
endlich jetzt nach Paskov fahren würde, um mit den Verantwortlichen
dort zu sprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Vöest sofort verständigen und Verbindung
mit Apfalter herstellen.
Dir. Arthold von der Verbundgesellschaft geht heuer in Pension,
hat hatte das unbedingte Bedürfnis, sich von mir zu verabschieden.
Da Arthold in den letzten Jahren hart kritisiert wurde, seine
eigenen Leute haben ihm teils Unfähigkeit vorgeworfen, wollte er
mir jetzt die Situation und insbesondere seine letzte monatliche
Tätigkeit genau schildern. Tatsache ist, dass Bandhauer mit
Arthold, nachdem Zach erkrankt war und Erbacher gestorben ist,
sehr gut zusammengearbeitet hat. Dies habe ich Arthold sofort
mitgeteilt. Insbesondere habe ich unterstrichen, dass ein Gene-
raldirektor Bandhauer sehr wohl mit einem VP-Mann zusammenarbeiten
kann, wie dies in den letzten Monaten zur grössten Zufrieden-
heit aller geschehen ist. Sollte in Hinkunft, was möglich , aber
hoffentlich nicht zutrifft, er mit dem derzeitigen Gen.Dir.-Stv.
Zach nicht diese Kooperation finden, dann ist der Beweis für mich
eindeutig erbracht, dass es dann an Zach liegt. Jetzt hat ein roter
Generaldirektor mit einem schwarzen Stellvertreter Arthold bestens
kooperiert.
Der Zufall wollte es, dass zwei Ministerialräte, nämlich
Fischer und Rameder, zu Abteilungsleitern bestellt werden. Im
"Jahr – nach – der Frau", so die vorjährige UNO-Devise, werden
jetzt endlich auch Frauen bei uns zu Abteilungsleitern. Beide
wurden von der Kommission einstimmig vorgeschlagen. Natürlich
nützte ich gleich die Gelegenheit, um die anwesenden Personal-
vertreter Engelmayer und Herold zu fragen, ob sie irgendwelche
Wünsche, Anregungen und Beschwerden haben. Beide sagten zwar
im Prinzip sehr wohl, doch im Konkreten wollten sie über diese
bei dem jetzt feierlichen Anlass nicht sprechen. Für mich ist
nur entscheidend, dass ich immer wieder bei jeder Gelegenheit
sie frage, ob sie mit der Entwicklung zufrieden sind und dies
konnten die beiden vor allem bei den beiden jetzt Ernannten
keinesfalls abstreiten. Natürlich habe ich erwähnt, dass insbesondere
Bestellung der Frau Min.Rat Rameder die Handelskammer den grössten
Druck auf mich ausgeübt hat, damit auch, wenn die Kommission anders
entschieden hätte, Rameder die Abteilung bekommen muss. Sollte
in irgendeiner Form im Parlament oder sonst wo die Personalpolitik
von mir kritisiert werden, dann wird das Beispiel Rameder für mich
unbezahlbar sein. Noch niemals wurde so heftigst und so dezidiert,
ja fast erpresserisch in einer Personalangelegenheit bei mir
interveniert. Das Schöne oder Gemeine daran war, dass Sallinger
unsere – wie er sich ausdrückte – Freundschaft davon abhängig
machte.
Dir. Schuster von IBM, gleichzeitig Aufsichtsrat-Stellvertreter
bei der Hirtenberger Patronenfabrik, noch aus der Zeit des ehe-
maligen Besitzers Mandl, sprach wieder wegen der Vergabe von
Heeresaufträgen an die Fa. Assmann vor. Die Hirtenberger wären be-
reit, dem Assmann, wenn er nicht in Radmer seine Munitionsfabrik
für Geschützmunition errichtet, sogar Millionenbeträge Ablöse
zu bezahlen. Hirtenberg fürchtet bei einem Umsatz von 350 Mio S,
wovon sie 180 Mio exportieren müssen, diese harte inländische
Konkurrenz; für 2 Munitionsfabriken ist in Österreich kein Platz.
vor allem aber erwartet die Hirtenberger, dass wenn jetzt die
zweite Munitionsfabrik in Radmer Geschützmunition erzeugt, ihre
Investition, die auch Dutzende Millionen gekostet hat, wertlos ist.
Was die Hirtenberger verlangen, ist, dass unter allen Umständen
die Geschützmunition-Aufträge ausgeschrieben werden. Die jetzige
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Produktion in Hirtenberg hat nur einen Anteil von 40 Mill.
Importe für Pulver, Zündmechanismus usw. 100 Mill. werden
aus dem Inland dazu verwendet. Schuster macht dann auch
noch einen letzten Versuch und meint, die beabsichtigten Bunker
für die fertige Munition in dem Stollen von Radmer seien vom
Sicherheitsstandpunkt aus abzulehnen. Hier gibt es entsprechende
Gutachten, die auf die Gefahr hinweisen, wenn man dort in dieser
Art wie beabsichtigt Munition lagern will. Nach Meinung der
Hirtenberger gibt es eine einzige Methode, ein neues Bunkerwerk
dort zu errichten, wo am Talende die notwendigen Munitionsmengen
gelagert werden. Für den Bau und für den Betrieb wären dort unge-
fähr 50 Personen notwendig. Genau für diese Tätigkeit könnte
und sollte man die Bergarbeiter, die jetzt stillegen, verwenden.
Ich verspreche Schuster, mit Rösch darüber zu reden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte von der Industriesektion eine
genaue Aufstellung nach Rücksprache mit Hirtenberg für Rösch
ausarbeiten lassen.
Dr. Hlawac, ORF, wollte mit mir ein Interview über Energie-
sparen. Zu meiner grössten Verwunderung war auch vom Kurier
Frau Gröbmannsberg anwesend. Beide sind, wie mir Haffner dann
sagte, zufällig zusammengekommen. Gröbmannsberg hat natürlich
war nicht mehr den Raum verlassen, sondern Hlawac nur versprochen,
wie wird alle Details resp. den Artikel erst zu dem Zeitpunkt
veröffentlichen, wo Hlawac ihr freigibt. Ich bin sehr gespannt,
ob sie sich wirklich an diese Vereinbarung hält.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte lass dies von der Presse-Abteilung
genau prüfen.
Min.Rat Dinzl, der jetzt als Konsulent für die Bundeshandels-
kammer auf dem Textilsektor weiter tätig ist, ist wirklich unent-
behrlich. Sein Bericht über die Verhandlungen mit Jugoslawien
zeigt ganz deutlich, dass er wirklich eine zweckmässige und
richtige Linie vertritt. Die Handelskammer wollte die 10 Mill.
billigen Hemden-Importe auf Jugoslawien stoppen. Insgesamt
importieren wir ca. 40 Mill. aus Jugoslawien. Gleichzeitig
aber exportieren wir Gewebe, Garne, Stickereien nach Jugoslawien
im Wert von 200 Mill. Wenn jetzt tatsächlich wir diese billige
Hemden aus Jugoslawien verboten hätten einzuführen, wären sicher-
lich Retorsionsmassnahmen gekommen, welche unsere Textil-
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industrie schwer geschädigt hätten. Die Hemden kosten aus
Jugoslawien 3 Dollar, gleichzeitig aber werden über die
Schweiz dieselben Hemden nach Österreich mit 2 Dollar exportiert.
Jugoslawische Direktverbote hätten also gar keinen Effekt.
Dinzl hofft, dass es ihm gelingen wird, die Handelskammer
davon zu überzeugen, dass sie eben jetzt nicht solche Mass-
nahmen verlangen sollte. Wahrscheinlich wird der Handel ein
Minderheitsgutachten an die Stellungnahme der Handelskammer
anschliessen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass dies genau prüfen.
Das Patentamt feiert mit Anfang nächsten Jahres sein 80-jähriges
Bestehen. Zuerst war nur geplant, dass ich in einem Schreiben,
das jetzt bereits am Schwarzen Brett hängt, allen Bediensteten
danke. Darüber hinaus hat man mit 8. Jänner ein Sonderpostamt
eingerichtet und im Technischen Museum werden die Patentschriften
zu den entsprechenden Projekten, die dort ausgestellt sind,
in einer Sonderschau zu sehen sein. Welser, Koppe und Burian
haben jetzt die Patentamtsleitung davon überzeugt, dass es
zweckmässiger ist, wir machen eine grosse Aktion. Die Patent-
amtsleiter von Europa sollen zu einer Enquete eingeladen werden.
Gleichzeitig wird auch eine neue Aktion für Klein- und Mittel-
betriebe gestartet. Man hofft, dass die Zentralsparkasse in
ihrer Innovationspolitik bereit ist, 100.000 S pro Jahr
für Recherchen von Klein- und Mittelbetrieben zuzuschiessen.
Die Recherche kostet ca. 4.000 S, wenn die Z 2.000.– S
dazuzahlt, also die Hälfte übernimmt, können 50 Recherchen
im Jahr gemacht werden und mehr fallen sicherlich nicht an.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Z die Gespräche aufnehmen.
Gen.Dir. Bandhauer von der Verbund ist nach wie vor sehr be-
ängstigt über die Entwicklung bezüglich der Abschreibung der
Verlustvorträge aus der GKT. Das Kernkraftwerk macht ihm noch
immer grosse Sorgen. Auf der einen Seite weiss er, dass früher
oder später das Kernkraftwerk in Betrieb gehen wird, auf der
anderen Seite muss er aber jetzt Ersatzenergie durch Errichtung
des Gas-Öl-Kraftwerkes aufnehmen. Androsch hatte ihm die
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kalte Schulter gezeigt, als er dieses Problem, nämlich
die Verlustvorträge mit ihm besprechen wollte. Ich glaube
auch, dass wenn jetzt überhaupt im Frühjahr Wahlen sind,
niemand dieses Problem noch im Nationalrat wird lösen.
Eine weitere Möglichkeit gäbe es, dass die Sondergesell-
schaften ihr Kapital herabsetzen, die Mehrerlöse dem Bund als
Eigentümer geben und dieser dann dies zur Verlustabdeckung
bei der Verbundgesellschaft verwendet. Dafür ist aber ein
Budgetüberschreitungsgesetz notwendig. Ich erkläre sofort,
ich kann mir nicht vorstellen, dass der Finanzminister ein Budget-
überschreitungsgesetz im Frühjahr ausschliesslich für die
Verbundgesellschaft macht. Die Wirtschaftsprüfer müssen bei
Prüfung der Bilanz 1978 der Verbundgesellschaft halt einen
eingeschränkten Bestätigungsvermerk machen. Wenn die Verbund-
gesellschaft die 350 Mill. S, die derzeit für die Elektrizi-
tätsförderung im Budget vorgesehen sind, ausschliesslich bekommt,
dann könnte man über diesen Weg auch die Wirtschaftsprüfer dazu
bringen, eine entsprechende günstige Aussage für die Verkraftung
der aus dem Kernkraftwerk entstandenen Verluste zu machen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit dem Finanzministerium von der
Energiesektion diese Möglichkeiten prüfen.
Min.Rat Willenpart ist direkt vom Flugzeug ins Ministerium
gekommen, um mir zu berichten. Darauf habe ich grössten Wert
gelegt, denn bis jetzt wurden diese ganzen Verhandlungen eigentlich
ohne sehr konkrete Kontaktnahme mit uns geführt. Willenpart hat
zwar lobenswerterweise des öfteren Plesch angerufen, um ihn
über den Stand der Verhandlungen zu informieren. Willenpart hat
tatsächlich einen sehr guten Abschluss getätigt. Von den
österr. Exporten in die USA mit ca. 200 Mill. $ sind
40 % von Zollsenkungen betroffen. Bei den Importen Österreichs
aus den USA mit ca. 130 Mill. $ sind es nur 30 %, die Amerikaner
haben dabei aber die GATT-Zölle als Grundlage genommen. Unberück-
sichtigt blieben die Bindungen und auch nicht die §-6-Zoll-
ermässigungen. Nach Berechnungen den österr. Finanzministeriums
sind es daher nicht 30 %, sondern nur 10 %. Natürlich hat
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Willenpart erklärt, diese Berechnung dürfte niemals
bekannt werden. Darüber hinaus hat Willenpart auch mit
allen Beteiligten, auch den Kammern, die stets bei diesen
Besprechungen dabei sind, vereinbart, dass sie unter gar
keinen Umständen das Ergebnis bekanntgeben dürfen. Da es
gegenüber den anderen Ländern Schweden, Schweiz usw. äusserst
günstig ist, würden die Amerikaner dann eventuell bei der
Finalisierung diese Vereinbarung wieder rückgängig machen.
Mir unerklärlich ist, dass die Amerikaner ein Anbot, die PKW-Zölle
von 29 auf 27 % GATT-mässig zu senken, so grossen Wert gelegt haben.
Da sie heute einen Anwendungszoll von 20 % haben, jetzt sogar
immer darauf drängen dieselben Begünstigungen wie die Russen
zu bekommen und sie auch erhalten haben, erscheint dieser
Erfolg als minimalst. Tatsächlich kriegen die Amerikaner
jetzt den 4 %igen Anwendungszoll, wenn die Autos 17 % Boden-
abstand und eine gewisse Blechstärke haben. Der wirklich grosse
Erfolg von Willenpart war aber, dass er auf dem Landwirtschafts-
sektor die Käsekontingent mit 7.850 to festsetzten wollte.
Ursprünglich war nicht einmal die Hälfte beabsichtigt. Bei
Fleisch werden wir in Hinkunft für die Restaurants 300 to und
in 8 Jahren ca. 600 to uns verpflichten zu übernehmen. Derzeit
importieren wir 1.500 to, allerdings von anderer Qualität und
Provenienz. Willenpart mit dem vom Statedepartement zuständigen
Agrarpolitiker, der bei Strauss arbeitet, ein gewisser Starkey,
zweimal unter vier Augen gesprochen, einmal bei einem Abend-
essen und ein anderes Mal beim Frühstück. Starkey hat mit
aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass das Pflanzenölabgabe-
gesetz unter gar keinen Umständen in Kraft treten dürfte.
Er meinte, es müsste eine Erklärung abgegeben werden, dass
dies nicht weiter verfolgt wird. Nur von einer zufriedenstellenden
Regelung auf diesem Gebiet würden die Amerikaner in Hinkunft
weiter ihre Politik gegenüber Österreich ausrichten. Willen-
part erwähnte, dass in einem Unterausschuss des Finanzaus-
schusses die Frage jetzt liegt und suspendiert wurde. Er
wird auf alle Fälle nur ein GATT-konformes Vorgehen befür-
worten. Vorwürfe an Österreich seien unbegründet, denn man
hätte bis jetzt sich immer GATT-konform verhalten. Starkey, aber
auch der Verhandlungsleiter Bale, der nur machte, was
Starkey ihm genehmigte, erwähnte, dass Österreich bis jetzt
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kein Interesse an der Tokio-Runde gezeigt hat. Die Delegation
wurde nicht aufgestockt und man hat mit Amerika sehr spät
zu verhandeln begonnen. Willenpart erwähnte dagegen mit Recht,
dass es immerhin Österreich ist, das an zweiter Stelle nach
dem Abschluss mit Japan jetzt bereits mit den Amerikanern ab-
geschlossen hat. Alle Gegenkonzessionen auf dem Landwirtschafts-
sektor hat Willenpart sehr geschickt den Vertreter der Landwirt-
schaftskammer vortragen lassen. Die wirkliche Verzögerung bei den
Verhandlungen ist auf die Stellungnahme der Handelskammer zurück-
zuführen, die keine Anbote machen wollte. Sie mit ihren Fach-
verbänden Schwierigkeiten gehabt und hat deshalb selbst in der
interministeriellen Besprechung im Juli noch immer keinerlei
Ergebnisse zur Kenntnis nehmen wollen oder, besser gesetzt ,
keine Gegenkonzessionen erstellt. Ich habe Willenpart für
die wirklich sehr gute Verhandlungsführung vor allem für den
Erfolg herzlichst gratuliert. Willenpart ist sicherlich ein
sehr selbständig agierender Ministerialrat, er hat z.B., wie ich
feststellen konnte, nicht einmal seinen Sektionschef Meisl
entsprechend zeitgerecht und allumfassend informiert. Willen-
part hat aber eine sehr gute und stark dotierte Abteilung und
ist wirklich imstande, Ergebnisse zu erzielen. Für mich inter-
essant war, dass als Willenpart bereits mit seinen Leuten in
Genf war, die Handelskammer bei mir intervenierte, man müsse
doch endlich diesen Mann stärker ins Ausland senden, um die
Verhandlungen dort besser führen zu können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Versuche einmal herauszubringen, was
diese Intervention hätte bedeuten sollen.
Tagesprogramm, 22.12.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)