Donnerstag, den 8. Feber 1979
Sallinger teilt mir mit, daß die Aussprache mit den Weinbauern
Landesrat Bierbaum war deren Sprecher wegen zusätzlicher Wein-
importe zu keinem Ergebnis geführt hat. Angeblich hat Landwirt-
schaftsminister Haiden den beiden Kammern empfohlen sich über
die Einfuhren 1979 zu einigen. Er selbst hat bis jetzt 8.000 t
Deckwein d.h. Roten zur Aufbesserung resp. Farbverbesserung zuge-
standen. Sallinger war sehr entrüstet und meinte,
ich müßte ihm jetzt unbedingt helfen. Eine Rücksprache mit Haiden
hat ergeben, daß dieser selbstverständlich bereit ist auf die
180.000 GATT-Kontingent eine größere Einfuhrmenge zu genehmigen.
Sollte nämlich Österreich wirklich diese Kontingente nicht an-
nähernd erfüllen dann besteht die große Gefahr, daß auch unsere
Exporte von Wein und andere Agrarprodukte von den Europäischen
Gemeinschaften und anderen Importländern abgelehnt werden. Haiden
wird so schnell als möglich eine Sitzung vereinbaren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lasse Dir einen eingehenden Bericht
vom Haus geben.
Sekt.Chef Jagoda beabsichtigt mit der Handelskammer wegen der
Senkung der Zinssätze für die ERP-Ersatz-Aktion, Hausaktion Exi-
stenzgründung und vor allem Gewerbestrukturverbesserung mit der
Handelskammer, Dr. Bronold unter vier Augen zu verhandeln. Nur bei
der BÜRGES-Stammaktion ist der Zinssatz an die Bankrate gebunden
und beträgt derzeit netto für den Kreditnehmer 4 %. Auf diese
Tiefe muß man hier sagen, kann man bei den anderen Aktionen sicher-
lich nicht kommen, Jagoda wird 3/4 % Senkung verlangen, glaubt
aber, daß es möglich ist von 8 1/2 auf 8 % zu kommen. Für die
möglichen langen Laufzeiten bis zu 12 Jahren für die anderen
Kredite möchte die Handelskammer für ihre Banken eine Indexbindung
erreichen. Hier bin ich nicht bereit ein größeres Zugeständnis
zu machen, denn die Handelskammer soll in sich zwischen den
vielen tausenden Kleingewerbetreibenden und den Barbanken den
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Kreditinstituten selbst eine Lösung ausarbeiten, die eben keine Indi-
zierung vorsieht.
Die Naturkräutler waren bei Jagoda und möchten durch eine Verordnung
aufgrund der Gewerbeordnung entsprechend bessere Verkaufsmöglich-
keiten insbesondere gegen die Apotheker. Diese haben im Gesund-
heitsministerium die größtmögliche Unterstützung. Da diese Ver-
ordnung nur mit dem Gesundheitsministerium gemeinsam erlassen werden
kann, sieht Jagoda keine großen Möglichkeiten. Das Gesundheits-
ministerium wieder wird sich darauf ausreden, daß ein Arzneimittel-
gesetz in Bearbeitung ist, wo die Apothekerfrage eindeutig ge-
regelt wird. Bis dahin muß allerdings Jagoda versuchen, einen Teil-
erfolg für die Kräutler zumindestens zu erreichen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jagoda soll mir einen Alibibrief zumindestens
entwerfen.
Vor dem Parteivorstand habe ich Landeshauptmann Wagner über unsere
Aussprache mit Wild Heerbrugg informiert. Wagner meinte, die Ent-
scheidung, daß jetzt nicht investiert wird und damit die 100 Arbeits-
kräfte zusätzlich unterkommen können, sei für die Beschäftigungs-
lage in Kärnten unangenehm, er persönlich hätte aber nicht sehr
große Hoffnungen auf die Ankündigung der Firma gehabt. Ich ver-
sprach ihm wir werden sehr drängen, daß alle Vorbereitungsarbeiten
getroffen werden, und so schnell als möglich vielleicht doch die
Investitionen zu erreichen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Min.Rat Gröger soll sein möglichstes ver-
suchen.
Landesrat Neuhauser war sehr empört wie er mir mitteilte, über das
Verhalten der Wiener Messe Gen.Dir. Hintschig bei der Internationalen
Messe-Veranstaltung. Neuhauser resp. die Welser Messe hatte fest
damit gerechnet, daß die Zusagen der Wiener, daß Wels als Inter-
nationale Landwirtschaftsmesse anerkannt wird und die Wiener nicht
mehr sich dagegen aussprechen werden, jetzt endlich erfüllt wird.
Gen.Dir. Hintschig hat aber jetzt neuerdings wegen der Messe-Termin-
Überschneidungen sein Wort zurückgenommen und sich gegen die Durch-
führung des Anerkennungsverfahrens ausgesprochen.
Im Parteivorstand hat Marsch zuerst über die Unterbringung der
20 %-igen Parteinotwendigkeiten in den einzelnen Bundesländern
referiert. Als neue Abgeordnete mit teilweiser guten Aussicht
werden die zwei Gewerkschafter Schmidt volkswirtschaftlicher Referent
und Verzetnitsch als Jugendreferent von mir angenommen. In Wirk-
lichkeit wird natürlich das Wahlergebnis die möglichen Mandate die
wir letzten Endes ins Parlament schicken können entscheidend sein.
In manchen Bundesländern wird es zu einer starken Ablöse der bis-
herigen Nationalräte kommen, in Wien aber werden die alten alle
wieder kandidieren. Für Hatzl kommt jetzt sofort Arbeiterkammer-
präsident Czettel und in Wr. Neustadt für Heßl der Gemeindebedienstete
Zottl. Heßl hat wegen einer läppischen Affäre als er Obmann wurde,
hat er sich die Abfertigung von 60.000 S selbst genehmigt, die ihm
nach seiner Meinung als Sekretär zugestanden sind, das Vertrauen
seiner Funktionäre verloren, wurde als Obmann abgewählt und verliert
damit auch das Nationalratsmandat.
Kreisky berichtete über die Wirtschaftslage und da im Besonderen
über seine Bemühungen zur Sanierung von Judenburg. Seiner Meinung nach
haben die Banken in ihrer Konzernpolitik überhaupt keine Konzeption.
Erst seit Vranitzky in der CA ist, ist eine leichte Besserung fest-
zustellen. Für die Firma Eisert gibt jetzt zwar die Länderbank einen
Kredit, dieser aber ist garantiert durch Niederösterreich und das
Sozialministerium wodurch eigentlich der Gen.Dir. der Länderbank
Erndl keinerlei Risiko eingeht. Kreisky meint, ohne daß sich der
Landeshauptmann-Stellvertreter Ludwig in Positur setzen kann, da
ja sie jetzt ebenfalls mitwirken, hätte Erndl dies schon längst
tun müssen. In Judenburg hat der Vorstand vollkommen versagt, man
darf doch nicht ernstlich eine Konzeption entwickeln, wo 1.200
Arbeiter überflüssig werden. Stadtrat Mayr meinte, man hätte jetzt
in VEW Vereinigte Edelstahlwerke Konzern die Parole herausgegeben,
der Wiener Betrieb wird stillgelegt. Dazu meldete sich dann der
Zentralbetriebsratsobmann von VEW Landesrat Gruber und meinte, dies
sei nicht der Fall, doch war es ein großer Fehler von Böhler seiner-
zeit die Trauzl-Werke zu erwerben und Produktionen von Kapfenberg
nach Wien zu geben. Kreisky hofft die Sanierung mit den zu er-
wartenden großen Autoproduktionsstätten von General Motors in
Judenburg durchführen zu können. Das wirkliche Problem ist aber,
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wie mir Weissenberg versicherte, daß man in Judenburg um 10,- S einen
höheren Lohn bezahlt als er sonst in den Vereinigten Edelstahlwerken
und in der gesamten Stahl- und Eisenindustrie üblich ist. Niemand
wird dort also eine preiswerte Produktion, wenn nicht gleichzeitig
eine Lohnreduzierung erfolgt durchführen können. Neue Betriebe, die
hinkommen werden nicht bereit sein diese hohen Stundenlöhne des
VEW Judenburg zu bezahlen.
Neuerdings hat Kreisky auf seine Konzeption basierend auf die
Meinungsumfrage nichts ist unbeliebter als eine Regierung Taus - Götz
verweisen wonach niemand auch nur andeuten sollte, daß eine Koali-
tion mit irgend jemand geben kann. Er ist davon fest überzeugt, wir
müssen die absolute Mehrheit verlangen, nach der Propaganda wie
Charly Blecha dann noch im einzelnen erörterte, den österreichischen
Weg fortsetzen mit einem Wort Kreisky wählen. Blecha kündigte an,
daß nicht mehr die Großinserate die sehr kostspielig sind, aufge-
geben werden sondern lieber eine ganze Serie von Kleininseraten.
Hauswurfsendungen wird es nur zwei geben, eine schwarz-weiß und eine
dann vor den Wahlen eine bunte, dafür aber größere Plakat-Aktionen.
Die Plakatflächen müssen nämlich für die ganze Zeit gemietet werden
und es kommt gar so teuer, wenn man auf die teureren Plakatflächen
dann die neuen Plakate, die ja nur mehr Druckkosten verursachen an-
bringt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte versuche diese Kostenaufgliederung zu
bekommen.
Toch der in der Arbeiterkammer eine Ausstellung über die Judenver-
folgung auf Vorschlag von Hrdlitschka gemacht hat, diese Ausstellung
dann den Schulen zur Demonstration übergeben wurde, hat unbedingt
mit mir reden wollen um einen angeblichen Skandal zu vermeiden.
Diese, seine Ausstellung wurde letzten Endes vom Dokumentations-
archiv abgelöst, für die Ausstattung von Auschwitz hat Toch dann
mit einer Gruppe von Widerstandskämpfern und Juden versucht bei
Kreisky eine entsprechende Subvention zu bekommen. Angeblich nach
seiner Mitteilung haben feste Zusagen bestanden, daß sein Verein
eine solche Subvention von Kreisky resp. einem dafür zuständigen
Ministerium bekommen könnte, daher sind Ausgaben erwachsen und
vor allem Architekten und Firmen wünschen jetzt, da eine andere
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Gruppe diese Auschwitz-Gedenkstätte errichtet hat 5 Mio. S Ablehnungs-
honorar, doch hat keine Möglichkeit mehr mit dem Bundeskanzler zu
reden und meinte, ich sollte entsprechend intervenieren. Eine Rück-
frage beim Bundeskanzler-Büro ergab, daß keine konkreten Zusagen
gemacht wurden sondern nur erklärt wurde, wenn sich ein Verein kon-
stituiert, würde Kreisky versuchen eine Subvention dafür zu erreichen.
Jetzt ist von einzelnen Mitgliedern dieses Proponenten-Komitee,
das einmal bei Kreisky unter Führung doch vorgesprochen hat, ein
Zivilprozeß anhängig. Solange dieser nicht erledigt ist, kann über-
haupt mit niemand mehr weiter gesprochen werden. Ich habe doch dezi-
diert erklärt, daß ich mich dafür weder zuständig fühle noch be-
absichtige mich einzumischen.
Bei der Vorstandssitzung der Lebensmittelarbeiter kam nach ent-
sprechenden Berichten der Gruppen resp. meinem Wirtschaftsbericht
die Diskussion wieder auf das leidige Problem, wie und welche Gruppe
für einen Betrieb wie z.B. die Konsumgenossenschaft zuständig sein
soll, wo mehrere Produktionsbetriebe vereint sind. Die Fleischer
sagen der jetzige Fleichbetrieb der KGW mit 300 Beschäftigten sollte
eigentlich von ihr betreut werden. Serini sagt mit Recht, er hat
alle diese Leute bei sich organisiert und steht auch auf dem be-
rechtigten Standpunkt, daß er sie alle vertritt. Demgegenüber sagte
der Betriebsratsobmann von Unilever, Bayer, daß auch er im Unilever-
Konzern mehrere Branchen vereinigt, dafür haben sie eine Arbeits-
gemeinschaft aller Betriebsräte der einzelnen Produktionsbetriebe.
Deshalb verlangen die Fleischer und Fettgruppe, er ist nämlich Mit-
glied dieser Gruppe, mit Recht die Betreuung des Fleischbetriebes,
unabhängig daß selbstverständlich der Zentralbetriebsrat vom Kon-
sumgenossenschaft die Betriebe im einzelnen gegenüber dem Unter-
nehmen vertritt. Innerlich amüsiert mich dieser an und für sich
sehr ungute Streit, weil wir bei uns in der Lebensmittelarbeiter-
gewerkschaft genau dieselben Probleme haben, wie sie im großen
Gewerkschaftsbund zwischen den einzelnen Gewerkschaften schon
seit längerer Zeit existiert. Überall wird vom Industriegruppen-
prinzip gesprochen, also eine Gewerkschaft vertritt alle Beschäftig-
ten ob Arbeiter oder Angestellter in einem Betrieb und in unserer
Gewerkschaft haben wir genau dieselbe Problematik bezüglich des
Industriegruppenprinzips, auch hier wollen wie im Gewerkschafts-
bund viel Gewerkschaften dort in einem Betrieb mitreden und organi-
sieren und bei uns auch viele Gruppen in einem Betrieb mitreden
und organisieren. In beiden Fällen ist dieses Problem in Wirklich-
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keit unlösbar.
Die COOP und Süßwarengruppe-Vertreterin hat sich sehr beschwert,
daß jetzt neuerdings von der Konsumimport Karamellen aus Polen
eingeführt werden, die dann in Österreich nur abgepackt werden.
Serine begründete dies dann damit, daß eben die Zuckerln dadurch
entsprechend billig kommen und nur so der Konsum konkurrenzfähig
ist. Die Süßwarenvertreter sind der Meinung man müßte die Arbeits-
plätze sichern und vor allem verhindern, daß importierte Ware in
Österreich abgepackt wird und dadurch der Eindruck entsteht, es
handelt sich um österreichische Produkte. Bei mir wurde urgiert,
wieso wir über die DDR Eierzuckerlimporte und abgepackt in Konsum-
sackerln noch immer keine Entscheidung getroffen haben. Ich habe
unverzüglich danach mit Pleschiutschnig geredet, der mir auch keine
befriedigende Antwort geben konnte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Goldmann soll dies sofort jetzt prüfen.
Tagesprogramm, 8.2.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)