Freitag 2.3. und Samstag 3.3.1979
Beim Parteirat wurde, wie statutenmässig vorgesehen die
Nationalratskandidatenliste beschlossen. Dabei musste für
Kreisky, Benya und Firnberg die Altersklauselausnahmege-
nehmigung ebenfalls beschlossen werden. Es gab überhaupt keine
Diskussion.Man war deutlich sichtbar an der ganzen formellen
Abwicklung nicht interessiert. Beim Bericht über die Alters-
klauselausnahme passierte dem Rapporteur ein Hundertstellen-
wert-Fehler. Statt 200 und etliches sagt er nur 100 und etliche
Stimmen hätten für die Ausnahme bei Firnberg gestimmt. Zuerst
ist es niemand aufgefallen, denn sollte Firnberg tatsächlich nur so
wenig Stimmen bekommen, dann wäre die Ausnahme 2/3-Mehrheit nicht
erfüllt gewesen. Dies wäre eine Sensation bei diesem Parteirat
gewesen. Die Richtigstellung erfolgte erst stundenlang später.
Beim Parteitag selbst hat Kreisky dann ein sehr gutes Referat
über die Wahlplattform gehalten. Einfache plakative Formu-
lierungen für komplizierte Probleme, ein sehr geschickter Auf-
bau des Referates durch viele praktische Erfahrungsbeispiele,
die er erlebt hat. Ein rhetorisch äusserst guter Vortrag sicherte
ihm die Zustimmung des ganzen Parteitages. Geschickter in der Diskus-
sion war nur Rupert Gmoser. Dieser, erstmalig auf einer Liste von
den Steirern aufgestellt, begann seine Wandlung vom revolutionären
Diskussionsredner beim Villacher-Parteitag 1975 im blauen Schlos-
sergewand, jetzt zum Establishment gehörend, seine Wandlung zu
erklären und sich innerlich wahrscheinlich selbst zu entschuldigen.
Seine Erfahrung als Pimpf in einem Lager mit dem damaligen
Lagerführer Xandi Götz, war das Köstlichste, was man sich vor-
stellen konnte. Die 32 Diskussionsredner, ansonsten meistens
Spitzenfunktionäre, dokumentierten, sowie selbst die Kritiker
Hindels für die Freiheitskämpfer und Cap für die Sozialistische
Jugend nichts anderes als Solidarität. Alle Kritik wurde zurück-
gestellt und die Einheit der Partei und Angriffe jetzt in dem
Wahlkampf gegen die Opposition hervorgekehrt. Auch das Schluss-
wort Kreisky's war dann blendend – man kann daher wiederholen,
was ich schon bei etlichen Parteitagen immer wieder feststellen
kann und wie die Presse auch manchmal, zumindestens in der Ver-
gangenheit geschrieben hat – ein Festival für Kreisky.
Vizekanzler a.D. Häuser teilte mir mit, dass er erfahren hat,
die Fremdenverkehrs ERP-Kommission möchte erst wieder nach
den Wahlen zusammentreten. Dies hält er für einen Wahnsinn –
ich muss diese Meinung teilen – denn wenn man etwas jetzt positiv
erledigen kann – und das sind dies einmal die ERP-Ansuchen,
muss man dies selbstverständlich so schnell als möglich erledi-
gen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Aussprache mit Jagoda sofort orga-
nisieren.
Kienzl hat mir sein Fremdenverkehrskonzept, das er in Oberlaa vor-
stellen will, zum lesen gegeben. Heindl und ich mussten feststellen
dass er eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht hat. Für mich gibt
es nur die Notwendigkeit, so wie wir dies 1971 mit unserem 10jährigen
Fremdenverkehrsprogramm gemacht haben, jetzt ebenfalls für die
80er Jahre ein solches 10jähriges Programm zu konzipieren
und zu quantifizieren. Wir beschlossen, dass für die Durchführung
Dr. Haffner, Dr. Dainer von der Nationalbank und Dr. Zolles, ÖFVW,
als Komitee zusammentreten sollen. Dieses Komitee kann dann auch
gleichzeitig die Abwicklung der Subvention der österreichischen
Nationalbank für die Präsentation der Fremdenverkehrspolitik der
80er Jahre durchführen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort eine Sitzung, an der ich
teilnehmen werde, einberufen.
Der Städtebund-Generalsekretär Schweda fragt mich, ob ich weiss,
dass das Handelsministerium mit dem Gemeindebund Hofrat Maier
und dem Hauptverband der Sparkassen, Dr. Finger, eine Arbeits-
gemeinschaft für Fremdenverkehrsfragen gebildet hat, wo der
Städtebund ausgeschaltet ist. Dies ist mir eigentlich nicht
bekannt und ich verspreche Schweda sofort zu informieren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was ist hier geschehen?
Bürgermeister Mayrhofer von der Gemeinde Luftenberg erscheint mit
einer Delegation am Parteitag, um gegen die Verengung des Altarmes
der Donau bei Abwinden/Asten durch Zuschüttung zu protestieren.
Kobilka, Direktor der DoKW und gleichzeitig Bürgermeister
von St. Georgen an der Gusen, einer Nachbargemeinde von Luften-
berg, hat angeblich dafür wenig Verständnis. LR Neuhauser und
LHStv. Hartl schliessen sich der Meinung der Luftenberger an
und verlangen, dass der Donauarm in seiner ganzen Breite er-
halten bleibt. Die Schottermassen, welche aus dem Donaugebiet
vertieft, die technische vorgesehen ist, dürfte nicht in den Donau-
arm geschüttet werden. Bautenminister Moser, der auch zugezogen
wird, ist einverstanden, dass man versucht die Schottermassen,
für die einmal in 20 Jahren zu bauende Bundesstrasse B3 zu
reservieren. Die Gemeinde Luftenberg möchte das ganze Gebiet dort
als ein Erholungszentrum ausbauen und auch natürlich den Grund
entsprechend erwerben. Angeblich stehen Jagdinteressen der DoKW
dem entgegen. Luftenberg, auf dessen Gebiet das Kraftwerk Abwinden/
Asten steht, wurde zur Eröffnung weder Schulen, noch deren Musik-
kapelle eingeladen. Alles macht scheinbar St. Georgen. Da die
DoKW jetzt bereits mit der Zuschüttung des Armes begonnen hat,
werde ich ersucht, sofort die DoKW anzuweisen, diese Arbeit ein-
zustellen. Dazu habe ich keine Möglichkeit, verpflichte mich aber
am Montag sofort mit Kobilka zu sprechen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sofort mit Kobilka verbinden.
Landeshauptmannstellvertreter Frühbauer interveniert wegen der
Beschwerden der Lederfabrik Neuner. Er nimmt mit Befriedigung
zur Kenntnis, dass ich Neuner, wenn er in Wien ist, gerne empfan-
gen werde und dass vor allem ähnlich wie bei Rindsrohhäuten auch
bei Kalbfellen vom Handelsministeriumvertreter eine Regelung
versucht wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn Neuner vorspricht, soll auch der Referent
unbedingt dazukommen.
Frühbauer frägt an, wann endlich seine Intervention wegen der
Gasgesellschaft erledigt wird. Da dies in unserem Büro verschlampt
wurde und ich Gott sei Dank noch dies noch zeitgerecht erfahren
habe, kann ich Frühbauer sofort freimütig zugestehen, dass der Fehler
bei uns liegt und dass wir dies aber jetzt umso schneller erledigen
werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wie steht die Sache jetzt?
Beim Betriebsbesuch der Linzer Austria-Tabak-Werke kann ich fest-
stellen, wie die Rationalisierung nicht nur die Arbeiter dezimiert
der Beschäftigtenstand ist von fast 1000 auf 1/3 zurückgegangen,
sondern auch die Gebäudeflächen in dem Umfang wie vor 30 Jahren
nicht mehr gebraucht werden. Ein 4stöckiges Haus wird jetzt abge-
rissen, weil es einer Strasse weichen muss und die ganzen mecha-
nischen Werkstätten und was sonst alles drinnen war, kann jetzt
spielend in dem neuen Gebäude aus 1930–1934 gebaut, unterge-
bracht werden.
Präsident Benya interveniert bei mir neuerdings wegen seiner
Ansuchen für Fremdenverkehrsbetrieb in Kleinkirchheim in Kärnten.
Der besagte Fall Himberger soll jetzt bereit sein, die 350.000
Schilling Eigenmittel aufzubringen. Ich verstehe nicht, warum die
Abteilung diese Fälle von Benya, der äusserst selten interve-
niert und dann nur für Kleinkirchheim, nicht positiv abwickeln
kann. Solange Benya dort auf Urlaub fährt – und dies macht er
jahrzehntelang – wird er sicherlich immer wieder mit diesen For-
derungen konfrontiert.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie stehen diese Fälle.
Der Firma HALI in Eferding kann ich Samstag Mittag das Dekret
zur Führung des Staatswappens überreichen. Natürlich wird in der
Firma nicht mehr gearbeitet – aber ich bin sehr interessiert und
dann sehr angenehm überrascht – wie modern diese Büromöbelfabrik,
vor 15 Jahren angelegt und jetzt bestens ausgestattet ist. Bei die-
ser Gelegenheit erfahre ich, dass in SALZBURG die RZK ein Kredit-
institut mit deutschen Möbel ausstattet. Kings & Linder sollen den
Zuschlag bekommen. Beworben daneben hat sich nicht HALI, sondern
MÖVa . Eine neue Intervention bei dem Bankenverband resp. bei den
landwirtschaftlichen Spitzengremien für die Kreditinstitute wäre
zweckmässig, ohne dass ich natürlich sage, wer bei mir interve-
niert hat. Ähnlich wie ich es jetzt bei den Ketten-Supermärkten-
Kaufhäusern usw. gemacht habe, nämlich zu appellieren, dass sie
mehr österreichische Waren führen sollen, wäre es sicherlich zweck-
mässig neuerlich bei den Kreditinstitutvertretern zu intervenieren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ohne dass das Intervenient bekannt wird, an
alle schreiben, insbesondere RZK, Salzburg.
Die Jahresversammlung des Freien Wirtschaftsverbandes in Oberöster-
reich gab mir Gelegenheit über die Leistungen des Handelsministerium
seit 70 für die Klein-und Mittelbetriebe zu referieren. Insbe-
sondere natürlich kommt mir die atrke Entwicklung der BÜRGES zu-
gute. An diesem Beispiel und an anderen zu demonstrieren, dass
wir hier wirklich für diese Berufsgruppe viel geleistet haben.
Die Konferenz war so gut beschickt, dass der grosse Hörsaal der
Wirtschaftsuniversität in Linz, wo sie stattgefunden hat, über-
füllt war. Trotzdem gab es dann nur 4 Diskussionsredner, die sich
insbesondere über die unfaire Konkurrenz, Verkauf unter dem Ein-
standspreis, mit Nahversorgungsproblematik durch immer mehr
Märkte, den Wunsch der Aufhebung der Preisregelung für die sozial
kalkulierten Waren, Strompreise der OKA, die jetzt Grundgebühr
auch für Garagen und Bad verlangt, über den Wunsch auch für Be-
triebsmittelkredite Zinsenzuschuss zu gewähren und insbesondere
auch die Unterschriftenerbringung für die Handelskammerwahlen 1980.
Letzteres hat der Präsident des Freien Wirtschaftsverbands, Mühl-
bacher, der dort auch eine Begrüssungsansprache hielt, mir mitge-
teilt, sei jetzt befriedigend zwischen Sallinger und ihm ausge-
macht und wird für die Handelskammerwahlen 80 bereits durch eine
einvernehmlich festgelegte Verordnung durch das Handelsministerium
geregelt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Über die Wahlen möchte ich mit Jagoda
sprechen.
Sonntag, 4. März 1979
Dieser Wahlsonntag für Niederösterreich war für mich über-
raschend. Die Versammlungen, selbst in kleinsten Orten waren
ausgesprochen gut besucht, selbst in der Buckligen Welt, wo
man früher nicht einmal gewagt hätte eine Versammlung einzu-
berufen. Begleitet haben mich die Landtagsabgeordneten und
die Nationalräte des Bezirkes Wr. Neustadt. NR Lona Murowatz
meinte mit Recht zu mir, wenn diesmal die Landtagswahlen
wieder keinen Erfolg bringen, so weiss sie nicht, was man mehr noch
tun könnte. Dabei bezog sie sich natürlich nicht auf meine Ver-
anstaltungsserie, sondern was die Niederösterreicher die ganze Zeit
getan haben. Mir unerklärlich war nur, dass sich Hans Czettel
als Landeshauptmannstellvertreter die Latte so hoch gelegt hat,
dass er als Wahlziel angab, einen sozialistischen Landeshauptmann
in Niederösterreich zu erreichen. Dies konnte mir Murowatz auch
nicht.erklären. Zu Mittag waren Gasthaus- und Kaffeehausbesuche vor-
gesehen. Dort überraschte es mich sehr, dass die Diskussion
Kreisky mit den Journalisten im Fernsehen übertragen wurde, der
Apparat auf verhältnismässig starker Lautstärke eingestellt war,
die Gaststube aber gar nicht daran dachte zuzuhören, sondern
der Geräuschpegel dadurch nur entsprechend erhöht wurde. Ich war
der einzige, der dann eine längere Zeit lang zuhörte. Die Jour-
nalisten haben trotz des Versuches Kreisky auf die wichtigsten
Themen zu sprechen zu kommen, sich ausschliesslich mit den Angriffe
wegen Verschwendung und Abrechnungsmethoden Androsch auf den Opern-
ball beschäftigt. Die Stunde, die ich zumindestens zuhören konnte,
gab es kein anderes Gesprächsthema. Wenn also wirklich dieser
Sonntag Vormittag im Gasthaus für Österreich typisch wäre, dann
kommen selbst solche Fernsehsendungen nicht an. Jedwede Angriffe
der Medien gegen die Regierung werden dann auch über das Fernsehen
kaum beachtet. Da die örtliche Partei zum Mittagessen nicht nur
alle beteiligten Funktionäre, sondern auch zwei Unternehmer einge-
laden hatte, konnte ich auch mit diesen Gespräche führen. Der
erste war wirklich nur gekommen, um sich bei mir zu bedanken, weil
er von mir vor längerer Zeit einen BÜRGES-Kredit bekommen hat, den
er nach seiner Meinung nur meiner Intervention verdankt. Er liess
sich auch nicht nehmen dann den Mittagstisch sozusagen zu bezahlen,
was die Partei als grosszügige Wahlspende betrachtete. Der zweite,
47-0284
Gasthaus Grambetz , Kirchschlag, hat jetzt einen Komfort-
zimmerkredit für 17 Zimmer erhalten. Da er insgesamt aber 2 Mio.
Schilling investieren muss und für die Komfortzimmeraktion aber
nur ein Kreditvolumen von ca. 10% abgedeckt hat, ersucht er um
weitere Unterstützung. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, weil
er derzeit ein Schattner-Depot übernommen hat, wo er auch zu-
sätzliche Investitionen tätigen muss. Ich versprach mir den Fall
vorlegen zu lassen und Dr. Haffner wird insbesondere vorerst prüfen,
welche zusätzliche Kreditaktionen diese alte 2 Mio. Schilling Inve-
stitionsvolumen noch ausgeschöpft werden können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte trachte, dass wir Grambetz so schnell
als möglich antworten können.
Bei den ansonsten sehr spärlichen Diskussionen hat sich dann
noch ein anderer Unternehmer gemeldet, der mit mir unter 4 Augen
reden wollte. Den konnte ich aber beim besten Willen nicht helfen.
Ein Lebensmittelkleinhändler, der wahrscheinlich wird zusperren
müssen, weil er nicht mehr die Betriebsmittel aufbringen kann.
Er meinte, dass er zur Sicherung der Nahversorgung weiterbestehen
bleiben sollte. Die Stimmung war überall blendend, der Bürgermei-
ster von Edlach gab mir einen kleinen geschnitzten Holzschuh, der
zwar wie ein Pilz ausschaut, den ich aber als einen Glücksschwamm
bezeichnete. Mein Abschlussgag war überall, ich hoffe dass mir
Niederösterreich ein schönes Geburtstagsgeschenk am 25.3. bereitet
und ich an diesem Tag als Happy Pepi wirklich happy bin.
Ing. Strehle ersuchte mich, ob es für seinen Sohn Wolfgang Strehle
der im im Geschäft nachfolgen sollte, eine Dispens für die Befähi-
gung in seiner Universale Elektrobau Ges.m.b.H, geben könnte. Sein
Sohn hat die höhere technische Lehranstalt nicht abgeschlossen,
arbeitet allerdings schon jahrelang in seinem Betrieb. Die Innung
hat im Gewerbeverfahren zugestimmt, die Magistratsabteilung 33
aber als Sachverständigenabteilung abgelehnt.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Jagoda verbinden.
Tagesprogramm 2.–4.3.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)