Dienstag, 15. Mai 1979
Jagoda hat für die Lehrlingsfragen den Arbeitskreis geschaffen,
genau wie er dies seit Jahren bei der Gewerbeordnungsdurchführung
praktiziert. 40 Tagesordnungspunkte, lauter Detailfragen des
Berufsausbildungsgesetzes und deren Durchführung wurden einge-
hend diskutiert. Da bei dieser Tagung sowohl die Landesbehörden
als Berufsinstanz, als auch die Lehrlingsstellen, als auch die
Handelskammer und Arbeiterkammer und Gewerkschaftsjugend ver-
treten waren, wurden alle Standpunkte zu jeden einzelnen Punkt
genau durchdiskutiert. Jagoda hat aber bereits für jede einzelne
Frage eine entsprechende Lösung vorbereitet. Da er kein Protokoll
führt, wurde sehr offen diskutiert. Die Tagung wird dann mit
einem Beschlussprotokoll abgeschlossen und die Lehrlingsstellen-
interessensvertretung, vor allem die Landesregierungsvertreter als
Berufungsbehörde halten sich dann ziemlich genau an die Beschlüsse.
Eine bessere Konsenspolitik kann man sich gar nicht vorstellen.
Ich begrüsste die Tagung und habe mich bei allen, die an deren
Zustandekommen mitgewirkt haben, bedankt.
Minister Pahr teilt mir mit, dass die Tschechen bereit sind über
2 Expertengruppen wegen ihrer Kernkraftwerke in Grenznähe mit uns
Gespräche zu führen. Die erste über Gesundheitsstrahlung und Umwelt,
die zweite über technisch rechtliche Fragen. Die Durchführung ob-
liegt beim Gesundheitsministerium, als für die Atomkraftwerke zu-
ständige Aufsichtsbehörde.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Energiesektion verständigen.
Dr. Kettl, Vorstandsmitglied der SAFE, und Steinocher als Aufsichts-
rat intervenieren wegen ihrer aufgelassenen Gaskonzession. Diese
haben sie 1976 bis 1978 bekommen. Im Herbst 77 konnten sie erst
nach Überwindung etlicher organisatorischer Probleme mit der
Arbeit beginnen. Im Oktober 1978 haben sie bereits um eine Ver-
längerung angesucht und mit den zuständigen Referenten Dr. König
Amtsaussprachen im November gehabt. Die Gaskonzession ist jetzt
ausgelaufen und im März 1979 hätte ihnen König zugesichert, er
würde für eine Verlängerung bis Ende 1981 plädieren. Innerhalb
des sozialistischen Teils der SAFE und dem Gemeindeverwaltern der
Stadt Salzburg ist es wegen der Versorgung der Stadt bis jetzt zu
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keiner Einigung gekommen. Die Gemeinde möchte wahrscheinlich
Direktbezieher werden und die neue Gasgesellschaft, an der die
SAFE zu 70% beteiligt ist, der Rest sind Splittergruppen von sei-
nerzeitigen ........... Mitgliedern der Industrie und andere
Private. Der Gaspreis in Salzburg stellt sich jetzt, da die ÖMV
1.43 Schilling für ihren Abgabepreis verlangt, plus 50 Groschen
Frachtkosten, auf über 2 Schilling.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Erkundige Dich bei König, wie es weiter-
geht.
Gen.Dir. Hainisch, ITT, kam mit dem deutschen SEL-Mann, Standard
Elektric Lorenz, Dr. Bünstorf und Direktor Rosenbaum sowie den
Prokuristen von Ingelen, Manhart. Angeblich hat meine Interven-
tion Dr. Bünstorf nach der letzten Wirtschaftskommissionssitzung
über Ingelen, "so nicht, meine Herren", dazu geführt, dass jetzt
ITT sich entschlossen hat, um unsere Handelsbilanz durch die Ein-
stellung der Fernsehproduktion und damit den Ausfall unserer Fern-
sehexporte nach Deutschland, durch Einkäufe in Österreich wett-
gemacht werden sollen. Ursprünglich war beabsichtigt die Video-
recorder bei Grundig in Deutschland mit einer Kooperation zu
kaufen. Jetzt sollen aus dem Philips-Österreich-Videorecorder-
Werk 40.000 bis 50.000 Stück Laufwerke pro Jahr bezogen werden.
Bezüglich der Weiterbeschäftigung wurde dann zugesagt, dass die
gesamte Lehrlingsausbildung mit 20 Jugendlichen weiterverbleibt.
Ausserdem müssen von den 402, wovon 72 Gastarbeiter sind, 45 als
geschützte Invalide und Betriebsräte weiterbeschäftigt werden.
Ich schlug dann Generaldirektor Hainisch vor, er sollte, da die
Männer wahrscheinlich sehr leicht als Spezialisten woanders Arbeit
finden, für die 170 Frauen mindestens 60 den Betriebsrat anbieten
zu übernehmen. Für die gehen wollen und müssen, muss natürlich
dann ein entsprechender Sozialplan erarbeitet werden, von dem
Rosenbaum erklärte, sie würden selbstverständlich tief in ihre
Taschen greifen. Hainisch wird sich diesen Vorschlag noch genau
überlegen und ich werde in der Zwischenzeit versuchen als Vermitt-
ler mit der Arbeitnehmerseite zu sprechen. Vom ÖGB habe ich sofort
Dr. Schmidt und von den Privatangestellten Lachmann verständigt.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Präsident Czettel verbinden.
Generaldirektor Bauer und Stellvertreter Feichtinger wollten
von mit jetzt wissen, nachdem die Aussprache mit der Arbeit-
nehmerseite bis jetzt von ihnen total negativ verlaufen ist,
wie es weitergeht. Die UdSSR hat jetzt um 60 Cent pro Barrel
das sind 4.50 Dollar pro Tonne, eine neuerliche Preiserhöhung
verlangt. Es gibt also keinen festen Punkt mehr bei den Ölprei-
sen. Dazu kommt die Philosophie der Sozialpreise, wie Bauer den
Ofenölheizpreis bezeichnet, die auf die Dauer nicht zu halten
ist. Er würde, wenn die Preise freigegeben sind, für Super 8.20,
für Normalbenzin 7.80, für Diesel 6.80 und für Ofenheizöl 3.90
verlangen. Mein Hinweis, dass allein durch diese hohen Preise
die Preisfreigabe gar nicht zu erwarten ist, nahm er nicht nur
zur Kenntnis, sondern ist fest davon überzeugt, dass wahrscheinlich,
ohne dass er es sagte, sie es gar nicht wünschen. Er braucht wie
er sagt das Kompromiss, d.h. er braucht die Deckung durch die
Preiskommission, was immer bei den Preisen dann herauskommen wird.
Ich ventilierte mit ihnen, ob wir z.B. den Dieselpreis jetzt
gleich anheben könnten und die anderen Preise weiterverhandeln.
Bauer wäre damit einverstanden gewesen, Feichtinger aber hat für
diese Idee nicht viel über. Ich glaube, den Beiden wurde klar,
dass vor den Arbeiterkammerwahlen um 10. und 11.6. es keine Preis-
regelung resp. keine Preiserhöhung geben wird.
Der Uranbergbau hat in Forstau dazu geführt, dass man einen Stollen
betrieb machen müsste, der unrentabel ist. Österreich, das reich
an armen Lagerstätten ist, könnte dies nicht rentabel abbauen.
Im Lungau möchte nun die ÖMV weitere Scheelitvorkommen abbauen.
Die Verarbeitung müsste dann natürlich in der VÖEST-Anlage Pöfling-
Bergla erfolgen. Die ÖMV möchte daher mit der VÖEST einen ent-
sprechenden Lohnarbeitsvertrag abschliessen. Der deutsche Partner
von der Uran-Erzbau-Gesellschaft müsste aussteigen. Zu diesem
Zweck versuchte er seine Anteile, 3.5 Mio. DM Ablöse, an BP oder
andere Ölgesellschaften oder Partner zu verkaufen. Bis jetzt erfolg-
los. Die 19.000 Schürfrechte der Gesellschaft, die bis 1980 lau-
fen, sind in Wirklichkeit nicht viel wert und die ÖMV ist nicht
bereit, den Deutschen auch nur einen Schilling Ablöse zu bezahlen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Mineralölpreisregelung auf Jour-fixe AK
und ÖGB setzen.
Regierungsrat Kneissler, als Obmann des Sportclub Handelsmi-
nisterium mit 2.000 Mitgliedern, möchte für das nächste Jahr
zum 30-jährigen Jubiläum 60 Gold-Tausender. Ich habe mit der
"Z", GD Vak, gesprochen, der mir eine Teil verschaffen wird. Den
anderen Teil muss ich dann bei anderen Banken auftreiben. Der
Verein soll am 9. Jänner 1980 an seinen Nachfolger Kretschmer über-
geben werden, vom Handelsministerium wird er ausnahmsweise 100.000
Schilling für diese Jubiläumsveranstaltung bekommen. Moser, der
ihm sonst 20.000 Schilling gegeben hat, hat ihm jetzt nur 15.000
Schilling Subvention zugesagt, die er nicht nehmen will. Der
Verein ist finanziell sicherlich sehr gut dotiert, allein die
Pflichtversicherung seiner Anlagen macht 42 Mio Schilling aus.
Zentralsekretär Wille von den Metallarbeitern teilt mit, dass
die Firma Zimmer im Lavanttal mit 140 Beschäftigten jetzt auch
von der Management-Gesellschaft mbH. nicht weitergeführt werden
kann, sondern schliessen muss. Wille ist über Zoidl, den Manager,
sehr enttäuscht. SChef Wanke erklärt ihm die Möglichkeiten, die
wir im Handelsministerium haben und die auch nur sehr beschränkt
sind, dort einen anderen Betrieb hinzubringen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich möchte über diese Management-Ges.m.b.H.,
einen Bericht.
GD Wohlmeyer von der Agrarindustrie erörtert 2 Stunden mit Goldmann
und mir die Alkoholprojekte. Er glaubt allen Ernstes, dass die
Entsorgungsbetriebe Simmering ihre Anlage neben der Aschacher
Anlage, als auch der von der Zuckerindustrie in Hinkunft Alkohol
produzieren können. Er ist natürlich genauso wie Dr. Rief von der
Bundeskammer darauf eingestellt, dass der Staat alles reglemen-
tiert und dann natürlich auch alles bezahlt. Ich habe ihm sofort
klargemacht, dass das einzige, was der Staat machen wird, wenn
es nach mir geht, den Bleizusatz im Benzin zu senken und dann die
Firmen indirekt zwingt, Alkohol zur Beimischung zu verwenden.
Wohlmeyer hat bisher als unbezahlter Konsulent für die Entsorgungs-
betriebe Simmering angeblich mitgearbeitet. Er behauptet die ganze
Anlage und das Projekt so zu kennen, als wäre es sein eigener Be-
trieb. Er hätte auch den entsprechenden Anstoss für die Gegen-
druckturbine, die jetzt überschüssige Energie verwerten wird,
gegeben. Er hätte auch mit der Zuckerindustrie die entsprechende
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Abgrenzung vorgenommen. Wohlmeyer ist sicherlich sehr tüchtig,
möchte aber gleich als Agrarmanager für alle sprechen. Der dann
auf die nächste Besprechung wartende Fritz Mauthner hat ganz em-
pört dann zu mir gesagt, Wohlmeyer kann höchstens für Oberöster-
reich reden, d.h. für Aschach, für Niederösterreich ist Gen.Dir.
Lunacek zuständig. Ich glaube nur, dass die Agrarier in der
Zwischenzeit sich den Bären aufteilen, der noch nicht erlegt ist.
Ing. Hübl von den Entsorgungsbetrieben Simmering dagegen hat,
wie Wohlmeyer sagt, einen Vorteil, weil er für 100 Mio. Schilling
Ersatz von der Gemeinde den Schlamm billig bekommt und dadurch bei
der Verbrennung die Wärme als Abfallprodukt kostengünstiger ein-
setzen kann. Jede Marktaufteilung halte ich daher als ein Planspiel.
Hübl hat in meinen Augen nicht allein nur durch die Ausschrei-
bung, die er bereits gemacht hat, sondern durch ein zügiges Wei-
terverhandeln einen ungeheuren Vorteil. Wenn sich die VÖEST Alpine
mit ihrer Vogelbusch-Anlage noch mit ihm verbündet, bleiben die
Agrarier auf der Strecke. Jeden Landwirtschaftsminister wird nur
eines interessieren, die überschüssigen Getreidemengen wegzubrin-
gen. Von wem, durch wem und wie, ist erst sekundär.
Mauthner hat jetzt für Norwegen Zuckergeschäfte von 13.000 Tonnen
schon abgeschlossen und hofft bis 20.000 Tonnen exportieren zu
können. Der Preis beträgt 3.30 öS österreichische Grenze, kilo-
verpackt in Säcke. Wenn man bedenkt, dass der Weltmarktpreis unter
2.80 Schilling liegt, dass in Norwegen Papier genug vorhanden ist,
so frage ich mich, warum die nicht selbst abpacken. Mauthner hat auch
mit italienischen Firmen über 2 Dutzend, wie ich in einer Liste
feststellen konnte, Zuckerabnehmer gewonnen. Insgesamt werden wir
heuer tatsächlich bis 40.000 Tonnen Zucker von einem Kontingent
im internationalen Zuckerübereinkommen von 70.000 verkaufen können.
Mauthner ist nicht bereit, den Verarbeitungszuckerpreis von 3.40
Schilling für inländische Abnehmer, z.B. Unilever-Konzern, Bens-
dorp, oder Haas, PEZ-Zuckerln, zu senken. Dieser Preis entspricht
den EG-Verarbeitungspreis und er meint, dies wahrscheinlich
zu recht, die können ihn ohne weiteres bezahlen.
Nach Polen konnten heuer 150.000 Tonnen Weizen verkauft werden.
In die Schweiz 15.000. Jetzt gibt es keinen Weizen mehr und die
heurige Ernte als katastrophal bezeichnet wird. Die Auswinterung
ist sicherlich wichtig, dafür wird es mehr Gerste geben. Die Über-
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produktion wird auf alle Fälle anhalten. Selbst wenn wir dies-
mal ein schlechteres Weizengetreidejahr haben werden. Jetzt haben
wir schon einen richtigen Gerstenüberschuss, obwohl in die Schweiz
auch 5.000, nach Ungarn 20.000 und nach Jugoslawien 20.000 Tonnen
exportiert wurden. Wenn der Bauer seine Futtermittel nicht weg-
bringt, dann beginnt er die Schweinemast zu fördern und der
Schweineberg ist der treffendste Beweis dafür, den wir jetzt wieder
haben. Mauthner ist davon überzeugt, dass die Schweiz wesentlich
mehr Getreide kaufen könnte und in Zukunft auch kaufen wird, wenn w:
wir uns entsprechend engagieren. Ich werde dies bei der EFTA
Tagung mit Bundesrat Honegger im Detail besprechen.
Im Präsidium auf der Landstrasse wird neuerdings das Rennweger-
Kasernen-Projekt besprochen. Da es sich dabei um eine grosse Anlage
handelt, wo die Gemeinde Wien ihre ganze Wohnbauaktivität, sprich
ihren finanziellen Einsatz einer Jahressumme einbringen müsste,
geht das Projekt nur sehr zäh weiter. Wir einigen uns darauf, dass
das Präsidium neuerdings beim Bürgermeister vorsprechen wird.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Tischler und Bürgermeistersekre-
tariat Termin vereinbaren.
In der Vorstandsitzung wird von mir- über die beabsichtigte Re-
gierungserklärung, weniger über die Regierungsumbildung gesprochen,
weil ich von der letzteren auch nichts weiss. Eine lebhaftere
Debatte entwickelt sich über die zu erwartende ORF-Auseinander-
setzung mit Bacher. Die Genossen befürchten – und dies wahr-
scheinlich sogar zu Recht – dass, wenn jetzt die Partei gegen das
Organisationsschema von Bacher die Rundfunkkommissionen mobilisieren
wird, wir dort neuerdings unterliegen können. Da der General-
intendant ja sehr geschickt mit dieser Organisationsschemaänderung
ein koordiniertes Programm, das er mehr oder minder direkt lenkt,
bedeutet die Entmachtung der 2 Fernsehintendanten. Da er mit
seinem Organisationsschema gleichzeitig den Betriebsräten de facto
den 15. Monatsgehalt für die Beschäftigten bringt, gleichzeitig
auch Umstufungen und Besserstellungen und weder der Betriebsrat
noch die Gewerkschaft sich dagegen aussprechen. Kritisiert wurde
mit Recht, dass alle Massnahmen, die bis jetzt im Rundfunk gesetzt
wurden, immer ungeheure Geldmittel beansprucht haben und dass
letzten Endes alles die Seher und Hörer bezahlen müssen.
Die Personalpolitik, die Bacher dort betreibt, wird sich
früher oder später finanziell auswirken und muss natürlich
dann letzten Endes bezahlt werden. Wenn es keine Gebühren-
anhebung geben sollte – ich bin aber überzeugt auch die wird
er durchsetzen – dann wird wahrscheinlich weiterhin auf Kosten
des Programmes, d.h. der Aufwendungen für das Programm, der büro-
kratische Apparat bezahlt werden müssen. Dies wird früher oder
später auch die Bevölkerung aufregen, wie stark, kann man aber
schwer absehen. Die Funktionäre in der Sozialistischen Partei
sind über die Entwicklung sehr verärgert. Noch immer wirkt aber
in Wirklichkeit nach, dass durch die geringe Disziplin unserer
Kuratoriumsmitglieder überhaupt erst die Bestellung Bacher's mög-
lich war. Der ORF wird uns noch sehr lange und sehr unangenehm
beschäftigen.
Tagesprogramm, 15.5.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)