Montag, 11. Juni 1979
Beim Jour-fixe mit Sallinger und Mussil meinten beide sofort,
die Regierungserklärung könnte nicht ohne Kreisky im Nationalrat
abgegeben werden. Sie erwarten daher, dass man sich darauf einigt,
sie zu verschieben. Kreisky musste überraschend das Rudolf-Spital auf-
suchen. Sallinger wollte von mir wissen, ob er in Boston operiert
wurde. Soviel ich davon weiss, nein.
Sallinger wollte von mir konkret wissen, was eigentlich mit der
Fern-Ostreise wird. Irgend jemand hat ihm aufgefordert, er sollte
unbedingt auch daran teilnehmen. Daran ist nicht nur, wie ich nach-
mittags feststellen konnte, GD Apfalter interessiert, sondern auch
ich. Vom Standpunkt der VÖEST sind nur Seoul, Manila und Malaysia
für Geschäftsanbahnung resp. -abschlüsse von Interesse. China und
Japan bleibt zurück, da angeblich der GATT Vertrag, Kennedy-Runde
in Tokio unterzeichnet wird. In diesem Fall würde ich sofort auch
China mitbesuchen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte alles jetzt endgültig fixieren.
Bezüglich der Ölpreise meint Mussil, Ofenheizöl müsste gleich-
preisig mit Diesel festgelegt sein. Für den Rentner müsste man
gegebenenfalls einen Heizzuschlag zur Abgeltung geben. Die Handels-
kammer lehnt eine Rationierung oder Bezugsscheine ganz entschie-
den ab. Bezüglich der Meinungsumfrage wegen des autofreien Tages
meint Mussil, müsste man sofort eine Frage über die Motivation für
das Nein bei Volksabstimmung anfügen. Er anerkennt dass GD Kienzl
jetzt den Kampf gegen das Kernkraftverbots-Betriebsgesetz be-
gonnen hat. Die Handelskammer selbst hat mit der Varianten ihres
Energieplanes, den sie jetzt ausarbeitet und auch die Frage der
Vollendung des Kernkraftwerkes einkalkuliert, seiner Meinung nach
auch entsprechende Auflockerung versucht. Ich selbst versuche mit
Sallinger und Mussil zu klären, wer jetzt eigentlich für die Wirt-
schaft der Energiesprecher und vor allem der Koordinator wird.
Präsident Igler von der Industriellenvereinigung, der diesmal nicht
mehr gewählt werden kann und den ich zur Erwägung stelle, wird von
Sallinger abgelehnt. Seiner Meinung nach kann es sich nur um einen
Handelskammermann handeln. Ich schlage deshalb den ab Oktober
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in Pension befindlichen Mussil für diese Tätigkeit vor. In
meinen Augen ist er tausend Mal besser, als irgend ein Funktionär
der Kammer, der nichts zu reden hat, vor allem sich nicht durch-
setzen kann. Mussil selbst wäre im Prinzip einverstanden, meint nur,
dann müsste er in einen Aufsichtsrat der Elektrizitätswirtschaft.
Da dies die ÖVP innerhalb kürzester Zeit sicherlich nicht zustande
bringt, schlage ich vor, er sollte im Energiebeirat resp. im Bundes-
lastverteiler. Sallinger wird dieses Problem ins nächste Präsidium
bringen.
In Mödling führt Buchwieser ein Berufspädagogisches Institut auf
Vereinsbasis. Die Handelskammer unterstützt es durch 20 Stipendien-
plätze, wo jeder 180.000 Schilling kostet. In den Verein sind 8
Personen, Holfeld als Obmann und Rieger, Entwicklungshilfe, zuständi-
ger Referent der Handelskammer vertreten. Der Verein aber auch die
Ausstattung ist total veraltet und die Handelskammer möchte dort
raus. Ich selbst habe aber mit diesem Institut gar nichts zu tun
Sallinger wird mit Buchwieser sprechen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was wissen wir über dieses Institut?
Die Handelskammer müsste eine Innovationsleitstelle errichten, die
9 Mio. Schilling kosten soll. Die Hälfte davon erwartet sie, dass
das Handelsministerium dazu beiträgt. Dies lehne ich ganz entschie-
den ab und meine, wir müssten eine Finanzierungskonstruktion fin-
den, wo die Banken und andere Interessierte dazu beitragen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND WANKE: Bitte entsprechende Vorschläge aus-
arbeiten.
Bezüglich des Wunsches der Handelskammer, Verkauf unter dem Ein-
standspreis, erkläre ich, dass jetzt im Ausschuss, der sich mit der
Reorganisation und Strukturverbesserung des Handels beschäftigt,
entsprechende Vorschläge ausgearbeitet werden. Mussil meint, die
beste Lösung wäre, wenn wir für die sozial kalkulierten Preise nicht
nur den Höchstpreis, sondern auch einen Mindestpreis festsetzen. Dies
ist meiner Meinung nach nicht zielführend, denn es gibt nur sehr
wenig sozial kalkulierte, wenn man will überhaupt amtlich preisge-
regelte Waren. Mussil dürfte dies übersehen haben resp. will nur
irgend einen optischen Erfolg erzielen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte auf Jour-fixe AK u. ÖGB setzen.
Die Handelskammer will allen Ernstes, dass ich dafür eintrete,
dass der Zoll für Stereogeräte von 38% auf 25% gesenkt werden soll.
Dazu sehe ich keine Veranlassung, werde dies aber prüfen lassen.
An einer solchen Zollsenkung kann nur der Importhandel interessiert
sein. Die österreichischen Produzenten werden dies ganz entschie-
den ablehnen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND WANKE: Bitte mit Fachverband die ent-
sprechende Stellungnahme erarbeiten.
Mussil urgiert neuerdings, dass die Hauptwahlkommission für die
Handelskammerwahl von MR Rameder als Nachfolger Thun-Hohensteins
geführt werden müsste. Ich verspreche nur, darüber SChef Jagoda
zu informieren, der letzten Endes die Verhandlungen mit den einzelnen
Kammern und Ländern, sowie natürlich dann auch wegen der Hauptwahl-
behörde führt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND JAGODA: Wie steht die ganze Sache.
Durch die Intervention vom Bundeskanzleramt für die Genehmigung
zur Führung des Staatswappens der Firma Greiter, bespreche ich den
Fall neuerdings mit der Handelskammer. Diese lehnt die Auszeichnung
ab, weil die Schweizer Firma keine Produktion in Österreich mehr
betreibt. Mussil gibt aber zu, dass in Klosterneuburg eine grosse
Forschungsabteilung und entsprechende Vertriebsorganisation besteht.
Da wir auch andere Handelsbetriebe ausgezeichnet haben, wird Sal-
linger dies neuerdings überprüfen lassen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie viel beschäftigt die Firma und was macht
sie wirklich, ausser nur verteilen.
Bei der Ordensüberreichung an Kammerpräsident Dittrich hat dieser
die Spitzenfunktionäre und auch Abteilungsleiter in sein Zimmer ge-
beten. Alle freuen sich mit mir, dass es mir auch bei Dittrich ge-
glückt ist, die sonst sehr streng gehandhabte Ordenseinteilung,
Beamte höhere Orden als Wirtschaftsfunktionäre, zu durchbrechen.
Bundespräsident Kirchschläger hat letzten Endes sicherlich den
Ordensgrad nur zugestimmt, weil ich ihm darauf aufmerksam gemacht
habe, durch Einhalten der Interkalarfrist von 5 Jahren wird Dittrich
in der Zwischenzeit schon eine wesentlich höhere Position haben, als
dies seiner jetzigen Funktion entspricht. Ich erwarte doch, dass
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er früher oder später der Nachfolger von Bundeshandelskammer-
präsident Sallinger wird.
Beim Journalistenfrühstück berichtet Frank über die Energietagung
mit den Jugoslawen. Diese sind angeblich an einem Flüssiggashafen
in Koper interessiert.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte bei der nächsten Zusammenkunft mit
Bauer dieses Problem zur Sprache bringen.
Pelzl berichtet über die Ergebnisse und Erfolge der Unfallverhütung
im Bergbau. Wie ich von den Journalisten erwartete, fragte man ihm,
wie viele Bergbaubeschäftigte es gibt. Er behauptete 5.000 seien da-
von betroffen. Die Bergbaustatistik zeigte mir dann, 12.000 Arbeiter,
2.500 Angestellte. Auf diese Frage hätte er sich vorbereiten müssen,
denn für mich war es ganz klar, dass ein Journalist fragen würde,
wie viel die Bergbehörde baut ??. Redakteur Swietly, ORF, wollte
wissen, wieso die Unfälle bei Uranbergbau so stark zugenommen haben.
Da die Unfälle auf verfahrene Schichten resp. Arbeitsstunden umge-
legt werden, kann es wie beim Uranbergbau vorkommen, dass drei
kleine Unfälle, die aber laut Klassifikation als schwer zu betrach-
ten sind, ein vollkommen falsches Bild zeigen. Was Swietly aber
wissen wollte, war, ob es sich um Strahlungsunfälle handelt, was
natürlich nicht zutraf.
Die Gewerbesektion berichtet dann über das Verbot von sogenannten
Killerleuchten. Vor einiger Zeit habe ich dies bereits angekündigt.
Ich bin sehr gespannt, ob die Zeitungen jetzt irgend etwas darüber
schreiben.
Satzinger berichtete über die Falschmeldungen von angeblichen Ver-
knappungen bei der Dieselzuteilung und dann im Zusammenhang beab-
sichtigten Betriebsstillegungen. Ich ersuchte die Redakteure man solle
natürlich schreiben was man will, doch vorher bei uns anfragen, um
sich die Tatbestände zu beschaffen. Ob dieser Appell nützen wird,
weiss ich nicht. Hier müsste eine wesentliche stärkere Betreuung
der Presse und des ORF erfolgen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Problem mit Koppe und mir besprechen.
Landesrat Klauser von der steirischen Landesregierung, GD Apfal-
ter und Bergrat Juvancic intervenieren wegen der Genehmigung der
Steirischen Ferngas. Sie haben sich mit mir und SChef Frank wegen
der Kapitalerhöhung vor längerer Zeit geeinigt, trotzdem können sie
die endgültigen Bescheide nicht bekommen. Frank hat angeblich im-
mer wieder neue Bedenken und Einwände. Wir einigen uns darauf, dass
aufgrund der seinerzeitigen Absprachen jetzt so schnell als möglich
der Bescheid von Frank aufgestellt werden soll. Da eine Verständi-
gung von Frank durch unser Büro unterblieben ist, ist dieser ent-
schuldigt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte kläre, wann der Bescheid jetzt auf-
grund unserer Aussprache jetzt erfolgt.
Die VÖEST spricht sich ganz entschieden dagegen aus, dass für die Firma
Kovac in Graz eine Werksbelieferung durch Schrott durchgeführt
werden sollte. Sowohl die Arbeiterkammer, als auch die Bundeskammer,
ja selbst SChef Wanke und MR Gröger sind gegen eine solche Regelung.
Kovac hat sich jetzt einen Rechtsvertreter genommen und möchte dies
wahrscheinlich mit Gewalt durchziehen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte lass Dir den Akt vorlegen und bespre-
chen wir dies mit Wanke.
Da die VÖEST das Projekt Rostock, in der DDR nicht bekommen hat,
rechnet sie fest mit dem Konverterstahlwerk. Die VÖEST arbeitet mit
Hochdruck daran und hofft, im November damit fertig zu sein. Es
müsste daher vorgesorgt werden, dass der DDR Staatsbesuch von Stoph
erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Gehart diesen Wunsch der VÖEST be-
sprechen.
Das Iraker Kraftwerk in Baidschi haben die Japaner bekommen, die jetzt
einen 30%-igen tieferen Preis angeboten haben.
Die Power Alkohol, d.h. das Projekt in Aschach ist von der VÖEST
jetzt durchgerechnet und Apfalter nimmt an, dass es in absehbarer
Zeit beschlossen wird. Ich informiere ihm über die bisherigen Ver-
handlungen, insbesondere vom Entsorgungsbetrieb Simmering.
Apfalter möchte unbedingt das Zellulose-Projekt jetzt in Angriff
nehmen. Für die VÖEST wäre es egal, ob in Pöls, in dem Fall müssten
die Italiener eine Abnahmegarantie geben, oder mit einem neuen
Werk an der Donau. Ein neues Zellulosewerk muss gebaut werden,
denn Weissenbach, Rechberg, Villach und auch Borregaard wird ihre
Zellstoffproduktion sicherlich in kürzester Zeit einstellen. Dann
wären Holzüberschüsse, die man in Österreich gar nicht verarbeiten
könnte.
Minister Haiden hatte zu einem Politikergespräch mit Lehner, Bierbaum
und mir über das Getreidekonzept eingeladen. Ich war sehr über-
rascht, als ich dann dort einen ganzen Rattenschwanz von Beamten,
insbesondere des Landwirtschaftsministerium getroffen habe. Haiden
hat sie dann alle bis auf seine Sektionsleiter Steiner und SChef
Schrack weggeschickt. Vom Handelsministerium war MR Kurzel einge-
laden, der dort dann auch verblieb, was für sein Prestige sehr gut
war. Die stundenlangen Verhandlungen liefen dann darauf hinaus, dass
die Landwirtschaftskammer bereit ist, über dieses Problem interne
Gespräche zu führen. Sie selbst sind im Prinzip einverstanden zu
einem Export etwas beizutragen, wollen nur unter allen Umständen,
dass wahrscheinlich mehr als 300.000 Tonnen dafür bereitgestellt
werden, wenn sie eine entsprechend gute Ernte haben. Das zweite
grosse Problem ist für sie, dass Roggen kaum exportiert werden
kann. Derzeit geht die Anbaufläche zwar zurück, doch ist nach wie
vor die Gefahr, dass auf pannonischen Klima, d.h. nicht nur im
Wald- und im Mühlviertel, Roggen immer stärker gebaut wird. MR Schul-
tes vom Finanzministerium hätte gerne noch ausser die vorgesehenen
und schon im Budget berücksichtigten Stützungsabbau für Getreide
ca. 20 Groschen pro Kilogramm, auch noch die Lagerkosten und vor
allem die Prämie für Qualitätsweizen von 7 Groschen aus der Stützung
rausgebracht. Ich glaub kaum, dass dies möglich sein wird. Gene-
ralsekretärstellvertreter von der Präsidentenkonferenz, Korbl,
meinte mir gegenüber, die Arbeiterkammer hätte sich bis jetzt da-
gegen ausgesprochen, dass für den Weizen in diesem Jahr noch ein
Erzeugerpreis festgesetzt wird. Ich erklärte, dass ich diesbezüg-
liche Verhandlungen dann mit der Arbeiterkammer führen werde, wenn
das Weizenkonzept endgültig steht.Dies muss in den nächsten Wochen
erfolgen, denn bei der neuen Ernte mit I.Juli muss alles erledigt
sein.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Goldmann soll die Handelskammer vertraulich
informieren.
Über das Ergebnis der Arbeiterkammerwahlen war ich überrascht und
sehr erfreut. Um Mitternacht stand endgültig fest, dass die Soziali-
sten 2% gewonnen haben, dass es insbesondere gelungen ist den Prä-
sidenten in Tirol durch einen Mandatsgewinn zusichern. Es bestand
die grösste Gefahr, dass der ÖAAB dieses Präsidium erobert. Kammer-
präsident Czettel hat daher mit Recht auf diesem Erfolg hingewie-
sen. Kohlmaier wollte, da ja auch der ÖAAB Stimmen gewonnen hat,
nach seiner Meinung nach auch 2%, die Wahl als grossen Erfolg für den
ÖAAB hinstellen. Er meinte interessanterweise, dass die schlechte
Wahlbeteiligung auf die SPÖ-Politik zurückzuführen ist. Czettel
konnte hier aber jetzt schon einwandfrei nachweisen, dass die Arbeiter
zu 80% zur Wahl gegangen sind und die Angestellten nachgelassen ha-
ben. Dort aber hat der ÖAAB einen wesentlich grösseren Einfluss, als
er jetzt zugeben möchte. Überraschend für mich und wirklich betrüb-
lich ist der grosse Erfolg des Kammerpräsidenten des ÖAAB in Vor-
arlberg, Jäger. Dieser konnte den Sozialisten 6 Mandate abnehmen.
Nach den Verlusten bei der Nationalratswahl und den jetzigen Kammer-
wahlen muss man sich die Situation in Vorarlberg nicht nur neu
überdenken, sondern sicherlich auch eine neue Politik dort starten.
Ansonsten aber ist das Wahlergebnis ein weiterer Schlag gegen die ÖVP.
Natürlich behauptet Kohlmaier jetzt das Gegenteil, weil er gerade
den ÖAAB als Bund besonders herausstreichen möchte. Taus wird jetzt
wahrscheinlich noch mehr auf den ÖAAB setzen und damit glaube ich,
ist mit grösster Sicherheit anzunehmen, dass er die bündische Auf-
lösung, die er beabsichtigt, doch beim Wirtschaftsbund und Bauern-
bund umso weniger durchbringen wird. Wenn es ihm nicht glückt ein
erträgliches Kompromiss zu bekommen, dann bin ich überzeugt, wird er
nicht mehr als Obmann kandidieren. Sallinger und Minkowitsch sind aber
fest entschlossen am bündischen Charakter der ÖVP festzuhalten. Dieser
Streit hilft uns sicherlich in der nächsten Zeit.
Tagesprogramm, 11.6.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)