Freitag, 15. Juni 1979
Der ORF, Herr Schiejok, möchte eine Art Konsumentenparlament-
sendung machen. Als erstes Thema hat er sich die Ölsituation,
insbesondere Preisbildung vorgenommen. Ich bin sehr gespannt, wie
dies verlaufen wird. Eine ähnliche Sendung hatte ich einmal schon
im Steyr-Daimler-Puch-Haus am Ring, wo die neue auch stattfinden
soll, mitgemacht. Beabsichtigt ist, wie er mir erzählt, dass nicht
das Podium, wo die drei Vertreter der Partei, Dr. König, Dr. Stix
und ich, sowie Prof. Lenz von der Technischen Universität gegen-
einander diskutieren, sondern mit dem Publikum diskutiert wird.
Im Publikum werden aber wieder, nicht wie bei eigener Sache, die Pro-
minenz in der ersten Reihe sitzen, sondern es soll richtig verstreut
der ARBÖ, ÖAMTC, Gewerkschaft der Handelskammer usw. eingeladen
werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Kümmere Dich mit Pein bitte über diese weitere
Entwicklung.
Generalbevollmächtigter und gleichzeitig Generalkonsul Schön, kamen
wegen der Gegengeschäfte mit Oerlikon, 1 Mia. Schilling Feuerleit-
geräte, mit mir verhandeln wollen. Oerlikon, die zu 2/3 Zivilpro-
duktion hat und nur 1/3 Militär, hat noch niemals ein Pönale, wie
es bei unseren Gegengeschäften übrig ist, in einem Vertrag ver-
einbart. Vor allem wollten sie nicht höher als 5% gehen. Wanke
verlangt 15%. Ich habe sofort als Gegenvorschlag, um nicht jetzt
im Prozentfeilschen zu enden. Schön erklärt, ich könnte mir vorstel-
len, dass wir diese Bestimmung aus dem Vertrag überhaupt heraus-
nehmen und dafür im vertraulichen Briefwechsel festlegen. Schön
wird deshalb seinen Verwaltungsrat fragen, da die Finanzierung
dieses Feuerleitsystems für das Jahr 1980 und 1981 von der Oerlikon
durchgeführt wird, glaubt er, dass jetzt auch das Verteidigungs-
ministerium endgültig abschliessen kann. und wird. Der Vertrag
sollte bis 30. Juni fertig sein, denn Schön ist fest davon überzeugt,
dass das Landesverteidigungsministerium jetzt ebenfalls akzeptieren
wird. Ich erklärte sofort, an dem Problem der Garantieleistung,
dass alle Gegengeschäfte durchgeführt werden, wird es nicht scheitern.
Schön hat mir auch offeriert, er könnt eine ölfördernden ameri-
kanischen Konzern, der sich an ihm gewandt hat, namhaft machen,
der Rohöl verkaufen will. Seiner Meinung kommt dafür nur die
ÖMV in Frage. Mit Privaten will dieser Konzern angeblich nichts
zu tun haben. Ich habe ihm versprochen die ÖMV darauf aufmerksam zu
machen, die sich mit ihm sicherlich in Verbindung setzen wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte ÖMV vertraulich verständigen.
Ein gewisser Schrimpf hat mitgeteilt, dass er bezüglich Ionisierung
ein System entwickelt hat, welches ölsparend wirkt. Da er bei mir
das Gerät Ionisierung der Luft von Knoblich gesehen hat, warnte er
mich, dass es, wie Untersuchungen ergaben, silikosefördernd wirkt.
Ich habe ihm mit Burian bekanntgemacht, damit man gegebenenfalls
das Gesundheitsministerium einschaltet.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Toni Wais fragen.
Die vorgeschlagene Sitzung bei SChef Frank mit den Interessens-
vertretungen und sonstigen Beteiligten Ministerien über Ölspar-
massnahmen verlief, wie ich eigentlich erwartet habe. Alle er-
klärten neuerdings, dass wir sparen müssten, insbesondere der Ver-
treter der Ölfirmen. Keiner wollte sich aber konkret festlegen.
Das einzige was heute schon fix ist, dass die Elektrizitätswirtschaft
in Hinkunft anstelle von Öl, Gas resp. Kohle für konventionelle
Kraftwerke verwenden wird. Wie weit eine Umstellung von derzeit
800.000 Tonnen Öl ist 7.5% des Verbrauches von bestehenden Kraft-
werken möglich ist, wird weiter untersucht und bedarf sicherlich
einer finanziellen Unterstützung. Ähnlich liegt es bei der Indu-
strie, die 13% verbraucht. Der Vertreter des Finanzministeriums,
Ferchenbauer, wollte unbedingt wissen, wie viel die einzelnen Be-
rechnungen für den Ölpreis und für Kohle, sowie für Gas ange-
setzt haben. Er selbst sprach davon das Heizöl schwer in Deutsch-
land jetzt schon 2.300 Schilling die Tonne kostet und was allge-
meine Verwunderung bei allen Anwesenden auslöste, denn der tat-
sächliche Preis in Deutschland ist 1.700 Schilling maximal bis
1.900 Schilling wie ich sofort korrigierte. Es ist unwahrschein-
lich manche Beamte leichtfertig mit Ziffern herumwerfen. Der Fach-
verbandssekretär Messinger, Alkohol zu Benzin beabsichtigen, da
müssten wir unbedingt eine westeuropäische Harmonisierung dafür
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herbeiführen. Mit unserem Alkoholprojekt haben wir also sicherlich
dort entsprechenden Widerstand zu erwarten. Ing. Schmidt von der
Austro-Ferngas teilt mir mit, dass jetzt bezüglich des Algerien-
gases und vor allem Substitution von Heizöl schwer durch Gas die Elek-
trizitätswirtschaft und die Gaswirtschaft eine Arbeitsgemeinschaft
gegründet haben.
ANMERKUNG BEI Satzinger: Bitte erkundige Dich bei ihm, was hier im
Detail geschehen ist.
Dr. Musil vom Wirtschaftsforschungsinstitut hat das Aschacher Alko-
holprojekt durchgerechnet und festgestellt, dass dort mehr Energie
eingesetzt wird, als Energie durch die Alkoholbeigabe im Benzin
dann erspart werden kann. Seiner Berechnung nach ist der input
grösser als der output. Ich habe ihm nachher sofort versucht zu
erklären, dass, selbst wenn diese Berechnungen stimmen, wir allein
wegen der Verarbeitung von überschüssigen Getreide diese Idee vom
Landwirtschaftsminister und mir weiter verfolgt wird. Ausserdem
ersuchte ich ihm um Bekanntgabe der Berechnungsmethode und Ergeb-
nisse. Musil erklärte, er muss dazu noch Herrn Wohlmeyer von
Aschach fragen, da es sich um eine vertrauliche Information und
Berechnung gehandelt hat.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte unbedingt die Berechnung verlangen.
MR Steiger berichtet mir von dem EG-Österreich Gemischten Ausschuss.
Duchateau, für Österreich zuständig, hat sich insbesondere über
die Strumpfhosenregelung mokiert. Sonst war die Aussprache sehr
freundschaftlich und brachte auch keinerlei konkrete Ergebnisse.
Viel wichtiger berichtet mir Steiger – und da hat er vollkommen
recht – ist es jetzt, die Verhandlungen mit Griechenland nach dem
EWG Beitritt. Derzeit ist Österreich diskriminiert, weil die Grie-
chen mit den EG-Staaten und auch anderen bereits entsprechende
Zollermässigungen vereinbart haben. Die EG beginnt deshalb
bei 32 % den Zollabbau 1981. Österreich muss bei 100% des griechi-
schen Zolls beginnen. Dies wird nicht nur länger dauern, sondern
auch, so langsam abgebaut werden, dass die österreichische Wirt-
schaft bei Export nach Griechenland sehr stark auch in Zukunft
diskriminiert sein würde, wenn es nicht gelingt, eine bessere Lö-
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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lass Dich bitte ständig informieren.
Die Veranstaltung von AMC, einer amerikanischen Verkaufs-
organisation, die heute ihren Sitz aber in Deutschland hat
und sündteures Stahlgeschirr, ähnlich dem Tupperware durch
Kundenbesuch verkauft, hat mich in einer Art und Weise
begrüsst, wie ich es noch nie erlebte. Die tüchtigsten Ver-
käufer waren zu diesen Treffen nach Wien eingeladen und die
paar hundert Leute tobten im wahrsten Sinne des Wortes vor
Freude, dass ich sie begrüsse. AMC muss daher – so hatte ich den
Eindruck – bis jetzt immer von der Öffentlichkeit diskriminiert
worden sein. Ich selbst bin hauptsächlich dort hingegangen, um
den versammelten Management nahezulegen, in Österreich eine Produk-
tionsstätte aufzumachen. Der österreichische Vertreter und Leiter
der rund 700 Beschäftigten, 630 Handelsreisenden und 70 in der
Hauptverwaltung, die neu gebaut wird, machen einen Jahresumsatz
von derzeit ca. 200 Mio. Schilling. Wichtig war mir nur, dass ein
kleiner inländischer Holzverarbeiter bereits eingeschaltet ist.
Das Management hat mir nachher zugesagt, sie werden weitere Pro-
duktionsmöglichkeiten in Österreich prüfen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Rothensteiner, der eine gute Information
lieferte, soll dies weiter verfolgen.
Im Jour-fixe wurde über die Frage der Nahversorgung, insbesondere
Aufhebung der Preisregelung für sozial kalkulierte Artikel, wie
dies auch der Freie Wirtschaftsverband verlangt, lang und breit
diskutiert. Immer wenn es um Lockerung bzw. Aussetzung der
Preisregelung geht, legt sich die Arbeiterkammer aber auch der
ÖGB quer. Die Handelskammer möchte jetzt, dass sozial kalkulierte
Preise nicht nur von der Preiskommission als Höchstpreise fest-
gesetzt werden, sondern gleichzeitig auch ein Mindestpreis fixiert
wird. Schmidt vom Gewerkschaftsbund könnte sich vorstellen, dass
man sich über dieses Problem diskutiert, wenn gleichzeitig auch
eine Importpreisregelung durch die Paritätische Kommission von der
Handelskammer zugestanden wird. Dies ist taktisch ein guter Gegen-
zug, kann aber niemals zu einem Ergebnis führen. Darüber hinaus
sollen gegen den Verkauf unter Einstandspreis nur der Lieferant
klageberechtigt sein. Zöllner wieder meinte, es wäre eine Mög-
lichkeit, die gesamte Preisregelung aufzuheben, wenn auch die
Agrarprodukte unter diese Aufhebung fallen würden. In diesem Fall
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wäre es aber zweckmässig und meiner Meinung nach der einzige mög-
liche Weg, die Preisregelung im nächsten Jahr auslaufen zu lassen.
Da es sich hier um ein Verfassungsgesetz handelt, bräuchte man die
Verhandlungen nur so zu führen, dass die ÖVP nicht zustimmt, resp.
zustimmen kann. Nach meinen jahrzehntelangen Erfahrungen weiss
ich aber, dass es dann letzten Endes doch wieder zu einem Kom-
promiss kommt. Niemand getraut sich ernstlich die Preisregelung
als solche auslaufen zu lassen. Im Hinblick auf die Handels-
kammerwahl im nächsten Jahr, habe ich aber mit aller Deutlich-
keit von den Konsumentenvertretern verlangt, wir müssen eine
Konzeption entwickeln, die vor dieser Wahl noch zu einem Ergebnis
führt. Letzten Endes muss es auch im Interesse AK, ÖGB liegen,
dass der Freie Wirtschaftsverband nicht bei den Wahlen wegen Ver-
nachlässigung der Klein- und Mittelbetriebe vom Wirtschaftsbund,
sprich Handelskammer, ebenfalls attackiert wird. Nur über diesen
Zeitplan bestand Einigkeit. Ansonsten werden AK und ÖGB Überlegun-
gen anstellen und ich werde dann mit der Handelskammer im kleinsten
Kreis, Schmidt, Blaha, Lachs vom Konsum, Farnleitner, Handelskammer,
entsprechende Gespräche aufnehmen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte versuche die Fronten zu klären.
Bezüglich der Dieselversorgung konnte auch keine einvernehmliche
Auffassung erzielt werden. AK und ÖGB möchten am liebsten die
Ölfirmen nach den Kartellgesetz und sicherlich auch nach den Preis-
treibereibestimmungen prüfen und womöglich bestrafen. Genau diese
Politik kann ich jetzt bei der kritischen Dieselversorgung nicht
brauchen. Natürlich ist das Verhalten der Ölfirmen mir gegenüber,
wie selbst loyale Beamte mir mitteilten, eine Schweinerei. Nicht
ob ich aber Recht oder Unrecht habe, wird diese Situation lösen,
sondern ob eben entsprechende Massnahmen gesetzt werden ist entschei-
dend. Ich schlug deshalb vor, wir sollten in der Energiesektion
eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Dr. Zluwa bilden, wo je ein
Vertreter der Interessensvertretungen jeden Beschwerdefall über
Nichtbelieferung behandelt. Niemand war von diesem Vorschlag be-
geistert. SChef Frank hat, wie mir nachher Satzinger berichtet,
dies überhaupt abgelehnt. Er meint eine solche Kommission ist zum
Krenreiben, denn sie hat keinerlei gesetzliche Fundierung. Frank
möchte wieder einmal womöglich eine Bewirtschaftungsregelung ge-
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setzlich einführen. Ich werde versuchen ihm den Plan klar zu
machen. Mir kommt es primär darauf an, dass nicht die Ölfirmen
ihre verheerende Politik fortsetzen können und die Handels-
kammer und auch die Landwirtschaftskammer, da sie entweder davon
nichts weiss oder falsch informiert ist, ihnen noch Schützenhilfe
gibt. Wenn sie, wie dies 1974 bei der Ölkrise der Fall war, die
einzelnen Fälle kennt und auch teilweise bearbeiten und lösen
muss, dann werden die Landwirtschaftskammer und Handelskammerver-
treter eine andere Stellungnahme einnehmen oder zumindestens neu-
tralisiert werden.
Tagesprogramm, 15.6.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)