Montag, der 30. Juli 1979

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Montag, 30. Juli 1979

Direktor Feichtinger, ÖMV, hat in der UdSSR mit der Sojus-Gas,
Domratschev, verhandelt. Der erste Gasvertrag von 1,5 Mia. cbm, der
bis 1993 läuft, soll über 2000 verlängert werden. Beabsichtigt ist
dieselbe Laufzeit wie für den Zweiten, 500 Mio. cbm und den Dritten
ebenfalls 500 Mio. cbm. Für einen vierten Gasvertrag, von uns gewünscht
und erwartet, 1.5 Mia, kann frühestens bis Endes des Jahres 1979
Klarheit bestehen, ob ein solcher abgeschlossen werden kann.

Bezüglich des iranischen Gasvertrages weiss man in der UdSSR auch
nicht, wie es weitergeht. 1977 haben die Sowjets 12.4 Mia. cbm be-
zogen, 1978 waren es noch 9.1 Mia. cbm, 1979 wird jetzt sporadisch
geliefert, manchmal 30% der vereinbarten Monatsmenge, manchmal
weniger. Es kann daher stimmen, als Patolitschew mir sagt, sie
werden 4 Mia. cbm beziehen. Über den Konsortialpartner, Deutschland
50%, Frankreich 33.3%, Österreich 16.7%, 11-Mia.-Vertrag ist den
Sowjets auch nichts näheres bekannt. Sicher ist nur eines, dass 1981
mit der Lieferung nicht mehr begonnen werden kann. Dadurch fehlen
uns 600 Mio. cbm, in Summe werden es dann 1,8 Mia. cbm sein.

Bezüglich der Öllieferungen wurde auch für das Jahr 1979 1.5 Mio.
Tonnen für die ÖMV, die gleiche Menge 1978 vereinbart und wahr-
scheinlich wird Shell International auch die 500.000 Tonnen im
heurigen Jahr bekommen, das ebenfalls bereits im Vorjahr geliefert
wurde. In der Planperiode 1981 bis 1985 wird es nur mehr Jahres-
verträge gegen. Die ÖMV möchte natürlich gerne grössere Schlüsse
tätigen.

Die Sowjets haben aus Iran vor längerer Zeit die Familien, dann
die Mannschaft und jetzt wollen sie sogar die Maschinen abziehen.
Im Juni soll es eine Konferenz in Teheran gegeben haben, an der der
persische Planungsminister und der sowjetische Planungsminister
von Gosplan daran teilgenommen haben. Die Verhandlungen waren sogar


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beim Ministerpräsident Basergan. Niemand weiss, wie die Iraner
sich weiterhin bezüglich der Gaslieferungen tatsächlich verhal-
ten werden. Vielleicht ist das Ganze, die Ankündigung, sie werden
keinen Kubikmeter mehr ins Ausland liefern, nur ein Bluff, um
höhere Preise zu erzielen. Ähnliches könnte auch für den ira-
nisch-sowjetisch-westeuropäischen Gasvertrag gelten. Dort ver-
langen bisher die Iraner denselben Preis wie für sowjetisches Gas,
1.20 Schilling. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie dafür
eben einen wesentlich höheren Preis herausschinden wollen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Verlange vom Aussenamt einen entsprechenden
Bericht.

Der Preisunterausschuss hat sich über die Handelsspannen für leicht
und mittel Heizöl geeinigt. 1/3 der Preisforderung wurde erfüllt.
Die Händler konnten ihre Forderung perzentuelle Handelsspannen
auf die höheren Einstandspreise stets wirken zu lassen, nicht
durchsetzen und sicherlich auch nicht begründen.

Im 300. Pressegespräch erinnerte Hofrat Puffler, dass das erste
am 20.3.1972 mit Gewerbeordnung, Produktdeklaration, Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft-Verhandlungen und auch schon damals Ben-
zinpreiserhöhungen behandelt hat. Ich bedankte mich bei Puffler,
denn letzten Endes hat er ja wirklich mit ganz wenigen Ausnahmen
stets diese Pressegespräche geleitet, aber auch bei den Journalisten
für ihre Treue. In Wirklichkeit müsste ich – oder hätte ich sollen –
den Initiator Dr. Koppe erwähnen, der mir diese Idee damals einge-
redet hat. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich sehr skeptisch
war, ob es uns gelingen würde, Woche für Woche, für eine längere
Zeit, damals war an ein paar Monate gedacht, Pressegespräche zu
führen. Kreisky hat dann viel später erst diese Idee nachgemacht
und das Pressefoyer nach dem Ministerrat geschaffen.

GD Vogler, Tullner Zuckerfabrik, hat namens der Zuckerindustrie das
Power-Alkohol-Projekt vorgestellt, zu deutsch Kraftalkoholprojekt.
Zwei Ziffern wurden von ihm neu – auch mir gegenüber erwähnt – dies
allerdings auch erst auf Anfragen der Journalisten. Die Investi-
tionen würden 220 Mio. Schilling betragen und 120.000 Tagesliter
würden produziert werden.



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ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lass vergleichen, wieso dieses Projekt
so billig wäre.

Natürlich verlangte Vogler zum Schluss ein nationales Alkoholprogramm
mit Verbot für nichtgemischte Benzinabgabe, eine Marktordnung
insbesondere mit dem Branntweinmonopol entsprechende Steueränderun-
gen, einen Umweltschutz durch Senkung des Bleigehaltes, wenn ent-
sprechende Alkoholmengen beigegeben werden, eine stärker beschäf-
tigte Zuckerindustrie mit neuen Arbeitsplätzen und vor allem auch
die Wirtschaftliche-Landesverteidigung-Interessen durch ent-
sprechende Benzinproduktion aus heimischen Quellen. Alle 5 Programme,
ich kenne allerdings nur 4, würden 9% des Benzinverbrauches ersetzen.
Ich hatte nur mit aller Deutlichkeit sofort klargestellt, dass ich
gegen ein so ein nationales Alkoholprogramm grösste Bedenken habe,
weil, sollte auch nur ein Bruchteil der Massnahmen, die die Zucker-
industrie verlangt erfüllt werden, dann müsste man wahrscheinlich
zusätzliche Verwaltungsapparate und Kontrollen aufbauen. Genau dies
möchte ich unter allen Umständen vermeiden. Wird nämlich ein solcher
Weg beschritten, dann prägt letzten Endes auch der Staat die Ver-
antwortung was die einzelnen Firmen produzieren, wie es dann dem
Benzin beigemischt werden soll und wie letzten Endes dann wahr-
scheinlich eine wesentlich höhere Belastung des Konsumenten heraus-
kommen würde. Interessant für mich war noch die Bemerkung von Vogler,,
dass sie zwar unter allen Umständen an diesem Projekt jetzt weiter-
arbeiten werden, wenn sich auch herausstellen sollte, dass meine
Idee durchgezogen wird und es keinerlei besondere Schutzmassnahmen
gibt. Die Tullner haben auch ein WEPEX-Projekt gehabt, wo sie aus
Gras und Klee Eiweiss erzeugen könnten. Die Investitionen würden
350 Mio. Schilling ausmachen. Sie haben 1975 nur dann von diesem
Projekt Abstand genommen, weil es keine Möglichkeit des Importschutze
für Eiweissprodukte durch die Amerikaner gegeben hat.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiss die Industriesektion davon?

MR Würzl berichtete über die Untersuchung Motivforschung, Erwar-
tungen, Umstellungsschwierigkeiten, persönliche Kontakte, Informa-
tion der deutschen Urlauber in Österreich. Würzl hat damit ein
deutsches Unternehmen beauftragt, den Namen hat er selbst auf Anfrage
nicht mitgeteilt, ich selbst habe dann die Zusammenfassung flüchtig
gelesen, Basis Research, eine auf Hintergrundfragen basierende Um-
fragegesellschaft. Ein Konkurrenzoffert, nicht einmal in Deutsch-


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land konnte gefragt werden, weil angeblich keine zweite Gesell-
schaft dieser Art existiert. Auch in Österreich hätte diese Er-
hebung niemand machen können. Der Vertrag belief sich auf 420.000
Schilling.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weisst Du im Speziellen von dieser
Gesellschaft.

Direktor Schneider, CA, teilt mir mit, dass die Firma Hübner-
Vamag in der UdSSR grosse Schwierigkeiten mit ihren ausgelieferten
Teilen für die Gasleitung Orenburg hat. Vereinbart wurde eine
Qualität des Gusses Uranus 50. Diese Qualität kann angeblich nur
die französische Firma Schneider-Creusot herstellen. Wieso die
jetzt rausgeschmissenen Vorstände von Hübner-Vamag dies akzeptieren
konnten, ist noch nicht ganz klar. Tatsächlich konnte daher diese
Qualität von ihnen nicht geliefert werden und es kam zu Gasex-
plosionen mit Zerstörung der Leitungen usw. Die Sowjets haben so-
fort Ersatz- und Neulieferung verlangt. In Hinkunft bekommt aber Hüb-
ner-Vamag keinerlei Aufträge mehr von der UdSSR. Da sie dorthin 60%
ihrer Produkte exportierten, sind die 915 Beschäftigten sehr gefähr-
det. Bei einem Umsatz von 400 Mio. Schilling, wurde mir strengst ver-
traulich mitgeteilt, sind jetzt schon 100 Mio. Defizit erwachsen.
Durch die Nachlieferung von Ersatzteilen in die UdSSR werden ein
weiteres Defizit von 100 Mio. dazukommen. Die Sowjets haben angeblich
auch noch gedroht, es wird sich auf die Gaslieferungen nach Öster-
reich negativ auswirken. Schneider wollte von mir wissen, wem er
noch allen informieren muss und ob tatsächlich diese grosse Gefahr
besteht. Ich verlangte von ihm eine schriftliche Darstellung. Per-
sönlich glaube ich nicht, dass die Sowjets, wenn sie nicht durch
andere Umstände gezwungen sind, die Gaslieferung wegen dieser
schlechten Teilelieferung nach Österreich einschränken werden.
Sollten sie allerdings aus irgendwelchen anderen Gründen grosse
Schwierigkeiten haben, so kann ich mir sehr gut vorstellen, dass
sie die schlechte Lieferung von VAMAG-Ventilen als Ausrede benützen,
um eben den Gasliefervertrag nicht einzuhalten. In diesem Fall
wäre dies für uns eine richtiggehende Katastrophe.

GD Apfalter ruft an und teilt mir mit, dass er mit Sallinger über
die Fernost-Reise gesprochen hat. Präs. Sallinger möchte aus sei-
nem Gesundheitszustand heraus auf jedwede weitere Reise jetzt ver-


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zichten. Dies kann tatsächlich zutreffen, kann allerdings auch
eine Ausrede sein. Ich habe das Gefühl, dass er innenpolitisch
jetzt sehr grosse Schwierigkeiten hat und deshalb nicht wochen-
lang von Wien abwesend sein möchte. Apfalter ist einverstanden,
dass sozusagen wir allein fahren, denn das Anbot Sallinger, Vi-
zepräsident Seidl mitzunehmen, hilft ihm und wahrscheinlich
auch mir herzlich wenig. Seidl ist ein Pensionist, der heute noch
immer sehr aktiv in der Welt herumfährt, um gegebenenfalls Geschäfte
für Lenzing oder Repräsentationsaufgaben der Bundeshandelskammer
zu erfüllen. Da der vorgesehene Termin Oktober für mich gar nicht
in Frage kommt, zu diesem Zeitpunkt wird der innenpolitische Kampf
auf vollen Touren laufen, einigte ich mich sofort mit Apfalter,
dass wir neuerdings diese Fern-Ost-Reise verschieben. Ich kann
nicht, wenn so viele Landeswahlkämpfe stattfinden, abwesend sein.
Ich bin zwar nicht überzeugt, dass ich den Landeswahlkampf einge-
schaltet werde. Niemand soll aber die Ausrede haben, er hätte mich
gerne gehabt und ich sei wochenlang nicht anwesend gewesen. Sollte
diese Fern-Ost-Reise im nächsten Jahr zustande kommen, so wird es
auch zweckmässiger sein, anstelle des Vizepräsident Seidl den
dann schon neu installierten Kammeramtsdirektor Kehrer für eine
solche Fahrt einzuladen.

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Tagesprogramm, 30.7.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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      Tätigkeit: GD VÖEST


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        GND ID: 118566512


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          Tätigkeit: GD Lenzing AG, Vizepräs. HK, AR-Präs. OÖ. Ferngas


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            Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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                Tätigkeit: MR HM


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                  Tätigkeit: ÖMV
                  GND ID: 132912112


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                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                        Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


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                          Tätigkeit: Tullner Zuckerfabrik


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