Montag, 10. September 1979
Für die mit den Forschungsförderungsfond gemeinsam in Linz durchge-
führte Aufklärungskampagne für die Textil- und Bekleidungsindustrie
mögliche Kreditaktionen machte das Fernsehen eine Interview-Auf-
zeichnung mit mir. Da im Forschungsförderungsfonds diese Sparte
nur mit 2 % beteiligt ist, soll jetzt versucht werden die Innovation
auf diesem Gebiet weiterzutreiben. Wichtiger als diese Veranstal-
tung ist der Besuch bei der Maschinenfabrik Fehrer. Hier könnten die
Textilindustrie-Vertreter wirklich konkret sehen, welche zukünftige
Spinngeneration auf sie zukommt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich möchte von diesem Besuch nachher einen
mündlichen Bericht.
Das Pressefrühstück musste dieses Mal wegen der allgemeinen Frage-
stunde an mich beginnen, weil der Gewerkschaftskongress um 10 Uhr
feierlichst eröffnet wurde. Interessant für mich war, dass jetzt nach
langer Zeit einmal der Leiter der Presseabteilung der Handelskammer,
Steinacker, selbst gekommen war, auf meine sehr freundliche Begrüssung
meinte er, er hätte noch einmal den Handelsminister sehen wollen.
Wenn dies nicht ein Gag sein sollte, dann glaubt diese Gruppe schein-
bar noch immer, ich werde doch abgelöst, oder gehe einfach weg, weil
ich des Streites müde bin. Steinacker wollte wissen, was das Handels-
ministerium für exportfördernde und fremdenverkehrsentlastende Mass-
nahmen vorschlägt. Ich erwiderte nur aus den Budgetverhandlungen
konnte ich ohne Details nennen zu dürfen soviel sagen, dass die
Aktionen fortgesetzt werden. Er meinte, neue gibt es nicht, was ich
bestätigte.
Fernsehredakteur Swietly wollte natürlich wieder einmal von mir wissen
welche Vorschläge das Handelsministerium bei der steuerlichen Ab-
setzung kriterienmässig dem Finanzministerium empfehlen wird. Ich
erklärte sofort, dass federführend das Finanzministerium sei, dies
steht eindeutig im Rahmenkatalog und dass selbstverständlich, nach-
dem der Finanzminister erklärt hat, er kann die fachlichen und ma-
teriellen Unterlagen nicht zur Verfügung stellen, dies müsste das
Handelsministerium machen, das im Zuge einer Besprechung im Finanz-
ministerium die dafür zuständigen fachlichen Ministerien ihm sicher-
lich beraten werden. Ohne dass ich es sagte, sehe ich darin nämlich
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eine ganz grosse Gefahr. Wir würden entsprechende Vorschläge
machen, er könnte dann wahrscheinlich aus finanziellen Gründen
diese nicht aufnehmen und ich bekomme in der Öffentlichkeit einen
neuerlichen Streit. Dies Mal wäre es allerdings mit umgekehrten
Verhältnissen, denn ich würde mehr verlangen und er könnte dies
nicht geben. Da die Energieverwertungsagentur ja die treibende
Kraft für all diese Massnahmen ist, soll diese Diskussion zwischen
der Energieverwertungsagentur und dem Finanzministerium spielen.
Die billigste und doch zweckmässigste Lösung und insbesondere als
erster Schritt so wichtige Vorschlag wäre, die steuerliche Ab-
setzung von Dichtung von Fenstern und Türen. Da es sich hier aber
um bauliche Massnahmen handelt, müsste eigentlich dieser Vorschlag
vom Bautenministerium kommen. Bei der Budgetbesprechung am Freitag
im Finanzministerium hat Androsch sich mit aller Deutlichkeit gegen
die vom Sparkomitee bei der Bundesgebäude vorgeschlagenen 400 Mio.
Schilling zur Energieeinsparung ganz entschieden dagegen ausgespro-
chen. Angeblich haben seine Leute davon nichts gewusste und es wurde
ihm dieser Betrag sogar unterschoben. Mit Druckfehlerberichtigung
will er sie jetzt auf 100 Mio. korrigieren. Ähnlich wird es sicher-
lich bei allen weiteren Verhandlungen mit dem Finanzministerium
sein. Seine Beamten werden entweder gar nichts sagen oder sehr zurück-
haltend nur Bedenken anmelden, dann wird es grosse Vorschläge geben
und er, resp. das Finanzministerium wird es dann zusammenstreichen.
Diese Polemik möchte ich nicht, dass neuerdings auf meinem Rücken
ausgetragen wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte insbesondere die 400 Mio. Reduzierung
mit Frank besprechen.
Die feierliche Eröffnung des Gewerkschaftskongresses erfolgte wie
die bisherigen. Von allen Seiten riesiges Lob über die Tätigkeit
des ÖGB. Da dabei ja nur Gewerkschaftsmitglieder von Bürgermeister
Gratz bis zum Bundespräsidenten Ansprachen hielten, war ja auch
aus diesem Grund gar nichts anderes zu erwarten.
Beim Mittagessen mit den Lebensmittelarbeiterdelegierten zum Kon-
gress konnte ich dann mit der Bäckergruppe und auch vorher den Mol-
kereiarbeitervertretern die Sekretärsprobleme besprechen. Am meisten
überrascht war ich aber von den Erklärungen der christlichen Ge-
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werkschafter in unserer Organisation. Sie erklärten einmal mehr
freimütig, dass es auch alle anderen hören konnten, bei der jetzt
stattgefundenen christlichen Fraktionsvorbesprechung die 2 Tage
gedauert hat haben sie immer wieder darauf verwiesen, wie gut es
ihnen in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft geht. Nirgends wo-
anders werden sie so loyal behandelt, nirgends woanders gibt es
so wenig Reibereien mit ihnen, nirgends wo anders fühlen sie sich so
gut aufgehoben. Das Lob war insoferne direkt schon peinlich für mich,
weil dann wirklich Sozialisten, die meine Taktik nicht kennen, wo-
möglich das Gefühl haben, die sozialistische Fraktion wird in irgend
einer Weise beschnitten.
Der nachmittägige Gewerkschaftskongressverlauf war auch wie üblich,
einleitend 2 Begrüssungsansprachen IBFG- und EG-Gewerkschaftsver-
treter, dann der Bericht von Hofstetter über Wirtschafts- und Sozial-
politik und Organisation und von Ströer über Finanzen, internationale
Beziehungen und Propaganda. Ich glaube dieser Kongress wird keinerlei
Schwierigkeiten aber auch keinerlei besonderes Höhepunkte bringen.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky vom Ministerkomitee
über die Durchführung des 25 Jahre Staatsvertrag, 15.5.1980 be-
richtet. Dr. Giese vom Rundfunk, ein guter Genosse, der dort über-
haupt nicht ausgelastet ist, wird zur Durchführung herangezogen. Der
Staatsakt soll nicht in der Hofburg erfolgen, sondern wenn die Geneh-
migung erteilt wird, vor der UNO City, Natürlich wird insbesondere
auch auf die 10-jährige Tätigkeit der SPÖ-Regierung hingewiesen. Dies
kann aber gut getarnt werden, denn selbstverständlich wird insbesonde-
re von Kreisky auf die Leistungen von Raab, Figl und Kunschak hinge-
wiesen werden. Die ÖVP wird es daher sehr schwer haben sich davon
zu distanzieren. Kreisky meinte, auch in der I. Republik war es die
beste Lösung, dass Bürgermeister Seitz das Lueger-Denkmal damals er-
öffnet hat. Kreisky möchte auch eine Tafel über die Staatsvertrags-
unterzeichnung am Belvedere anbringen. Die Frage ist nur, ob es
das Denkmalamt genehmigt. Rösch hat vorgeschlagen, dass man von den
vier Staatsvertragsmächten Musikkapellen einladen soll. Die Erfah-
rungen bei der Spendenaktion für 200 Jahre Amerika, die 2 Mio. Dollar
ergeben hat, soll genützt werden um auch eine Nationalspende in Öster-
reich für die 25-jährige Staatsvertragsunterzeichnung zu schaffen. Da-
mit soll ein Jugendzentrum in Wien errichtet werden, wo Häuser der
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Bundesländer dann für die Schüler, die die Bundeshauptstadt be-
suchen zur Verfügung stehen. Publikationen sollen dokumentieren
was auf dem Bausektor, Technik, Wissenschaft, Juristerei usw. in
den letzten 25 Jahren geschehen ist.
Die politische Lage charakterisierte Kreisky mit den vielen Kon-
gressen von den Eisenbahnen bis zum ÖGB Kongress über die Fraktion
Jugend, Frauenkongress in der letzten Zeit. Die ÖVP Reform geht
langsam vor sich und dürfte wieder einmal nicht das gewünschte Er-
gebnis bringen. Die Zeitungen rücken daher schon für die ÖVP neuer-
dings ein und hetzen die ÖVP auf. Dies geht allerdings auch dann so
weit, daß sie der ÖVP jetzt schon vorwerfen, nicht einmal die not-
wendigen Reformen entsprechend durchzuziehen. Der Kampf SPÖ, Zeitun-
gen wird aber auch in Hinkunft das beherrschende Moment in der Innen-
politik sein. Die ÖVP ist scheinbar derzeit zu nichts mehr imstande.
Bezüglich der Aufwertung des Schillings meinte Kreisky, die hält
sich in den Grenzen der Arbitrage und begründet hat er sie, wenn sie
die Fachleute wollen, dann hat er auch nichts dagegen gehabt. Deut-
licher konnte man seine Distanzierung schon nicht mehr ausdrücken.
Der Finanzminister war allerdings nicht anwesend und er meinte,
dieser hätte ansonsten hier sicherlich einen entsprechenden Bericht
gebracht. Kreisky ist fest davon überzeugt, dass die Importpreise
sich nicht sehr viel senken werden, denn selbst die grosse Zollsen-
kung im Rahmen der EFTA wurde mehr oder weniger vom geschluckt. Die
Verbraucher haben kaum etwas bekommen.
Während der Sitzung hat Kreisky in einem Fernschreiben erfahren,
dass Gredler mit 12 gegen Broesigke 6 Stimmen, zum Präsidentschafts-
kandidaten von der FPÖ gewählt wurde. Er meinte, ihm fällt ein Stein
vom Herzen, denn wenn Kandutsch dort vorgeschlagen worden wäre, hätte
sich dieser neuerdings einzementiert. Zeillinger dürfte der Vernünf-
tigste sein und hat deshalb gleich auf eine Kandidatur verzichtet.
Ich glaube nur so einfach war es in der FPÖ nicht. Zeillinger dürfte
bemerkt haben, dass er nicht einstimmig gewählt wird. Dies hätte
seinem Image sehr geschadet. Chancen, dass einer der FPÖ-ler Bundes-
präsident wird, gibt es ja sowieso überhaupt nicht.
Sinowatz berichtet, dass Niederl jetzt für die Schladminger Welt-
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meisterschaft eine Summe von 1 Mia. Schilling Unterstützung
bräuchte, um diese klaglos und vor allem durch entsprechende
bauliche Massnahmen vorzubereiten. Da nicht annähernd 1 Mia. not-
wendig ist, diese Mittel auch gar nicht zur Verfügung stehen,
einigte man sich sofort, man wird ein Expertenkomitee einsetzen.
Rösch meinte bezüglich der Heeresunterstützung, die sowie in
Innsbruck gegeben werden muss, sollte man doch eine Kostenauf-
teilung vorsehen. Derzeit trägt das Bundesheer 100 % die Aufwendung.
Dadurch ergibt sich genauso wie in Innsbruck, dass man alles erdenk-
liche, ja fast unerdenkliche vom Bundesheer verlangt. Sinowatz
meinte, er könne einer solchen Idee nur schwer zustimmen, denn als
Verantwortlicher im Organisationskomitee muss er natürlich trachten,
dass die Spiele sich bestmöglich abwickeln. Dazu gehört eben die
sehr notwendige und sehr aufwendige Unterstützung des Bundesheeres.
Morgen wird der Kärntner Staatsvertrag unterzeichnet. Am 24. Septem-
ber kommt Ratzenböck und Hartl und am 4. Dezember wird mit der Stadt
Salzburg verhandelt. Kreisky ersuchte die Termine vorzumerken, ob-
wohl er nicht genau sagte, wer daran teilnehmen sollte.
Tagesprogramm, 10.9.1979