Dienstag, 18.9. – Donnerstag 20.9.1979
Der Präsident von Philips Rodenburg erhielt einen hochgradigen Orden
und war nicht nur sehr überrascht sondern auch sehr erfreut. Er
beurteilt die wirtschaftliche Entwicklung pessimistisch. Interessant
für mich aber war, dass der österreichische Generaldirektor Koning
erklärte, die japanische Konkurrenz nach Ablauf des Schutzes für
das PAL-System in Europa diese nicht zu fürchten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lass Dir erklären, wieso dieses PAL-Schutz-
system abläuft.
Mit Direktor Lohmann und Kasamas, Verbundgesellschaft, Maurer und
Tumpel, Arbeiterkammer, hatten Burian und Satzinger die erste Aus-
sprache wegen der Strompreiserhöhung. Arbeiterkammer und Gewerk-
schaftsbund wollen allen Ernstes, dass ich die Grundgebühr, sprich
Leistungspreis für den Haushalt abschaffe und auf die Kilowattstunde
übertrage, Dadurch würde diese von 95 Groschen wesentlich, MR
Burian glaubte bis zu 2 Schilling, erhöht werden. Burian wird es
durchrechnen. Mein Einwand war, dass dann die Zweitwohnungsbe-
sitzer, die ja sehr wenig Strom verbrauchen, die Kleinstabnehmer
die Mischanlage und sogar der gewerbliche Grundpreis geändert
und die höheren Einkommen dadurch wesentlich bevorzugt werden. Ein
weiterer Streitpunkt war, dass die Arbeiterkammer unbedingt heraus-
rechnen lassen will, was die Nichtinbetriebnahme Zwentendorfs in
der Kalkulation ausmacht. Bei der Verbundgesellschaft wären es
462 Mio. Schilling im Jahr, auf 20 Jahre den verlorenen Aufwand ab-
schreibend, ca. 7% bei einem präliminierten Preisantrag von 17%.
Ich halte es für besser, wenn man von vorneweg erklärt, die Auf-
wendungen für das Kernkraftwerk werden aus den Ansätzen rausgestri-
chen und nicht einzeln ausgewiesen. Die Kernkraftwerkgegner würden
nämlich sonst auf alle Fälle erklären, 7% Verteuerung könnte man sich
entweder leisten zu übernehmen, oder eben dann zusagen, die Super-
gewinne der Elektrizitätsgesellschaften können dies sowieso tragen.
Die breite Masse der Bevölkerung wird ihnen dann wahrscheinlich in
diesem Punkt auf recht geben. Der wichtigste Streitpunkt war aber,
dass die Wiener Elektrizitätswerke aufgrund der derzeitigen Kosten-
situation überhaupt keine Strompreiserhöhung bekommen sollte.
Die Arbeiterkammer hat überschlägig berechnet, dass sie mit den
jetzigen Preisen ihre Kosten alle decken, inklusive 3% kalkulatori-
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scher Zinsen. Die Wiener haben aber bereits unglücklicherweise
angekündigt, da sie nicht am Kernkraftwerk Zwentendorf beteiligt
sind, bleibt ihnen jetzt eine beträchtliche Marge bei der Preis-
erhöhung am 1. Jänner 1980.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wie verbleibt jetzt die Wiener Arbeiter-
kammer?
Dir. Nentwich, GKT, hat neuerdings bei mir vorgesprochen, weil
sein Vertrag im nächsten Jahr abläuft. Er hätte natürlich, wie er be-
reits Vizekanzler Androsch auch mitgeteilt hat, grosses Interesse
dritter Vorstandsdirektor bei der Verbund zu werden. Ich habe ihm
dezidiert erklärt, dass keine Aussicht besteht, dass ich jetzt
einen dritten Vorstandsdirektor bestelle. Ich versprach ihm aber
dezidiert, dass selbstverständlich auch für ihn so vorgesorgt
werden muss, wie für alle anderen GKT-Mitarbeiter.
Dr. Wais informiert mich, dass die Firma Knoblich 50% Siemens
Sevcik Ges.m.b.H., 30% Sevcik, 20% Treuhänder, jetzt Interesse
daran hat, einen Teil von Austria-Email zur Aussenleuchtenproduktion
mit 100 Beschäftigten zu übernehmen. Austria Email ist in einer
schlechten wirtschaftlichen Position und die Kreditanstalt wäre
sicherlich bereit, ein solche Arrangement einzugehen.
Von unseren 4 Amtsgehilfen scheiden zwei aus. Tomasich wurde verab-
schiedet. Man sagt mir allgemein, einer davon müsste unbedingt
ersetzt werden.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte bei der nächsten Aussprache mit
Kazda nach bürointernen Beratungen besprechen.
Die 10. Gemischte bulgarisch-österreichische Kommission in Sofia
verlief wie üblich. Das Protokoll war schon bei meiner Ankunft
fertig. Nichtssagend wie immer. Die Essen und Gegenessen, der obli-
gatorische Ausflug an die Schwarzmeer-Küste, die noch immer ver-
hältnismässig gut besucht ist, die deklaratorischen Erklärungen
bei allen Zwischenverhandlungen mit Ministerpräsident Todorow,
Vizeministerpräsident Lukanow und den diversen Generaldirektoren von
Rudmetall, Bulgartabak, Technoexport, Technoimport, die sich
übrigens mit ihren Geschäftsaktivitäten überschneiden. Die Techno-
export importiert und die Technoimport exportiert, zumindestens
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auf den chemischen, energetischen und metallurgischen Sektor.
Die statistischen Aussenhandelsziffern stimmen zwischen Öster-
reich und Bulgarien noch weniger als bisher. Die Bulgaren waren
nämlich mit der Lieferung von Waren nach Österreich sehr zu-
frieden, obwohl nach unseren Ziffern 8,8% Importsteigerung bei
4,4% Exportsteigerung zu verzeichnen sind. Das Handelsbilanz-
defizit ist noch immer sehr gross. Der Besuch Bulgariens durch Öster-
reicher verhältnismässig gering, 35.000 waren heuer an der Schwarz-
meerküste. Da die Bulgaren in ihrer Statistik auch Transitware über
Österreich einbeziehen, ist ihren Berechnungen nach der bulgarische
Export nach Österreich befriedigend gestiegen. Ich persönlich
habe den Bulgaren von Handelsminister Christow bis zu Vizeminister-
präsident Lukanow unter vier Augen stets erklärt, dass sie ihre
Offertpraxis ändern müssen, wenn sie Grossaufträge nach Bulgarien
oder Drittländer ausschreiben. Die VÖEST-Alpine und andere Firmen
haben mir schon immer geklagt, dass die Bulgaren monatelang ver-
handeln, Detailinformationen wollen, dadurch den Betrieben hohe
Kosten entstehen und letzten Endes dann ein anders Land den Zu-
schlag bekommt. Die österreichischen Firmen nehmen daher an, es
handelt sich in den meisten Fällen nur um sogenannte Deckofferte.
Sie wollen aufgrund der detaillierten österreichischen Angaben den
Ausländer dann zwingen, mit einen sehr guten-Wissen über die Detail-
preise den Preis ihres Anbotes entsprechend zu senken. Wenn
Österreich keine Chance hat ein Offert zugeschlagen zu bekommen,
dann soll man dies gleich in einem früheren Zeitpunkt der öster-
reichischen Firma sagen. Ein typisches Beispiele für mich waren
nicht nur VÖEST-Alpine Anbote in den letzten Jahren, sondern gerade
vor meiner Ankunft den Franzosen zugeschlagenes Seilbahnprojekt.
Lukanow und Christow erklärten mir, dass es sich bei diesem fran-
zösischen Seilbahnprojekt um ein ganzes Fremdenverkehrsprojekt mit
Hotels usw. als Paket gehandelt hat. Die nächste Seilbahn auf die
Witoscha soll jetzt Österreich, Doppelmayr, bekommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Pschorn soll aufgrund der Aussprachen
jetzt die einzelnen Firmen über das Ergebnis verständigen. Wichtig
ist, dass diese sehen, wir haben interveniert.
Für mich interessant war nur ein Hubschrauberflug über die hoch-
gelegenen Stauseen, sogenannte Wasserspeicher, im Gebirge südlich
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von Sofia. Dort ist bereits eine kleine Elektrizitätsanlage instal-
liert. Jetzt soll durch die Firma VOITH angeboten, ein grosses
Milliardenprojekt an Pumpspeicher entstehen. Die Speicher werden
ausschliesslich durch Schmelzwasser im Winter und Sommerregen ge-
füllt. Gletscherzufluss gibt es keinen. Mit Pumpsystem soll jetzt
Spitzenstrom dort erzeugt werden können. Die Grundlast kommt aus
dem Kernkraftwerk an der Donau. Der Aussenhandelsminister Christow
ist bei dem Schwarzmeer-Besuch, wo er mich überraschend begleitet
hat, von einem Arzt nach Mitteilung des Regierungsspitals aus
Sofia sofort in die Regierungsvilla gelegt worden, da er Magen-
blutungen in der Nacht, wie Laboratoriumsuntersuchungen ergaben,
hatte. Einmal mehr konnte ich feststellen und beobachten, wie die
Regierungsmitglieder dort besonders beschützt sind. Weniger gegen
sogenannte Terroristen wie im Westen, dafür aber umso mehr über
ihren Gesundheitszustand. Die bilateralen Gespräche mit den einzel-
nen Staatshandelsländer sind nicht nur langwierig und in den sel-
tensten Fällen zielführend. Von meinem Standpunkt aus würde ich sie
am liebsten alle streichen und so wie den ungarischen, tschechi-
schen oder jugoslawischen Vertrag auf gelegentliche Besprechungen
alle 2, 3 oder 4 Jahre beschränken. Leider besteht scheinbar keine
Möglichkeit dies zu ändern. Da die Sowjets auf den jährlichen
Rhythmus beharren sind auch alle anderen, die dies im Vertrag
festgelegt haben, wie die Bulgaren und Rumänen, sowie die Polen
davon nicht abzubringen.
Tagesprogramm, 18./20.9.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)