Dienstag, 6. November 1979
Der polnische Aussenhandelsminister Olszewski kam um 7.25 Uhr
am Südbahnhof an und zu meiner grössten Verwunderung ist ausser
MR Fälbl niemand zum Empfang gewesen. Weder jemand von unserem
Protokoll, noch ein Vertreter der Handelskammer hat es für not-
wendig gefunden – scheinbar weil es zu früh war – dort hinzukommen.
Ich habe unverzüglich dann die Leute sehr brutal gestellt, indem
ich erklärte, sowohl den österreichischen Botschafter in Polen
als auch den Handelsrat, vor allem aber dann die Handelskammer-
vertreter und unser Protokoll Dr. Samsinger, warum sie alle zum
Essen kommen, aber keiner es für notwendig findet, dem ganz selbst-
verständlichen Empfang bei der Ankunft beizuwohnen. Samsinger hatte
die faule Ausrede, das Protokoll hätte davon nichts gewusst. Fälbl
sagte mit recht, dies kann nicht stimmen, denn sie haben ja letzten
Endes den Polizeilotsen hinbeordert. Beim Mittagessen wurde übrigens
dann eine so dumme Tischordnung festgelegt, der Gast nicht vis-à-vis
von mir, sondern der österreichische Botschafter in Polen, die Über-
setzerin ganz am Ende des Tisches, so dass ich mich darüber nur wun-
dern kann. S.Chef Kazda war ebenfalls sehr überrascht, als ich ihm
diese Information weitergab. Hausintern möchte ich ja derzeit da-
gegen nichts unternehmen, sondern nur festhalten, wie unnötig unsere
Protokollabteilung ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Handelskammer Jour fixe vormerken.
Mit S.Chef Jagoda und S.Chef Kazda besprach ich den Wunsch von
Albrecht, dass unbedingt wieder anstelle von Fr. Dr. Luchinetti
eine Ombudsfrau für die Werbung-Beschwerdestelle eingesetzt werden
soll. Jagoda hat dafür volles Verständnis und wird entsprechend
wahrscheinlich Stejskal dafür bestimmen. Albrecht hat, obwohl ich
ihr schon einige Male gesagt habe die Gewohnheit, mich immer zu
fragen, wo sie eigentlich hingehen soll. Als die anderen Staats-
sekretärinnen auf der Regierungsbank dies hörten, meinten sie trium-
phierend, dies würden sie nie machen. Karl sagte, das hat sie nicht
einmal bei Kreisky getan, sie ist sozusagen überall hingegangen und
hingefahren, wo sie es für notwendig empfunden hat, selbstverständ-
lich auch dort, wo Kreisky sie hingesandt hat. Vielleicht ist es
ganz gut, wenn derzeit der Eindruck entsteht sie hätte eine wesent-
lich schlechtere Position und Möglichkeit als die anderen. Hier
wird die Zukunft zeigen, welch grosser Unterschied tatsächlich
51-1186
existiert.
Kazda besprach mit mir die Präsidialzulage. Der Minister 20.000
Schilling jedes Monat, die Staatssekretärin 13.000 Schilling, wobei
sie allerdings die Hälfte nur im Einvernehmen mit mir ausgeben
kann. Wir haben beide beschlossen, dass wir das jetzige System
beibehalten, d.h. S.Chef Kazda die entsprechenden Vorschläge
machen soll und die überschüssigen Gelder dann zu Weihnachten ver-
teilt werden. Auch das streng verrechenbare Amtspauschale 4.900
Schilling für jeden pro Monat soll gemeinsam von der Kollegin
Nähsmann verwaltet werden.
ANMERKUNG FÜR NÄHSMANN: Bitte mit Albrecht die Details besprechen.
Bei der ersten Berghauptleutekonferenz nach 3 Jahren wurde von
S.Chef Frank und dann ganz besonders von MR Mock erklärt, dass
es dabei darum geht, die Politik der Ober-und Unterbehörden zu
koordinieren. Ich ersuchte die Kollegen mir ihre Wünsche, die
ausschliesslich mich betreffen, aber auch ihre Kritik unmittelbar
jetzt zu sagen. Überraschend ging es dann dabei hauptsächlich darum,
dass die notwendigen Bergrat-h.c.-Anträge geregelt werden sollen,
da ich am 30.11. in Eisenerz bin, wäre es höchste Zeit wenn der Berg-
rat h.c. Manfreda-Antrag vom Bundespräsidenten endgültig genehmigt
würde. Hier hat es Probleme wegen der Interkalarfrist gegeben,
die jetzt aber bereinigt sein sollten. Ich habe beim Empfang für
den schwedischen König mit Kabinettsdirektor Weihs gesprochen, der
mir versprochen hat, den Antrag zeitgerecht zu erledigen.
Nur der für Kärnten zuständige Hofrat Ebenbichler hat als Berghaupt-
mann mit der LAKOG grosse Schwierigkeiten. Aus dem alten Bergwerk
brechen jetzt ständig Teile ein, so dass eine öffentliche Strasse
schon gesperrt werden musste. 59 Bohrungen wurden für 3 Mio. Schil-
ling niedergebracht und 32 Hohlräume festgestellt. Ein Haus musste
mit 130 cbm Beton gesichert werden. Die Lakog in Liquidation hat
kein Geld und die ÖIAG will keines dazuzahlen. Ich stellte neuer-
dings fest, dass die Sicherheit der Personen und der Bevölkerung
Priorität hat und die finanzielle Auseinandersetzung sekundär sein
muss. Der Berghauptmann hat einen Fehler begangen, als er den 7 Jahre
alten Bescheid als von der LAKOG nicht richtig vollzogen, nicht
ins Verwaltungsvollstreckungsverfahren exekutiert hat. Jetzt sagt
51-1187
Mock hat die Sachlage geändert und es wird schwer sein, aufgrund
dieses alten Bescheides die notwendigen Massnahmen zu setzen. In
diese rechtliche Diskussion habe ich mich erst gar nicht eingelassen
sondern verlangt, dass man unverzüglich mit der ÖIAG die Gespräche
aufnimmt. Frank wird dies durchführen.
Berghauptmann Wüstrich und Stadlober beschwerten sich, dass in
ihrem Budget nur 10.000 Schilling pro Jahr für Auslandsreisen
vorgesehen sind und deshalb nur höchsten 1 Berghauptmann oder sein
Mitarbeiter auf Studienreise fahren können. Wir einigten uns darauf,
dass an diesem Problem notwendige Reisen nicht scheitern sollen, denn
wir haben in anderen Budgetposten für Auslandsreisen genug Geld.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte kläre wieso dies so knapp bemessen war.
In der Klubsitzung im Parlament hat Fischer Lausecker wegen der
Verkehrsprobleme insbesondere Autobuspreiserhöhung und mich wegen
der Strompreise, ohne dass ich entsprechende Unterlagen mitgehabt
habe, aufgefordert zu referieren. Interessanterweise hat es dann
an mein Referat sogar eine Diskussion gegeben. Teschl meinte, wir
sollten eventuell einheitliche Strompreise anstreben. Fischer wollte
Details über die Inkraftsetzung wissen, Gradenegger wie wir ver-
hindern können, dass die 13 % Vorarlberg Erhöhungswunsch und die
anderen Länder über 20 % nicht den Stromtarif noch mehr auseinander-
bewegen und Veselsky hatte Bedenken wegen der regionalpolitischen
Auswirkungen der verschiedenen Strompreise. Ausserdem wollte er dann
wissen, wieso Androsch und ich für die Freigabe für Superbenzin
eintreten, während der Arbeiterkammertag sich dagegen ausspricht.
Teschl wieder wollte fragen wie die Rundumpreise ?? er versteht
darunter die in Deutschland, Italien und der Schweiz, sich entwickeln.
Wichtig für mich war, dass ich in der Beantwortung zwar darauf ver-
wies, dass bezüglich des Benzinpreises noch keine endgültige Ent-
scheidung gefallen ist, dass die Differenzen noch immer bestehen,
doch ich hoffe, dass wir auch dieses Problem lösen können. Also
wie ich dann Nationalrat Schmidt vom ÖGB sagte, eine vorsichtige
Beantwortung, ohne ihm zu präjudizieren, allerdings auch ohne mich
von der glaube ich, einzig richtigen Idee, nämlich Superbenzin frei,
zu distanzieren, geantwortet habe. Schmidt meinte, er hätte aber auch
dazu geschwiegen, was ein grosses Entgegenkommen sei. Zu meiner
grössten Überraschung hat mir Satzinger mitgeteilt, dass MR Burian
glaubt, er könne keinesfalls die Strompreisanträge bis 1. Jänner
fertigmachen. In diesem Fall, nachdem wir aber den Elektrizitäts-
51-1188
unternehmungen versprochen haben, diesen Zeitpunkt für eine
Erhöhung vorzusehen, müssten sie entweder mit einer Verschiebung
einverstanden sein, oder wir würden eine A-conto-Zahlungslösung
entsprechend einvernehmlich festlegen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte auf AK Jour fixe setzen.
Die Verhandlungen mit den Polen verliefen erwartungsgemäss. Vori-
ges Jahr bei einem Import von 2,2 Mia., aber einem Export von 5,4 Mia.
ein riesiges Handelsbilanzdefizit von 3,2 für die Polen. Kredite
schon von fast 30 Mia. Schillingen benötigen allein für die Verzinsung,
von der Amortisation ganz zu schweigen, schon mehr, als sie über-
haupt importieren können. Der Wunsch von Olszewski war daher, wir
sollten ihnen jetzt nur für die 1,2 Mio. Tonnen Kohle, die wir in
Hinkunft zusätzlich für die Kraftwerke anstelle des Kernkraftwerkes
beziehen wollen, einen höheren Kredit, statt 150 Dollar pro Tonne
240 Dollar, damit 3,7 Mia. Schillinge neuerdings einräumen, sondern
auch durch entsprechende Zollsenkungen den Absatz ihrer Waren er-
leichtern. Wir haben zwar in diesem Jahr für 35 Mio. im 1. Halbjahr
schon mehr Zollermässigung gegeben als im Vorjahr 1978 das ganze
Jahr nur 39 Mio., doch reicht dies alles nicht aus. Sie wollen eine
ähnliche Lösung, wie sie mit Finnland, sprich Freihandelszonenabkommen
schliessen. Ich habe sofort erklärt, dass keine Möglichkeit hier be-
steht, denn wir fühlen uns mit den internationalen Verträgen, ins-
besondere GATT und besonders EFTA-Vertrag gebunden. Die einzige Mög-
lichkeit die wir haben ist jeden Fall im Einzelnen genau zu unter-
suchen. Die beiden anderen Vereinbarungen die er will, nämlich für
Mittel-und Kleinunternehmen ein Kooperationsabkommen und ein Koope-
rationsabkommen für Drittländer wird von uns paraphiert werden. Die
Polen haben zu spät ihren Text geschickt und ich muss damit in den
Ministerrat. Das Aussenministerium federführend, hat auch mit den
Polen jetzt einen Vertrag auf bis zu 300.000 Tonnen Getreidelieferung
für die nächsten 3 Jahre abgeschlossen. Derzeit kommen maximal
40.000 Tonnen Weizen und 40.000 Tonnen Roggen in Frage. Die Polen
sind überzeugt, dass sie nicht nur 3 Jahre, sondern wahrscheinlich
auf längere Zeit ständig Getreide von uns kaufen könnten und möchten.
Selbstverständlich habe ich wieder die Projektliste übergeben und
Otto Peelitz vom Bundeskanzleramt hat die verstaatlichten Projekte
neuerdings erörtert. Ich habe dann, da mich GD Apfalter von der VÖEST
Alpine darum ersuchte, auch neuerdings mit ihm und mit den Polen
51-1189
über die Grossprojekte Zementanlage 600 Mio. Schilling und Plötz ???
besonders gesprochen.
Kreisky hat alle NÖ Genossen, die davon betroffen sind, vom LHStV.
Czettel bis zu Arbeiterkammer und Bürgermeister aus dem Waldviertel
eingeladen, damit wir ein neues Waldviertelkonzept besprechen.
LH Maurer möchte nämlich hier mit der Regierung darüber verhandeln.
Überraschend für mich war, dass Litschauer dort allen Ernstes be-
hauptete, ich hätte mich zu wenig dafür eingesetzt, dass Betriebe
nach Heidenreichstein kommen. Dies habe ich mit aller Entschieden-
heit zurückgewiesen und auf die Erfolge der Ansiedlungen in den
letzten Jahren hingewiesen. Dies gilt insbesondere für VW, Vertreter
Matousek, weil Litschauer behauptete, dieser hätte sich bei
Ullmann-Leuchten nicht entsprechend eingesetzt. Entscheidend für
mich aber war, dass Kreisky ohne dass er es sagte, mir Präsident
Benya dann auch mitteilte, gerade von der VW Zulieferlösung be-
geistert ist und überall herumerzählt, was wir hier im Handelsmini-
sterium geleistet haben. Kreisky hat dann, um die Fremdenverkehrs-
fragen dort oben zu lösen, vorgeschlagen, es sollte der Kärntner
Mayr, dessen Fremdenverkehrskonzeption er gelesen hat, von mir
ersucht werden, unverzüglich ein Projekt für das Waldviertel auszu-
arbeiten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort mit Mayr verbinden.
Landeshauptmann Czettel teilte mir mit, dass die Firma Haisen
in Kindberg-Gamming , 450 Leute beschäftigt und 70 Mio. Schilling
investiert hat für die Erzeugung von Stahlflaschen. Jetzt möchte
die VÖEST-Alpine mit einem deutschen Unternehmer in St. Ägyd eine
Stahlflaschenproduktion aufziehen. Wenn dies geschieht, dann führt
es zu einer harten Konkurrenz und wahrscheinlich zum Niedergang der
Firma Haisen .
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Apfalter verbinden und vorher
Industriesektion fragen ob sie was weiss.
Die RAG-Vertreter, GD Ebeling und Schachinger wollten mir erörtern,
dass ihr Angebot 4 Mio. Schilling für Chemie Linz, Lenzing und Steyrer-
mühl Sonderrabatt gegenüber 9 Mio. Schilling die sie für dieses Jahr
schon ausgeschüttet haben, nur ein erstes war, sie würden gerne
bereit sein, wesentlich höhere Beträge, wenn sie nicht preisgeregelt
51-1190
werden, auch für das letzte Quartal zur Verfügung zu stellen.
Sie werden mit der Arbeiterkammer Linz verhandeln. Wenn sie, wie
ich ihnen erklärte – mit der Arbeiterkammer tatsächlich einen
Akkord erzielen und zwar auch mit der Wiener Arbeiterkammer, wird
dann dieses gemeinsame Kompromiss sicherlich vom Vorsitzenden der
Preiskommission MR Kurzel entsprechend gewürdigt. Ich habe keinerlei
Zusagen gemacht, dass wir die Preisregelung nicht doch durchführen.
Ich habe die volle Verantwortung und Pouvoir MR Kurzel übertragen.
Ich bin sehr gespannt was dabei herauskommt, denn Ebeling meinte,
Kurzel hätte eine Weisung von mir, er müsse unbedingt die Preisrege-
lung durchziehen. Sowohl Satzinger als ich erklärten, dass wir noch
niemals Weisungen an Kurzel erteilen mussten oder erteilt haben.
Beim Abendessen für den schwedischen König hat Rösch neuerdings
gefragt, was mit Muckenhammer auf der Tauplitz jetzt erledigt wurde.
Der Arbeiterkammerpräsident NÖ teilt mir wieder mit, dass er für
die Lehrlinge bei Eisert jetzt als Lehrbeauftragten das BFI vorge-
schlagen hat.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was ist in den beiden Fällen geschehen.
Auf der Landstrasse berichtete ich im Ausschuss über die wirt-
schaftspolitische und politische Situation und es gab daran sogar
eine sehr sachliche und für mich gar nicht aggressive Diskussion. Der
Empfang beim schwedischen König dauerte irrsinnig lange und hat über-
haupt für mich nichts gebracht. Rösch meinte nur ein bisschen hämisch,
du schreibst dir ja meinen Fall Muckenhammer wieder einmal auf den
Zettel, ich bin neugierig, wann da etwas geschieht. Ich auch!
Tagesprogramm, 6.11.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)