Mittwoch, 14. November 1979
Ich informiere Min.Rat Kurzel über die Aussprache mit der AK
wegen der RAG-Gaspreisfestsetzung. Entweder hat uns Gen.Dir.
Ebeling oder Dr. Zöllner belogen, bezüglich ihrer Aussprache.
Kurzel meint, vielleicht beide. Ich teile mit, dass ich nicht
mehr bereit bin, irgendjemanden darüber zu konsultieren,
die Preisbehörde soll entscheiden, wichtig ist, dass er
mit den Interessensvertretungen einen Akkord erzielt, damit
dann die RAG, wenn sie zum Verwaltungsgerichtshof geht,
nicht allzu leichtes Spiel hat.
Ich informiere Kurzel über die Milcherzeugerpreis . Kurzel meint,
die 20 Groschen seien zu wenig, dagegen möchte er den Silo-
verzichtszuschlag überhaupt nicht erhöhen. NR-Abg. Muhrer,
FPÖ ruft mich an, um gerade auf den Siloverzichtszuschlag
hinzuweisen. Dies trifft insbesondere die Bergbauern, weshalb
er unbedingt eine Erhöhung möchte. Ich erkläre ihm sofort, dass
dafür die Preiskommission zuständig ist und ich nicht beabsichtige
mich in den Verhandlungsgang einzuschalten. Kurzel will die Kal-
kulation insoferne ändern, als er statt 4.000 l 4.100 l Milch-
ertrag rechnen wird. Ich habe die Kalkulation nie anerkannt,
und fühle mich daher auch für die Änderung nicht zuständig.
Wenn die Preiskommission eine solche vornimmt, macht sie dies
in ihrem eigenen Namen und kraft ihrer eigenen Kompetenz. Schein-
bar kann er nur durch diese Milchleistungserhöhung zu einem einiger-
massen erträglich Kalkulationsergebnis kommen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Blaha soll mir darüber im Detail berichten.
Gen.Dir. Horwath von der BEWAG schlägt mir vor, wir sollten
das perzentuelle Erhöhungsergebnis für die Strompreiserhöhung
der Verbundgesellschaft auch den Landesgesellschaften geben.
Dies lehne ich gleich kategorisch ab, weil die Landesgesellschaften
unter gar keinen Umständen dieselben Erhöhungen brauchen wie die
Verbund. Horwath wäre bereit, dann entsprechende Abstriche zu
akzeptieren. Ihm kommt es nur darauf an, dass ein gleichmässiger
Prozentsatz für alle Landesgesellschaften, die städtischen
EVU festgelegt werden soll. Ausgenommen davon müsste unbedingt
Vorarlberg sein, weil die im Schnitt ja nur die Hälfte des Preis-
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erhöhungsantrages gestellt haben wie die anderen Gesellschaften.
Die AK will nur den Verbundanteil der einzelnen Gesellschaften
individuell festsetzen. Horwath erklärt dazu, die AK insbesondere
deren Sprecher Maurer ist ein Narr, mit dem nicht verhandeln kann.
Ich bin überzeugt davon, dass wir aber auch in dieser Frage
ein Kompromiss werden finden können, ausserdem kann man sich die
Verhandlungspartner leider, vielleicht auch manchmal Gott sei
Dank, nicht aussuchen.
Dem österr. Speditionsgremium ist es gelungen, die internationale
Speditionsorganisation zu einem Berufsausbildungsseminar nach
Österreich zu bringen. Das erste wurde mit 40 Teilnehmern aus
23 Staaten abgehalten, wie mir der Präsident Friesz mitteilte.
Die Ausgaben waren 350.000 S, die Einnahmen nur 240.000. In Hin-
kunft soll Österreich dieses Seminar im Namen der internationalen
Organisation durchführen. Dies ist für den Fremdenverkehr und
für das Ansehen Österreichs sehr wichtig. Gen.Sekr. Dr. Kapin
wird mit Dr. Haffner Kontakt halten, da sie eine kleine Subven-
tion erwarten. Eine solche wird man wahrscheinlich aus fremden-
verkehrspolitischen Überlegungen geben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte prüfe die Möglichkeit.
Seit 4 Jahren gibt es die Obstwoche, in Wirklichkeit den Apfel-
tag, und der ehemalige Nationalrat und Geschäftsführer der Obst-
verwertung Tödling ist heuer mit Dr. Führing, der das Markt-
büro der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer führt,
und einem Korb von Äpfeln erschienen. Auf 8.000 ha bauen 6.000
Obstbauern heute fast bedarfsdeckend ihre Äpfel. Ein Teil wird
sogar exportiert. Mit Schweden hat Tödling jetzt einen Kontrakt
Apfelkonzentrat gegen gefrorene Heidelbeeren um 24.- S/kg
abgeschlossen. Dort werden die Heidelbeeren und auch andere Wald-
beeren mechanisch geerntet und elektronisch gereinigt. Nur so ist der
Preis von 24.- S/kg erklärlich.
Erstmalig überreichte Generaldirektor von der Z, Vak den Marketing-
preis und ich den Innovationsstaatspreis. Die Urkunden sind jämmerlich,
da angeblich zuerst erklärt wurde, sie werden um ein schönes
Bild zu haben, gedruckt, dann wurden sie etliche Male falsch
geschrieben und zuletzt musste unser Sekretariat einspringen,
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damit überhaupt die Urkunden zeitgerecht übergeben werden
konnten. Ich habe diesen Fall zur Vormerkung über das Ver-
sagen der dafür zuständigen Abteilung im Präsidium Sekt.Chef
Kazda mitgeteilt. Vom Ministerium wurde dann noch eine kleine
Wimpel mit dem Aufdruck "Staatspreis für Innovation" bereit-
gestellt. Die Z hat aber mit Recht erkannt, dass man dies so
nicht machen kann und ein sehr schönes aber auch sehr schweres
repräsentatives Geschenk – pokalähnlich – zur Verfügung gestellt.
Ich verstehe nicht, wenn wir riesige Überschüsse im Repräsen-
tationsaufwand Jahr für Jahr haben, warum wir dann so jämmerliche
Preise machen. Natürlich habe ich zum Schluss mich bei der Z
besonders bedankt und darauf verwiesen, das Budget des
Handelsministeriums sei eben auf Sparsamkeit ausgerichtet, wes-
halb wir nur die Wimpel und das maschingeschriebene Dekret über-
reichen können.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Das nächste Jahr muss dies wesentlich
besser funktionieren.
Beim Staatspreis für Verpackung der zum 23. Mal vom Handelsmini-
sterium mit dem Institut für Verpackungswesen gemeinsam aufge-
stellt und dann auch überreicht wurde, handelt es sich um eine
eingefahrene Aktion, die auch wesentlich besser in jeder Be-
ziehung funktioniert.
In beiden Fällen hat mich schon sehr beeindruckt, dass es
meistens Kleinbetriebe vor allem aber Familienbetriebe sind, die
aus kleinsten Anfängen wie Dr. Fehrer, der den Staatspreis für
Innovation erhielt, und viele kleine, die die Anerkennungspreise
erhielten, wirklich die kreativsten sind. Ich glaube auch, dass
es vollkommen richtig war, 1970 nicht wie die Handelskammer und
andere von mir erwarteten, alles auf die Industrialisierung,
sprich Grossbetriebe zu verlegen sondern eben entgegen den
damaligen Ideen von Androsch, wie weit sie Kreisky deckte, weiss
ich nicht, gerade den Klein- und Kleinstbetrieben das grösste
Augenmerk zuzuwenden. Meinem Herkommen nach – AK-Direktor, Ge-
werkschaftsobmann – hätte ich mich ausschliesslich nur den Inter-
essen der Grossbetriebe, sprich Industrie, widmen dürfen. Sicher
hätten wir damit nicht ein so gutes Ergebnis erzielt, wie
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gerade durch die besondere Unterstützung und Förderung der
Klein- und Mittelbetriebe, wie die jetzigen vergangenen 10 Jahre
deutlich zeigen.
Herr und Frau Steiner von Steiner-Holz in Hagenbrunn, ein Händler,
der vor 5 Jahren den Betrieb gründete und jetzt einen Umsatz von
102 Mill. S macht, waren über mein Erscheinen nicht nur glücklich
sondern wie sie zugaben, auch sehr überrascht. Sie hätten nie
angenommen, dass ich diese verhältnismässig kleine Firma mit
60 Beschäftigten auch tatsächlich besuchen werde. Sie hatten
aus Wien ein Ehepaar angeheuert, welches ein fulminantes kaltes
Buffet vorbereitete, um so ihre Dankbarkeit zu dokumentieren.
Überrascht war ich, dass der anwesende Steuerberater mir zwar
erklärte, dass die Firma ständig bessere Erfolge erzielt als
das Präliminare vorsieht, die zuständige Bank aber hat für einen
über 5 Mill. S betragenden Kredit gar nicht daran gedacht, bei
der Bürges um Zinsenzuschuss einzureichen. Er selbst dürfte die
Details auch nicht sehr gut kennen, denn die Firma war sehr
überrascht, von mir zu hören, dass man für die Rationalisierung
insbesondere aber für die Neuschaffung von Arbeitsplätzen –
3 alte Filialen wurden zusammengelegt – auch bei der Bürges
nach deren Richtlinien ein Schwerpunktfall werden kann.
Im Prinzip kommt es ja doch hauptsächlich auf die Begründung
der Fälle an. Da die Firma für den jetzt laufenden Kredit
9,5 % Zinsen zahlen muss, ist es mir schon klar, dass dies
der Hauptgrund ist, warum die Bank gar kein Interesse hat, einen
Bürges-Kredit, für den sie höchstens 8,5 % verlangen kann, in doch
ein wenig kompliziertem Verfahren anzustreben. Die Firma wird,
resp. hat die Bank daher gewechselt. Ein wenig überrascht war ich
zu erfahren, dass dies jetzt das vierte Mal schon der Fall ist,
weil jede Bank bisher von der Expansion der Firma Angst hatte
und von dem Risiko zurückschreckte. Steiner möchte jetzt eine
eigene Paneelplattenproduktion in kleinerem Rahmen beginnen. Ich
versprach ihm, dass Min.Rat Gröger ihn bezüglich der Standort-
wahl und der möglichen Unterstützung, wenn er in ein Grenzland
geht und insbesondere in ein leeres Gebäude, welche Möglichkeiten
es dort gibt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Gröger soll unbedingt sofort Kontakt
aufnehmen.
Die Firma Eisenring wurde 1970 in Stockerau gegründet, ist eine
Einkaufsorganisation und hat derzeit schon 70 Mitglieder. Sie
hat, um das Dekret zur Führung des Staatswappens angesucht,
obwohl sie nur 8 Beschäftigte hat. Da die Abteilung auch
dieser Firma mit Zustimmung der Handelskammer, welche zuerst
grösste Bedenken dagegen hatte, und der Arbeiterkammer ein posi-
tives Ergebnis brachte, hat man den Antrag genehmigt. Ich konnte
bei meiner Laudatio einmal mehr darauf verweisen, dass es nicht
darauf ankommt, ob es ein grosser oder kleiner, ein verstaatlichter
oder privater oder gar ein roter oder schwarzer oder blauer Betrieb
ist, sondern dass eben der Beamte nach bestem Wissen feststellt,
ob es sich um ein führendes Unternehmen in der Branche wie die
Gewerbeordnung es vorsieht, handelt. Für die Lieferanten hat
Präs. Heiss, Industriellenvereinigung Tirol und Anwärter auf
den Vizepräsidentenposten der Bundeshandelskammer den Dank Eisen-
ring übermittelt, diese Firma versucht grösstenteils österr.
Waren zu vertreiben. Zum Glück konnte ich dem Akt entnehmen,
dass sie 900.00 Kataloge versendet und schon dadurch zur
Nahversorgung, die wieder der Gremialvorsteher bei seiner Ansprache
besonders hervorhob, tatkräftigst unterstützt.
Präs. Heiss, der ja mit seiner Firma Tirolia insbesondere Kohlen-
öfen erzeugt, fragte mich anschliessend unter vier Augen, ob
er eine "Fest-Brennstoffe-Kampagne" starten soll. Ich halte
dies deshalb für zweckmässig, weil sich ja herausstellt, dass
die Konsumenten sehr vorsichtig jetzt handeln und reagieren, denn
durch das viele Gerede von Ölknappheit und kein Gas sowie eventueller
Zusammenbruch der Elektrizitätsversorgung sind die Kohlenfeue-
rungsöfen alle ausverkauft. Heiss wird mir entsprechende Vorschläge
unterbreiten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte setze Dich mit ihm dann ins
Einvernehmen.
Die Fa. Kössler die ebenfalls das Staatswappen-Dekret von mir
überreicht bekam, ist eine ganz kleine Schlosserei, vor 50 Jahren
gewesen. Jetzt hat sie sich zu einer beachtlichen Wasserkraft-
anlagen-Fabrik entwickelt. Ein kleines Konstruktionsbüro entwirft
für Kleinkraftwerke individuell also massanzugmässig Turbinen
und Anlagen für Kleinkraftwerke. Diese werden weltweit exportiert.
Herr Kössler hat in diesen Wirtschaftszweig investiert,
und seine Produktion darauf ausgerichtet, nichts ahnend,
dass einmal durch die Rohölverknappung und insbesondere
durch die Preissteigerungen ein Kleinkraftwerk rentabel werden
kann. Jetzt hätte er Aufträge noch und noch, kann sie aber
infolge mangelnder Kapazität nicht alle übernehmen. Kössler
hat daher in den letzten Tagen mit der Elektrofirma der Schweiz
Elektro-Watt Gespräche geführt. Hier trifft er sich mit den
Intentionen der Z, Gen.Dir. Vak möchte ja ein Ingenieurbüro
in Österreich finanzieren und gemeinsam mit Elektro-Watt be-
treiben. Die 80-köpfige Belegschaft, soweit sie nicht auf
Montage war, hat in diesem expandierenden Betrieb an der
Auszeichnung teilgenommen und anschliessend auch wieder ein
sehr gutes und schönes Buffet gehabt. Ich selbst unterhielt mich
mit einem gerade von Tobelbad kommenden Monteur, der vor einiger
Zeit einen Arbeitsunfall hatte und querschnittgelähmt war.
Dieser teilte mir mit, dass gerade nach Tobelbad, wo er mit
ebenfalls Querschnittgelähmten rehabilitiert, bemerkt,
nach der Entlassung dann am meisten seinen verzweifelten Zu-
stand. Dort ist er in einer Gemeinschaft gleich betroffener
Menschen, in St. Georgen ist er der einzige. Ich konnte ihm
nichts anderes empfehlen, als sich sofort mit der Organisation
der Querschnittgelähmten zu verständigen, denn einem guten
Freund von mir ist es genauso ergangen. Ich glaube auch, dass
es nur durch Sport und Zusammengehörigkeitsgefühl und gemeinsame
Aktionen möglich ist, diesen Zustand einigermassen zu ertragen.
In St. Pölten, hat er mir mitgeteilt, gibt es noch weitere
4 Leidensgenossen.
Tagesprogramm, 14.11.1979
TB Albrecht, 14.11.1979
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