Mittwoch, 20. Feber 1980
Der ehemalige polnische Botschafter in Österreich, Karski, der
vor 1 1/2 Jahren nach Polen zurückgerufen wurde, ist jetzt
Aussenhandelsminister. Bei seiner Ankunft erklärte er mir zwar,
dass er zu seiner Bestellung nichts beigetragen hat, ich glaube
es nicht. Er kam mit einer entsprechenden Botschaft des neuen
Ministerpräsidenten an Kreisky, ohne dass er es mir sagte, wahr-
scheinlich mit dem Hinweis, es wird alles so weitergehen, wie
es Jaroszewicz auch mit Kreisky gehandhabt hat. Ständige persön-
liche Kontakte, ohne Protokoll, grosses Interesse Polens die
ökonomischen Beziehungen zu verbessern. Kreisky gibt ihm sogar
ein eigenes Mittagessen. Mir gegenüber meinte Kreisky, Jaroszewicz muss
jetzt für seine untüchtigen Minister büssen.
Auch im vergangenen Jahr importierten wir für 2.7 Mia, um 24%
mehr, aus Polen. Unser Export aber machte 5.8 Mia, 8% mehr, nach
Polen aus. Das Handelsbilanzdefizit von polnischer Seite gesehen,
3.1 Mia, untragbar. Zugegebenermassen, 1976 waren es fast 4 Mia.
Auf dieses Ungleichgewicht hatte ich daher einleitend sofort ver-
wiesen und traditionsgemäss eine Liste von Projekten überreicht,
an denen österreichische Firmen besonders interessiert sind.
Karski selbst meinte dann, es müsste ein Strukturwandel auch erfolgen.
Sie exportieren mit einem 12%igen Anteil Elektromaschinen, Industrie-
geräte usw. Unser Anteil dagegen am österreichischen Export 45%.
Karski glaubt, daran sei insbesondere die Zollbelastung schuld.
Er erwartet § 6 Ermässigungen resp. überhaupt eine Zollfreistel-
lung, wie die EG und EFTA Staaten haben. 1978 waren es immerhin
39 Mio Schilling. Fürs I. bis III. Quartal 1979 19 Mio, mit anderen
Worten auch in diesem Oststaat weniger im vergangenen Jahr als
früher, obwohl das Volumen doch wesentlich zugenommen hat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Oststaat § 6 Ermässigungen müssen analysiert
werden.
Innerhalb des 25 Mia Schilling Kreditrahmens sind 4 Mia für
Investitionen vorgesehen, 2 Mia für chemische Halbfabrikate
und Textilien, 300 Mio, ein 3-Jahreskredit für Klein- und Mittel-
betriebe und 240 Mio, ein 3-Jahreskredit für Getreide. Besondere
Zollerleichterungen erwartet er sich bei Kupferdraht, Möbel,
Textilien, Glas, Porzellan, Schuhe, Heizöl, Methanol.
Die wirklich wichtigste Frage war aber, endlich die Kohlenfinan-
zierung, versprochen 300 Mio Dollar, zu klären, damit die Million
jährliche Kohlenlieferung, ein dreiseitiges Abkommen zwischen
Österreich, CSSR und Polen, endlich erfüllt werden könnte. Er
erwähnte, dass von 1983 bis zum Jahre 2004 eine Summe von 20 bis
25 Mio Tonnen geliefert werden sollte. Ich befürchtete schon, dass
er aufgrund dieser Summierung womöglich die – wie MR Fälbl befürchtete –
7 Mia Schilling Kreditrahmen zusätzlich wünscht. Karski ist aber
schlau genug, bei seinem letzten Besuch vor etlichen Monaten ver-
suchte er bei Androsch noch zusätzlich 2 Mia Schilling Kredit-
rahmen zu bekommen. Durch den ungeheuer grossen Anteil Österreichs
aber an der Gesamtverschuldung Polens und vor allem auch an den
hohen absoluten Betrag, den Polen jetzt schon hat, musste Androsch
sogar seine beim Kreisky-Besuch angedeutete Bereitschaft, eventuell
später zu erhöhen, zurücknehmen. Karski verlangte ein Regierungs-
abkommen über die Kohlenlieferung und 300 Mio Dollar Kredit. Da
wir solche Dachabkommen schon etliche Male mit Staatshandelsländern
geschlossen haben, gibt es dafür überhaupt kein Problem.
GD Fremuth, Verbundgesellschaft, erklärte, warum sich die Finan-
zierungsfrage verzögerte. Das Bankenkonsortium konnte sich nicht
über die Führerschaft einigen. Erst jetzt im Feber wurde endgültig
entschieden, dass die CA Konsortiumsführer ist und der Co-Manager
die Zentralsparkasse. Ein eigenes Bundesgesetz über die Garantie-
übernahme der 300 Mio Dollar wird jetzt vom Bankenkonsortium und der
Verbundgesellschaft studiert. Beabsichtigt ist ein Bardepot
bei der Bank Handlowy für Weglokoks zu errichten. Die Abdeckung für
die Kohlenlieferungsforderung, die Bürgschaft übernimmt nicht die
Österreichische Kontrollbank, sie ist auch nicht konsortiales
Mitglied, geschweige denn Führer. Die Kreditdauer wird mit 10 Jahren
festgelegt, die Polen wollten 12, 3 Jahre sind rückzahlungsfrei,
die Polen wollten 5. Zu prüfen ist für die Verbund noch, ob die
Verbundgesellschaft in ihren Bilanzen diese Kredittransaktion aus-
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weisen muss. Fremuth nimmt an, dass im März alles geklärt sein
kann und dann die entsprechenden Verträge endlich unterschrieben.
Wir werden ein Dachabkommen entwerfen, den Polen zur Stellung-
nahme schicken und bei der nächsten polnisch-österreichisch Gemischten
Kommission in Krakow unterschreiben.
Die Kreisky-Idee, ein Elektrokraftwerk in Polen zu errichten,
wird vom Ministerium für Energetik und Atomindustrie geprüft.
Voll Freude erzählte man mir, dass jetzt Mischek die 3 Motels,
183 Mio Schilling, endgültig zugeschlagen wurden. Bezüglich des
Aromatenkomplexblock, an dem die VOEST besonderes Interesse hat,
vereinbarte ich mit Karski, dass die VOEST-ler sich mit ihm in
Verbindung setzen wollen. Er ist jederzeit zur Auskunft und In-
formationsentgegennahme bereit. Beim Mittagessen, an dem auch
Haiden teilnahm, stellte sich heraus, dass Karski auch ein Jäger
ist. Haiden und ich haben ihn sofort für seinen nächsten Besuch
zur Jagd eingeladen.
Bei dem Besuch der Schokoladefabrik vom Konsum in der Arndtstrasse,
konnte ich mich von den räumlich miesen Verhältnissen überzeugen.
Maschinell ist die Fabrik nicht so schlecht bestückt, als Dir. Dr.
Lachs es immer wieder bei Diskussionen in den letzten Monaten be-
hauptete. Der für die Produktion zuständige, ebenfalls anwesende Direk-
tor Gerharter erklärte das Konsumkonzept. Die erste Linie Fleisch und
Brot. Der Fleischwarenbetrieb in St. Marx hat 200 Mio Investitionen
gekostet und arbeitet bereits im ersten Jahr aktiv. In Klagenfurt
soll 1981 mit 80 Mio Investitionen ein neuer Betrieb aufmachen.
In den Bundesländern eine Brotfabrik von 60 Mio, in Leoben eine
weitere von 60. Die Wolfganggasse wird in späterer Folge eine Inve-
stition von 100 Mio Schilling nötig haben. Ein weiterer Fleisch-
betrieb soll noch in Hallein mit 80 Mio Schilling Investitionen
entstehen. Die zweite Linie sind Dauerbackwaren, wo man in Linz
15 Mio investiert hat und wahrscheinlich für die Brotproduktion
in Linz auch 20 Mio Schilling wird investieren müssen. Die dritte
Linie sind Essig, Sprit und Schokolade, Nährmittel, Wein, Kaffee.
Dies kommt erst in ein paar Jahre in Frage. Die neue Süsswaren-
fabrik müsste 7000 bis 8000 qm Produktionsfläche haben in Ebene,
derzeit nicht einmal die Hälfte und in drei Stockwerken. Die Süss-
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warenfabrik wird entweder in Atzgersdorf oder in Hirschstetten
in dem neuen Lagerhaus gebaut. Die vierte Linie ist non food,
chemische Fabrik in Atzgersdorf, wo ebenfalls Colgate und Palmolive-
Produkte für diese Firma erzeugt werden. Die Kunststoffproduktion
soll ausgebaut werden, insbesondere für den eigenen Bedarf oder
soweit Ware zugekauft wird, verlangt die COOP eine Abfüllung
in ihre Kunststoffbehälter und Flaschen. Die Papierverarbeitung
soll im Ausbau der Druckerei, aber insbesondere durch die 40 Mio
Taschen, die sie jährlich brauchen, Eigenbedarf decken. Zwei Klei-
derfabriken, eine in Wien und eine in der Steiermark, erzeugen
1.200 Hosen pro Tag. Darüber gibt es kleine Holzverarbeitungs-
betriebe auch noch. Insgesamt wird in den 72 Produktionsbetrieben
ein Umsatz von 4 Mia Schilling zu Fabrikabgabepreisen und, wenn
man die Spannen dazu rechnet, zu 5 Mia Schilling abgegeben.
3.000 Beschäftigte und Investitionen von 180 bis 200 Mio Schilling
pro Jahr, zuzüglich 50 Mio, die die Taggermühle, ein Mischfutter-
werk mit 18% Marktanteil, und weitere 30 Mio Schilling in COOP-
Betrieben dazurechnen muss. In den nächsten 5 Jahren sollen 400 Mio
noch investiert werden. Die Differenz zwischen 4 Mia Umsatz und 5 Mia,
inklusive der Spanne ergibt, weil für Schwarzbrot 29%, für Weissbrot
31%, für Feinbackwaren 33%, für Dauerbackwaren 30%, für Fleisch
20% und für Wurst 25% Spanne an die Handelsbetriebe verrechnet
werden. Die Produktion hat derzeit einen Anteil von 25% an Gesamt-
umsatz und soll auf 33% gesteigert werden. Lachs erörterte dann,
dass der Gesamtzentralkonsum einen Umsatz von 20 Mia und eine In-
vestitionssumme von 900 Mio Schilling heuer haben wird. Davon
müssen 500 Mio fremdfinanziert werden. 16% Eigenmittel derzeit
werden immer durch die hohen Investitionskosten einen geringeren
Anteil haben. Die Betriebsräte waren mit dieser Auskunft zufrieden.
Ich auch, denn auf was es ankommt, ist, dass endgültig jetzt auf lange
Sicht gesehen der Produktionsbetrieb, der kostendeckend arbeitet,
nicht zuletzt durch die abgeschriebenen Gebäude und Maschinen, auf
alle Fälle weiter aufrecht bleibt. Der Wunsch Gerharters war, ich
sollte noch andere Betriebe besuchen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Wenn ich sonst schon gar nichts anderes
zu tun habe, mit Konsum vereinbaren.
Bei der Aussprache zwischen Bundeskanzler und Parteiobmann Mock
erzählte Kreisky Mock zuerst, was bei 25 Jahren Staatsvertrag
geschehen soll und lud die ÖVP ein, einen Redner, den sie be-
stimmt, aber man erwartet, dass Mock oder eventuell Maletta diese
Ansprache halten wird, wie auch Mock in der Diskussion dann bestä-
tigte, zu nennen.
Hauptproblem war aber, für mich zumindestens, die Bestellung von
Wiesinger in der DoKW. Kreisky hat in einem Antwortbrief am 23.1.
Mock erklärt, was bei der ÖDK und DoKW vorgeht. Mock meint, das
bewährte System der Vergangenheit sollte man aufrecht erhalten.
Er gab aber einleitend selbst sofort zu, dass es kein Abkommen
im Verbundbereich gibt, wie dies bei der ÖIAG sehr wohl besteht.
In der Vergangenheit hätten sie aber praktisch Parität gehabt. Ihr
Vorschlag sei deshalb Dobner anstelle von den ausscheidenden Hermann
zu bestellen. Ich habe Mock die Situation in der Verbundgesellschaft,
insbesondere andeutungsweise auf die Vorwürfe, die gegen Dobner er-
hoben werden, reagiert und erklärt, der beste Mann in unseren Augen
ist der unpolitische Wiesinger. Ich habe das Bewerbungsschreiben
Wiesinger's Mock übergeben. Nach längerer Diskussion hat Mock dann
gemeint, er sehe, wir weichen von dem Vorschlag nicht ab, auch
Kreisky hat das, ein einziges Mal allerdings, dafür um so dezidierter
erklärt, und er bedaure dies, müsse dies aber zur Kenntnis nehmen.
Um meine Verhandlungsbereitschaft zu zeigen und dass ich keinen
Konflikt wünsche, ich verwies auch darauf, dass bei der ÖDK ja
letzten Endes sogar ein einstimmiger Beschluss im Aufsichtsrat
zustande kam, bei der DoKW wurde in der ÖVP-Alleinregierung auch
ein unpolitischer Fachmann anstelle des Sozialisten berufen, er-
wähnte ich, dass Energiesprecher Köck unserem Energiesprecher
Heindl gesagt hat, anstelle des derzeitigen Präsidenten Weiss, der
weit über 70 Jahre ist, sollte Mussil kommen. Kreisky war von dem
Vorschlag sofort begeistert. Mock meint, dies müsste noch in den
Vorständen der ÖVP beschlossen werden. Vorher muss er aber noch mit
Präsident Weiss selbst reden. Kreisky hat dann vorgeschlagen, es
wäre zweckmässig mit den Aufsichtsratsvorsitzenden der Verbundge-
sellschaft entsprechende Ressortgespräche zu führen. Damit war ich
sofort einverstanden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Termin mit Präs. Weiss und dem Vor-
sitzenden-Stellvertreter Vogl vereinbaren.
Ich hatte sofort anschliessend Heindl über diese Aussprache in-
formiert. Im Laufe der Plenarsitzung ist dann auch Dr. König zu
ihm gekommen und hat erklärt, alle Verhandlungen werden sofort abge-
brochen, es ist reinster Kriegszustand zwischen den beiden Frak-
tionen. Heindl zeigte sich verwundert, denn die Aussprache mit
Mock war keinesfalls so negativ. Köck dürfte sofort zu Mock gelaufen
sein, denn dieser ersuchte mich dann, mit König sofort zu einer
neuerlichen Aussprache. Dort wollte er insbesondere die Vorwürfe
gegenüber Dobner wissen und ich habe ihm dann die Informationen
vorgelesen. König musste zugeben, dass die Vorfälle stattgefunden
haben, meinte nur, Dobner sei das belastende Material von unserer
Seite in die Hände gespielt worden, damit er gegen Erbacher polemi-
sieren kann. Er selbst hat dieses Material aber nie verwendet. Dem-
gegenüber gibt es eindeutige Zeugenaussagen. Mock war über die
Information sehr überrascht und versuchte dann noch anstelle Dobner
den DoKW-ÖAAB'ler Gruber ins Gespräch zu bringen. Mein Hinweis, dass
Wiesinger der Beste ist, konnte nicht entkräftet werden. Mock meinte
allerdings nur, wenn die Sozialisten sich irgendwo umsehen, werden
sie immer einen passenden Fachmann finden und dadurch die Möglich-
keit haben, die ÖAAB-ler überall rauszudrängen. Überrascht war
König, als ich ihm erklärte, die beiden Parteiführer seien überein-
gekommen, dass ich in Hinkunft die Elektrizitätsfragen mit den Prä-
sidenten des Aufsichtsrates der Verbundgesellschaft besprechen werde.
König meinte, dafür sei er zuständig. Mock hat dann daher auch sofort
eingeschränkt, es sollte sich nur um die Personalfragen handeln.
Diese kleine Kontroverse zeigt mir deutlich, dass König natürlich
seine Kompetenz innerhalb der Partei unbedingt halten will. Er meinte,
Energiefragen müssten mit ihm besprochen werden. Darauf gab ich
keine Antwort. Ich werde das System wie bisher weiter handhaben.
Mit König verhandelt Heindl auf parlamentarischer Ebene, mit den
alten Präsidenten und sicherlich auch mit den neuen, wenn es Mussil
wird, werde ich die Energiefragen sehr wohl im gesamten Umfang und
inklusive der Personalfragen besprechen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Für die erste Aussprache korrigiere ich
meine obige Anmerkung, nur Präsident Weiss zu mir laden.
In der Paritätischen Kommission, wo Kreisky dieses Mal den Vorsitz
führte, wurden die Preisanträge chemische Produkte teils bewilligt,
Stickstoffdünger sowie Armaturen an den Preisunterausschuss zurück-
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verwiesen. Eine lange Diskussion gab es dann um die Ölprodukten-
preise. Der Antrag der Erdölindustrie wurde ebenfalls dem Preis-
unterausschuss rückverwiesen. Rief referierte dann, ich werde
aufgefordert, Dieselkraftstoff wieder in die Preisregelung zu
übernehmen. "Aufgefordert" hat alle dann mit Recht aufgeregt und
Sallinger und Benya haben sofort korrigiert: "ersucht". Ich betrachte
dies aber wirklich als eine Aufforderung, halte sie für falsch und
erklärte daher jedermann, der mich fragte, die Preiskommission
wird dies zu prüfen haben. In meiner Erwiderung aber stellte ich
fest, dass für mich die Versorgungsfrage die wichtigere ist. Ich
werde daher die Ölfirmen auffordern, mir vorerst mitzuteilen, wie
sie die Versorgungsgarantie für Diesel bei Einbeziehung in die
Preisregelung und bei welchem Preis sie diese gewährleisten können.
Insbesondere stellte ich zur Diskussion, ob nicht alle Derivate von
mir dann wieder preisgeregelt werden müssen. Die ÖVP erklärt nämlich
im Parlament immer, entweder alles frei, oder alles preisregeln.
Generalsekretär Kehrer meinte deshalb, ich sollte nur zu Super, Normal
und Ofenheizöl dann noch den Diesel preisregeln, alles andere soll
in der Paritätischen Kommission bleiben, d.h. eben, nicht preisge-
regelt sein. Ich persönlich habe mir aber alle Möglichkeiten offen
gelassen. Präsident Benya bemerkte dann, er hätte mit GD Ebeling
von Mobil eine schwere Auseinandersetzung gehabt. Die österreichische
Regierung und insbesondere der Handelsminister wird so behandelt, wie
wenn wir ein Entwicklungsland wären, wo seinerzeit die Multis so vor-
gehen konnten. Benya war insbesondere über die Mitteilung, dass die
Versorgung teilweise zumindestens eingestellt wird, sehr empört.
Kreisky meinte, die Multis überschätzen ihre Möglichkeit, man wird
mit der ÖMV über eventuelle Ausweitungen reden. Kehrer wieder sagte,
die Ölfirmen klagen, dass 600 Schilling pro Tonne Unterdeckung ist.
Die Tiefsonde, die in Niederösterreich niedergebracht wurde, hat
250 Mio Schilling Investitionen gekostet. Dieser Betrag ist wesent-
lich überhöht und zeigt, mit welchen Ziffern überall von der ÖMV,
aber auch den Multis argumentiert wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lass Dir offiziell die Kosten der Tiefboh-
rung von der ÖMV schriftlich mitteilen.
Ich erklärte gleich, ich werde versuchen, nach wie vor die Konsens-
politik fortzusetzen, wobei Rief allerdings sagte, es gibt keinen
Konsens, weil die Handelskammer nicht offiziell zustimmt. Dass die
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ÖMV, Bauer, auch als Sprecher des Fachverbandes mir zumindestens
inoffiziell immer grünes Licht für die Benzinpreiserhöhungen ge-
geben hat, wollte er nicht zur Kenntnis nehmen. Immer wieder er-
klärte ich dezidiert, für mich ist die Versorgungslage das Ent-
scheidende und ich werde mich daher nach wie vor nach diesen Ge-
sichtspunkten primär richten.
ZIB 2 teilte Burian mit, daß Generaldirektor Ebeling eine Studio-
diskussion akzeptiert habe und ob ich bereit wäre, sein counter-
part zu sein. Natürlich habe ich in diesem Fall sofort zugesagt.
Ich war sehr überrascht, als Ebeling über Dr. Heindl mir mitteilen
ließ, er hätte an einer solchen Diskussion gar kein Interesse und
würde vorschlagen, wir sollten beide absagen. Eine Rücksprache mit
ihm ergab, daß er wieder von ZIB 2 so aufgefordert wurde, daß ich
dort im Studio eine Diskussion wünsche. Da wir beide an einer Eska-
lation nicht interessiert sind, ermächtigte ich Ebeling dies gegen-
über dem ORF richtigzustellen und abzusagen.
Die Miß-Wander-Wahl in der Österreichischen Ferienmesse, von der
Kronenzeitung inszeniert und auch durchgeführt, war in Wirklich-
keit eine Pleite. 50 hatten sich insgesamt angemeldet, an der Vor-
wahl beteiligten sich keine 20. Da die Wanderkleider bei dem Durch-
gang, wo ich anwesend war, zu klassifizieren waren, ging ich ausschließ-
lich nach der Zweckmäßigkeit. Wanderschuhe, Wanderhose, entsprechen-
der Regenschutz waren für mich das Entscheidende. Nach welchen
Kriterien die anderen entschieden, konnte ich nicht genau heraus-
finden. War auch in Wirklichkeit vollkommen uninteressant.
Im Sünnhof-Projekt auf der Landstraße ist jetzt endlich eine
Einigung zustande gekommen. Herr Rogner wird mit dem Landeskonservator
Hofrat Pötschner und einem schon anwesenden Baumeister unter Vorsitz
von Zilk die endgültige Sanierung durchführen. Damit hätte ich, weil
ich letzten Endes vor Monaten diese Gespräche eingeleitet habe,
direkt dem Kulturstadtrat Zilk endlich den gewünschten Erfolg bringen
können. In Wirklichkeit habe ich nur ein wenig mitgeholfen und dies
als Obmann der Landstraße und nicht als Handelsminister. Rogner aber
hat sofort dazu erkennen zu geben, er möchte mit mir über Außenhandels-
probleme sprechen, was für mich klar und deutlich zeigt, daß er
sehr wohl versteht die Zugeständnisse auf der einen Seite durch
Wünsche auf der anderen zu kompensieren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Erkundige Dich, um was es dabei geht.
Im Parlament gab es eine dringliche Anfrage an Weissenberg
wegen der Pensionsentwicklung. Die Bauern haben durch Erhöhung
ihres Einheitswertes jetzt mehr an die Pensionsversicherung
zu leisten und schneiden angeblich schlechter ab als bisher.
Das Endergebnis waren zweimal namentliche Abstimmungen, die
durch die absolute Mehrheit der Sozialisten entschieden werden
konnten.
Tagesprogramm, 20.2.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)