Donnerstag, der 20. März 1980

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Donnerstag, 20. März 1980

Vizeminister Iwanow vom Außenhandelsministerium, der im Finanzmini-
sterium über einen österreichischen Kredit von S 11 Mrd. verhandelt,
hat mir in Wirklichkeit nur einen Anstandsbesuch abgestattet. Mini-
ster Patolitschew, sein Chef, hat zwar gesagt, er müsse als erstes
ins Handelsministerium gehen, für mich ist dies nur ein Beweis, wie
sehr das sowjetische Protokoll genaue Spielregeln beachtet, die bei
uns teilweise, Gott sei Dank, gar nicht gelten. Die Sowjets haben im
vergangenen Jahr für 10,3 Mrd. Waren, insbes. Öl und Gas, exportiert
und wir können nur 6,8 Mrd. Anlagen, Maschinen usw. liefern. Im
Jänner waren es S 894 Mio Import, 121 % Steigerung gegen S 292 Mio.
Export mit nur 44 % Steigerung. Die Sowjets hätten also gar keinen
Grund bei uns einen Kredit zu verlangen, ich glaube, es handelt sich
hier um eine außenpolitische Forderung, um den Amerikanern zu zei-
gen, daß die Sowjets nicht so leicht boykottiert werden können.
Mein Wunsch war, und dies habe ich Iwanow klar und deutlich gesagt,
daß wir vom Handelsministerium erwarten, daß dieser Kredit als ge-
bundener Kredit für zusätzliche Maschinen und Ausrüstungen dienen
soll. Iwanow hat dies auch bestätigt. Die Gefahr, daß sie diesen
Kredit zu Käufen in der sonstigen westlichen Welt benützen, ist
damit gebannt. Eine Bemerkung nur, daß sie auch Rohstoffe kaufen
wollen, hat mich bedenklich gestimmt. Da ich den Kredit aber nicht
verhandelt habe, liegt es beim Finanzminister, diese Vereinbarung
so zu gestalten, daß die österreichische Industrie davon zuminde-
stens etwas profitiert.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Fälbl soll versuchen den Text für die Ge-
mischte Kommission zu bekommen.

Ich habe dieser Aussprache, an der auch der sowjetische Handels-
delegierte Nikolaenko teilgenommen hat, neuerdings darauf ver-
wiesen, daß VÖEST-Alpine zu einem neuen 5-Jahresvertrag abschließt.
Wir erwarten, daß die 775.000 t Kokskohle und die 700.000 t Erz
sowie Ferrolegierungen wieder zumindestens im bisherigen Ausmaß
aufgenommen werden. Außerdem beschwerte ich mich über die ständig
steigenden Gaspreiserhöhungen und den Wunsch jetzt sogar 4 mal
im Jahr die Gaspreise, wie die Sowjets sagen, nachzuziehen. Die
Ölpreiserhöhung der Sowjetunion geht teilweise jetzt schon über
OPEC-Preiserhöhungen hinaus. Bei Gaspreis allerdings wird, und dies


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habe ich Iwanow deutlich gesagt, Mitte der 80-er Jahre eine ande-
re Nachfragesituation sein als wie bei Öl. Ob die Sowjets dies
berücksichtigen, weiß ich nicht. Da sie nur darauf hinwiesen, sie
müßten im Iran 4-fache Gaspreise bezahlen und hätten die Verhand-
lungen daher abgebrochen.

Nikolaenko beschwerte sich bei mir, daß Österreich 1.500 t Fleisch
angeboten hat und die Sowjets jetzt Biomerx, dies soll angeblich
die Firma sein, die offerierte, den gewünschten Preis bestätigt.
Jetzt erwarten die Sowjets Lieferung und sie kommt nicht. Ich ver-
suchte Nikolaenko unser Außenhandelsexportsystem bei Fleisch,
Viehverkehrskommission, Exportausschreibung usw. klarzumachen. Er
kennt dies, ist aber trotzdem genauso wie seinerzeit bei dem Ge-
treidelieferwunsch sehr verärgert.

ANMERKUNG FÜR GOLDMANN: Bitte die Frage, ich habe sie mit Haiden und
Steiner besprochen, klären.

Ein gewisser Ing. Wackerle hat einen italienischen Geometer Wasser,
der hätte die Chance, 4 Kompostieranlagen in Italien zu verkaufen.
VÖEST-Alpine hat abgelehnt, ich habe ihn sofort an die zuständige
Fachabteilung im Handelsministerium verwiesen.

Min.Rat Schwarz und Samsinger sprechen bei mir vor, um ihre gute
Zusammenarbeit zu demonstrieren. Samsinger dürfte wirklich von
Ottahal schlecht behandelt worden sein. Schwarz behauptet nämlich
jetzt, daß er ungeheuer fleißig ist und sehr expeditiv. Die Ehren-
zeichen steigen ständig, von 340 im '78-er Jahr auf 560 im '79-
er Jahr. Ich muß zugeben, daß ich jetzt sogar einige Akten, die
Samsinger ausgearbeitet hat, unterschrieben habe. Ich erklärte
ihm sofort, ich hätte gar nichts gegen ihn, will auch nicht unter-
suchen, wie weit sein Abteilungsleiter Ottahal an dieser mangelnden
Zusammenarbeit und wenig expeditiven Leistung schuld war, mir ge-
nügt, wenn er jetzt mit Schwarz bestens kooperiert und die
Arbeit erledigt wird.

Die Bundesregierung hat Herrn Bundespräsidenten zu seinem 65. Ge-
burtstag in der Hofburg besucht und Kreisky hielt eine kurze, aber
sehr herzliche Ansprache.



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Fa. Siemens hat für den ägyptischen Staatssekretär aus dem Handels-
ministerium, Zahwi, mit seiner Delegation über den Abschluß des
Kreditvertrages wegen der Telefonlieferung 1,2 Mrd als erste
Branche ein Essen gegeben. Bei dieser Gelegenheit wurde von den
Ägyptern festgestellt, daß sie eigentlich erwartet haben, das Fi-
nanzministerium würde hier größeres Entgegenkommen zeigen. Sie wur-
den dort sehr kühl empfangen. Insbesondere Min.Rat Staringer, der
zuständige Abteilungsleiter, soll sehr reserviert verhandelt haben.
Sehr zum unterschied waren sie von der Aussprache mit Staatssekretär
Nußbaumer sehr begeistert.

Dir. Gmeinhart, Tauernkraftwerke, erzählt mir, daß der Landeshaupt-
mann von Salzburg über die SAFE ihnen ein einziges Werk mit 60 GWh
angeboten hat. Dem gegenüber wollen die Tauernkraftwerke 200–
250 GWh und außerdem noch die Bauabschnitte im Oberen Pinzgau. Ich
erkläre Gmeinhart, daß er sich jetzt vollkommen darauf einstellen
muß, daß die Länder gegen die Sondergesellschaften und die Verbund-
gesellschaft ihre Ausbaupläne durchsetzen wollen. Früher hatte man
ihnen mit Kompromißvorschlägen so weit geholfen, daß sie jetzt
glauben, sie können ihrerseits diktieren. Dies ist von Tirol, Ost-
tirol-Ausbau, ausgegangen und setzt sich jetzt in Salzburg fort. Ich
bin nicht bereit, diese Politik mitzumachen. Hier bin ich eher der
Meinung, sollten wir sofort auf Konfrontationskurs gehen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die Wasserrechtsfrage nicht nur be-
sprechen, sondern mir dann auch im Detail berichten.

Der ehemalige Generaldirektor Freibauer, der seinen Vorstandskollegen
Birkner genau kennt, erzählte mir, daß die Behauptung von Weiser,
EVA, wonach Fantl eine 6-stellige Zahl für Einsparungsvorschläge des
großen Freizeitprojektes Acapulco bekommen sollte, auf einem Mißver-
ständnis beruhen muß. Birkner hätte zwar gegenüber Weiser von einer
6-stelligen Zahl gesprochen, aber ausdrücklich auf die Elektrowatt
in Zürich verwiesen. Diese arbeitet jetzt ein vollkommenes Detail-
gutachten aus. Von Fantl ein persönliches Gutachten sei für die
Universale ziemlich wertlos. Niemals hätte die Universale dafür
solche Beträge bezahlt. Freibauer wird weitere Erhebungen für mich
strengst vertraulich und vorsichtig anstellen.



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Im Parlament kamen nach dem Schulgesetz und einer dringlichen Anfra-
ge neuerdings wegen der hohen Kosten im Allgemeinen Krankenhaus
7 Punkte der internationalen Verträge zur Debatte. Zuerst waren
etliche Redner gemeldet, doch hat dann, infolge der fortgeschrittenen
Zeit, ein allgemeines Streichen eingesetzt. Nur der Redner der ÖVP,
Koppensteiner, erklärte mir, ihr Ordner Steinbauer muß unbedingt
sprechen, denn er hat, wie ich vermutete und ihm am Kopf sofort
zugesagt, schon vorher seine Rede den Zeitungen gegeben. Ich ent-
deckte dann, daß Koppensteiner gleichzeitig auch zu einem dieser
7 Punkte Berichterstatter war und daher oben beim Präsidium Platz
nehmen mußte. Steinbauer war über diese Zuvorkommenheit von mir,
daß ich ihn darauf sofort aufmerksam machte, sehr beeindruckt.
Koppensteiner mußte daher den Saal verlassen, als der Berichterstat-
ter aufgerufen wurde, weshalb dann der Obmann des Ausschusses Bericht
erstattete, dann konnte er seine Rede runterlesen und dann begann
die Abstimmung. Da ja immer bis jetzt meine Tagesordnungspunkte mit
Ausnahme des Atomproblems einstimmig beschlossen wurden, sitze ich
auch immer noch auf der Regierungsbank, wenn die Abstimmung erfolgt.
Bei diesen 7 Gesetzen war es typisch, daß selbst bei der kleinsten
Materie Verfassungsbestimmungen eine ziemlich komplizierte Proze-
dur auslösen. Der Präsident muß die Anwesenheit der Hälfte der Ab-
geordneten feststellen, nachher wird von ihm festgestellt, daß bei
Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder 2/3-Mehrheit der Gesetzent-
wurf beschlossen wurde, obwohl wie gesagt alle diese Gesetze ein-
stimmig und daher mit Zustimmung des ganzen Hauses die Zustimmung
erfolgte. Abgeordneter Graf, der mir am nächsten bei der Regierungs-
bank sitzt, meinte zu mir, dieser Abstellungsprozeß ist ja ein
Wahnsinn und gehörte dringendst geändert. Interessanterweise ist
5 Minuten auch der Klubobmann Fischer zu mir gekommen und meinte,
so kann das nicht weitergehen. Verfassungsgesetze sind natürlich
für einen Klubobmann Fischer und stellvertretenden Obmann Graf et-
was Besonderes. Auch ich stehe auf dem Standpunkt, daß man dort wirk-
lich nicht so fuhrwerken kann, daß man den kleinsten Dreck S
200.000.–– Beteiligung Österreichs an der Internationalen Energie-
agentur, Untersuchung über die Windkraft oder Fleischexportregelung
im untergeordnetsten Rahmen, formell genau so behandelt, als wie
wenn man eine wirklich bedeutende Verfassungsänderung der Bundesver-
fassung vornehme.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jagoda und Zluwa sollen einmal mit mir
darüber sprechen.



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Im Zusammenhang mit der Lieferung der Mirage hat Saar-Demichel,
der französische Vertreter der französischen Flugzeugwerke
Dassault und der Elektronik-Firma Thompson in Paris, jetzt die
letzten Gespräche, die auch mit mir geführt wurden, berichtet. Ich
habe ihm in Paris angerufen, um zu ersuchen, er sollte auch die
Möglichkeit ventilieren, ob nicht doch Müll aus der Wiederaufbe-
reitung bei Cogema dann in Frankreich bleiben könnte. Er kannte
dieses Problem überhaupt nicht und war sehr erstaunt, daß es hier
nur um 3 bis 4 m^3 pro Jahr handelt. Er versprach unverzüglich mit
den Militärs, mit denen er gute Beziehungen hat, dieses Problem zu
erörtern. Er wird mir unverzüglich eine entsprechende Mitteilung
zukommen lassen. Ich informierte über dieses Telefongespräch Ver-
teidigungsminister Rösch. Dieser teilte mir wieder mit, daß ein Be-
kannter von ihm, Popow, der im selben Haus wie er wohnt, von Saar-
Demichel
als österreichischer Mitarbeiter nicht auf Provisionsbasis
gewonnen wurde. Rösch wird auch mit Popow über dieses Problem spre-
chen. Sollte es tatsächlich gelingen, daß diese Idee von Energie-
sprecher König, der sie auch, wie er selbst zugab, von jemandem an-
deren zugesteckt bekommen hat, sich verwirklichen läßt, dann würden
wir unser Energieproblem Kernkraftwerkinbetriebnahme um einen wich-
tigen weiteren Schritt vorwärts gebracht haben. Ich persönlich bin
nämlich überzeugt, solange wir keine Lagerung des Atommülls der Be-
völkerung glaubhaft anbieten können, so lange haben wir keine Chance,
daß tatsächlich die Meinung sich ändert und wahrscheinlich auch gar
keine Chance, daß im Parlament eine positive 2/3-Mehrheit zu errei-
chen ist.

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Tagesprogramm, 20.3.1980


Tätigkeit: Beamter HM


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    Tätigkeit: Beamter HM


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      Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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        Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: Beamter HM


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            Tätigkeit: GD Universale


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              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Präs. HK Bgld.


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                Tätigkeit: Staatssekretär BKA


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                  Tätigkeit: MR FM


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                    Tätigkeit: Energieverwertungsagentur


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                      Tätigkeit: Energieverwertungsagentur


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                          Tätigkeit: Abg. NR, ÖVP


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                            Tätigkeit: MR LWM; davor FAO


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                              Tätigkeit: Sts. ägypt. HM


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                                Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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                                  Tätigkeit: stv. sowj. Außenhandelsmin.


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                                    Tätigkeit: sowj. Handelsrat


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                                      Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


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                                        Tätigkeit: Beamter HM, u.a. zuständig f. Protokollfragen


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                                          Tätigkeit: -obmann


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                                            Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                                              Tätigkeit: ital. Geometer; evtl. Falschschreibung


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                                                Tätigkeit: Dir. Fa. Universale-Bau AG


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                                                  Tätigkeit: Waffenhändler


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                                                    Tätigkeit: Branchenreferent HM


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                      GND ID: 118566512


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                                                        Tätigkeit: Bekannter Otto Röschs; evtl. ident mit Popow, Zwetan


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                                                          Tätigkeit: Sekt.R HM


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                                                            Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                                              Tätigkeit: Ingenieur


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