Donnerstag, 10. April 1980
Gesandter Dr. Bukowski von Sofia erzählt, daß der Vizeminister
Vutev, der vor einiger Zeit in Österreich war, um die bulgarischen
Wünsche hier durchzustoßen, in Sofia berichtete, es laufe alles
sehr gut. Ich habe Bukowski sofort gesagt, daß davon keine Rede
sein kann. Die Tabakregie ist nicht bereit, die ungeheuren Mengen
von Bulgar-Tabak zu kaufen, die Bulgaren, habe ich den Verdacht,
möchten jetzt entsprechende Kaufzusagen von der Österreichischen
Tabakregie oder, noch besser, von der österreichischen Regierung
haben, dann behaupten sie, würden sie das große Pumpspeicherwerk
Tschedda an österreichische Firmen vergeben. Die Firma Voith, GD
Nenning, hat bereits in Sofia entsprechende Preisnachlässe getä-
tigt und ist nach Auffassung der Bulgaren noch immer zu teuer.
Die Japaner sind wesentlich billiger. Die Bulgaren wollen daher
nur die Tabaklieferungszusagen, um dann bei anderen Geschäften zu
erklären, Österreich ist ja bereit, größere Mengen Tabak abzuneh-
men.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Tabakregie wegen der Übernahms-
möglichkeiten sprechen.
Der neue amerikanische Botschafter Kaiser kam mit seinem Ge-
schäftsträger oder Handelsattache Ambeck, um sich vorzustellen.
Kaiser, stellte sich heraus, ist ein Freund des ehemaligen ameri-
kanischen Gewerkschaftspräsidenten AFL-CIO, Meany, er kannte auch
die anderen Gewerkschaften, Brauerei Schlechter usw. Mit ihm
müßten wir einen guten Kontakt aufgrund seiner Vergangenheit haben.
Er war 3 Jahre in Ungarn, als er dort wegging, sagte man ihm, daß
ist das erste Mal, daß Budapest einen Kaiser nach Österreich
schickt. Er bestätigte mir, daß die Politik Österreichs gegenüber
Ungarn richtig ist. Die Ungarn sind für jede Annäherung dankbar,
denn gerade von den Gewerkschaften geht eine gewisse Demokrati-
sierungspolitik aus. Die ungarischen Gewerkschaften haben mit Öster-
reich den besten Kontakt zu den westlichen Ländern. Dies gilt auch,
wie ich feststellen konnte, für die Lebensmittelarbeitergewerkschaft.
Der Landeshauptmannstellvertreter Moritz hat angerufen und klarge-
stellt, daß er nicht die Meinung des Landeshauptmann Haslauer
teilt. Er sieht vollkommen ein, daß die überspitzten Forderungen
von Haslauer, daß jetzt die SAFE die Salzach ausbauen soll und die
TKW nur zur Bauleistung herangezogen werden und vielleicht in der
einen oder andern Frage unbefriedigt beteiligt werden, nicht akzep-
tieren kann. Er möchte aber keine Konfrontation, im Salzburgplan
der SPÖ wurde nämlich festgehalten, daß ein Gesamtkonzept zu er-
stellen ist und daß die SAFE und die TKW, also diese beiden Gesell-
schaften, eng kooperieren sollen. Ich habe Moritz nicht im Unkla-
ren gelassen, daß eine schlechtere Lösung, als sie die Direktoren
der TKW mit 50 zu 50 durch einen Vorvertrag festgelegt haben, nicht
akzeptieren würde. Selbst diese 50 zu 50 Lösung findet nicht meine
Zustimmung. Nur auf dieser Basis aber könnte gegebenenfalls ein
Kompromiß erzielt werden. Moritz wird mit Haslauer sprechen, da
er glaubt, dieser wird kaum auf meine Vorschläge einsteigen. Ich
hoffe, daß es den Salzburger Genossen gelingt, doch noch ein er-
trägliches Kompromiß zu finden. Sollte es einigermaßen befriedi-
gend sein, würde ich diesen Kompromiß nicht entgegentreten.
Die Fa. Schretzmayer in Spillern, der größte Kalenderproduzent
Österreichs, hat sich aus kleinsten Anfängen zu einem beachtlichen
Betrieb mit 75 Beschäftigten und 45 Mio S Umsatz entwickelt.
Der Firmeninhaber Schretzmayer war früher bei der Staatsdruckerei
unmittelbar nach Rückkehr aus der Gefangenschaft tätig, später ging
er in Vorwärts, wo er auch, nach seiner Erzählung dann, unbefriedigt
war. Er hat dann als Kalenderverkäufer begonnen und dann schön
langsam mit der Kalenderproduktion, zuerst durch Aufpicken durch
Deckblätter und jetzt bis zu der modernst eingerichteten Druckerei,
sich weiterentwickelt. Ich habe dort tatsächlich nicht Druckma-
schinen, wohl aber Klebeautomaten, Falzmaschinen usw. gesehen, die
Unika sind. Das er auf dieses Werk sehr stolz ist, ist verständlich.
Der Vizebürgermeister von Spillern, einer roten Gemeinde, hat mir
dann erzählt, wie durch ungeschickte Politik dieser Mann, der sich
zuerst als Sozialist bekannt hat, als ÖVP-Mann in der Gemeinde
mitwirkte und jetzt sich aus der Politik zurückgezogen hat, sehr
tüchtig, sogar einigermaßen sozial und jetzt ein reiner Geschäfts-
mann geworden ist. Die Gewerkschaft der graphischen Arbeiter war
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ebenfalls anwesend und ist mit seiner Leistung zufrieden.
Ing. Denzel hat die Werkzeugfabrik der Junior-Werke in der Steier-
mark für eine Volvo-Versuchsanstalt und teilweise Produktion von
einzelnen Teilen gekauft. Dort hat er jetzt S 9,5 Mio. investiert.
U.a. muß er Geräte ankaufen, wie sie auch das List-Institut in
Graz besitzt. Dies sind Motorbremsen usw. Er hat um einen ERP-
Kredit für S 5 Mio. angesucht und leider nicht bekommen. Für Meß-
einrichtungen müßte er jetzt weitere S 2 Mio investieren. Wir,
Min.Rat Gröger hat ihm zugesagt, er wird ihm in jeder Beziehung
jetzt zweckmäßig beraten und wird auch mit der Arbeitsmarktver-
waltung sprechen, um ihm mit entsprechender finanzieller Hilfe über
die schwierige Situation hinwegzubringen.
Min.Rat Gröger fragte mich dann unter 4 Augen, und er meinte, die-
ses Gespräch wird nirgends sonst erwähnt, was er jetzt tun soll.
Er interessiert sich sowohl für die Industriesektion als auch für
die Tätigkeit im Verbundkonzern als der erfahrene Bewirtschafter
und Lenker. Da mir der neue Generaldirektor Fremuth gleich nach
seinem Amtsantritt mitteilte, daß er als Bundeslastverteiler ein
unbefriedigendes Verteilungs- und Versorgungssystem vorgefunden
hat, muß dort in dieser Beziehung wesentlich reorganisiert werden.
Zu diesem Zweck braucht Fremuth einen entsprechenden Fachmann und
wäre an Gröger interessiert. Das Handelsministerium müßte ihm
dann eine Nebenbeschäftigungsgenehmigung geben. Ich habe Gröger
erklärt, er muß diese Entscheidung allein treffen. Ich habe gegen
seine bisherige Tätigkeit nichts einzuwenden und weiß ihn auch ent-
sprechend zu schätzen.
Der neue Obmann der Personalvertretung im Handelsministerium
Herold kam sich vorstellen und wollte auch unter 4 Augen mir ver-
sichern, daß er hofft, daß die Differenzen, die es früher gegeben
hat, insbes. vor der letzten Wahl mit dem Ing. Engelmayer, nicht
weiter von mir der Personalvertretung angelastet werden. Ich habe
sofort erklärt, er bekommt den gewünschten Vertrauensvorschuß von
mir und ich denke nicht daran, sozusagen für meiner Meinung nach
unzweckmäßige Angriffe von Engelmayer ihn jetzt verantwortlich
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zu machen. In Wirklichkeit wollte er diese 4-Augen-Aussprache,
weil er neuerdings wegen Gröger intervenierte. Ich habe ihm klar
und deutlich gesagt, daß ich, so wie das letzte Mal, wo er als
Fraktionssprecher des ÖAAB gekommen ist, nicht bereit bin, der
Kommission vorzugreifen. Er meint, ich bräuchte nur der Kommission
mitteilen, daß ich Gröger als Sektionschef wünsche. Dann würde
es sofort einen einhelligen Beschluß geben. Dies habe ich ihm
erklärt, kommt nicht in Frage, denn die Kommission wird die jetzt
vorliegenden 5 Anträge genau prüfen und dann mir sicherlich einen
Vorschlag machen. Diesen werde ich dann, wie ich dies immer ge-
tan habe, bestätigen. Seit ich 1970 in das Ministerium gekommen
bin, habe ich, bevor eine Ausschreibungskommission vorgeschrieben
war, schon eine solche ähnliche Konstruktion gewählt. Ich habe
stets die Vorschläge, die wir damals der Präsidialist Schipper ge-
macht hat, immer akzeptiert. Ich warte daher ab, was die Kommission
mir vorschlägt.
Bei der Lebensmittelarbeiterzentralvorstandssitzung gab es wegen
der Sozialpolitik und ganz besonders wegen der öffentlichen Dis-
kussion über Lohnerhöhungen in diesem Jahr eine berechtigte Kri-
tik. Wir werden uns von irgendwelchen Aussagen, wo immer sie auch
herkommen, nicht beeinflussen lassen. Wir haben eine selbständige
Lohnpolitik gemacht und werden diese auch fortsetzen. In der
Sozialpolitik sind wir sowieso von den Beschlüssen des Gewerk-
schaftsbundes abhängig. In der Lohn- und Kollektivvertragspolitik
bleiben wir sicherlich autonom.
Die Internationale Modewoche, die zum ersten Mal von der Messe
organisiert war, war ein folgendes Zeitdesaster. Die Redner und
auch die Teilnehmer wurden für 8.30 Uhr eingeladen. Da das Fern-
sehen angeblich für ZIB 2, 10 vor 10, live übertragen wollte,
hätte mach dort 1 1/2 Stunden warten müssen, dagegen hat insbe-
sondere Frau Vizebürgermeister Sandner heftigst demonstriert. Das
Fernsehen erklärte, es könnte keine MAZ, das heißt Aufzeichnung
machen und beharrte scheinbar anfangs, daß tatsächlich die Leute
dort 1 1/2 Stunden rumgestanden wären, bis dann die Eröffnungs-
ansprachen gekommen wären. Eröffnungsansprachen wären sowieso
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nicht übertragen worden, sondern nur dann die Modeschau. Letzten
Endes ging es dann aber doch mit 3/4-stündiger Verspätung los.
Das Fernsehen hat dann scheinbar doch eine MAZ aufgezeichnet.
Präsident Sallinger hat mir bei dieser Gelegenheit mitgeteilt, er
rechnet fest, daß Mussil jetzt Präsident des Aufsichtsrates der
Verbundgesellschaft wird. Ich habe ihm erklärt, ich werde jetzt
eine Aussprache mit Mussil haben, die Ablehnung der Betriebsräte,
aber auch weiterer Kreise der sozialistischen Fraktion hoffe ich
durch eine Kompromißlösung beseitigen zu können. Ich würde größten
Wert darauf legen, daß Mussil einstimmig als Präsident gewählt wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wann wurde der Aussprachetermin mit Mussil
endlich vereinbart.
Tagesprogramm, 10.4.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)