Samstag, 21. Juni 1980, und Sonntag, 22. Juni 1980
Vor 8 Uhr haben wir in Salzburg bereits die Strumpffabrik Sastri
besichtigt. Der Besitzer war nicht einmal noch hier. Unwahrschein-
lich, wie der Eigentümer Fleischhacker mit seiner Familie aus voll-
kommen unzulänglichen umgebauten Bauernhof jetzt eine doch be-
deutende Strumpfindustrie dort eingerichtet hat. Zuletzt hat er
aus Amerika Maschinen gekauft, die dort gar nicht mehr erzeugt wer-
den, weil die Bedienung in Europa von keiner anderen Fabrik möglich
war als von ihm. Er hat seine Werkmeister, die Lehrlinge einmal
bei ihm waren, so weit ausgebildet, daß diese sehr komplizierten
Strickmaschinen auch bei uns einwandfrei arbeiten. Die Firma er-
zeugt nur Hochqualitäts- und daher auch preisteure Waren, die in
Europa einsame Spitze sind. Die Konkurrenz aus Fernost ist daher
für ihn natürlich auch zu spüren, aber in seinen Qualitätssocken
nur insoferne zu bemerken, als billige Standardwaren natürlich auch
auf den Spitzenpreis der Qualitätsware drücken. Als Gag hat man mir
dann einen mit Goldlamé gestrickten Socken gegeben. Den, erklärte
ich, könnte ich nur im Bett tragen, zum gehen würde er zu kratzen,
noch viel schlimmer aber wäre es, daß jeder sagt, so gut geht es
einem Regierungsmitglied, daß er schon goldene Socken trägt. MR
Grumbeck, der ebenfalls anwesend war, hat mir mitgeteilt, die Fir-
ma hofft, aus der Textil- und Bekleidungsförderung einen entsprechen-
den Zuschuß zu bekommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte prüf, ob dies mit unseren Richtlinien
vereinbar ist.
Zu 150 Jahre Tabakfabrik Schwaz war Vizekanzler Androsch einge-
flogen. Der Landeshauptmann hatte sich entschuldigen lassen, seinen
Stellvertreter Prior geschickt und ansonsten viel örtliche Prominenz,
ganz besonders alle Tabakarbeiter und Arbeiterinnen, insbes. natür-
lich die Pensionisten erschienen sind. Ich wurde vom Betriebsdirek-
tor sofort als Redner für die Gewerkschaft angekündigt. Dies war
mir sehr recht, denn kompetenzmäßig hatte ich dort wirklich kaum
etwas zu suchen. Andrerseits wollte ich aber unbedingt den Arbei-
terinnen und Arbeitern danken, die so viel Verständnis für die
Strukturänderung in der Tabakregie aufgebracht haben. Richtig ist,
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daß es uns geglückt ist, in den Verträgen ein unkündbares Ver-
hältnis für die Arbeiter durchzusetzen. Andererseits wird durch
die Rationalisierung, der höchste Beschäftigungsstand war 1500
und jetzt sind es 100, jede Möglichkeit, daß so wie es früher üb-
lich war, Kinder eben auch in der Tabakfabrik dann arbeiten können,
eingestellt. Früher hat es ganze Generationen von Tabakarbeitern
gegeben. Jetzt ist es selbst in Schwaz möglich, andere Beschäfti-
gungen zu finden.
Beim Mittagessen kam ich dann mit GD-Stv. Mauhart über die Werbe-
kampagne ins Gespräch. Er beschwerte sich bitter bei mir, daß ihre
Verpackungsvorschläge angeblich vom Handelsministerium, nur weil
es Zigaretten betrifft, abgelehnt werden. Ich erklärte sofort, dies
ist ganz unmöglich. In unserem Verpackungswettbewerb kann jedermann
einreichen. Was verpackt wird, ist wirklich nebensächlich, prämiert
wird die Verpackung und nicht der Inhalt. Dr. Burian klärte dann
auf, daß angeblich Fr. Dr. Smolka sich gegen einen Film ausgesprochen
hat, wo der Zigarettenkonsum propagiert wird. Ich habe Mauhart ver-
sprochen, daß diese Frage objektivst geprüft und auch dann ge-
löst wird.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte laß Dir von Burian und Smolka berich-
ten.
Während der bei der Strumpffabrik Sastri die ganze Belegschaft an-
wesend war, obwohl es dort nur ein Betriebsbesuch gewesen ist,
wurden bei der Staatswappenverleihung bei Biochemie Kundl, nur die
Direktion und die Betriebsratsobmänner eingeladen. Das Ganze war,
außer daß dort die Musikkapelle aufmarschiert war, auch sehr form-
los. Dagegen habe ich auch gar nichts einzuwenden. Ich frage mich
nur, warum sie dann die Musik bestellt haben. Der vor der Überrei-
chung durchgeführte Rundgang gab mir dann die Möglichkeit, Etliches
was ich dabei gelernt habe, sozusagen als Wissen aus dem Akt,
zu präsentieren. Richtig ist, daß Biochemie Kundl, seitdem es
Sandoz gehört, große Investitionen tätigt, weit über 1 Mrd. S. in
Kundl. Richtig ist, daß wahrscheinlich sehr bald der Mrd.-S-Umsatz
erreicht sein wird, richtig ist, daß 10 % der dort Beschäftigten
Akademiker sind und insbes. in der Entwicklung und Forschung tätig
sind, richtig ist, daß dort ein großes Ausbauprogramm jetzt auch
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noch in Zukunft getätigt werden wird, richtig ist, daß insbes.
die Beschäftigtenvertreter nicht nur über die Auszeichnung, sondern
über die ganze Entwicklung sehr befriedigt sind. Falsch ist nur
der Standort. Jetzt erst werden sie einen Geleisanschluß bekommen,
um diesen Standortnachteil einigermaßen auszugleichen.
Die Firmenvertreter haben mir bei dem Rundgang und auch nachher
dezidiert erklärt, es müßte jetzt mit der Zuckerindustrie eine
entsprechende Lösung gesucht werden. So wie die Firma Lebosan , die
ebenfalls ein großer Zuckerverbraucher ist, und vor allem Kahane
mit seiner Zitronensäureproduktion in Laa will die Firma Biochemie
nicht mehr mit der Fa. Mauthner über die Zuckerabgabepreise und
die Verträge verhandeln. Ich habe um eine schriftliche Stellung-
nahme dazu ersucht. Nach Einlangen dieser habe ich versprochen,
werden wir unverzüglich die Verhandlungen mit der Zuckerindustrie
in meinem Ministerium beginnen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß bitte die ganzen offenen Probleme zu-
sammenstellen.
Sonntag, 22. Juni 1980
Beim Preisschnapsen von Almdudler-Chef Klein trifft sich Jahr
für Jahr die ÖVP- und SPÖ-Prominenz. Diesmal war sogar Kreisky
mit Frau und Tochter gekommen. Klein hat extra einen Film gedreht.
Das für mich interessanteste Gespräch führte ich mit NR Wiesinger
von der ÖVP. Er wollte mir unbedingt einreden, Salcher, ich und er
sollten die Umweltschutzproblematik lösen. Zuerst erklärte er,
selbstverständlich würde die ÖVP den Gesundheitsminister in dieser
Frage unterstützen. Nach längerer Diskussion stellte ich dann fest,
daß er darunter aber nur versteht eine Vereinbarung aufgrund des
Artikels 15a. Hier, konnte ich Wiesinger sagen, hätte ich monate-
lange Verhandlungserfahrung über die Wärmedämmungswerte mit den
Bundesländern. Dieses unzulängliche Ergebnis, wie jetzt das Bauten-
ministerium feststellt, ist für mich der deutliche Beweis, daß es
auf dieser Basis äußerst schwer ist, mit den Ländern zu befriedi-
genden Ergebnissen zu kommen. Was ich erwartet hätte von ihm,
vor allem aber von der ÖVP, ist, daß sie tatsächlich einer Kompe-
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tenzabgrenung, d.h. einer Stärkung der Kompetenz des Gesundheits-
ministeriums, zugestimmt hätten. Davon kann also scheinbar keine
Rede sein. Ich werde Salcher darüber informieren. Für mich aber
aber interessantesten war die Bemerkung auf meinen Angriff, daß
Wiesinger daran schuld ist, daß das Atomkraftwerk nicht in Betrieb
genommen werden konnte, dies treffe nicht zu. Ich war sehr über-
rascht, daß sich Wiesinger jetzt von seiner vergangenen Tätigkeit
auf diesem Gebiet so distanzierte. Für mich war es ganz klar,
daß Hubinek, von der eigenen Partei Atommausi genannt, und Wiesinger
die beiden wichtigsten Atomgegner gewesen sind. Wenn sich bei
Wiesinger jetzt ein gewisser Wandel eingestellt hat, würde ich
dies sehr begrüßten. Ich glaube nur nicht daran.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Versuche von Dr. Dobner herauszubekommen,
wie es wirklich steht.
Tagesprogramm, 21.6.1980