Freitag, 21., bis Sonntag, 23. November 1980
Bei der Staatswappenverleihung an die Firma Dentalwerke Bürmoos war
nach langer Zeit wieder einmal die gesamte Belegschaft bei dem Über-
reichungsakt anwesend. Voll Stolz hat mir der seinerzeitige öffentliche
Verwalter und jetzige Besitzer Dipl.Ing. Konsul Malata die Entwick-
lung des Betriebes bei der Betriebsbesichtigung erklärt. 1890 wurden
in Berlin von der Fa. Weber & Hampel Zahnärztebohrgeräte hergestellt.
Die Fa. wurde dann von Degussa übernommen. Während des Krieges erzeugte
sie natürlich Rüstungsgeräte und wurde 1944 durch einen reinen Zufall
nach Bürmoos verlagert. Damals hatten die Zahnbohrmaschinen 5000 Umdre-
hungen. Jetzt werden hochwertige Geräte, mechanisch 170.000 Umdrehungen
und bei Luftdüsenantrieb 500.000 Umdrehungen, erzeugt. Für Bürmoos ist
der Betrieb mit seinen 190 Mitarbeitern, wie der Bürgermeister Zillner
mir bestätigte, die Lebensnotwendigkeit. Insgesamt wurden von dem
Betrieb schon 150 Lehrlinge aus Bürmoos ausgebildet, die auch meistens
dort bleiben. Der Betrieb hat keine Gastarbeiter, alles sozusagen Ein-
heimische. 96 % der Produktion werden exportiert, in 78 Länder auf
allen Kontinenten. Interessant war nur, daß durch den Dollarverfall
jetzt Amerika und Kanada als Billigländer gelten. Die Firma hat nur
die Chance durch ihre Qualitätsarbeit, ihre Weiterentwicklung der Bohr-
geräte in Amerika konkurrenzfähiger zu sein.
Bei der Staatswappenverleihung an Lagermax in Salzburg beim Hauptbahn-
hof war das Management versammelt, selbstverständlich mit den Betriebs-
räten. Dort ergab sich eine interessante Diskussion. Die Bundeshan-
delskammer hat mit Schreiben vom 9. Oktober alle ihre Landeskammern
verständigt, daß mit 10. September 1980 die Bewilligungspflicht für
Iran-Waren von mir verordnet wurde. Die Firmen wurden in Angst und
Schrecken versetzt, weil sie gerade zu diesem Zeitpunkt größere Trans-
portaufträge nach Iran hatten. Angeblich wurde dann in letzter Minute
mitgeteilt, daß diese Verordnung nicht inkraft tritt. Diese Vorgangs-
weise ist mir vollkommen unverständlich.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Was ist da passiert?
Bei der Staatswappenverleihung an die Vorarlberger Kammgarnspinnerei
in Hard konnte dies um 9 Uhr abends ohne weiteres erfolgen, weil der Be-
trieb, den ich besichtigte, kontinuierlich Schicht arbeitet. Die Amor-
tisation dieser Anlagen wäre sonst nicht gewährleistet. Aus der
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Schweizer Mutterfirma Schöller war genau wie bei der Staatswappen-
verleihung an Schöller in Bregenz ein Verwaltungsrat gekommen. Die
Schweizer betrachten die Verleihung des Staatswappens als ganz große
Auszeichnung und noch viel mehr, daß der Minister immer wieder persön-
lich dies vornimmt. Da ich die finanziellen und gesellschaftsrechtli-
chen Verflechtungen zwischen dem Schweizer Mutterhaus und den öster-
reichischen Firmen Schöller Bregenz und Vöslauer Kammgarnspinnerei
nicht kannte, bin ich natürlich auf diese Frage überhaupt nicht einge-
gangen, sondern habe mich äußerst vorsichtig, erst im Laufe des Abend-
essens hingetastet. Um wieviel leichter wäre es für mich gewesen,
hätte man mich in der Information darauf aufmerksam gemacht. Ich bin
allerdings nicht ganz davon überzeugt, daß bei uns im Haus dies alles
bekannt und klar ist.
Die Firma Vorarlberger Kammgarnspinnerei erzeugt für die Strumpffabrik
Sastri ein besonderes Spinngarn. Dieses kann nur dorthin verkauft
werden. Die Vorarlberger fürchten nun, daß Sastri in Salzburg in
finanzielle Schwierigkeiten kommt. Angeblich hat er für Maschinen im
Handelsministerium einen Zuschuß laufen, der aber bis jetzt noch
nicht ausbezahlt wurde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie steht der Fall?
Landesrat Rümmele teilte mir zu meiner Überraschung mit, daß ich am
18. Dezember mit ihm in der Ortschaft Zug bei Lech ein Gespräch mit
irgendwelchen Wirtschaftsgruppen führen würde.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Was ist dies für eine Veranstaltung?
Die Landeskonferenzen in Salzburg von der LUGA und in Feldkirch ver-
liefen, wie ich sie erwartet hatte. In Salzburg wurde mehr diskutiert,
in Feldkirch weniger. Dort wollte insbesondere der Betriebsrat der
Firma Rupp wissen, wie es weitergeht. Er war sehr beruhigt von mir
zu erfahren, daß der Landwirtschaftsminister Haiden entschieden hat,
die Rückzahlungsraten werden für die zu unrecht bezogenen Exportver-
gütungen so festgelegt, daß die Firma nicht sperren muß. Ich erklärte
ihm, daß dies das wichtigste Anliegen des Handelsministeriums, aber noch
viel mehr des Obmanns der LUGA gewesen ist. In das Verfahren werde ich
mich in keiner wie immer gearteten Weise einschalten, womit die Ge-
werkschaftskollegen auch vollständig einverstanden waren.
Bei der Protokollunterzeichnung eines Kooperationsvertrages zwischen
Herrn Swarovski und dem Präsidenten des Staatskomitees für Wissen-
schaft und Technik, Gwischiani, erfuhr ich interessante Details. Die
bisherige Kooperation auf Straßensicherheitseinrichtungen, insbesondere
die Rückblendung eben von Swarovski-Produkten, Swarovski-Steinen usw.,
soll in Hinkunft auf Müllverwertung ausgedehnt werden. Es existiert
eine Demonstrationsanlage für 120.000 Einwohner, wo der Müll voll-
kommen verwertet wird. Die Reifen werden als Belag verwendet, anderes
wird entgast, um dadurch Gas, Alkohol und Festbrennstoffe zu gewinnen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß unsere Industriesektion über diese
Entsorgungsaktivitäten von Swarovski?
Präs. Gwischiani, der darauf hinwies, daß jetzt sein Staatskomitee
mit 270 Firmen und Partnern entsprechende Kooperationsverträge abge-
schlossen hat, war zur IIASA-Sitzung wegen Laxenburg in Österreich.
Bei dieser Gelegenheit wurde eben das Verlängerungsprotokoll unter-
zeichnet. Gwischiani bedankte sich bei mir, daß die österreichische
Bundesregierung für das Institut in Laxenburg ungeheuer viel aufwendet.
Insbesondere werden dort für Energiefragen jetzt große Seminare,
Symposien usw. abgehalten. Derzeit läuft ein mit Industrievertretern
aus Ost und West beschicktes Seminar. GD Fremuth wird dort auch re-
ferieren.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Was wissen wir davon?
Der sowjetische Botschafter in Österreich, Jefremow, teilte mir freu-
destrahlend mit, daß jetzt durch den Abschluß der Papierfabrik mit
Voith und ganz besonders aber der drei schon beschlossenen Passagier-
schiffe für 200 Personen, der selbstschwimmenden Kräne und der 10
Getreideheber die Schiffswerften jahrelang ausgelastet sind. Da ich
wußte, da sich Jefremow persönlich sehr dafür einschaltete, habe ich
mich auch bei ihm bedankt und gleichzeitig mitgeteilt, daß ich ja
Außenhandelsminister Patolitschew bei der Unterzeichnung des neuen
10-jährigen Wirtschaftsvertrages mich persönlich bedanken werde. Je-
fremow meinte dann in seiner Ansprache, die Sowjetunion und Österreich
hätten beste Beziehungen auf allen Gebieten. Für mich überraschend
obwohl ich immer wieder darauf hinwies, daß ich nur für Wirtschaftsfra-
gen mich zuständig fühle, kam aber auch auf die guten kulturellen Be-
ziehungen zwischen der Sowjetunion und Österreich zu sprechen. Der
Burgtheaterzwischenfall, wie er ihn bezeichnet, hat keinerlei Trübung
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hervorgerufen. Das Burgtheater wird zu einem späteren Zeitpunkt nach
Moskau reisen. Diesbezügliche Gespräche finden statt. Die sowjetische
Seite konnte nicht verstehen, daß ein Schauspieler, der nicht einmal
deutsch kann, auf der Bühne nur Möbelstücke hin und herträgt, diese
Tournee hat zum Platzen bringen können. Angeblich war Jefremow dabei,
wie älteren Burgschauspielermitgliedern , die sich auf diese Reise
schon so gefreut haben, Tränen gekommen sind, als sie abgesagt wurde.
Ich ging natürlich auf diese Problematik überhaupt nicht ein. Die
Sowjets werden unseren Standpunkt nie verstehen. Für manche Österrei-
cher ist er auch wirklich schwer verständlich. Wichtig für mich ist
nur, daß die sowjetische Seite, wenn Jefremow recht hat und die Mei-
nung wiedergibt, in keiner wie immer gearteten Weise durch diese Vor-
gangsweise berührt ist.
Jefremow deutete auch an, daß jetzt die Erzlieferung mit VÖEST-Alpine
abgeschlossen und nach Vorschlag der Sowjets ein neues Transportsystem
gefunden werden sollte. Derzeit werden diese Erzlieferungen dreimal
umgeladen. Jetzt könnte sich die Sowjetunion vorstellen, daß 200
Schiffe, die Österreich erzeugen könnte, für den Transport gebaut auf
der Donau bis Linz fahren würden, ohne daß es zu einem Umschlag komme
müßte. Die österreichische Seite soll dieses Projekt so schnell als
möglich verwirklichen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was wissen wir davon?
Präs. Gwischiani, der Schwiegersohn vom ehemaligen Ministerpräsiden-
ten Kossygin, teilte mir mit, daß sein Schwiegervater über das herzliche
Schreiben und die Erklärung von Kreisky tief beeindruckt war. Er wird
Kreisky noch schriftlich darauf antworten. Gwischiani ersuchte mich
aber, dem Bundeskanzler dies jetzt bereits mitzuteilen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Nächste Ministerratssitzung erinnern.
Mein Schwager Mayerhofer war über die Berichterstattung vom Profil
über die angeblich so ehrenwerte Lebensweise und wirtschaftlich so
einwandfreie und korrekte Entwicklung der Fa. Pruscha nach dessen
Ableben mehr als erstaunt. Pruscha hatte tatsächlich im Profil, aber
auch im Kurier einen derartigen ergreifenden Nachruf, daß auch ich
mich gewundert habe. Dieser Mann war, nachdem man diese Artikel ge-
lesen hatte, der anständigste, seriöseste, hilfsbereiteste Kapitalist
oder Unternehmer, den es jemals in Österreich gegeben hat. Die Meinung
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Mayerhofers, der mit ihm auch beruflich zu tun hatte, war, wenn es in
Österreich keine Korruption gegeben hat, dann hat oder hätte sie
Pruscha erfunden. Die Wahrheit liegt sicher irgendwo in der Mitte.
Daß die Massenmedien und insbesondere die Zeitungen und da ganz be-
sonders die Herausgebergruppe Kurier, Profil, Trend manipulieren,
stand für mich immer fest. Daß man bei Nachrufen, deshalb möchte ich
persönlich auch gar keinen, stets nur das Positive herausstreicht,
ist üblich und auch verständlich. Die Art der Darstellung aber vom
Herausgeber des Profil, Lingens, hat mich mehr als überrascht. Wenn
er wirklich dieses Milliardenvermögen hat, das man annimmt und Profil
selbst zugibt, dann muß es eine besondere Leistung von Pruscha gewesen
sein, das ansonsten so kritische Profil dazu bringt , alles als vollkom-
men einwandfrei erworben, jeden nur gerne helfend, irgendwie zu denken
geben muß. Ein Kapitalist als Samariter, und das noch dazu in Öster-
reich, war für mich auch neu und überraschend.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Was sagst Du dazu?
Tagesprogramm 21.11.1980
Tagesprogramm, 22./23.11.1980