Dienstag, 24. Februar 1981
Beim Jour fixe mit der HK erklärte Sallinger, daß er nur dann die
vollen Kosten für die Plowdiw-Jagdausstellung übernimmt, wenn ich
als Handelsminister ihn dazu schriftlich auffordere. Dazu bin ich
selbstverständlich nicht bereit, die Bulgaren werden nur sehr ver-
ärgert, wenn Österreich seinerzeit bei der Jagdausstellung in Ungarn
teilgenommen hat und jetzt aus finanziellen Gründen ablehnt. Sal-
linger hat den Landwirtschaftsminister vorgeschlagen, die Hälfte
der Kosten durch Beistellung der ganzen Geräte wie Gewehre, Jagd-
ausrüstung und auch Durchführung der Arbeit für die Ausstellung
durch das WIFI zu übernehmen. Die präliminierten 4 Mio. S sind viel
zu hoch, mit 2 Mio. kommt man ohneweiters aus, 1 Mio. würde die
Bundeskammer übernehmen. Landwirtschaftsminister erklärt, 500.000 S
aus seinem Budget decken zu können, wenn die Länder ebenfalls
500.000 S dazu beitragen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Kläre mit dem Büro des Landwirtschafts-
minister die weitere Vorgangsweise.
Kehrer beschwerte sich bei mir, daß ich die dezidierte Erklärung
abgegeben habe, daß der Finanzminister bei jeder Benzinpreiser-
höhung immer die Mineralölsteuer mit erhöhen wird. Ich konnte ihm
dies leicht begründen, da der Finanzminister mit Recht verlangt,
seinen 50 % Steueranteil Verkaufspreis erhalten will. Die letzte
Preisfestsetzung ist übrigens, wie Kehrer erklärte, ja nur gegen
den Widerstand der Landwirtschaft notwendig gewesen, alle anderen
haben ja dem Kompromiß zugestimmt.
Ich informierte die HK davon, daß jetzt die Verhandlungen mit
den Kohlenimporteuren wegen Errichtung eines Vorratslagers positiv
verlaufen. Selbst der Obmann der Handelssektion und gleichzeitiger
Kohlenhändler Steidl stimmt der Richtung eines Vorratslagers zu.
Kehrer erklärte dezidiert, er steht auf dem Standpunkt, man müsse
so wie bei Öl versuchen sektoral jetzt diese kritischen 12 Rohstoffe
durch entsprechende Vereinbarungen mit den Interessensvertretungen
einer positiven Lösung zuzuführen. Z.B. ist jetzt die Gruppe Kupfer,
Tonerde, Kryolith im Handelsministerium sehr weit fortgeschritten.
Zu prüfen ist, ob es notwendig ist und welche gesetzliche Regelung
für diese auch von der wirtschaftlichen Landesverteidigung geforderten
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Maßnahmen ergriffen werden sollen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Nächstes Jour fixe AK setzen.
Kehrer verweist in einem Aktenvermerk von Dr. Farnleitner, daß
die österr. Papierindustrie keine Zellulose mit einer Festigkeit
von 360 g pro m² erzeugen kann. Nettingsdorf hat es maximal bis
260 in Versuchsproduktion gebracht, dies sei der Grund, warum für
Tetra-Pak und Pure-Pak die ungebleichten Zellulosen um 4 Mio. S aus
dem Norden importiert werden müssen. Dies steht im krassen Gegen-
satz zu den Behauptungen von Prof. Weiser von der EVA, dieser sagt
Pure-Pak hätte einen Vertrag mit der österr. Molkereiwirtschaft,
daß diese eben verpflichtet ist, Zellulose zu importieren, Weiser
wird einen schriftlichen Bericht dem Handelsministerium übermitteln.
ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Angaben von Weiser genau
prüfen, Jour fixe AK setzen.
Kehrer beschwert sich neuerdings über die Zollzugeständnisse an
die DDR, insbesondere für Kräne, teilweise auch für Stilmöbel. Ich
informiere Kehrer, daß wir ähnlich dem Grenzlandabkommen mit den
Jugoslawen eine selbe Regelung mit Ungarn treffen müssen. Die
burgenl. Handelskammer mit dem LH Kery bereits zugestimmt. Kehrer
bestreitet dies nicht, er hat nur Präs. Graf von der Handelskammer
Burgenland sofort informiert, daß die BHK niemals einer solchen
Regelung zustimmen würde, auch dann, wenn Graf als Präsident und
der Handelsobmann Zirkovits, damit also alle wichtigsten Leute der
burgenl. Handelskammer, dem zustimmen.
ANMERKUNG FÜR SC MEISL: Bitte, mir das bestehend jugoslawische
Abkommen und die Regelung vor meiner Zeit vorlegen.
Ich verhandle mit Kehrer und Dr. Farnleitner über die mögliche
Milchpreiserhöhung. Farnleitner ist fest davon überzeugt, daß
25 gr und 5 gr Siloverzichtszuschlag für die Erzeuger, wie man so
schön sagt, drinnen ist. Die AK und der ÖGB müßten dieser Regelung
auch zustimmen. Dies würde allerdings bedeuten, daß der Milchver-
braucherpreis um 60 gr, Butter und Käse um 4 S erhöht werden müßten.
Farnleitner gibt auf Fragen des GS Kehrers bezüglich der verein-
barten Lohnerhöhung zu, daß die 8,6 % bei der 15 Monate Laufzeit
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auch für die HK absolut akzeptabel ist. Die Molkereiarbeiter
rangieren in dem Vergleich der anderen Lebensmittelarbeiterlöhne
an unterster Stelle.
Die HK nimmt meine Ankündigung, daß die nächste OFM im Messegelände
in Verbindung mit dem Tourist-Filmfestival stattfinden soll, sehr
positiv zur Kenntnis. Insbes. ist Kehrer einverstanden, daß der
Fachverband, KR Kammler, und der Manager dieses Festivals, Bacher,
mit einer Einbindung in die OFM sehr zufrieden sind.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Kammler verbinden.
Kehrer ist nicht sehr glücklich, daß bei Baustahlgitterimporten aus
Italien eine Legisvakanz von 3 Monaten erfolgt. Das Antidumping-
verfahren ist hier nicht zuletzt der HK nicht zeitgerecht einge-
reicht worden, sodaß eine Legisvakanz entsteht.
Kehrer berichtet Albrecht über die von ihr geführte Beschwerde be-
zügl. der Vereinsgründung von Biogemüse und Obst durch eine Grün-
ladenkette. Kehrer ärgert sich über die vorgelegte Information sei-
nes Hauses, weil dort, nur für einen Juristen verständlich, die Be-
gründung gegeben wird, daß dieser Verein eine Gewerbeberechtigung
braucht. Für mich wäre es 1970 auch schwer gewesen, diese Aktennotiz
zu verstehen. Jetzt habe ich durch jahrzehntelange Tätigkeit auch
auf dem Gewerberechtssektor eine gewisse Ahnung. Albrecht erklärt
dieses Problem mit SC Jagoda zu besprechen.
Albrecht berichtet Kehrer über den Installationskongreß, wo sie
für behinderte Konsumenten entsprechend mitgewirkt hat. Ich bin über
die Tätigkeit von Albrecht sehr froh, denn interessanterweise wehrt
sich die HK weniger gegen die Mitwirkung Albrechts, als sie dies
seit Jahrzehnt bei mir als soz. Handelsminister, der unter gar keinen
Umständen in ihre Organisation eindringen darf, seinerzeit ge-
macht hat.
In der MRV kommt Kreisky, es wäre ja gar nicht anders denkbar, so-
fort auf den Spanien-Putsch zu sprechen. Dieser hat keine Unter-
stützung in der Bevölkerung und auch nicht im Militär und ist des-
halb offenbar gescheitert. Der König hat eine feste Haltung er-
wiesen und durch den Appell die Streitkräfte sofort auf seine Seite
gezogen. González, der Sozialistenführer, soll mit Krankenwagen weg-
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gefahren worden sein. Jetzt kommt eine reaktionäre und nicht eine
konservative Welle, dies sei eine Folge des Siegs von Reagan, große
Angst hat Kreisky wegen Mittelamerika. Reagan hat Prof. Eunandy?
und den Botschafter Eagleburger auf eine Rundreise geschickt, diese
haben auch mit ihm gesprochen, um zu beweisen, daß in El Salvador
Waffen aus Kuba und den Oststaaten eingesetzt werden. Dies bezwei-
felt Kreisky gar nicht, er fürchtet nur, daß jetzt durch diese
neue außenpolitische Richtung in den Vereinigten Staaten auch
Nicaragua wieder von Reaktionären erobert wird, dann würde es zu
einem stärkeren Engagement kommen als seinerzeit bei Vietnam von
Katholiken, Liberalen und Sozialdemokraten, die alle in Nicaragua
sehr engagiert sind. Die schwedische Reaktion in Vietnam war damals
allerdings falsch, weil sie nur alle Verhandlungsmöglichkeiten ver-
schüttet hat. Kreisky glaubt mit Verhandlungen überall mehr errei-
chen zu können. Selbst im mittleren Osten hat er prophezeit, daß
die UdSSR einlenken wird, wie jetzt auch tatsächlich auch geschieht,
da sie mit Afghanistan und Polen voll beschäftigt sei und nicht das
Krisengebiet im mittleren Osten noch stärker beeinflussen möchte.
Die jetzt zu erwartende reaktionäre Welle im Westen löst synchrone
Wirkungen überall aus, auch bei der ÖVP. Mock kommt mit den Ver-
nünftigen nicht mehr durch, diese zeichnen sich durch Machtlosig-
keit aus. Nur die Scharfmacher Bergmann, Steinbauer usw. haben jetzt
das Sagen. Diese haben jetzt auch versucht den Bundespräsident,
den Kreisky außerordentlich schätzt, in den politischen Tageskampf
hineinzuziehen. Der Bundespräsident hat eine ungeheure Macht, die
Verfassungsreform 1929, von Seipel initiiert und für ihn als Bundes-
präsident konzipiert und unter Heimwehrdruck entstanden, hat eine
fast präsidiale Demokratie geschaffen. Der BP soll jetzt Schieds-
richter sein, ähnlich wie Otto von Habsburg nach dem 2. Weltkrieg
die Justizkanzlertheorie auch für sich selbst entwickelt hat.
Die Volkspartei denkt jetzt durch verschiedene Methoden die Re-
gierungspartei außer Funktion setzen zu können. Der Untersuchungs-
ausschuß des AKH soll ein Übergericht werden. Die Rechtsordnung
soll außer Kraft gesetzt werden. Meinungsverschiedenheiten in die-
sen Gremien werden im Präsidium des Nationalrates auszutragen, die
ÖVP hätte sich an den Präsidenten des Nationalrats wenden müssen,
und nicht an den Bundespräsidenten. Durch die Nationalratsauflösung
hat der Bundespräsident eine ungeheure Macht. In der Koalitions-
zeit hat man durch Vereinbarung abgeblockt, daß der Bundespräs. gar
keine Demission hätte annehmen dürfen.
Die SPÖ will eine echte Untersuchung des ganzen AKH-Problems und
diese müsse durchgeführt werden. Fischer hat dann in diesem Punkt
ergänzt, daß die dem Unterausschuß festgelegte einvernehmliche Frist
eingehalten werden muß. Er hat bereits im Präsidium des Nationalrats
im Dez. auf diesen Umstand hingewiesen und insbes. die umfangreichen
Beweisanträge und Zeugen, die von der ÖVP verlangt werden, erklärt,
müßten innerhalb dieser Frist einvernommen werden, damit der Ab-
schlußbericht zustande kommen kann. Damals hat die ÖVP erklärt,
dies sei Sache des Obmannes Steger. Steger wieder erklärte, er sei
kein Obmann, der diese Wünsche einbremsen wird. So kam es bis jetzt
schon zu 60 Zeugeneinvernahmen, 55 wurden jetzt neuerdings bean-
tragt, wovon 30 unbestritten waren, die 25, die die Sozialisten ab-
gelehnt haben, waren entweder jetzt schon Angeklagte, auf deren
Zeugenpflicht man unbedingt verzichten sollte, denn sie sind laut
Strafprozeßordnung zu gar nichts verpflichtet, zweitens wurden die
Zeugen entweder schon einvernommen oder drittens es handelt sich
um durchsichtige politische Gründe nicht mit dem AKH gar nichts zu
tun haben. Jetzt hat die Fraktion im Unterausschuß auf Fischer's
Vorschlag beschlossen, die restlichen Beweisthemen alle zusammenzu-
fassen und die Bilanzpflicht auch für SPÖ-nahe Firmen, die Volks-
parteifinanzierung, die Industriellenvereinigungsunterstützung, alle
in einen umfassenden Beweisantrag im Unterausschuß zusammenzufas-
sen. Damit soll dann die Wirtschaftspolizei beauftragt werden, inner-
halb von 4 Wochen die Unterlagen für diesen umfassenden Beweisan-
trag zu erarbeiten. Fraglich ist natürlich, ob die Wirtschaftspoli-
zei überhaupt auf einen Unterausschußwunsch diese Arbeit machen
kann, da normalerweise nur der Staatsanwalt oder das Gericht an die
Wirtschaftspolizei diesbezügliche Ersuchen richten. Kreisky meinte
sofort, die SPÖ-Betriebe werden sich untersuchen lassen, Lanc wollte,
da er ja für die Wirtschaftspolizei zuständig ist, abgrenzen, wer
dann in Hinkunft aller Aufträge erteilen kann, z.B. dann auch womög-
lich aus dem Plenum des Nationalrates solche Wünsche kommen könnten.
Kreisky schlug vor den Verfassungsdienst mit einem Gutachten zu
befragen.
Kreisky erwähnte neuerdings die schlechte wirtschaftliche Situation,
die jetzt im Konkurs einiger großer Unternehmen ihren Niederschlag
findet. Die Länderbank ist dabei meistens beteiligt und liegt, wie
er sich ausdrückte, am Bauch. Bei Eisert hat man einen hergelaufenen
Engländer, ohne ihn zu überprüfen, Kredite gewährt. Bei der Eumig
hat man sich bluffen lassen und nicht einmal die Bilanzen bekommen.
Bei Klimatechnik wurden Unterlagen in der Schublade verwahrt und
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nicht den Organen, insbes. dem Aufsichtsrat, gezeigt. Sein Kabinetts-
chef Lacina hat, auch Aufsichtsratsmitglied, vor längerer Zeit schon
auf diese Situation in der Länderbank hingewiesen. Nur um das Ver-
trauen in der Bank nicht allzu sehr zu erschüttern, hat man dem
jetzigen Vorstand noch eine gewisse Übergangsfrist gegeben und ver-
längert. Jetzt ist die Polsterfabrik, er meint sicher Sleepy, und
die Schartner Bombe, er meint die Fa. Fein, ebenfalls als Länderbank-
Kunde in Konkurs. Bei der CA trifft dieses Urteil nicht in dieser
Härte wie bei der Länderbank zu, aber auch hier hat es Aufsichts-
mängel und Kontrollmängel gegeben. Sein Herbstpessimismus auf der
Klubtagung ist noch übertroffen worden, die Industrierückschläge
sind im Umfang noch gar nicht abschätzbar.
Mit den Freiheitlichen hat er eine Objektivierung der Bundesbe-
triebe vereinbart, jetzt will er eine Arbeitsgruppe dafür einsetzen.
Diese Vereinbarung kenne ich nicht, ich glaube, sonst auch niemand
im Ministerrat.
Bundesparteiobmann Mock hat im Nationalrat falsche Zahlen über die
Kommissionsanzahlen gesagt, im BKA behauptet er 96, in Wirklichkeit
sind es 36, 30 davon sollen auf gesetzlicher Verpflichtung beruhen.
Kreisky ersucht die Ressorts zu prüfen, wieviel sie an Kommissionen
haben, Klubobmann Fischer meint, man sollte vor allem aber prüfen,
welche man auflösen kann.
ANMERKUNG FÜR BUCHAUER UND BURIAN: Wo bleibt jetzt die Aufstellung
und Überprüfung?
Salcher berichtet über den Bundesrechnungsabschluß 80, die Einahmen
betrugen 259 Mrd. und sind um 5,8 Mrd. höher als präliminiert, die
Ausgaben 306 Mrd. und sind um 4,3 Mrd. größer gewesen. Trotzdem er-
gibt sich um 1,5 Mrd. eine Verbesserung durch noch größere Einnahmen-
als Ausgabenüberschreitungen. Bezügl. des von Kreisky vorgelegten
Maßnahmenkataloges zur Energieeinsparung machte er einige Bemerkun-
gen über die Mineralölsteuer und über die Wärmepumpen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Was weiß die Energiesektion davon?
Staatssekr. Fast meldet sich zum Witwerproblem zu Wort und meint,
die ÖGB-Frauen könnten keine Benachteiligung für die beschäftigten
Frauen akzeptieren. Dallinger erörtert die Witwerpension und ver-
weist darauf, daß die nächsten Nationalratswahlen von den Frauen
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entschieden werden, insbes. ob die Sozialisten die absolute Mehr-
heit erhalten werden. Es gibt drei Möglichkeiten, die erste ist
die teuerste, indem spiegelgleich wie für die Witwenpension auch
eine Witwerpension geschaffen wird. Diese würde für alle Fälle nach
dem 31. Mai 1981 in Kraft treten. So etwas ginge nach Verfassungs-
dienst, Kreisky bezweifelt es, denn beim Verwaltungsgerichtshof
haben wir bei der Eisenbahn auch eine solche Regelung einmal ver-
loren. Abgesehen von dieser Rechtsfrage ergäben sich mit 1. Juni 81
1.700 Witwer, die eine Pension bekämen, 1990 werden es allerdings
schon 43.700. Diese Regelung kostet 1,2 Mrd. S, würde in drei Etappen
erfolgen, bis 84 könnten sie durch eine Witwenabfertigungskürzung,
wie schon einmal bestanden hat, finanziert werden, die zweite Lösung
wäre eine Partnerpension von 60 bis 70 % der beiden Witwer- u.
Witwenpensionsansprüche, dies ergibt große Probleme, denn 43.000
Frauen haben jetzt 78.000 Monate eingekauft und dafür 1 Mrd. S ein-
bezahlt. Die dritte Lösungsmöglichkeit ist mit dem Hauptverband u.
der Gewerkschaft jetzt abgesprochen, es würden keine geschlechts-
spezifischen Nachteile entstehen, die Idee ist die Witwerpension
ab Stichtag aufkommensneutral zu gestalten, durch eine Kürzung der
kleineren Pension, die zu einem Drittel ruht, eine ähnliche Regelung
hat es bis 1960 gegeben, wo die halbe kleinere Pension gekürzt
wurde. Finanzminister Salcher erklärt sofort, er könne einer spie-
gelgleichen Lösung unter gar keinen Umständen zustimmen, dies würde
nicht nur die 1,2 Mrd. S kosten, sondern mehr. Die Berechnung d.
Sozialministeriums ist auf 2.000 S Witwerpension aufgebaut, das
ist zu gering, außerdem vergißt er den öffentl. Dienst, der auch
mindestens 150 Mio. S dann kosten würden. Die Budgetsituation er-
möglicht keine weiteren Ausgaben, heuer muß er den Schuldenddienst,
Zinsen und Rückzahlung, begleichen. Darüber hinaus braucht er 1,3
Mrd. S für die Landwehrpolitik des Verteidigungsministers, mit die-
sem Geld sollen Schuhe und Bekleidung der Einzuziehenden angeschafft
werden.
Lausecker verlangt die endgültige Richtlinie über die Fortschrei-
bung des Bundesinvestitionsprogrammes, wie der Finanzminister bei
letzten Klausurtagung vorgeschlagen hat. Der verstorbene Sozial-
minister Weißenberg hat bereits im Juni 80 auf die Partnerschafts-
pension hingewiesen, für Kürzungen und überhaupt Gesetzwerdung dieses
ganzen Komplexes seien Verfassungsgesetze notwendig. Bei der Partner-
schaftspension oder auch Witwerpension besteht kein soziales Be-
dürfnis nach Auffassung Lauseckers, dem widerspricht Kreisky sofort,
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denn er meint, wenn die Frau stirbt, ist dies ein großer Verlust
für den Mann, dann wird ihm noch durch den Wegfall der Pension der
Frau auch finanziell ein Schaden erwachsen, weil er unbeholfen ja
dann wieder jemand für die zusätzliche Hausarbeit braucht usw.
Staatssekr. Dohnal möchte unbedingt Albrecht auffordern, auch dazu
Stellung zu nehmen. Diese lehnt, wie ich mithöre, und wie sie mir
nachher auch dezidiert erklärt, ganz entschieden ab. Dohnal hat
eine Presseaussendung gemacht, sie soll sich daher mit dieser Materie
auseinandersetzen. Albrecht nimmt den richtigen und vernünftigen
Standpunkt ein, daß das Handelsministerium von dieser Frage nicht
involviert ist und sie daher als Staatssekr. des Handelsministeriums
dazu auch nicht Stellung nehmen wird und muß. Dohnal meldet sich dann
und meint, daß auch die dritte jetzt von Dallinger vorgeschlagene
und mit dem ÖGB und dem Hauptverband abgesprochene Variante auch nur
die berufstätige Frau trifft. Ihrer Meinung nach müßte man daher
eine Lösung finden, die niemand schädigt, der gesellschaftlichen
Realität Rechnung trägt und nur den Zeitraum des Eintretens offen
läßt. Dohnal möchte also die spiegelgleiche Lösung und dies halt
in Etappen und zu einem späteren Zeitpunkt die volle Wirksamkeit,
dem widerspricht Dallinger sofort, es wurden 24 Varianten errechnet,
aufkommensneutral kann aber nur eine erfolgen, wo eben eine Kürzung
neuer bestehender Ansprüche vorgenommen wird. Kreisky meint dann
noch, man müsse überlegen, ob man nicht für den Betroffenen eine
Beitragsleistung heranzieht. Jetzt sind die Renten nicht mehr Existenz-
fragen für die alten Menschen, sondern durch den gestiegenen Wohl-
stand und letzten Endes durch die hohen Renten ist es nicht mehr
so wie bei der Einführung des ASVG. Die ganze budgetäre Situation
wird im übernächsten Ministerrat eingehend erörtert werden.
Ich informiere über die Milchpreisverhandlungen, bei 20 gr Erzeuger-
preis + 5 gr Siloverzichtszuschlag meint Landwirtschaftsminister
Haiden, käme ja nicht durch, hier gelänge es vielleicht den Ver-
braucherpreisen um 50 gr zu erhöhen. Wenn 25 gr Erzeugerpreis +
5 gr Siloverzichtszuschlag kommen, müßte der Verbraucherpreis wahr-
scheinlich um 60 gr erhöht werden. Die Lohnverhandlungen mit den
Arbeitern sind abgeschlossen, mit den Angestellten wuerden sie unter-
brochen, können aber sicherlich noch zeitgerecht abgeschlossen wer-
den. Kreisky fragt, was die Molkereiarbeiter bekommen haben und meint,
dies sei sehr viel gewesen. Ich kann zum Glück darauf verweisen, daß
selbst die HK zugibt, daß die Molkereiarbeiter nicht übermäßig gut
abgeschnitten haben und absolut im Rahmen anderen Abschlüsse liegen,
wenn sie 8,6 % durch die lange Laufzeit bedingt erhalten haben.
Ich mache die Bemerkung, daß ich mich wundere, daß die Lebensmittel-
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arbeiter mich noch als Obmann akzeptieren, was Kreisky veranlaßt,
zu sagen, die sind froh, daß sie mich haben. Beschluß kommt keiner
zustande, Kreisky und alle erwarten, daß es mir wie bei Mineralölpreis-
festsetzung gelingt, einen Akkord zu erzielen und vorallemal den
Finanzminister nicht neuerdings zu belasten. Salcher kommt nachher
zu mir und versichert mir, ich sei der einzige Minister, auf den er
sich verlassen kann und der von ihm nicht verlangt und der ihn vor
allemal in der Öffentlichkeit nicht durch irgend welche Äußerungen
präjudiziert.
Im Ministerrat werden die Richtlinien zur ÖNORM für Vergebung von
geistigen Leistungen auf Wunsch Sekaninas neuerdings eine Woche zu-
rückgestellt.
ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Was will das Bautenministerium
und wie soll es weitergehen?
Bei der nachher im Ministerkomitee vereinbarten Aussprache über das
Kongreßzentrum in Wien fehlt Bgm. Gratz, Kreisky schlägt vor, nachdem
Wien dieses Kongreßzentrum unbedingt will, er wird mit Bautenminister,
Finanzminister und Gratz sowie dem zuständigen Stadtrat die HK Wien
und die Bundeshandelskammer zu einer Besprechung einladen. Dort soll
diese präzisieren, ob sie dieses Zentrum wollen, sind sie dafür, dann
müssen sie auch eine öffentl. Erklärung abgeben. Ich bin fest davon
überzeugt, daß die HK dies nicht machen wird. Sekanina verweist dar-
auf, daß jetzt für die Weltraumkonferenz aber das Hofburgzentrum adap-
tiert werden muß, ansonsten müßte die Weltraumkonferenz 82 in die
Stadthalle gehen, wo 12 Mio. Miete zu bezahlen wäre. Salcher stimmt
der Adaption zu, wenn im heurigen Jahr 25 Mio. und im nächsten Jahr
nur 8 Mio., insgesamt also 33 Mio. Finanzmittel dafür zusätzlich aufge-
wendet werden müssen. Eine Überschreitung kommt nicht in Frage.
In der ÖFVW wird fast 5 Stunden über die Präsentation der neuen
Werbeagenturen verhandelt und dann im Direktorium beschlossen. Interes-
sant war für mich, daß 2 der 4 eingeladenen
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zwei Agenturen, Progress und Publicitas, den Österreicher mehr in
die Werbekampagne einbeziehen möchten. Die Landschaft wird von allen
Konkurrenzländern immer wieder herausgestrichen, der Mensch sollte in
Hinkunft stärker in die Fremdenverkehrswerbung einbezogen werden. Ob
tatsächlich, wie die Werbeagentur Publicitas meint, Untersuchungen in
Deutschland ergeben hätten, daß der Österreicher als der freundliche
Mensch wirklich so gut abschneidet, möchte ich bezweifeln. Die Italiener
sind als kinderfreundlicher, glaube ich, eindeutig besser bekannt und
dies entspricht aufgrund meiner Erfahrungen eher den Tatsachen. Im
Direktorium einigt man sich aber dann doch, daß die Fa. Gould &
Cargill, Pfaffenberger, kurzfristig weiter herangezogen werden soll,
um die von ihnen geprägte Werbekampagne Wanderbares Österreich zu ver-
feinern, da dies ein durchschlagender Erfolg war. Die Geschäftsführung,
Dr. Zolles, der sehr stark für Gould & Cargill gedrückt hat, weil er
insbesondere in der neuen Idee, eine weiße, Österreich ähnlich aussehende
Wolke am blauen Himmel als ganz großen Hit empfindet, wird mit Pfaffen-
berger weiter verhandeln. Pfaffenberger bekommt aber kein Exklusivrecht
mehr, andere Vorschläge von Werbeagenturen werden herangezogen, es
soll eine Konkurrenzsituation zwischen der Fa. Gould & Cargill und den
anderen Werbeagenturen herbeigeführt werden. Gute Ideen wird die ÖFVW
von jedermann jetzt aufkaufen. Für Pfaffenberger gibt es keinen Ex-
klusivvertrag mehr. Ich finde diese Entscheidung für richtig, denn
obwohl ich zustimme, daß Wanderbares Österreich ein guter Slogan war,
daß die Kampagne eingeschlagen hat wie noch nie, verweise ich doch dar-
auf, daß man nicht ununterbrochen bei einem Produkt bleiben kann, we-
der in der Produktion, siehe Ford-Werke, Ditinne ?? Autoproduktion, oder
den VW-Käfer, um Beispiele zu sagen. Pfaffenberger hat allerdings dar-
auf verwiesen, daß der VW noch immer läuft und er läuft und er läuft
und er läuft, in der Propaganda, daß seinerzeit die Werbekampagne,
"Wo ist der Campari bitter" belacht und aber in jedermanns Munde war,
jetzt ist die Kampagne abgebrochen worden und kein Mensch spricht mehr
vom Campari und daß man daher unter allen Umständen dieses Wanderbare
Österreich fast ad infinitum fortsetzen sollte. Was Pfaffenberger und
seine Leute nur zugestehen, man sollte diesen Slogan motivieren und ein
wenig vertiefen. Pfaffenberger kann dies auch weiterhin tun, die neuen
Leute werden mit neuen Ideen aber herangezogen.
Dkfm. Kübler berichtet, daß jetzt die Budgets in den Vereinigten Staaten,
in England und auch Japan mit 5 Mio. S durch die Dollar-, Pfund- und
Yen-Aufwertung überschritten werden. Er stellt zur Diskussion, ob ent-
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sprechende Währungsmaßnahmen von uns ergriffen werden könnten und soll-
ten. Dies wird von allen abgelehnt, denn niemand wüßte einen verlässli-
chen Weg, wie man aus diesen Währungsspekulationen und Schwankungen her-
auskommt.
Bei den Bezirksräten auf der Landstraße referiere ich über die wirt-
schaftliche und ganz besonders natürlich sozialpolitische, aber, wie
am meisten interessant, allgemeinpolitische Situation. Aus der sehr
umfangreichen Diskussion ziehe ich den Sukkurs, daß man auch auf dem
sozialpolitischen Gebiet erwartet, daß die Gewerkschaftsspitze und vor
allem auch die Partei keine öffentliche Diskussion abführt, welches
System in der Sozialversicherung das beste ist. Unsere Genossinnen und
Genossen wünschen eine interne Diskussion, ohne daß verschiedene Meinun-
gen nach außen dringen, nachher einen Entschluß und diesen durchzu-
ziehen. Gar nicht glücklich sind sie, daß es die verschiedensten Vari-
ationen jetzt gibt, die verschiedensten Meinungen, jedermann erklärt,
es dürfe zu keiner Kürzung kommen, weiterhin das Sozialsystem ausge-
baut werden soll und doch alle wissen, daß wir es uns nicht leisten
können und sicherlich zu Einschränkungen kommen muß. Ich muß den Ge-
nossinnen recht geben, daß gerade die Frage der Witwerpension nicht
dazu angetan ist, das jetzt mühsam zustande gekommene einheitliche Auf-
treten der Partei durch Bereinigung des Falles Androsch jetzt schon
wieder mit einer neuen Frage, nämlich, wie soll dieses von Gericht uns
aufgezwungene Witwerproblem gelöst werden, gestört wird. Da ich ja
auch auf dem sonstigen finanziellen und budgetären Sektor größere Diffe-
renzen in nächster Zeit befürchte, wird das Unbehagen und dies sicher-
lich nicht nur auf der Landstraße in unserem Funktionärskreis über
scheinbare Streitigkeiten in der Führungsspitze entstehen. Wenn sich
die einzelnen Minister und sonst Verantwortlichen nicht eine gewisse
Zurückhaltung auferlegen, und diese sehe ich momentan nicht, werden
wir mit der scheinbaren optischen Zerstrittenheit leben müssen. Daß
es sich für die Wahlen nicht gut auswirkt, davon bin ich überzeugt.
Dies ist auch das Gefühl unserer Funktionäre.
Tagesprogramm, 24.2.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 77. Ministerratssitzung, 24.2.1981
58_0270_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)