Montag, 6. April 1981
Vor der Angelobung der Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater hat
der Präsident dieser Kammer, Burkert, mit mir über den befriedigen-
den Abschluß der Honorarregelung durch Jagoda und ihn referiert.
12 % für 27 Monate ist ein erträgliches Ergebnis, auch für die AK, die
allerdings nicht zugestimmt hat, sondern erklärte, sie wird dies
zur Kenntnis nehmen. Die HK wäre ja bis 13 % gegangen. Über den Kollek-
tivvertrag der Angestellten bei den Wirtschaftstreuhänder und Steuer-
prüfer wird unverzüglich die Verhandlung aufgenommen, obwohl die
letztmals vereinbarte 18-Monate-Laufzeit noch nicht abgelaufen ist.
Beim Journalistenfrühstück berichtete der neue Leiter des Wirtschafts-
forschungsinstitutes Dr. Kramer über die konjunkturelle Bedeutung
der Klein- und Mittelbetriebe. Analysen, die das WIFO angestellt hat
zeigen eindeutig, daß diese Wirtschaftsbranche eine wesentlich grö-
ßere Bedeutung hat, als man bis jetzt angenommen hatte. Bis jetzt
hat das WIFO, aber auch andere Institute viel mehr Untersuchungen über
die Industrie, ja sogar über die Landwirtschaft gemacht, als über die
gewerblichen Betriebe. Ich selbst berichtete dann über die Absicht
des Handelsministeriums die Gewerbepolitik in den 80-er Jahren ent-
sprechend auszubauen, insbesondere was die Imagepflege, die Bera-
tungstätigkeit die Exportunterstützung usw. betrifft. Von der Kronen-
Zeitung hat Weidnitzer dann eine harte Kritik wegen der Videorekorder-
Kontingentierung gestartet. Er fragte allen Ernstes, ob das Handels-
ministerium bereit wäre, jedwede Branche durch entsprechende Ein-
fuhrkontingente zu schützen. Sein Angriff richtete sich danach, daß
Ausländer, noch dazu Multis, scheinbar vom Handelsministerium besonders
unterstützt werden.
Dieselbe Diskussion nur auf anderer Basis ergab sich dann bei der
Gewerbeenquete am Abend, die der Freie Wirtschaftsverband organisiert
hat. Auch dort wurde ich wegen des Eintretens für die Multis, welche
in Österreich entsprechend neue Produktionsstätten errichten, Kapital,
know how usw. bringen, kritisiert. Dies galt dort allerdings mehr den
ausländischen Handelsketten, Großmärkten usw. In einer Rezessionsphase
ist eben das Gewerbe oder besser gesagt einzelne Teile davon, insbe-
sondere die Handelsunternehmungen, dort wieder die Lebensmittelklein-
händler, besonders allergisch auf die harte Konkurrenz, die von Märkten
ausgeht. Die Kronen-Zeitung spürt dies und gibt scheinbar dieser
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Kritik besonders nach, um nicht zu sagen, breiten Raum.
Dr. Koprivnikar von der Gewerbesektion berichtete dann über die neuen
Ausstattungsvorschriften von Gast- und Schankgewerbe sowie den Hotels.
Natürlich ergab sich daraus die Frage, ob denn die österreichischen
Fremdenverkehrsbetriebe so schlecht sind, daß man solche detaillierte
kasuistische Verordnungen erlassen muß. Im großen und ganzen trifft
diese Verordnung kaum österreichische Betriebe. Vereinzelt aber muß
man halt leider feststellen, daß es sehr wohl notwendig ist, solche
Mindestausstattungen für gewisse Gegenden und Betriebsformen doch
erlassen zu müssen.
Beim Mittagessen für den tschechischen Vizeaußenhandelsminister
Strougal, den älteren Bruder des Ministerpräsidenten in der CSSR, an-
läßlich der CSSR-Maschinenbausprechtage in Wien hatte ich deshalb
teilgenommen, da Strougal heute der bedeutendste Mann des Außenhan-
delsministeriums ist. Durch seine Verwandtschaft zu seinem Bruder
ist es auch möglich, für entsprechendes gutes Klima mit der CSSR zu
sorgen, wenn man sich ihm besonders widmet. Mit der CSSR laufen derzeit
die Verhandlungen für uns gesehen deshalb ungünstig, weil wir aus
der CSSR viel Energie beziehen müssen, die Preise sehr stark gestiegen
sind, weshalb wir mit 1,8 Mrd. S im vergangenen Jahr passiv waren. Die
CSSR könnte also wesentlich mehr bei uns beziehen. Strougal bestätigte
mir, daß er tatsächlich auch von der Regierung kritisiert wird, daß
so wenig preiswerte Anlagen, Maschinen usw. aus Österreich bezogen
werden können. Er meinte mir gegenüber, er bekommt also von beiden
Teilen, von der tschechischen Seite und jetzt auch noch von mir
kritische Worte zu hören. In der Vergangenheit wurde er wenigstens
nur von der tschechischen Seite kritisiert, weil er durch Jahrzehnte
hindurch passiv in unserem Handelsverkehr war. Meine Antwort darauf
war, dann ist er wenigstens nur von einer Seite kritisiert worden,
jetzt muß er auch die Kritik von uns noch mehr oder minder akzeptieren.
Sallinger hatte so nebenbei mir mitgeteilt, daß jetzt im Parlament
die Ausfuhrfinanzierung und Förderung neuerdings novelliert wird und
er hofft, daß ich damit einverstanden bin. Da ich ihm ja über den be-
absichtigten, auch von ihm unterschriebenen Initiativantrag vorgese-
hene Ausschaltung des Handelsministeriums nicht diskutieren wollte,
erklärte ich rundweg, was das Parlament beschließt, hat der Minister
zu akzeptieren, da es ja nicht in seiner Kompetenz liegt.
Bei der Ankunft des sowjetischen Ministerpräsidenten Tichonow war
als wichtigste Person seiner Begleitung der erste stellvertretende
Außenhandelsminister Komarow. Dies war der Grund, warum ich mich
letzten Endes dann doch entschloß Tichonow dann ebenfalls am Flughafen
abzuholen. Da Tichonow kein Staatsoberhaupt ist, wurde weder die
militärische Parade noch die Salutschüsse, wohl aber ein Riesenaufge-
bot von Autos und Polizeibegleitung auch von Weißen Mäusen bereitge-
stellt, ein Mittelding zwischen einem normalen Empfang eines Minister-
präsidenten und des Staatsoberhauptes. Auch hier sind wir ja hoch
passiv, mit 7 Mrd. höher als unser Export von über 6 Mrd., allerdings
auch ausgelöst durch die stark verteuerten Bezüge unserer Energie-
mengen, insbesondere auch von Gas. Da die Sowjets im vergangenen Jahr
170 Mio m³ weniger lieferten und diese Menge jetzt nachgeholt wird,
versuchte ich gleich eine größere Gasmenge vom sowjetischen Botschafter
in Österreich, Jefremow, und dem Handelsrat Nikolaenko zu erreichen.
Beide deuteten an, daß es eine Möglichkeit gibt resp. derzeit unter-
sucht wird.
Der Generaldirektor für die Röhrenimporte befindet sich derzeit bei
der Vöest und es wird während des Tichonow-Besuches noch ein diesbe-
züglicher Liefervertrag unterschrieben.
Ein Betriebsberater aus USA, geborener Wiener, Fred Schneider, möchte
für Österreich entsprechende Studien ausarbeiten, um den Export nach
Amerika zu beleben. Gespräche, die er mit der Handelskammer geführt
hat, haben kein konkretes Ergebnis gebracht, er ist eigentlich nicht
einmal, wie er mir berichtete, bis zur Spitze vorgedrungen. Ich ver-
sprach mit Dr. Gleißner darüber zu reden, ob die Handelskammer diese
50.000 bis 100.000 $ für solche Studien bezahlen würde. Ich schlug
ihm eher vor, er soll mir die konkreten Firmen nennen, die an einer
solchen Studie interessiert sind und ich würde ihm dann ein entspre-
chendes Entree bei diesen Firmen verschaffen. Damit war er weniger
einverstanden, da sein Streben ja doch danach geht, einen allgemein
gehaltenen Auftrag zu bekommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn Schneider abreist, soll die Handelskammer
ihm entsprechende schriftliche Informationen geben.
Eine kleine chemische Baumaterialfirma, angeblich 4 Beschäftigte, hat
die Absicht in die SU und CSSR zu exportieren. Bis jetzt hat er in der
CSSR in Prag den Außenhandelsdelegierten kontaktiert, wurde von diesem
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auch nach Prag bestellt und dann dort eigentlich nicht einmal von
ihm empfangen, sondern von einem Untergeordneten entsprechend abge-
fertigt. Angeblich ist sein Material von der tschechischen Seite ge-
prüft und als sehr gut bezeichnet worden. Lustig war nur, da Herr
Klaffl ein wohlbeleibter Mann war, dessen Bauch sein Hemd sprengte,
immer wieder sagte, er könne nicht so lange warten, er hätte Familie
und müsse Brot verdienen. Dies erinnert mich an einen Gewerkschafter,
der ebenfalls eine solche Leibesfülle hatte und bei Verhandlungen
sagte, wir nagen alle am Hungertuch.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Fälbl soll ihn weitervermitteln.
Eine ausführliche Aussprache mit GD Liesen von der Ruhrgas und den ÖMV-
Vertretern und Austria-Ferngas-Vertretern ergab, daß tatsächlich, wie
ich ja immer erwartet habe, die Ruhrgas außerstande ist, vom zukünf-
tigen Nordseegasfeldern Gasmengen weiterzugeben. Dies ist auch der
tiefere Grund, warum sie nicht bereit waren, die ÖMV oder irgendje-
mand anderen zu unterstützen, in Nordseegasfeldern vom abtrünnigen
Produktionskonsortium diese Gasmengen, auch wenn sie noch so klein
sind, zu erwerben. In den 70-er Jahren hat die Ruhrgas mit franzö-
sischen, belgischen und niederländischen Firmenkonsortium ca. 20 Mrd.
m³ gekauft. In den letzten Jahren ist diese Menge auf die Hälfte zu-
sammengeschrumpft. Das Käuferkonsortium muß daher alles unternehmen,
um jetzt neue Gasquellen, die entdeckt werden, sofort für sich zu be-
kommen, um die Lücke aufzufüllen. Weder andere Länder, Italien, Schweiz,
Spanien, die sich ebenfalls sehr bemühten, noch Österreich, das die
Ruhrgas immer bevorzugt behandelt, kann daher mit einem Dauerver-
trag rechnen. Vergangenes Jahr hat die Ruhrgas einen kurzfristigen
Liefervertrag von 400 Mio. m³ abgeschlossen, die sogar auf 600 Mio.
erhöht wurden. Kurzfristig versucht die Ruhrgas also immer, wenn
sie entsprechende Mengen frei bekommt, auch die Wünsche der ÖMV zu
befriedigen. Einen langfristigen Vertrag kann Liesen nicht geben.
Ich habe ihm mit aller Deutlichkeit erklärt, daß ich diese Politik
nicht akzeptieren kann. Ich habe die österreichischen Gasfirmen be-
auftragt, um nicht ausschließlich von sowjetischen Bezügen abzuhängen,
alles zu unternehmen, um entsprechende Festbezüge durchzuführen.
Liesen hat dies nach stundenlanger Diskussion dann eingesehen und mei-
nen Vorschlag, eine Stand-by-Lösung mit der ÖMV zu besprechen und, wie
ich hoffe, auch kurzfristig dann endlich zu vereinbaren, akzeptiert.
Auch GD Gruber, Reisinger und Schmidt von der Austria-Ferngas waren mit
meinem Vorschlag sehr einverstanden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Laß Dich von der ÖMV, Prof. Mackowski,
über die Verhandlungen genau informieren.
In der Enquete Gewerbepolitik des Freien Wirtschaftsverbandes in der
Hauptanstalt der Z waren immerhin 102 größtenteils natürlich Freie
Wirtschaftsverbändler gekommen. Der Obmann des Wr. Freien Wirtschafts-
verbandes, Schmidtmeier, leitete die Diskussion ein und dann auch sehr
geschickt weiter. Präs. Mühlbacher hat das Zielprogramm des Freien
Wirtschaftsverbandes angedeutet, die Details aber nicht gesagt. Dr.
Kramer vom WIFO hat eigentlich wiederholt, was er vormittags in der
Pressekonferenz ausführte. Ich habe ihm gegenüber bemerkt, jetzt wird
er glauben, wie wir alles planwirtschaftlich abstimmen, vormittags
die Pressekonferenz, wo er die Gelegenheit hat seine Ideen darzule-
gen, am Abend dann die entsprechende Verankerung in der Wirtschafts-
enquete um das Wirtschaftsprogramm der SPÖ. Ich bin überzeugt davon,
beides war ein reiner Zufall, niemand wird uns dies aber glauben.
Dr. Wailand von der Kronen-Zeitung machte dann kritische Bemerkungen
über das Programm und ich konnte als letztes statement dann einerseits
auf die kritischen Bemerkungen eingehen, andererseits aber dann er-
örtern, was in Hinkunft im Handelsministerium alles für die Kleingewer-
betreibenden geschehen wird. Selbstverständlich berichtete ich gleich-
zeitig auch über die Verhandlungen im Unterausschuß über ein soge-
nanntes Mittelstandsgesetz, auch dort erklärte ich dezidiert, ich
brauche einen genauen Gesetzesauftrag und klare Kompetenzen, was ich
zu machen hätte.
In der Diskussion, an der sich 14 Redner oft sehr ausführlich mit
ihren Problemen und auch damit indirekt mit dem Wirtschaftsprogramm
beschäftigten, kam als hauptsächliche Kritik, daß doch noch immer zu
viel für die Großen geschieht. General Motors, Pöls, Papierfabrik-
lösung, und dann ganz besonders die Lebensmittelbranche, Einbruch der
Märkteketten und Konsum wurde kritisiert. In meinem Schlußstatement
ging ich selbstverständlich auf alle 14 Diskussionsredner ein, dies
hat natürlich kein anderer Referent gemacht, ich betrachte dies als
selbstverständlich, dann ich kann nie verstehen, wie man in einer
Diskussion auf Details eines Diskussionsredners nicht eingeht. Ich
würde dies, auch dann wenn ich sehr schnell reden muß und nicht
alle Argumente vorbringen kann, weil doch auch die Redezeit für den
Referenten einigermaßen beschränkt ist und es schon spätabends war,
als ungehörig empfinden, nur dann zusammenfassend zu sagen, dies oder
jenes ist der Sukkus aus dieser Diskussion. Aus solchen Veranstaltun-
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gen sollen die entsprechenden Abänderungsanträge für das Wirtschafts-
programm kommen. Sowohl in Salzburg als auch in Wien aber fürchte
ich, zumindestens so weit es kritische Vorschläge gegeben hat, wird
niemand diese auch in Anträge zusammenfassen, um am Parteitag dann
entsprechende Abänderungsanträge beschließen zu können.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie stellt man sich die weitere Vorgangsweise
tatsächlich vor.
Tagesprogramm, 6.4.1981