Freitag, 1. Mai 1981
Schon während des Aufmarsches der einzelnen Bezirke zum Rathausplatz
kam dann über das Radio die erschütternde Mitteilung, daß Stadtrat
Nittel, gerade als er mit seinem Dienstwagen von zu Hause zur Maifeier
fahren wollte, von einem Unbekannten durch drei Pistolenschüsse er-
schossen wurde. Die Maifeier wurde daher sofort abgesagt und eine
Trauerkundgebung am Rathausplatz veranstaltet. Der Rathausplatz war
bummvoll, die Leute ungeheuer erschüttert, die Prominenz zwar auf der
Bühne, aber weder Kreisky noch Benya, sondern nur Gratz hielt als Bürger-
meister einen kurzen Nachruf. Unfaßbar was hier geschehen ist. Nittel
galt, und war ein so freundschaftlicher und liebevoller Mensch, daß
man sich nicht vorstellen kann und konnte, daß gerade er das erste
Opfer eines politischen Mordes wird. Niemand hat sich so intensiv mit
Andersdenkenden auseinandergesetzt, dies galt nicht nur für große
politische Probleme, sondern bis in das kleinste Detail von Bürgeriniti-
ativen, die sein Ressort betrafen.
In Gerlos hat ein WISBI-Finale stattgefunden. Diese vom Profiweltmei-
ster Arnold inszenierte und jetzt in Österreich schon über ein Dutzend
Orte erfaßte Methode der Leistungskontrolle für schnelles Skifahren,
daher die Abkürzung Wie Schnell Bin Ich, WISBI, ist eine weitere Win-
terattraktion. Ich habe daher auch schon ursprünglich diese Idee sehr
begrüßt. Da sich die Veranstalter von meiner Teilnahme etwas ver-
sprachen, bin ich nach Gerlos gefahren. Da ich das erstemal offiziell
in dieser Ortschaft war, wurde ich mit Musikkapelle und Tiroler Schützen
empfangen. Überraschend für mich war die verhältnismäßig weitgestreute
Teilnahme an diesem Finale. Aus England kam ein einzelner, aus Deutsch-
land natürlich viele, aber auch aus Holland waren Jung und Alt gekommen.
Viele Pokale und dann auch noch Sachpreise waren zu gewinnen. Da ich
stundenlang auf der Piste rumfuhr und vor allem alle Rennen mitmachte,
ernannte mich dann der Tiroler Skilehrerverband einen Skilehrer honoris
causa mit Diplom und Skilehrermütze.
Wichtig für mich war aber von Bürgermeister Kammerlander und vom Ziller-
taler Fremdenverkehrsverbandsdirektor Wanner organisierte Aussprache
mit den Fremdenverkehrsverantwortlichen. Darin gab es etliche allerdings
positive Kritiken für Aktivitäten nach meinem eigentlich umfangreichen
Referat über die Fremdenverkehrspolitik.
Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz hat tatsächlich einen eigenen Frem-
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denverkehrsreferenten Wechselberger. Ich kenne keine andere Bezirks-
hauptmannschaft, die sich so etwas leistet. Dieser kritisierte unsere
Mindestausstattung, wie er sie Klopapierverordnung bezeichnete. In
Tirol gibt es so wie in den anderen Bundesländern Katalogisierungskommis-
sionen, die einzelnen Hotels und Restaurants mit Sterne bezeichnen. Er
glaubt, es wäre notwendiger diese Katalogisierung oder Klassifikation
in den einzelnen Bundesländern genauer abzustimmen. 4-Sternhotels
sollten in Tirol dieselbe Ausstattung und Dienstleistung erbringen wie
im Burgenland. Außerdem müßten diese Sternauszeichnungen an den Hotels
und Restaurants außen deutlich sichtbar sein. Hier müßte man eine Ver-
ordnung erlassen. Andere Teilnehmer sprachen sich allerdings dagegen
aus, weil sie meinten, ein Laufkunde könnte dann von den vier Sternen
abgeschreckt werden.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Bitte diese Frage genau prüfen.
Der Obmann des Berufsskilehrerverbandes Blachfeldner, gleichzeitig auch
Fremdenverkehrsdirektor in Wildschönau und natürlich Skischulbesitzer,
meinte, daß unbedingt bei der Katalogisierung oder Klassifizierung
nicht nur die Mindestausstattung und überhaupt die Sachleistung berück-
sichtigt werden , sondern der Personalstand im besonderen untersucht ge-
hört. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, daß man eine Dienstlei-
stung für ein 4-Sternhotel ohne entsprechendes Personal erbringen
kann.
Bezüglich der Verbreitung von WISBI kam dann zu meiner größten Über-
raschung dann, von anderen Profiskiläufern dort angeschnitten, eine
Differenz zwischen dem österr. Skiverband, also der Amateurorganisation
und der Profiorganisation zur Sprache. Der Profiläufer Schuchta meinte,
sie hätten sich schon um den österreichischen Skiverband bemüht, da
mit dieser auch mitmacht. Von Präs. Koller und Dr. Leistner gab es
auch positive Reaktion, die Landesverbände aber haben entschieden
abgelehnt. Arnold ist jetzt vierfacher Weltmeister, doch früher oder
später müsse man für diese WISBI auch die Amateure, heute z.B. den
sehr beliebten Stock dafür gewinnen. Ich versprach nur, daß ich mich
darum sehr bemühen werde. Ich kann mir zwar vorstellen aber nicht
erklären, daß die Funktionäre des österr. Skiverbandes ÖSV Gemeinden
wissen lassen, sie würden keine FIS-Rennen mehr bekommen, wenn sie sich
an WISBI beteiligen. Am praktischen Beispiel Schladming hat der Frem-
denverkehrsdirektor Tritscher auch dort mitgeteilt, daß sie, obwohl
sie WISBI durchführen, trotzdem die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr
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bekommen haben. Hier glaube ich allerdings, wurde zuerst die Weltmei-
sterschaft schon vor längerer Zeit an Schladming vergeben und dann erst
haben sie sich am WISBI beteiligt. Kritisiert wurde, daß die 90 S
Nenngeld zu hoch ist, einige Orte verrechnen dieses Nenngeld überhaupt
über die Skischulgebühren. Arnold berichtete, daß jetzt in der Schweiz
Tresch Walter ebenfalls die WISBIs einführen möchte. In Amerika, wo
Arnold ja hauptsächlich tätig ist, gibt es solche Rennen für ambitio-
nierte Skifahrer schon seit längerer Zeit. Die Schweiz ist keine Konkur-
renz, Deutschland wird es nicht machen, sodaß WISBI eigentlich nur
in Österreich groß herauskommen könnte. Solange nur ein paar 1000 Teil-
nehmer daran teilnehmen, ist dies kein Geschäft, die Nenngebühr kann
daher nicht reduziert werden, die die Speicherung im Computer und
vor allem auch die Administration viel Geld verschlingt. Für die einzel-
nen Fremdenverkehrsorte ist es von größter Bedeutung, daß der Gast
nach einigen Wochen sein Dekret über das Handicap gegenüber Arnold zu-
gesendet bekommt, darüber hinaus wird er dann im Herbst wieder ange-
schrieben und an WISBI für die kommende Saison erinnert. Ich habe zuge-
sagt, daß die ÖFVW hier größer einsteigen wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Gespräch mit Zolles setzen.
Die bisherigen Sponsoren, Tyrolia, Atomic und Stiefelkönig, haben es
ermöglicht, daß 1981 immerhin 6000 WISBI-Teilnehmer technisch abge-
wickelt werden konnten. Der größte Wunsch wäre, wenn die ÖFVW mit ei-
nem Direktprospekt für WISBI werben könnte.
Eine Beschwerde gab es auch über die weiteren Steigerungen der Österr.
Bundesforste bezüglich ihrer Dienstbarkeiten. Dieser Staatsbetrieb
erhöht ständig für Reit-, Rodlwege , Skipisten seine Pacht. Ein prakti-
sches Beispiel, vor 10 Jahren wurde ein 10-Jahresvertrag mit 35 Gro-
schen pro m² abgeschlossen, nachdem er abgelaufen ist, verlangte man
sofort 1,20 S. Ich habe den Gerlosern gesagt, sie sollen sich darüber
nicht allzu sehr aufregen, denn es gibt heute schon Pachtverträge über
2 S. Ich habe nur zugesagt, daß ich den Landwirtschaftsminister Haiden,
der übrigens aus den Bundesforsten kommt, entsprechend informiere werde.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Nächste Ministerratssitzung mitgeben.
Die Jenbacher befürchten, daß die Achenseebahn, die der TIWAG jetzt
gehört, nicht mehr weiterbetrieben wird. Die Konzession läuft nur bis
31.12.1981. Vom Verkehrsministerium, MR Pollack-Schlögl, haben sie erfah-
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ren, daß die TIWAG noch immer nicht eingereicht hat. 6 Monate vor Ab-
lauf der Konzession müßte dies aber erfolgen. Man befürchtet, daß die
TIWAG die Strecke, die mit 5 Mio. S saniert werden müßte, verfallen
läßt. LH Wallnöfer hat vorgeschlagen, man sollte diese 5 Mio. durch
Drittelung, 1/3 der Bund, 1/3 das Land, 1/3 der Besitzer, sprich die
TIWAG, aufbringen. Ich konnte für den Bund natürlich keine wie immer ge-
arteten Zusagen machen. Die Idee, die ÖBB soll die Achenseebahn über-
nehmen, habe ich von vornherein gleich ausgeschlossen. Die ÖBB hat
selbst genug Nebenbahnen, die sie ungeheuer budgetär belasten. Das
Maximum, was ich zusagte, ist, daß ich mit Verkehrsminister Lausecker dar-
über sprechen werde.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächste Ministerratssitzung mitgeben.
Natürlich gab es eine lange Diskussion auch über die mangelnden Gast-
arbeiter, die zur Verfügung gestellt werden. Hier konnte ich nur dar-
auf verweisen, daß man ja in den westlichsten Bundesländern schon
einsieht, daß es nur einen gewissen Prozentsatz von Gastarbeitern in
einem Land geben sollte. In Vorarlberg hat die Landesregierung das so-
gar perzentuell genau limitiert.
In der Region Zillertal und insbesondere in der Bezirkshauptmannschaft
Schwaz gibt es 110 Lifte. Wechselberger möchte gerne diese in einen
Liftpaß zusammenfassen. Dazu benötigt er Laser-Zählgeräte. Diese würden
etliche Millionen kosten. Dr. Ortmann hat ihm diesbezügliche Hoffnun-
gen gemacht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was ist daran wahr.
In Gerlos wurde ein neuer Lift auf die Fürstenalm eröffnet. Für das
Restaurant wurde ein ERP-Ersatz oder Bürges über die Girozentrale ein-
gereicht. Der Fremdenverkehrsdirektor Wanner ersuchte mich, ich sollte
diesem Kreditansuchen nachgehen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wo und wie liegt der Fall?
Da es bei all diesen Aussprachen immer eine ganze Reihe von Ideen gibt,
da ich immer wieder feststellen kann, was in einem Ort erfolgreich
abgewickelt wird, kann oft durch mangelnde Informationen anderen nichts
nützen, glaube ich, sollten wir tatsächlich eine Ideenbörse veranstal-
ten. Dies ist nicht notwendig, wie die Austria Touristik Börse, die sich
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übrigens bestens bewährt hat und überall lobend erwähnt wird, groß
organisieren zu müssen, sondern hier, glaube ich, würde es genügen,
wenn das Ministerium oder die ÖFVW tatsächlich alle Ideen zusammenfaßt
und dann an die möglichen Abnehmer ausschickt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Dies möchte ich mit Zolles besprechen.
Arnold ersuchte mich dann zum Abschluß ob es nicht möglich wäre, im
November oder Dezember in Wien auf der Hohen-Wand-Wiese ein Profirennen
zu starten. Da dies für Wien eine große Sensation wäre, habe ich ihm
sofort zugesagt mit dem zuständigen Stadtrat darüber zu verhandeln.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte erkundige Dich, wie dies in Wien abgewickelt
werden könnte.
Tagesprogramm, 1.5.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)