Dienstag, 21. Juli 1981
Beim Jour fixe mit Präs. Sallinger und Gen.Sekr. Kehrer teilte ich mit,
daß die Verhandlungen in München mit der BRD über die Herkunftsbe-
zeichnungsabkommen den österreichischen Wünschen entsprechend abgeschlos-
sen werden konnten. Ich war sehr überrascht, daß Kehrer davon noch
gar nichts wußte.
Bezüglich der Patentgebührenerhöhung versuchte ich Kehrer, der die An-
gelegenheit auch nicht kannte, dahingehend festzulegen, daß ich diese
mit Zustimmung der Handelskammer im November 1981 erhöhen würde. Zu
diesem Zeitpunkt wird auch die europäische Patentorganisation die
Gebühren, die wesentlich höher sind als die österreichischen, ebenfalls
erhöhen. Die Handelskammer spricht sich nach wie vor dagegen aus, daß
ich ermächtigt werde, in Hinkunft durch Verordnungsermächtigung die
Gebühren sozusagen im vereinfachten Verfahren erhöhen zu können. Als
Kompromiß kann ich mir vorstellen, daß wenn die Handelskammer den
Erhöhungen zustimmt, auf diese Verordnungsermächtigung zu verzichten.
ANMERKUNG FÜR LEBERL UND BURIAN: Wir sollten dieses Kompromiß anstre-
ben.
Die Bundeshandelskammer erklärte mir dezidiert, daß sie mit der Schule
der Kaufmannschaft nichts zu tun hat, dafür ist ausschließlich der
Obmann, LAbg. Ebert, und als Geschäftsführerin die NR Hubinek zuständig.
Die Rosner-Affäre, eine Lehrerin, die überstellt werden sollte, aber in
einer dezenten Hose zur Vorstellung erschien, wurde abgewiesen, geht
also die Bundeshandelskammer nichts an.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Vecsei soll dies weiter beobachten.
Sallinger wehrt sich strikt, die 7.000 S Stornogebühr für den sowje-
tischen Glasminister, der von der Handelskammer im Intercontinental
untergebracht wurde und wofür unachtsamerweise durch das Handelsmini-
sterium im Imperial doppelt bestellt wurde, zu bezahlen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Darüber möchte ich mit MR Schwarz sprechen.
Der Altbürgermeister von Lech, Pfefferkorn, wurde vom Innenministerium
zu einer Auszeichnung beim Bundespräsidenten eingereicht und hat nicht
als bedeutender Gastwirt und Kammerfunktionär, sondern als Bürgermeister
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eben bis 3000 Gemeinden nur das Goldene Verdienstkreuz bekommt.
Die Vorarlberger Landesregierung hat gerechnet, daß er das Goldene
Ehrenzeichen bekommt. Jetzt wird beim Bundespräsidenten Kirchschläger
interveniert, daß er die Auszeichnung rückgängig macht und im höheren
Grad gibt. Ich bin sehr gespannt, ob dies tatsächlich gelingt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Auch das will ich mit MR Schwarz besprechen.
Sallinger hat einen Handelskammermann, den er nicht mehr zu einem
Kommerzialratstitel eingeben kann oder will und ersucht mich, ob ich
bereit bin, diesen für die Statistik des Außenhandels vorzuschlagen.
Sallinger wird mir den Namen nachnennen, ich selbst erkläre nur, ich
werde mich beim Bundeskanzler, der ja letzten Endes die Ernennung durch-
führt, einsetzen.
Die Handelskammer ist aufgescheucht, daß für die jugoslawischen Urlauber
nicht nur jetzt 1.500 Dinar auf Schilling umgetauscht werden, sondern
angeblich auch jetzt 1.500 Dinar Abgabe für die Ausreisegenehmigung
sozusagen bezahlt werden muß. Dies entspricht dem seinerzeitigen von
Deutschland 1936 eingeführten 1.000-RM-Sperre. Damit wird den Jugosla-
wen der Urlaub im Ausland sehr verteuert. Ich wundere mich, daß ich
davon noch gar nichts erfahren habe.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß der österr. Botschafter in Belgrad
resp. die ÖFVW.
Die Handelskammer Kärnten wünscht zu ihren 130 jährigen Bestand ein
außerordentliches Kommerzialratstitelkontingent. Bei 125 Jahre war
Bundespräsident Kirchschläger sehr großzügig. Ich ersuche um ein
schriftliches Ansuchen und werde dann mit Bundespräsident Kirchschläger
selbst darüber sprechen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Auch auf die Besprechung Schwarz setzen.
Ich übergebe der Handelskammer das Protokoll über die Getreidevereinba-
rung mit der Landwirtschaft. Kehrer gibt zu, daß doch wesentliche Ver-
besserungen auch für den Handel resp. Mühlen erreicht wurden, trotzdem
weigert sich die Handelskammer das Protokoll mit zu unterschreiben. Da
diese Materie primär den Landwirtschaftsminister betrifft, kann ich
mich nicht sehr stark machen, die Handelskammer unbedingt einzubinden.
Mit der Taktik sich aber immer mehr von den gemeinsamen Aktionen in der
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Landwirtschaft abzusetzen, wird die Handelskammer früher oder später
aber auf alle Fälle auf der Strecke bleiben.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Nächstes Jour fixe AK, ÖGB setzen.
Für die wirklich bedeutenden Leistungen des Dr. Köllerer, Vertreter
der Mühlenindustrie und gleichzeitig aber der einzige, der all die Be-
rechnungen exakt durchführt, wird dieser von der Handelskammer für eine
größere Auszeichnung eingereicht.
Ich urgiere auch den Auszeichnungsantrag für KR Hrabac. Die Handelskam-
mer hat noch keinen endgültigen Verzicht von ihm auf das Ansuchen zur
Führung des Staatswappens. Ich erkläre dezidiert, daß er dies bei
seiner Aussprache mit mir auch dem SC Jagoda erklärt hat, weshalb der
Akt bei uns erledigt ist. Ich schlage vor, daß nicht nur über den Fall
Hrabac, sondern über die Immobilienmakler und Verwalter, über Inkasso-
büros, über Kreditinformationsbüros, über Vermögensberater und ähnlichen
Berufsgruppen zwischen dem SC Jagoda und Präsidialist Reiger die Liste
jetzt festgelegt wird, wo aus den bekannte Gründen in Hinkunft gar
kein Ansuchen bezüglich Führung des Staatswappens gestellt werden sollte.
Die Handelskammer kann sich dazu noch nicht entschließen, weil sie
vorher noch im VKI klären wollen, welche Benachteiligungen den Konsumenten
bei diesen Gruppen erwachsen würden. Gleichzeitig aber will die Han-
delskammer, wie sie sagt, das alleinige Vorgehen des Dr. Koppe im VKI
diskutieren.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte Dr. Koppe, VKI, informieren.
Kehrer urgiert neuerdings, daß die Importpreisregelung für Schrott
unverzüglich aufgehoben gehört. Ich verweise darauf, daß vorher mit
GD Apfalter als Verbandsobmann der Stahlindustrie bezüglich der ge-
samten Schrottlenkung Verhandlungen geführt werden müssen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wo bleibt die versprochene Unterlage.
Bezüglich der Fernsehsendung Made in Austria, welche der selbe Verein
jetzt mit dem ORF endgültig abschließen sollte, kann die Handelskammer
auch nach Meinung Gen.Sekr. Kehrers nicht für jede Sendung mit der
Wirtschaft gemeinsam eine Mio. S Gewinne zur Verfügung stellen. Ich er-
kläre, daß man über dieses Problem mit dem ORF sicherlich reden kann
und daß es möglich sein müßte, ansonsten würde ich diese Funktion über-
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nehmen, Firmen zu gewinnen, die sehr wohl an dieser Sendung und damit
auch an der Gewinnzurverfügungstellung interessiert sind. Da die
Handelskammer die Pilot-Sendung nicht kennt, schlage ich Kehrer vor,
ich werde eine entsprechende Vorführung veranlassen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Vecsei soll Entsprechendes veranlassen.
Beim Verlassen der Handelskammer traf ich beim Portier zufällig Dr.
Steinacker, den Pressereferenten. Da ihn Staatssekretär Albrecht nicht
kannte, stellte ich ihn ihr vor. In ihrer liebenswürdigen Art meinte
sie zu Steinacker, der Brief, den er Dr. Preiß wegen der Belangsendung
der Handelskammer geschrieben hat, war nicht sehr höflich. Die Han-
delskammer hat dort von der Melkkuh Wirtschaft gesprochen und gleich-
zeitig einen Busen einer Kellnerin gezeigt. Steinacker regte sich
wegen des Eintretens Albrechts für Preiß furchtbar auf. Auf Wienerisch
ausgedrückt, je mehr er sich aufpudelte, umso ruhiger und charmanter
wurde Albrecht. Ich habe in meinem Leben noch niemals erlebt, wie man
sich allein durch solches Verhalten ins Unrecht setzen kann. Erklären
kann ich mir dieses Verhalten von Steinacker nur, daß er wie Gen.-
Sekr. Kehrer ja Albrecht mitteilte, bei der Besprechung dieser Belang-
sendung selbst gegen diese Szene Bedenken gehabt hat. Da aber eine
Frau als Regisseurin und auch eine zweite als Verantwortliche auf dieser
Sendung bestanden, wurde sie dann letzten Endes dann tatsächlich gesen-
det.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Vecsei soll diese Sendung auch Gen.Sekr.
Kehrer mit Made in Austria Sendung vorführen.
Die Verhandlung über die Benzinpreisdelegierung mit den 4 Landeshaupt-
leuten resp. von diesen gesendeten Landesräten verlief eigentlich, wie
ich erwartet habe. Alle 4 sprachen sich dagegen aus, daß sie jetzt einen
Benzinpreis festsetzen sollten oder würden. Sie bestritten, daß sie
mehr Informationen über die Versorgungslage in ihren Ländern haben.
Interessanterweise stellte sich aber dann doch heraus, daß z.B. die
Tirol, LRat Huber war von seinem Hofrat Dr. Pick begleitet, wissen, daß
90 % Importbenzin von den Multis nach Tirol gebracht werden. Die Unter-
lagen stammen, wie Pick mitteilte von, wie er sagte, Unter-Verschluß-
Ziffern. LH-Stv. Frühbauer, derzeit in Kärnten amtierend, wieder konnte
mitteilen, daß die ÖMV täglich 2 Züge nach Kärnten schickt. Dies wußte
er, wie er sagte, aber als Eisenbahner. LRat Radlegger von Salzburg wie-
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der erklärte, daß sie bei den beiden Tankstellen am Walserberg und
Golling, wo nicht die vollen Benzinmengen abgegeben wurden, direkt in-
tervenierten. Der Wirtschaftslandesrat Dr. Rümmele von Vorarlberg hatte
eine Kalkulation, wonach von den Schweizer Preisen ausgehend, die Fir-
men mit 10,90 S ohne Gewinn Superbenzin verkaufen könnten.
Der langen Verhandlung kurzer Sinn war, diese 4 Länder lehnen eine
Regelung, die nur sie betrifft, entschieden ab und wollten, daß ich
die Delegierung sofort widerrufe. Ich erklärte, daß ich dieses Fang-
netz für die Länder nach wie vor belasse, solange nicht eine gemein-
same Lösung gefunden ist. LRat Huber und Dr. Pick von Tirol stehen
übrigens auf dem Standpunkt, daß mit der Delegierung automatisch auch
die Benzinpreisfreigabe indirekt delegiert wurde. Die Tiroler hatten
scheinbar erwogen, weil sie dies auch mir gegenüber andeuteten, gege-
benenfalls die Autobahntankstellen von Kufstein bis auf den Brenner aus
der Benzinpreisregelung herauszunehmen, damit für den Transitverkehr
jedwede Benzinmengen zur Verfügung stehen. Die Idee wäre demnach, bei
Grenztankstellen insbesondere gegenüber Italien, auf Autobahnen vielleicht
auch auf bei anderen, wie z.B in Arnoldstein, die Benzinpreise freizu-
geben. Wenn in Österreich der Super 10.90 kostet und in Italien 14,05,
dann kann man mit Sicherheit rechnen, daß alle versuchen in Österreich
noch voll aufzutanken.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte diese Rechtsfrage genau prüfen.
LRat Rümmele brachte eine neue Idee, man sollte die Preise generell
festsetzen, gegebenenfalls erhöhen und dann eine Preisprüfung ex post
anordnen. Nach diesem Vorschlag würden wir, wenn es zu einer Preiser-
höhung jetzt neuerdings kommt, die Auflage in die Verordnung aufnehmen,
daß die Notwendigkeit dieser Preiserhöhung ziffernmäßig nachzuweisen
ist. Dabei könnte man dann feststellen, wieso trotz angeblich unzuläng-
licher Preise dann letzten Endes diese doch bei einzelnen Firmen wie
z.B. Mobil, aber auch ÖMV gigantischen Supergewinne entstehen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Diese Idee sollte man weiterverfolgen.
Da die Ländervertreter zu einem Vorgehen nicht zu bewegen waren, sie
erklärten auch überzeugend, daß sie gar nicht die personellen und
sachlichen Voraussetzungen für eine Preisbestimmung hätten, und da sie
auf gar keinen Fall mehr als 4 Länder nur agieren wollen, mußte ich ei-
nen Ausweg aus dieser Situation suchen. Die einzige Möglichkeit, die
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ich sah, war, von den Firmen jetzt schriftlich die Unterlagen über die
Versorgung mit Benzin in den Bundesländern zu verlangen, gleichzeitig
zur nächsten Besprechung alle Landeshauptleute einzuladen und eigent-
lich nach dem Motto vorzugehen, Zeit gewonnen, alles gewonnen. Insbe-
sondere durfte und konnte ich nicht auf die Drohung der beiden Öl-
firmen BP und Agip , entweder bis Freitag ist der neue Benzinpreis fest-
gesetzt oder die beiden Firmen werden nichts mehr importieren. Aus
diesem Grund einigten wir uns dann mit den vier Ländern am Montag mit
allen Bundesländern nach Vorlage der gewünschten Unterlagen die Ge-
spräche weiterzuführen.
SC Jagoda hat in einem Fernschreiben an die Landeshauptleute, aber auch
an die Bundeshandelskammer und den Fachverband zweckmäßigerweise die
sehr geschickte Formulierung gebraucht, daß aufgrund des Schreibens
der Handelskammer, die Preisregelung aufzuheben, dies die Grundlage für
ein Preisvorprüfungsverfahren ist. Daher wird im Zuge dieses Preis-
vorprüfungsverfahrens jetzt um entsprechende Auskunft bezüglich der
Benzinversorgung, Mengen und preismäßig für die einzelnen Bundesländer
von den einzelnen Firmen die Unterlage verlangt.
Die Pressekonferenz zog sich sehr lange hin und es wurden insbesondere
die Stellungnahmen der Länder besonders gefragt, die sicherlich dann
auch bei den Veröffentlichungen eine große Rolle spielen werden. Die
ablehnende Haltung aller dieser 4 Länder wird es mir verdammt schwie-
rig machen aus dem Dilemma herauszukommen, dies umso mehr, als zwar
LRat Rümmele noch immer auf dem Standpunkt steht, am besten ist es den
Benzinpreis freizugeben, während LH-Stv. Frühbauer, der mich vor ein
paar Tagen noch aufforderte, ich müßte regieren und gegen die Gewerk-
schaft eben den Benzinpreis freigeben, jetzt um 180 Grad umgeschwenkt
ist und meint, er ist absolut gegen eine Benzinfreigabe, denn dann
könnte in Kärnten ein höherer Preis durch die teureren italienischen
Importe eintreten als in anderen Bundesländern. Dies ist nämlich die
paradoxe Haltung der Länder. Auf der einen Seite plädieren sie alle
für einen einheitlichen Benzinpreis auf der anderen Seite aber wollen
sie eine Preisfreigabe. Ich bin fest davon überzeugt, daß wenn der
Benzinpreis freigegeben wird, dieselbe Preisdifferenzierung entstehen
wird, wie dies auch beim Diesel der Fall war.
Spät abends wurde ich dann informiert, daß zu der Aussprache am Montag
nicht der Sprecher der Mineralölwirtschaft GD Bauer kommen würde, weil
er in Salzburg auf Urlaub ist. Ein Telefongespräch mit ihm führte
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dann dazu daß er sich bereiterklärt, selbstverständlich die Unterlagen
zur Verfügung zu stellen und dann auch zu der Aussprache selbst zu
erscheinen. Bis zu diesem Zeitpunkt müßten wir aufgrund der vorliegen-
den Unterlagen den Landeshauptleuten nachweisen können, daß entweder
die Versorgung tatsächlich gesichert ist oder es in einzelnen Bundes-
ländern zu Versorgungsschwierigkeiten kommen muß. Um diese abzuwehren,
hoffe ich, daß die Landeshauptleute dann dezidiert erklären, es wäre
ihnen lieber, um die Versorgung sicherzustellen, den Benzinpreis entwe-
der beträchtlich zu erhöhen oder gegebenenfalls freizugeben. Mit die-
sen Erklärungen müßte sich dann die Preiskommission unverzüglich, wenn
notwendig, in Tag- und Nachtsitzungen beschäftigen, um zu einer einver-
nehmlichen Auffassung zu gelangen. Zwischenzeitig müßte ich dann mit
dem Präsidenten der Interessensvertretungen und den beteiligten Mini-
stern versuchen eine Endlösung zu erreichen. Wie immer die Entscheidung
ausfällt, der Schwarze Peter bleibt sicher bei mir, derzeit weiß ich
noch nicht endgültig, wie ich aus dem ganzen Dilemma herauskommen
werde. Bei meinen Besuchen im Burgenland wurde ich schon darüber ange-
sprochen, wann die nächste Benzinpreiserhöhung kommt. Telefonisch hat
man mir von Konsumenten, die aber, aus den Äußerungen klar zu erkennen,
Genossen waren, darauf verwiesen, daß es auch billigere Elektrizitäts-
preise im Westen gibt, weshalb sich die nicht aufregen sollen, wenn
der Benzinpreis teurer wird als im Osten. Da jetzt eine Saure-Gurken-
Zeit bei den Massenmedien ist, wird der Benzinpreis ganz besonders um-
fangreich, delikat und natürlich entsprechend hochgespielt gebracht.
Zur Staatswappenverleihung für die Fa. Frauenberger in Neudörfl kam ich
um 1 1/2 Stunden zu spät; da jedermann wußte, daß ich diese Benzin-
preisverhandlungen führe, war man angeblich nicht böse, für mich war
es aber sehr peinlich. Dieser Betrieb ist 1975 von einem 35-jährigen,
eigentlich sehr jungen Buchbinder auf die grüne Wiese gebaut worden.
Der Bürgermeister hat bei seiner Begrüßung selbst erzählt, welch große
Bedenken er um die Gemeinde gehabt hat. Ich weiß nicht, wie der junge
Mann diese 20 Mio. S Investition finanzierte, er sagte mir, er arbeitet
jetzt mit guten Erträgen, hat derzeit 75 Beschäftigte und wird in
kürzester Zeit 100 beschäftigen. Viele Wiener Druckereien, aber auch
andere lassen bei ihm binden, wodurch er nicht zuletzt durch die Schul-
buchaktion gut ausgelastet ist. Überhaupt habe ich das Gefühl, wäre
es für das graphische Gewerbe verhängnisvoll, wenn die so teilweise mit
Recht kritisierte Schulbuchaktion eingestellt würde oder auch nur in
eine Schülerlade umgewandelt wird. Die ausfallenden Druckaufträge und
in dem Fall auch Buchbinderaufträge für die Firma wären verheerend.
Die burgenländischen Gemeinden Podersdorf und dann vor allem Gols
hatten Presseleute eingeladen, um ihre Fremdenverkehrsaktivitäten Gols,
aber ganz besonders sein Volksfest vorzustellen. Da ich auch als Auf-
putz dort verwendet wurde, gab ich dem burgenländischen Radio ein
Interview. Der Reporter, ein erwachsener mittelalterlicher Mann war
so schüchtern, daß er mir überhaupt keine Frage stellen konnte, wollte,
er hielt mir nur ständig das Mikrophon unter die Nase und Vecsei er-
suchte mich, ich sollte Trompete blasen, Mundharmonika spielen und
was weiß Gott ich noch alles machte, um eine einigermaßen akustische
Sendung zusammenzubringen. Ein schweigender Politiker ist für einen Re-
porter unangenehm, ein schweigender Reporter eine Katastrophe.
Ein zweiter Journalist war so besoffen, daß er selbst nach der Kutschen-
fahrt von Podersdorf nach Gols bei der dortigen Pressekonferenz ein-
schlief und schnarchend seine Anwesenheit dokumentierte. Interessanter-
weise ist er während der Ausführung des Bürgermeisters gelegentlich
aufgewacht, hat dann "richtig" gerufen und ist dann wieder eingeschla-
fen. So etwas habe ich überhaupt noch nie miterlebt. Andere Journalisten
dagegen waren an verschiedensten Fragen interessiert und haben dann auch
entsprechende Aufzeichnungen gemacht. Was davon kommt, weiß man nicht.
Die Frage, wenn ich im Burgenland Urlaub machen würde, wo ich hinginge,
konnte ich dadurch abwehren, daß ich jeden Gebietsteil, den Norden,
den See, Mittelburgenland, die Kulturszene, die neu restaurierten
Schlösser und Sommerspiele und im Südburgenland den Wald und das
Schwammerlsuchen besonders herausstrich. Solche Pressefahrten machen
mir eigentlich im Grunde genommen großen Spaß, obwohl sie sehr zeitrau-
bend sind.
Tagesprogramm, 21.7.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)