Donnerstag, 22. Oktober 1981
Bei der Gesamtvorstandssitzung der Lebensmittelarbeiter wurde das
Gastarbeiterproblem besonders lang diskutiert. Wir haben zum Unter-
schied von den anderen Gewerkschaften mit der Unternehmerseite kein
Kontingent vereinbart. In unserer Branche gibt es nur Einzelgenehmi-
gungen. Der Gewerkschaftsbund hat mit der HK für das Jahr 1982 eine
Reduzierung des Gastarbeiterkontingentes auf 60 % gegenüber dem
heurigen Jahr vereinbart. Bei uns ist die höchste zulässige Anzahl
von Gastarbeitern mit 40 % Gastarbeitern in dem Betrieb festgelegt.
Wir werden daher mit den Unternehmern verhandeln, ob diese Höchst-
grenze von 40 % nicht auch entsprechend gesenkt werden müßte. In den
Betrieben wurde uns von allen Diskussionsrednern mitgeteilt, verlangen
die Arbeiter, man müsse eben bei einer kritischen Wirtschaftssituation
und größeren Arbeitslosigkeit in Österreich die Gastarbeiter nach
Hause schicken. Neue Vereinbarungen mit Gastarbeitern werden sowieso
aber jetzt kaum mehr geschlossen. Immer mehr sind Kinder von Gast-
arbeitern, die entweder schon in Österreich geboren wurden oder von
den Gastarbeitern, insbesondere den Jugoslawen, aber auch den Türken
nach Österreich mitgenommen werden, daran interessiert, hier arbeiten
zu können respek. gegebenenfalls sogar einen Lehrberuf zu ergreifen.
Immerhin gibt es jetzt 1.700 Gastarbeiterlehrlinge. Ich versuchte
den Kollegen klarzumachen, daß im Verhältnis zu den 194.000 Lehr-
lingen insgesamt dies eine verschwindend geringe Anzahl ist. Auch
wenn man die 170.000 Gastarbeiter den 2,700.000 Beschäftigten in
Österreich gegenüberstellt, sieht man, daß wir eine unbedeutende
Gastarbeiterquote derzeit haben. Länderweise ist dies noch sehr ver-
schieden und auch branchenweise kann man große Differenzen feststellen.
In Vorarlberg beträgt die Gastarbeiterquote 17 %, in Wien 10 %, daher
in den anderen Bundesländern eine ganz geringe Anzahl. Kritik wird
auch immer wieder gegen die Kindergeldzahlung vorgebracht. Die Türken
haben tatsächlich, oder es wird zumindestens von ihren Gemeinden be-
stätigt, oft eine Riesenanzahl von Kindern. Wenn sie in der Türkei
leben, bekommt der Gastarbeiter nur die Hälfte des Kindergeldes, bei
10 Kindern und mehr, aber doch einen beträchtlichen Betrag. Auch hier
spielt der Neidkomplex eine große Rolle. Das wirklich große Problem
aber ist, daß in Vorarlberg es Schulen gibt, wo die Hälfte der Kinder
schon Gastarbeiter sind. Nach acht Jahren Aufenthalt in Österreich
kann keine Arbeitsgenehmigung mehr ausgesprochen werden, dann hat
er den Befreiungsschein und kann auch nicht mehr zurückgeschickt
werden. Der Hinweis, daß früher auch die großen Städte, insbesondere
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aber Wien von Gastarbeitern ergänzt wurden, typischstes Beispiel in
der Monarchie und teilweise auch in der Ersten Republik die Zuwanderung
von Böhmen nach Wien, wird heute von den Arbeitern nicht mehr beachtet
oder akzeptiert. Boshaft bemerkte ich, das katholisch-alemannische Land
wird bald ein islamisches-türkisches Ländle sein.
Ein weiteres Problem wurde bei den jugendlichen Arbeitern in den Ge-
frierkellern vom Jugendsekretär und dem Jugendvertreter angeschnitten.
Während bei der Schicht-, Schwerst- u. Nachtarbeitsregelung −21°-Arbeit
als Grund der vorzeitigen Pensionierung gilt, wurde jetzt eine Ver-
ordnung erlassen, an der auch ich mitgewirkt habe, wo die Jugendlichen
bis −25° in den Eiskellern arbeiten können. Die älteren Sekretäre und
Erwachsenen haben allerdings sofort erklärt, dort arbeitet man ja nicht,
hier wird ja höchstens Fleisch rausgeholt und Fleisch reingegeben. Dies
sind kurzzeitige Aufenthalte und keinesfalls die Arbeitssituation für
Stunden. Beschwerde wurde weiters auch geführt, daß jetzt von den
Hygienikern und Tierärzten verlangt wird, daß Fleisch bei +6° nur ver-
kauft werden dürfe. In der Europäischen Gemeinschaft ist diese Tempera-
turgrenze um 10° höher festgesetzt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte dieses Problem mir für den Jugendkongreß
des ÖGB zusammenstellen.
Erfreulich war, daß es der Müller-Gruppe in Vertrag
die Lehrlinge eine Dienstalterszulage durchzusetzen, zum Unterschied
von den Chemiearbeitern, wo die Lehrlingsentschädigung im dritten
Lehrjahr um 1.500 S gesenkt werden mußte. Dies für uns ein warnendes
Beispiel sein, daß man nicht in einer besonders günstigen Situation
besonders günstige Verträge für Lehrlinge festlegt, die, wenn die
Situation sich dann nur leicht ändert, nicht mehr gehalten werden
können. Die Chemiearbeitergewerkschaft hat nämlich dieser Reduktion
zustimmen müssen.
Die Gesamtvorstandssitzung beschäftigt sich dann mit allen Landes-
berichten und Gruppen- und Frauen- u. Bildungsberichten. Sie verlief
verhältnismäßig harmonisch, verhältnismäßig sage ist deshalb, weil
die zwei, wenn ich so sagen darf, Kritischbetriebe , Konsum und
Schwechater Brauerei, durch Abwesenheit glänzten.
Bei der Eröffnung vom EKAZENT-Simmering habe ich den dortigen
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Konsumladen selbstverständlich besucht. GD Kadits und andere hohe
Funktionäre waren anwesend. Weit hinten entdeckte ich auch den
Betriebsrat Nowotny. Unter Hinweis, ich muß meine Betriebsräte
besonders begrüßen, sagte ich ihm bei dieser Gelegenheit gleich,
ich hätte doch erwartet, daß auch vom Konsum jemand an unserer
Gesamtvorstandsitzung teilnimmt.
Die EKAZENT-Eröffnung war ein riesiger Volksauflauf. Die Tore wurden
erst knapp vor 10.00 Uhr geöffnet, die Geschäfte durften überhaupt
erst aufmachen, bis die Festreden zu Ende waren. Der Simmeringer
Bezirksvorsteher begrüßte schon einmal zu lange und alle holorazoren
vom Minister sozusagen bis zu den Bezirksräten. Der Direktor vom
EKAZENT machte dann den Fehler, alle technischen Details und die
Geschichte des EKAZENTs usw. ausführlich zu schildern. Erstmals
wurden die Rufe "aufhören" deutlich. Der Vertreter der HK, Vizepräs.
NR a.D. Fiedler, entschuldigte langwierig den Präsidenten der WHK
und liest dann eine aufgesetzte Rede herunter. Kein Mensch hörte ihm
mehr zu, außer die unmittelbar neben dem Mikrofon Stehenden. Stadt-
rat Veleta hat dann schon wesentlich kürzer gesprochen, ich startete
einmal mehr dann den Gag und erklärte, die Simmeringer sind hergekommen,
um zu kaufen, die Geschäftsleute wollen schon aufsperren, ich wünsche
dem EKAZENT alles Gute und erklärte es für eröffnet. Zum Unterschied
aller Redner hatte ich bereits, als ich aufs Rednerpult raufstieg,
Riesenapplaus, sodaß ich kaum beginnen konnte. Durch die kurze Rede
zum Schluß war der Applaus wirklich frenetisch. Ich gebe schon zu,
daß ich mehr Gelegenheit habe, Reden zu halten, während andere viel-
leicht wirklich nur bei solchen Anlässen dazu kommen. Trotzdem kann
man in so einem Fall nur durch eine Kurzrede, wenn man so will, Wähler
gewinnen oder zumindestens nicht Freunde verscheuchen.
Beim Durchgang durch das EKAZENT wurde ich von den meisten sehr freudig
begrüßt: "Schau, der Happy Pepi", "jö, der Handelsminister", eine harte
Kritik hörte ich. Das Ausstellungszentrum war noch nicht eröffnet,
angeblich auch gar nicht betriebsgenehmigt, weshalb der Direktor vom
EKAZENT mir sagte, es dürfe dort niemand rauf. Daß man dann oben für
die Prominenz, wie ich bei einem flüchtigen Durchgang feststellte,
trotzdem einen Empfang vorbereitete, ist und war ein Wahnsinn. Natür-
lich kritisierten die Leute sofort, "aha für die Oberen ist da oben was
Besonderes".
GD Haschek informierte ich über die bulgarischen Kreditfinanzierungs-
gespräche und insbesondere mit dem Wunsch GD Apfalter's, doch für
die Exporte eine besondere Kondition beim Finanzminister und der
österr. Kontrollbank durchzusetzen. Haschek meinte, er hätte vor-
mittags mit dem Finanzminister festgelegt, daß die Kredite von 7,8
jetzt auf 8,75 erhöht werden müßten. Die OECD hat mit den Ländern
festgelegt, daß die Exportkredite 10 1/2 % bis 11 1/4 % durch die
Hochzinspolitik in Westeuropa und in Amerika betragen sollten.
Haschek ist davon auch informiert, daß bei den konkreten Geschäften
tatsächlich eine Anhebung der Zinsen auch in der BRD erfolgte. Das
Röhrengeschäft wurde daher nicht, wie die Sowjets und alle anderen
Oststaaten behaupten, mit 7,8 % festgelegt, sondern mit 9 %. Die
darüber hinausgehenden Zinsmehrzahlungen werden dann letzten Endes
im Röhrenpreis ihren Niederschlag finden.
Der Betriebsratsobmann vom KKW Tullnerfeld, Kamminger, möchte, daß
ein Teil der Belegschaft, derzeit noch 126 Beschäftigte, auch nach
Errichtung der Kohlekraftwerke in Dürnrohr im Kernkraftwerk weiter-
verbleiben. Diese hochqualifiziert ausgebildeten Arbeiter und Ange-
stellten sollten seiner Meinung nach solange zusammenbleiben, bis
das Kernkraftwerk entweder in Betrieb geht oder eben dann endgültig
stillgelegt wird. Eine solche Personalpolitik, erklärte ich ihm rund-
weg, könnte ich der Elektrizitätswirtschaft nicht aufzwingen. Es
war schon sehr schwer, die Beschäftigten solange im KKW Zwentendorf
zu halten, bis eine Transferierung in die Kohlenkraftwerke erfolgt.
Die leitenden Positionen werden von der NEWAG und von der Verbund-
gesellschaft jetzt bei den Kohlenkraftwerken besetzt. Selbstver-
ständlich greift man auf die Techniker des KKW zurück und erwartet,
daß diese dann auch, sollte das KKW doch in Betrieb gehen, bei der
NEWAG resp. Verbund, Kohlekraftwerk, verbleiben. Da die Lohnsumme
immerhin 2,6 Mio. pro Monat ausmacht, die Leute bei den Kohlekraft-
werken gebraucht werden, kann es gar keine andere Lösung geben, als
dem Transfer zuzustimmen. Natürlich geht es insbesondere dem Betriebs-
ratsobmann Kamminger darum, seine Position dort einigermaßen noch auf-
recht zu erhalten, denn früher oder später wird nur mehr eine ganz
kleine Bewachungs- u. Überprüfungsmannschaft in Zwentendorf beschäftigt
werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jour fixe Fremuth setzen.
Die Fa. Felsinger hat ein neues Verfahren, Novofalt Straßenbelag, ein-
geführt und eine transportable Bitumenmaschine angeschafft. Auf der
Prater-Hochstraße wurde dieser Asphalt ausprobiert und sich jetzt
vier Jahre bestens bewährt. Felsinger und insbesondere sein Direktor
Kunze erwarteten, daß jetzt Bundesstellen auch aus Preisgründen, der
Tonnenpreis um 20 % teurer, durch die Langzeitwirkung aber die Straße
wesentlich billiger, dieser neue Straßenbelag von den Bautenministerium-
Vertretern jetzt auch auf andere Straßen angewendet wird. Nach Meinung
Felsinger's arbeitet die Bürokratie im Bautenministerium aber zu lang-
sam. Ich befürchte, daß aber die Beamten im Bautenministerium die
knappen Geldmittel eben für die billigeren Asphaltdecken ausgeben,
weil sie damit mehr Quadratmeter produzieren können, auch dann, wenn
diese nicht so lange hält, als die Novofalt-Asphaltdecken. Auf alle
Fälle empfahl ich der Firma einen Briefentwurf uns zu schicken, den
ich, im Hinblick auf meine Korrespondenz in all diesen Asphalt- oder
Betonstraßen, Diskussionen mit Bautenminister Sekanina seit längerer
Zeit führe.
Dir. Jelinek, Verlag Jugend & Volk, möchte eine Informationsbroschüre
für Schulen über Energiefragen herausbringen. GD Fremuth, Verbund,
hat seine Mitwirkung zugesagt, wenn auch die anderen Energieträger,
insbesondere Erdöl, Gas und Kohle, mittun. Es gibt zwei Variationen,
100.000 Exemplare für die 4. Klasse Volksschule mit 4.000 Lehrbehelfen
oder 300.000 für die 4. Klasse Hauptschule, Polytechnischer Lehrgang,
Berufsschule mit 10.000 Lehrbehelfen. Die Druckkosten wären über 2 Mio. S.
Vom Handelsministerium erwartet man eigentlich keinen finanziellen
Beitrag, sondern nur, daß ich die anderen Energieträger dafür gewinne
und die E-Wirtschaft nicht alles bezahlen muß, denn kann und will sie
wieder nicht.
Jelinek hat mit Burian darüber auch gesprochen, ein Anekdotenbuch von
mir herauszugeben. Ich halte davon gar nichts, doch habe ich prinzipiell
auch keinen Einwand und erklärte sofort, mich interessiert es eigent-
lich nicht besonders. Würde Burian Jelinek nicht gut kennen, ich selbst
bin draufgekommen, er war einmal bei mir in der Sozialakademie der AK
Schüler, so würde ich annehmen, er hat Interesse über dieses Anekdoten-
buch mich für die Verlagsaktivitäten resp. Aufreißen von Subventions-
trägern einzuspannen. Dies trifft aber sicherlich nicht zu, das Energie-
buch dürfte nämlich wirklich entweder ein Bedürfnis sein oder zu-
mindestens vom Verlag als Geschäft verstanden sein, denn auch Molden
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will ja jetzt ein solches Buch herausgeben.
Dir. Schrack und insbesondere sein für die Wehrwirtschaft zuständiger
Direktor beschwerten sich bitter bei mir, daß jetzt die Funkgeräte,
immerhin ein Auftrag von 550 Mio. S, in den nächsten Jahren an die
Fa. Kapsch vergeben wurde. Schrack war nach fester Überzeugung und
auch aufgrund der Aktenlage zuerst Bestbieter, Kapsch hat sich dann
durch Reduzierung des Preises und angeblich auch sonstiger unfairer
Gangart, nicht zuletzt durch den Hinweis, in Fürstenfeld 60 Arbeits-
plätze zu schaffen, sozusagen aus volkswirtschaftlichen Überlegungen
diesen Auftrag gesichert. Das zweite Argument, daß auf österr. Panzern
nicht israelische Funkgeräte montiert sein können, ließ Schrack nicht
gelten. Sie sind fest davon überzeugt, daß jedes Land sein eigenes
Informationssystem in den Panzer einbauen läßt, daher bei den Export-
panzern überhaupt keine spezifischen Sprechfunkgeräte Voraussetzung
des Panzerkaufes sind. Verteidigungsminister Rösch hat der Firma de-
zidiert erklärt, daß es auch die Entscheidung des Handelsministers
bezüglich der Fürstenfelder Beschäftigung war, die den Ausschlag für
Kapsch gegeben hat. Schrack ist fest davon überzeugt, daß Kapsch keine
Betriebsstätte in Fürstenfeld errichten wird. Sie selbst hätten aber
60 Beschäftigte in ihrem Kindberger Werk in der Obersteiermark zu-
sätzlich mit Exportaufträgen von ihrem System machen können, da sie
jetzt bereits feste Zusagen von über 100 Mio. S hatten. Ich bin sehr
froh, daß ich nicht größere Anschaffungen im Handelsministerium wie
z.B. Bautenministerium, Verteidigungsministerium, Verkehrsministerium
tätigen muß oder zumindestens ständig damit konfrontiert bin. In
konkreten Fällen sieht man, wie der harte Konkurrenzkampf zwischen den
Firmen bei Entscheidungen, die ihnen nicht gerecht erscheinen, dann
noch zu härteren Anklagen gegenüber den Ministern kommt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll die 60 Beschäftigten Fürsten-
feld sich eindeutig bestätigen lassen.
Der Betriebsrat des Verbandes d. E-Werke, Kerkouschek, informierte
Satzinger, daß jetzt der Präs. d. Verbandes, Wenzl, den Klubsekretär
der ÖVP, Marckhgott, als Pressereferent in den Verband der E-Werke
übernehmen möchte. Kerkouschek kann nicht glauben, daß er beim ÖVP-
Klub 35.000 S netto bekommt, eine solche Bezahlung würde im Verband
mehr sein, als derzeit im Verhältnis dazu der Geschäftsführer des
Verbandes, Dr. Orglmeister, bezieht. Angeblich haben die anderen Vor-
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standsmitglieder bereits dieser Bestellung telefonisch zugestimmt.
Ich versprach Kerkouschek, diese Frage mit Fremuth sofort zu be-
sprechen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Jour fixe setzen.
Auf der Landstraße wurde in drei Gebieten, d.h. mehrere Sektionen
zusammen Wahlmitarbeiterveranstaltungen durchgeführt. In allen drei
habe ich über die politische Situation berichtet und insbesondere
diese Treuesten der Treuen wieder aufgefordert, am Beispiel der
Steiermark zeigend, daß Zusammenhalten und festes Arbeiten auch dann
zu einem Erfolg führt, wenn die Stimmung oder gar die Meinungsumfragen
schlecht sind. Bei uns auf der Landstraße geht es darum, die Position,
die wir 70 errungen haben, zu halten. Die ÖVP setzt die ganze Wiener
Organisationskraft auf der Landstraße als für sie günstigen Wahlbezirk
ein, um dort diesen Lueger-Bezirk wieder zurückzugewinnen. Die Chancen
stehen für die ÖVP, wie ich auch zugeben muß, sehr gut. Die Diskussion
war sehr freimütig und, wie könnte es bei mir anders sein, auch humor-
voll. Zum Lachen ist mir aber, ehrlich gestanden, bei der Wiener
Situation gar nicht.
Seminar – Öffentlichkeitsarbeit mit Zentralsekretär Blecha
Wahltermin – wahrscheinlich sehr früh, 1983
ab 1982 daher permanenter Wahlkampf. Wesentlich um den Wähler, insbe-
sondere den liberalen Wähler anzusprechen, daher heuriger Herbst und
kommendes Frühjahr, da jetzt noch argumentiert werden kann, ab Herbst
werden 82 nicht mehr.
Derzeitige Situation
Laut Meinungsforschung – Vergleich Mitte der letzten Legislaturperiode
hat die SPÖ 2 % weniger entschiedene Wähler. Anteil der Unentschlosse-
nen steigt.
Gegenüber früher Verbesserung der SPÖ-Position, ÖVP verlor gegenüber
früher 4 %.
Ergebnis der steiermärkischen Wahlen. Die Betriebsratswahl zeigt SPÖ-
Trend in einer Krisensituation.
SPÖ wird gewählt durch um Angst vor Arbeitsplatz, nicht aus voller
Überzeugung.
Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit
Im Sommer konnte der Grund der Aufhebung der Preisregelung für Benzin
deutlich gemacht werden. Weiters ist es bisher nicht ganz gelungen, die
Ölmultis für die Preisentwicklung verantwortlich zu machen.
Das Steuerplakat der BP (Hirnigel) wurde zu spät erwidert.
Situation der VP – Strategie ÖVP im Sommer
1. Belastungswelle, Budgetdefizit – durch das Budget ohne Steuererhöhun-
gen ist diese Argumentation zusammengebrochen
Am AKH-Plakat der VP ist Rabelbauer, Anwalt aus Vorarlberg, zu sehen, daher
dies ausnützen.
Argumentation der VP, weniger Staatsschuld an Großinsolvenzen – wird durch
die Wirtschaft selbst widerlegt, vom Staat ermitteln wollen bzw. er-
wartet die Bevölkerung, daß Staat hier eingreift.
Programme der ÖVP (7-Punkte-Programm, Mock-Plan, 7-Punkte-Forderungen im
Herbst) teilweise widersprechend, teilweise bereits erfüllt.
Innerhalb der ÖVP Streit zwischen der "Kooperationspartei" und der Par-
tei, die hier Angriffe und Angstparolen vorzieht. Ein Ergebnis daraus,
Flucht in Randbereiche wie z.B. Angriffe auf Lanc über zu späte Informa-
tion des Parlamentes.
Strategie der SPÖ – Entscheidend im nächsten halben Jahr ist die Wirt-
schaftsdebatte. Der SPÖ muß es gelingen, deutlich aufzuzeigen, was ein Kurswechsel
be-
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deuten würde.
Schwerpunkte der Wirtschaftsdebatte
1. Arbeitslosigkeit – einheitliche Terminologie – 30 Mio. Arbeitslose in
der westlichen Welt
Dies ist eine Aussage, die im November in ganz Österreich plakatiert
wird.
2. Frage der Handels- und Leistungsbilanz
3. Investitionsförderung, Investitionsquote
Bei allen Fragen folgende Vorgangsweise: Darstellung der negativen VP-
Propaganda bzw. negativen internationalen Entwicklung – Hervorhebung
positiven Werte. 4 Plakate, die für uns wichtig sind und vom 27. Oktober
bis 5. November in ganz Österreich hängen werden.
1. 30 Mio. Arbeitslose in der westlichen Welt – heute haben in Österreich
mehr Menschen Arbeit als je zuvor.
2. 2-stellige Inflationsraten in den meisten Ländern – Österreich bei-
spielgebend im Kampf gegen die Teuerung
3. Neue Märkte für unsere Wirtschaft – heute Österreich weltweit aner-
kannt und respektiert
4. 30 Mio. Arbeitslose in der westlichen Welt – heute hat Österreich
30.000 Arbeitsplätze mehr im Jahr
Konflikte in der österr. Regierung
Zielkonflikte z.B. zwischen Umweltschutz und der Wirtschaft können nicht
verdeckt und auch nicht ver- oder behindert werden.
Notwendig ist allerdings ein planvolles Ablaufen der Konflikte. D.h.
Lösungsmöglichkeiten müssen bereits vor dem Aufbrechen der Konflikte
im großen und ganzen abgehandelt werden. Es soll nicht passieren, daß
sich z.B. einzelne Minister festlegen und dann ein Kompromiß eine
Niederlage bedeutet.
Zentrale Aussage: SPÖ-Regierung – in der Lage die bis jetzt Aussöhnung
von Ökologie mit der Ökonomie herbeizuführen.
Konsequenzen für das Handelsministerium
Pressearbeit – wurde bereits mit Pein und Vecsei besprochen
verstärkt Ansprechen der Opinionlieder über mehr PR in Zielgruppenmedien.
Zu den Pressekonferenzen sollen im verstärkten Ausmaß fachspezifische
Zeitungen eingeladen werden und Artikel in diesen finanziert werden.
– Pressekonferenzen in den Bundesländern mit Bundesländerzeitungen sollen
fortgesetzt werden.
– Themen der Pressegespräche in den nächsten Monaten sollen verstärkte
Schwerpunkte auf wirtschaftspolitischer Ebene, Handelsbilanz etc.
enthalten. Die Grundsatzabteilung wird dementsprechende Materialien
und Analysen (internationale Vergleiche etc.) verstärkt aufbereiten.
– Ab Frühjahr nächsten Jahres sollen verstärkt legislaturübergreifende
Vorhaben, Pläne dargestellt werden, um den Eindruck zu wecken, die
Regierung plant schon für die nächsten Jahre voraus, 10 Jahre Fremden-
verkehrsprogramm, Klein- und Mittelbetriebe, Energie, Rohstoffe.
Versöhnung Ökologie – Ökonomie
Die vorhandenen Zielkonflikte sollten versucht werden, auf Kompromißweg
eine Einigung zu erzielen. Um dies zu fördern, wäre eine möglichst früh-
zeitige Kontaktnahme notwendig, – siehe z.B. die diversen Umweltschutzge-
setze des Gesundheitsministeriums.
Vorschlag Jour fixe auf Büroebene, ev. unter Beiziehung einzelner Sek-
tionschefs, wenn möglich auch mit zuständigen Ressortministern. Dabei
soll die Strategie bei den einzelnen kontroversiellen Themenbereichen
abgesprochen werden und versucht werden Kompromisse vorzubereiten.
Tagesprogramm, 22.10.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)