Donnerstag, 5. November 1981
In der AK Niederösterreich hatte sich der Verein "Sichere Energie,
Sichere Zukunft" konstituiert. Der Hausherr und Initiator dieser Idee,
AK-Präs. von Niederösterreich Hesoun, erörtert die Vereinsabsicht.
Die Betriebsratsobmänner der großen Industriebetriebe waren alle ver-
treten. Ich wurde aufgefordert, in einem Referat die Energiesituation
und insbesondere natürlich die Ausbauabsichten der Energiebetriebe und
die Preisverhandlungen zu schildern. AK Präs. Czettel unterstrich, daß
er finanziell als Arbeiterkammertag diesen Verein selbstverständlich
in jeder Beziehung unterstützen wird.
In der Diskussion ergab sich dann für mich überraschend die Situation,
daß einige Betriebsratsobmänner Vorbehalte für den Beitritt zu diesem
Verein vorbrachten. Insbesondere der Betriebsratsobmann von Siemens,
Schuster, aber auch von Unilever, Giffinger, erklärten, sie hätten ihre
Betriebsratsorgane noch nicht fragen können, und sie befürchteten, daß
durch diese Vereinsgründung die Spontanität der großen Betriebe gegen
die Energiepolitik der Grünen leiden würde. Die Aktivität müsse von
der Basis ausgehen und sollte nicht von oben diktiert werden, oder zumin-
destens gelenkt werden. Dagegen sprachen sich dann wieder Vertreter
großer Betriebe, wie z.B. von SGP, Schwarz, von SDP, Hiesberger, VEW,
Hundsmüller, ÖMV, Nemetz, Voith, Hammeder, Baufirmen, Jarischka und Haberl
vom Reformbau usw., aus. Letzten Endes einigte man sich auf Czettels Vor-
schlag, den natürlich auch sofort ich unterstützte, es sollte die Kon-
stituierung des Vereines jetzt erfolgen und die Betriebe, die noch
nicht ihre Betriebsratskörperschaften beschäftigen konnten, eben zu
einem späteren Zeitpunkt dann beitreten. Czettel sagte mit Recht, er
könne ja sehr schwierig Spontanaktionen finanziell unterstützen, Vereins-
unterstützung sei dagegen sehr wohl möglich. Der Geschäftsführer dieses
Vereines, Dipl.Ing. Pöttschacher, wird sicherlich die formelle Geschäfts-
führung bestens erledigen. In den Streit hat er sich natürlich über-
haupt nicht eingemischt, und ob er solche schwierigen Probleme wird
meistern können, wird sich erst zeigen.
Mit Präsident Czettel bespreche ich dann die Ursachen dieser Mißstimmung,
einmal mehr konnte ich feststellen, daß wieder mangelnde Information
und mangelnde Vorbesprechung innerhalb der Metallarbeitergewerkschaft,
aber sicherlich auch anderer, die Hauptursache gewesen ist. Die BRO von
diesen großen Betrieben sind natürlich ohne weiteres imstande, einem
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Verein beizutreten und nachher sich in ihren Körperschaften die Bestä-
tigung zu holen, dies gilt insbesondere dann, wenn die Vereinsabsicht
eindeutig von allen ja bejaht wurde. Da ich die BRO ja alle kenne und
um ihre Stärke Bescheid weiß, war dies natürlich nur eine Ausrede oder
ein Vorwand, um ihr Unbehagen zum Ausdruck zu bringen. Mit BRO, die
sich zurecht als Belegschaftsmitglieder ihrer oft 10.000 Beschäftigten
fühlen, muß man eben mit genau demselben Zeitaufwand reden, sie informie-
ren, mit ihnen diskutieren, als wie mit den Unternehmungsleitungen.
Ich habe diese Fehler ja nie gemacht oder zumindestens mich bemüht, sie
nicht zu machen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit Pöttschacher Kontakt aufnehmen.
Bei der Fraktionssitzung des Unterausschusses für Energie, mit den
AK- und ÖGB-Vertretern und vor allem der Energiesektion, gab es ebenfalls
eine sehr kritische Stimmung. Dr. Zluwa hatte 2 Gesetzentwürfe für ein
Fernwärmegesetz ausgearbeitet. Eines gesetzlich vollkommen einwandfrei
mit 2/3-Mehrheit verfassungsgesetzlich abgedeckt, das zweite aufgrund
einfachgesetzlicher Regelung. Diese Gesetzentwürfe hatte die Sektion
dem Obmann des Handelsausschusses, Staudinger, übermittelt. Unerklärlicher-
weise haben weder NR Heindl als Energiesprecher noch der Obmann-Stell-
vertreter des Ausschusses, Mühlbacher, und auch nicht der ÖGB-Vertreter,
NR Schmidt, diese Entwürfe bekommen oder gekannt. Eine ähnliche Situation
hat sich schon beim letzten Unterausschuß ergeben, wo natürlich diese
Vertreter entsprechend sauer waren. Das Unterausschußmitglied NR Köck,
BRO der DoKW, beschwerte sich überhaupt, daß viel zu wenig Informationen
die Unterausschußmitglieder erhalten. Ich habe sofort vorgeschlagen, daß
wir uns am Samstag oder Sonntag treffen können, zuerst wurde von Köck
und anderen auch dieser Termin akzeptiert, dann aber von der Mehrheit,
die natürlich dieses Wochenende damit nicht sich verpatzen wollten, ge-
meint, wir sollten einmal eine intensive Aufklärung und Besprechung un-
ter der Woche in irgendeinem Heim abhalten. Auch dagegen habe ich nichts
einzuwenden. In Hinkunft wird es wirklich nur notwendig sein, daß die
Abgeordneten Unterlagen zeitgerecht bekommen und daß man ständig mit
ihnen Kontakt haltet.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte achte, daß die Sektion dies auch tat-
sächlich durchführt.
Materiell einigten wir uns sofort, daß meine Idee wahrscheinlich auch
bei der Freitagsunterausschußsitzung durchzuführen wäre. Ich bin fest
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davon überzeugt, daß die ÖVP niemals den einfachgesetzlichen Fernwärme-
gesetzentwurf behandeln will. Daher wird nicht die Gefahr bestehen, wie
andere glaubten, daß wir mit den Details in diesem Entwurf, der noch
mit Fachleuten abgeklärt werden muß, zur Detailverhandlung kommen wird.
Die ÖVP wird alles daran setzen, daß nur der 2/3-Mehrheit, also mit
Verfassungsbestimmung, diskutierte Entwurf zur Abstimmung gelangt. Das
Expertenkomitee hat aber aus ordnungspolitischen Gründen kein Einver-
nehmen über die Frage des Geltungsbereiches des Kontrahierungszwanges
usw., eine endgültige Formulierung finden können. Diese wird man inner-
halb der Unterausschußsitzung anstreben.
Die Landeshauptleute haben verlangt, daß auch diese Probleme in ihr
Forderungsprogramm, Verhandlung mit der Bundesregierung, aufgenommen
werden. Der Energiesprecher der Opposition, NR König, hat zwar erklärt,
die ÖVP wünscht, daß dies im Nationalrat, der dafür zuständig ist, er-
ledigt wird, König ist aber nicht ein so starker Mann, daß er sich über
die Landeshauptleutewünsche hinwegsetzt. Was er beabsichtigt, ist für
mich vollkommen klar. Er möchte als Energiesprecher und Verhandlungs-
leiter weiter fungieren und dann einen gemeinsamen Entwurf, wo die ÖVP-
Wünsche alle berücksichtigt sind, dann den Landeshauptleuten präsentie-
ren. König will nicht denselben Fehler wiederholen, den die ÖVP ja
schon einmal gemacht hat, als die Landeshautleute in die Gewerbeord-
nung eine entsprechende Energiebestimmung verlangten. In Durchführung
dieses 15a-Vertrages wurde von mir ja in der GewO diese Bestimmung auf-
genommen, und die Novelle steht jetzt im Parlament zur Diskussion, da
sie mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, ist die ÖVP ausge-
schaltet. Diesen Fehler möchte König nicht wiederholen.
Bezüglich des Unterausschusses für Kernenergie, der am Nachmittag im
Parlament tagt, wurde SC Pindur gebeten, über die offenen Fragen der
Strahlenschutzkommission zu referieren. Das Gesundheitsministerium, wel-
ches mit diesen Problemen konfrontiert ist, und von 5 Punkten entspre-
chende Unterlagen liefern sollte, hatte nur zwei bis jetzt mit der Strah-
lenschutzkommission besprochen, überregionale Alarmpläne und Radioakti-
vität in kleinen Dosen. Für letzteres lag ein Gutachten vor. Die über-
regionalen Alarmpläne werden noch bearbeitet. Ich verstehe die Haltung
des Gesundheitsministeriums nicht. Durch die zögernde Lieferung der Un-
terlagen gibt man der ÖVP die Möglichkeit, darauf zu verweisen, daß eben
nicht alle offenen Fragen geklärt sind, weshalb sie diesem Volksbegeh-
rensantrag, Aufhebung des Sperrgesetzes, nicht nähertreten kann. Da die
Taktik eindeutig auf der sozialistischen Seite festgelegt wurde, mit
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Mitte des nächsten Jahres diese Diskussion zu beenden, müssen wir be-
strebt sein, alle offenen Fragen zu beseitigen, damit wir der ÖVP,
und vor allem auch der FPÖ jedwede Ausrede nehmen können.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Ministerrat wegen Aussprache mit Gesund-
heitsminister Steyrer erinnern.
Über die Strompreise hat MR Burian berichtet, und nach längere Diskussion
einigten wir uns darauf, daß die mit den Länderkammern und den EVUs
abgesprochenen Prozentsätze er versuchen wird, ein Einvernehmen zu er-
zielen. Dr. Maurer von der AK befürchtete, daß diese jetzt neuerdings
einer Erhöhung der Prozentsätze zustimmt und dann wieder keine endgülti-
ge Einigung über diesen Vorschlag erzielt werden könnte. Er meinte, ich
müßte jetzt diesen Höchstprozentsatz ganz einfach den EVUs mitteilen
resp. diktieren. Eine solche Vorgangsweise halte ich nicht für zweck-
mäßig, schließlich muß ich auch noch versuchen, die Vertreter der
Landwirtschaftskammer und vor allem der Handelskammer für einen Kompro-
miß zu gewinnen, daß letzten Endes die E-Unternehmen zustimmen. Trifft
dies nämlich nicht zu, dann muß ich befürchten, daß ein EVU zum Ver-
waltungsgerichtshof geht, ein weiteres Urteil in derselben Richtung
wie beim inländischen Erdgas wäre für die weitere Preisbildung verheerend.
Schon dieses wirkt sich so aus, daß mit Recht meine Beamten erklären,
wenn es zu keinem Kompromiß kommt, die Abstriche, die von den Forde-
rungen der EVUs bis jetzt durchgeführt wurden, seien als willkürlich
zu bezeichnen und könnten nicht einmal durch Gutachten begründet werden.
Das Verwaltungsgerichtshofsurteil zwingt mich also zu Kompromissen, wenn
man eigentlich so will, zu meiner seit eh und je verfolgten Politik.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND SATZINGER: Bitte beim nächsten Jour fixe AK
noch einmal die rechtliche Situation des Verwaltungsgerichtshofurteils
besprechen.
Bezüglich des Förderzinses und Flächenzinses ist diese Fraktionssitzung
einverstanden, daß so schnell als möglich ein Gesetzentwurf ausgearbei-
tet wird, die vorgesehenen 20 % erscheinen der AK zu niedrig, da in
Niedersachsen 23 %, wenn auch auf einer anderen Grundlage, verlangt wer-
den. Über die Höhe, erkläre ich sofort, wird man sich noch einigen. Be-
züglich der inländischen Gaspreisfestsetzung wird von Satzinger berich-
tet, daß jetzt versucht wird, den AK-Vorschlag mit einem Investitions-
fonds durchzusetzen. Die ÖMV und die RAG führen diesbezügliche Gespräche.
Bei Bisoprit gibt es keine neue Gesichtspunkte, daß die letzte Ausspra-
che im Ministerium klar und deutlich gezeigt hat, daß die Landwirt-
schaftsvertreter nicht bereit sind, auf meine Taktik mit kleinen Pilot-
projekten zu beginnen, sondern eben gleich die Rahmenbedingungen von
der Regierung zu verlangen. Sie stellen sich vor, daß entweder der
Finanzminister auf jedwede Steuerabgabe für die Ethanolproduktion ver-
zichtet und gegebenenfalls sogar noch entsprechende Subventionen vor-
gesehen werden müßten. Der Beimischungszwang erscheint ihnen als voll-
kommen unzulänglich. Hier wird es noch furchtbar lange Diskussionen ge-
ben. Wichtig erscheint mir nur, daß nicht wieder die Regierung mit
ihren Zusagen, gesetzliche Vorkehrungen für einen Beimischungszwang, in
Verzug gerät.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die Sektion soll mit Verkehrsministerium
ständig darüber Kontakt halten.
In der Bundesvorstandssitzung des ÖGB hat Präs. Benya verhältnismäßig
sehr kurz berichtet. Für mich interessant waren nur seine Angaben, daß
die Stahlproduktion von 600 Mio. to im 70er-Jahr auf 720 Mio. to im
80er-Jahr weltweit angestiegen ist. Die SU um 30 Mio., die restlichen
Oststaaten um 20 Mio., sowie die Amerikaner und Japaner ebenfalls um
20 Mio., in den Entwicklungsländern sind die Stahlproduktionen von 60
Mio. auf 130 Mio. angewachsen. Demgegenüber hat Österreich eine Erhöhung
von 4 Mio. auf 4,3 Mio., wenn man will. nicht einmal 10 %, zum Unterschied
von der Weltproduktion, die um 20 % gewachsen ist. Ansonsten hat Benya
ein sehr kurzes Referat gehalten, aber doch die wichtigsten, schon all-
gemein bekannten Ziffern genannt. Insbesondere über die Arbeitsmarkt-
situation. Er erwähnte dabei, daß wir in den 50er-Jahren, 52/53, auch
eine irrsinnig hohe Arbeitslosenrate hatten, und daß sich dies nicht
wiederholen dürfe. Für den nächsten Winter und das Frühjahr sieht er
aber auch eine große Gefahr.
ANMERKUNG FÜR REIM: Bitte die Beschäftigten- und Arbeitslosenzahlen
der 50er-Jahre.
Schon in seinem Referat attackierte er den Vizepräsidenten der christli-
chen Gewerkschafter, NR Gassner. Dieser hatte bereits im Voraus eine
Stellungnahme in einer Pressemitteilung festgelegt. Insbesondere ent-
spann sich dann eine lange Diskussion über das Verhalten der ÖVP im
Rahmen der ÖIAG, d.h. der Mittelzuweisungen Vöest-Alpine und VEW.
Letztere hätte die ÖVP ja zugestimmt, obwohl in der ÖIAG unter einem
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Antragspunkt über die Mittelzuweisung zur Vöest-Alpine und zur VEW
abgestimmt wurde. Da die ÖVP dagegen war, hat sie eigentlich auch die
VEW-Kaptialzuweisung abgelehnt. Eine weitere harte Diskussion ergab
sich dann zwischen den christlichen Gewerkschaftern und den Bauarbeitern
wegen der Einstellung des Konferenzzentrums. Sowohl der Obmann der
Bauarbeiter, GR Rautner, als auch der Zentralsekretär, Hauptverbandspräsi-
dent Millendorfer, attackierten, mit konkreten Zahlen und Unterlagen, die
unverständliche Haltung der ÖVP. Den christlichen Gewerkschaftern geht
es in diesen Sitzungen immer sehr schlecht. Auf der einen Seite wollen
sie natürlich ihre Solidarität mit allen Beschäftigten bekunden, auf
der anderen Seite müssen sie aber doch eine Parteilinie vertreten, die
der ÖAAB innerhalb der ÖVP einnimmt, und der natürlich die christlichen
Gewerkschafter dann in gewisse Gegensätze zu der Belegschaft bringt.
Dies gilt für öffentlich Bedienstete, wie z.B. besonders für die Eisen-
bahn, genauso wie für die konjunkturell empfindlichen Bau- und Metall-
arbeiter und auch andere Berufsgruppen.
Die kommunistische Fraktion, aber auch die abgesplitterte Gewerkschaftli-
che Einheit hat in ihren Diskussionsbeiträgen natürlich gegen die Re-
solution resp. das Pressekommuniqué, das vorgelegt war, polemisiert
und dann auch dagegengestimmt. Ein Argument des neuen kommunistischen
Vertreters im Bundesvorstand, Margulies, war für mich sehr neu und auch in-
teressant. Er behauptet, man dürfte das Kernkraftwerk Zwentendorf des-
halb nicht in Betrieb nehmen, weil dann die ÖMV ihre Produkte, insbeson-
dere Heizöl schwer, nicht mehr verkaufen kann. Dagegen mußte ich natürlich
aufklärend Stellung nehmen. Ansonsten war es diesmal notwendig, über-
haupt in die Debatte einzugreifen, da, wie gesagt, die anderen Gewerk-
schafter sich mit der christlichen Fraktion hinlänglich auseinander-
gesetzt haben.
Interessant für mich ist immer, daß der Vertreter der Parteifreien,
aber auch der Vertreter der freiheitlichen Arbeitnehmer stets mit der
sozialistischen Fraktion mitstimmt. Da diesmal auch die christlichen
Gewerkschafter dafür waren, blieb wieder einmal nur der ganz linke
Flügel über.
Unser Pressesekretär Vecsei, der in Linz war und dort beim Magistrat
erhoben hat, was gegen den Lokalbesitzer, der den schwarzen Starsänger
Belafonte nicht in ein Disco-Lokal ließ, unternommen wird, berichtete
mir unverzüglich. Das Magistrat der Stadt Linz hat aufgrund einer
Bestimmung des Verwaltungseinführungsgeseztes einen Strafantrag einge-
leitet, der Discobesitzer kann mit 3.000 S bestraft werden. Er ist nicht
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bereit die Tafel, die nicht deutschsprechenden den Eintritt verwehrt,
zu beseitigen. Daß eine solche Vorgangsweise dem Ansehen Österreichs,
vor allem dem Fremdenverkehrsland Österreich, sehr schadet, war für mich
von allem Anfang an klar. Vecsei hat sofort erkannt, welche Gefahr hier
besteht, und entsprechend Dr. Burian und mich mobilisiert. Beide haben
dann verschiedenste Variationen vorgeschlagen, wie ich mich am besten
bei Belafonte entschuldigen konnte. Von gemeinsamen Auftritt vor seinem
Konzert, ich spielte Mundharmonika, "We shall overcome", und bis zum
Besuch in seinem Künstlerzimmer wurde alles erwogen. Über die Aktivität
der beiden war ich sehr erfreut, doch fest davon überzeugt, daß es ganz
anders kommt. Tatsächlich hat Belafonte dann im Hilton eine Pressekon-
ferenz abgehalten, zu der hat Burian mich dann schnell rübergebeten, und
ich konnte mich in aller Form, auch Namens des Bürgermeisters von Linz,
worum mich Vecsei ersuchte, entschuldigen. Schon seine Begleiter, aber
auch sein Manager resp. Managerin hatten Burian und dann auch mir ge-
sagt, er legt diesem Zwischenfall gar keine besondere Bedeutung bei.
In der Pressekonferenz wurde er dann natürlich auf diesen Vorfall ange-
sprochen. Er hat in wirklich liebenswürdigen Worten darauf verwiesen,
daß 1936, als bei der Olympiade einem Neger etwas ähnliches passierte,
sich überhaupt niemand aufgeregt hat. Er sieht also einen großen Fort-
schritt gegenüber der damaligen Zeit, daß jetzt 1981 ein so trauriger
Vorfall sich ereignet, sich bei ihm so viele Leute entschuldigen kommen.
Nach seiner Pressekonferenz, die über eine Stunde dauerte, habe ich
mich dann bei ihm neuerdings über diese nette Art, wie er sich verhält,
nochmals bedankt. Der Rundfunk, das Fernsehen und viele andere
stürzten sich dann sowohl auf mich als auch Stadtrat Zilk, um die so-
zusagen offizielle Meinung zu hören. Was man immer wieder fragt, war,
ob ich dem Lokal die Konzession entziehen werde. Aufgrund der jetzigen
Gesetzeslage ist dies nach einem Aktenvermerk der Gewerbesektion nicht
möglich. Trotzdem, glaube ich, müssen wir entsprechende Vorkehrungen tref-
fen und Überlegungen anstellen. Ich bin fest davon überzeugt, daß es
noch viel Wirbel über diesen Vorfall in Österreich, aber vor allem in
der Welt geben wird.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte entsprechende Vorschläge aus-
arbeiten.
Tagesprogramm, 5.11.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Unterausschuss Kernenergie 5.11.1981