Freitag, 23. Juli 1982
Das Präsidiums des Verbandes der Zuckerindustrie legte auf mein Ver-
langen die zwei Projekte für Biosprit vor. Während bei dem Rübenpro-
jekt nur noch 155 Mio. zu investieren wären, 355 für die Alkoholfabrik
und 100 Mio. für größtenteils der Schlempeverbrennung, sind die Investi-
tionen für eine Hirseverarbeitung mit 655 Mio. wesentlich höher. Bei
diesem Projekt müßten für 242 Mio. Investitionsgüter investiert werden.
GD Vogler, der beide Projekte vertritt und die Tullner Zuckerfabrik
als bestens geeignet dafür diese hält, meinte, daß das Hirseprojekt
aus verschiedensten Gründen zweckmäßiger als das Rübenprojekt sei. Für
Hirse haben sie 80 Zentner Hektarertrag angenommen. Zweifelsohne würde
hier noch durch entsprechende Hybridenzüchtung die Biomasse wesentlich
vergrößert werden können. Dadurch ergibt sich ein günstigeres Energie-
verhältnis Input I zu Output IV. Außerdem eine wesentlich günstigere
Kalkulation bei der Rübe, 12,16 S allerdings bei einem vollen inländi-
schen Rübenpreis wie ihn die Bauern verlangen, wodurch der Rohstoff-
anteil 9 S ausmacht. Für Hirse wollte er unter gar keinen Umständen
auch nur annähernde Ziffern nennen. Auf mein fast inquisitorisches Fragen
hat er dann die von mir genannten approximativen Ziffern akzeptiert.
Rohstoff ca. 5 S, die anderen Kosten 4 S, so daß sich der Hirsesprit auf
ca. 9 S zu stehen käme. Dies ist meiner Meinung nach aber eine Obergrenze,
die noch beträglich unterschritten werden könnte, da nach wie vor die
anderen Projekte, insbesondere Stroh, um 1/3 billiger sind.
Die Zuckerindustrie hat auch vom Fessel-Institut eine Meinungsumfrage
gestartet, um die Einstellung der Bevölkerung kennenzulernen, 80 %
kennen das Problem Biosprit, Vogler meint, er sei verwundert, daß ein
so hoher Bekanntheitsgrad existiert. Mich hat dies weniger beeindruckt,
denn die Medien haben ja durch Jahre hindurch jetzt immer von diesen
Projekten geschrieben und vor allem alle Autofahrer sind bezüglich
Benzinpreise und Treibstoffpreise sehr sensibilisiert. Diese erwarten
auch eine weitere Benzinverteuerung, das ethische Argument, man sollte
doch Nahrungsmittel nicht für Benzin umarbeiten gilt heute überhaupt
nicht mehr, bei fast 80 % liegen die Argumente sicher unter Versorgung,
Arbeitsplatzsicherung und vor allem Abgasverbesserung. Die öffentliche
Meinung würde also ein Biospritprojekt heute weitestgehend begrüßen.
Ich habe den Vertretern der Zuckerindustrie klar gemacht, daß das wirk-
liche Problem ausschließlich darin besteht, daß sie sich mit der Ölindu-
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strie sei es wie immer einigen müssen und die notwendigen Vorarbeiten
mit diesen zu treffen haben. Der Wunsch der Agrarvertreter, daß vorerst
so wie dies auch bei allen anderen Agrarprodukten immer wieder geschieht,
der Staat erklärt, daß er alles an Subvention bereit ist zu geben,
Lenkungsmaßnahmen zu beschließen, Absatzsicherung zu garantieren usw.
wird von mir persönlich auf das entschiedenste abgelehnt. Das Parlament
und vor allem die Regierung wird sicherlich noch Maßnahmen zu setzen
haben, Voraussetzung dafür aber ist, daß ein vollkommenes Konzept
zwischen den Produzenten, sprich Landwirten, und den Abnehmern, sprich
verarbeitende Industrie, zustande kommen muß, die dann erzeugten Bio-
spritmengen von der Ölindustrie privatrechtlich kontraktiert sein
müssen, bevor dann der Staat ev. Schutzmaßnahmen, insbesondere Sicherung
der nicht mit Biosprit angereicherten Benzine aus dem Ausland gibt.
Dr. Vogler bestätigte mir, daß er und der Verbandspräsident Lunacek
mit GD Bauer von der ÖMV und seinen Fachleuten, insbesondere Univ.-Prof.
Pass engen Kontakt hält, um die notwendigen Maßnahmen zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Dr. Mandl soll auch Kontakt mit ÖMV, Prof.
Pass aufnehmen.
Dr. Aubauer Kapitän vom AUA-Flugdienst, ist hobbymäßig auch Österrei-
chischer Bergrettungsdienst von Wien und NÖ. Sie bekommen nur 269.000
Subventionen bei 60.000 Einsatzstunden. Die Wiener geben nur 50.000 S
und dafür muß ein kleines Lokal den selben Betrag an Miete bezahlen.
Andere Bergrettungsstellen in den Bundesländern bekommen von den Berg-
und Seilbahnen entsprechende Bergrettungsgroschen und sind finanziell
viel besser gestellt. Ich habe Aubauer klargemacht, daß ich keine
größeren Budgetmittel zu Verfügung habe um eine ständig dauernde Sub-
vention ihnen zu geben. Das Handelsministerium gibt dem Verband
alpiner Vereine 15 Mio. S, wie diese das Geld verwenden bleibt ganz ihnen
überlassen. Maximal könnte ich mir vorstellen, daß man ihnen als Sonder-
subvention zur Anschaffung von Funkgeräten einen einmaligen Zuschuß gibt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte laß diese Möglichkeit prüfen.
Mit Gesundheitsminister Steyrer, seinem Sektionschef Pindur und dem Dr.
Schäfer, Gesundheitsinstitut diskutierten wir die Frage der Pölser
Zellulosefabrik. Das Gesundheitsministerium will mit diesem Fall nichts
zu tun haben. Da die Planung und die ersten Bescheide ja bereits draußen
sind, sagt Pindur gibt es keine Chance mehr eine Umweltverträglichkeits-
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prüfung durchzuführen. Er wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, daß
jedwede Maßnahme, die gesetzt wird, als solche bezeichnet wird. Das ein-
zige was das Umweltschutzministerium noch akzeptieren könnte, wäre eine
Ausbreitungsberechnung. Die Bezirkshauptmannschaft hat zwar eine
Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt, kein Professor aber erklärt sich
jetzt dazu bereit. In Pöls hat es immer gestunken und wird es auch nach
der Sulfatzellstoffabrik die jetzt neu gebaut wird weiterhin stinken.
Die von der Bezirkshauptmannschaft festgelegten Höchstbelastungsgrenzen
könnten nach Meinung von Dr. Schäfer, Gesundheitsinstitut wesentlich
unterschritten werden. Nach wie vor stehen sie auf dem Standpunkt, man
müßte eben die notwendigen Milliarden ohne weiteres aufbringen können
um so wie in Schweden geruchsfreie Fabriken installieren zu können.
Gesundheitsminister Steyrer sieht allerdings ein, daß diese Belastung
man nicht den Unternehmern aufladen kann. Weshalb das Gesundheitsmini-
sterium und er persönlich mit diesem Projekt überhaupt nichts zu tun
haben will. Die Taktik des Gesundheitsministeriums, insbesondere SC
Pindur wurde mir wieder vollkommen klar. Entweder er kann sich in jeder
Beziehung mit seinen Ideen durchsetzen oder er distanziert sich davon.
Ob dies eine richtige Politik ist, bezweifle ich. SC Jagoda hat hier
wieder einmal mehr bewiesen, wie er praxisbezogen denkt. Sein Vorschlag
läuft jetzt darauf hinaus, daß man versucht eine optimale Lösung zu
erzielen, er wird deshalb mit dem Gewerbereferenten der Steirischen
Landesregierung Kontakt aufnehmen um eine optimale Lösung auch durch
heranziehen von entsprechenden Univ.-Professoren, die vernünftige Vor-
schläge machen sollen, zu erreichen. Wenn man bedenkt, daß beide, Pindur
und Jagoda, Sektionschefs im selben Rang und in der selben Stellung sind,
dann kann ich mich nur über die differente Arbeitsweise der beiden
wundern. Während Jagoda mir immer mehr Achtung abgewinnt und mir voll-
kommen klar ist, daß heute Leute, die vorerst große Bedenken gegen seine
Berufung gehabt haben, wie die Handelskammer, und mich sogar deshalb atak-
kierten, ihn heute nicht nur restlos anerkennen, sondern sagen er war
und ist der beste Sektionschef, den es jemals im Handelsministerium ge-
geben hat, kann ich mir sehr gut vorstellen, daß man über Pindur genau
das Gegenteil sagt. Ich hoffe nur, daß es Jagoda und mehr oder minder
auch dem Vertreter des Handelsministeriums im Aufsichtsrat der Pölser
AG, Dr. Burian gelingt, zu einem baldigen Ergebnis zu kommen, die Existenz
der Pölser Fabrik und insbesondere der dort Beschäftigten ist nämlich
diese neue Fabrik unerlässlich. SC Pindur hat als einziges nur ange-
kündigt, daß er fest davon überzeugt ist, daß dort die Bürgerinitiativen
dann alles verhindern werden. Gesundheitsminister Steyrer hat aber dezi-
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diert erklärt, er möchte nicht der Totengräber der Pölser Idee sein.
Ich habe den dringenden Verdacht, daß Pindur insbesondere auf die Bürger-
initiativen hofft und damit rechnet, daß auf diese Art und Weise das
Projekt, wo jetzt schon 100 Mio. hineingesteckt wurden, zum Scheitern
bringt.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte Projekt wenn irgendwie möglich
beschleunigen.
Der Pressereferent Hofbauer der ÖFVW hat die Idee gehabt, den Fremden-
verkehrsredaktionen als Anerkennung für ihre gute Zusammenarbeit ein
Dienstfahrrad zur Verfügung zu stellen. Da bei uns Staatssekretär Albrecht
ja die Pressearbeit, schon allein durch Vorsitz im Pressefrühstück
öffentlich dokumentiert, leitet, ersuchte ich sie bei der Übergabe mit
dabei zu sein, was ihr richtig Spaß machte. Einmal mehr ist sie wieder
in Zeitungsredaktionen gekommen, insbesondere bei der AZ war sie
nostalgisch berührt, und sichtlich erschüttert. Redaktionen zeichnen
sich immer dadurch aus, daß sie viele kleine Zimmerl haben, denn jeder
Redakteur sollte eigentlich für sich in Ruhe arbeiten können. Albrecht
sagt aber mit Recht, man spürt selbst dann, wenn im Sommer nicht
alle anwesend sind, die meisten sind ja auf Urlaub, so doch, ob eine
Redaktion lebt oder ob sie dahinvegetiert. Bei der AZ hatte sie leider
den letzteren Eindruck, den ich auch bestätigen muß. Da sie ja im Vorwärts
33 Jahre in der Redaktion "Die Frau" gearbeitet hat, nützte sie gleich
die Gelegenheit, um auch diese Zeitschrift ein Dienstfahrrad bei Hofbauer
herauszureißen.
Die neuen Redaktionen die wir besuchten waren alle sehr erfreut, daß wir
ihre Arbeit so anerkennen. Alle freuten sich natürlich über das Puch-
Fahrrad, das sie entweder in Aktionen an ihre Leser weiterschenken oder
als Dienstfahrrad für die Boten verwenden wollen. Meistens waren, wie ich
immer so schön sage, die Machatscheks auch bei der Übergabe anwesend.
Bei der Gastgewerbezeitung der NR Graf als Geschäftsführer des Wirtschafts-
verlages und der ehem. Staatssekretär und Chefredakteur Pisa. Natürlich
diskutierten wir dann über die Parlamentsarbeit, anerkennend hat Staat-
sekretär Albrecht und ich Graf gegenüber versichert, daß er sich in der
Frage der Vereinbarung zwischen SPÖ und ÖVP bezüglich der Akademiker-
klausel in der WTBO auch zu meiner größten Überraschung durchgesetzt hat.
NR Keimel hatte ja wieder einmal mit der FPÖ und insbesondere dem ÖVP-
Vizepräsident Böck der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der National-
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ratssitzung etwas anderes vereinbart als vorher im Handelsausschuß,
und was noch viel wichtiger ist, zwischen Präs. Mühlbacher als Sprecher
der Sozialisten und ihm vereinbart war, durchziehen wollen. Präs. Graf
als in dieser Sitzung geschäftsführender Obmann des ÖVP-Klubs hat ganz
entschieden darauf gedrängt, daß die ursprünglichen Vereinbarungen einge-
halten werden müssen. Überhaupt ist Graf ein Mann, der zu den Verein-
barungen steht, sehr sarkastisch und oft zynisch mit seinen Leuten um-
geht und daher wie ich ihm sofort sagte, wenig Chance hat, in der Partei-
hierarchie und Nationalratshierarchie zu größeren Aufgaben berufen zu
werden. Das größte Handicap allerdings ist, und das bestätigt mir der
ehem. Gen.Sekr der ÖVP Mussil auch immer wieder, daß er kein CV-ler ist.
Bei der ÖVP ist nämlich derzeit die CV-Gruppe wenn man so sagen kann
im Zug.
Bei der neuen Kronenzeitung hat mir Chefredakteur Dragon mitgeteilt, daß
sie jetzt eine neue Aktion über die wilden Deponien starten werden. Da
die Kronenzeitung im harten Konkurrenzkampf insbesondere gegen den
Kurier, den sie allerdings schon weit abgeschlagen hat, immer wieder be-
strebt ist, neue Aktivitäten mit ihren Lesern zu entrieren, hat sie
z.B. bezogen auf das Fahrrad, das sie bekommen hat, ihre Einsätze für
Fahrradwege jetzt abgeschlossen. Ähnlich wie wir bei der ÖFVW nach
in der Wiese liegen und mit der Seele baumeln, Wanderbares Österreich,
Radlbares Österreich jetzt Festland Österreich entrieren werden, be-
ginnt die Kronenzeitung jetzt eben diese neue gegen die wilden Müll-
deponien für den Naturschutz wie ich glaube sehr interessante Aktion.
Hofbauer hat Dragon vorgeschlagen, ob nicht die Kronenzeitung mit der ÖFVW
im Herbst schön langsam beginnen könnte unseren neuen Slogan Festland
Österreich mit zu unterstützen. Dragon war sofort damit einverstanden.
Ich glaube auch, daß wir die 120.000 Feste oder besser gesagt Festerln,
die in Österreich Jahr für Jahr abgehalten werden, durch entsprechende
Propaganda durch die Massenmedien für den neuen Slogan der ÖFVW mehr
aufwerten müßten. Dabei handelt es sich nicht um Festivals wie Salz-
burger Festspiele, Bregenzer usw., sondern eben um die große Masse der
mittleren und manchmal sogar kleinsten Festivitäten, die wir doch Jahr
für Jahr in Österreich auf alle Fälle feiern. Wenn es uns nämlich ge-
lingt, die Massenmedien mit einzuspielen, so könnte auch dieser Slogan
ganz gut werden, obwohl ich noch immer innerliche Zweifel hege. Beim
Wanderbaren Österreich ist es geglückt die Industrie, insbesondere die
Schuhindustrie mit dem Slogan zu verknüpfen. Für mich ist die große
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Frage, ob uns bei Festland Österreich es gelingt mit den Veranstaltern
der über 100.000 Aktivitäten diese Verknüpfung herbeizuführen. Die
Massenmedien werden dazu gebraucht, allerdings nicht nur die Kronen-
Zeitung.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächstes Jour fixe mit Zolles besprechen.
Tagesprogramm, 23.7.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)