Donnerstag, der 11. November 1982

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Donnerstag, 11. November 1982

Der libysche Landwirtschaftsminister Hajazi, angeblich heißt er anders,
aber niemand weiß es genau, wurde von mir auf Wunsch der Fa. Heid
eingeladen. Bei seinem Besuch strich ich besonders heraus, daß Dir.
Dautzenberg von Heid sich in Libyen um große Aufträge bemüht, dort
auch wesentliche Leistungen schon vollbracht hat, den einzigen kon-
kreten Wunsch, den Dautzenberg hatte war, daß ich daran erinnern sollte,
daß Libyen für Projekte noch 6 1/2 Mio. S der Fa. Heid schuldet. Die
Libyer haben nämlich in Frühjahr, als der Ölpreis stark rückläufig
war und sie ihre zusätzlichen Mengen Öl kaum verkaufen konnten, sich
aich mit ihren Zahlungen sehr zurückgehalten. Der Minister versprach
diese Kleinigkeit so wie alle anderen offenen Probleme, die es zwischen
Libyen und Österreich gibt, zu bereinigen.

Schwierig war es für mich festzustellen, ob ich ihn schon einmal in
Tripolis getroffen habe. Die Libyer haben ja jetzt keine Minister mehr,
sondern nur mehr Sekretäre des Volkes, niemand weiß genau, wie lange
sie im Amt sind resp. waren, sodaß eine kontinuierliche Zusammenarbeit
sehr schwer ist. Umso inniger hat er mich bei der Begrüßung umarmt
und auf die Wange geküßt, wie es arabische Sitte ist, so als wären
wir schon längs jahrzehntelange alte Freunde.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn auch sehr schwierig sollte man doch immer
versuchen zu erfahren, ob ich den Mann schon irgendwo getroffen habe.

Staatssekretär Albrecht hat es dankenswerterweise übernommen, die
Staatspreise für Werbung zu überreichen. Da ich Zeit habe und sie mich
dann auch noch eingeladen hat, bin ich zu dieser Festveranstaltung
gerne gegangen. Zwei Sachen haben mich dabei überrascht, erstens hat
die werbewirtschaftliche Gesellschaft, deren Präs. der ehem. GD von
Persil, Lobner, ist, die Feier mit einem Streichquartett umrahmt, gegen-
über dem letzten, das ich bei der Bezirksvertretung Landstraße im
Haus der Industrie gehört habe, ein haushoher Unterschied, die zweite
Überraschung war für mich, daß Albrecht einen blendenden Vortrag ge-
halten hat und vor allem, wie ich ihr immer sage, mit ihrem Charme diese
feierliche Preisverleihung wirklich bestens durchführt. Ich habe ihr
sofort gesagt, daß in Hinkunft nicht nur diese, sondern, wenn es nach
mir geht, alle diese Feiern bestreiten sollte. Im nächsten Jahr wird


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ein eigener Staatspreis für Exportwerbung kommen, die Jury wurde außer-
dem wesentlich erweitert und ergänzt, unter den ersten 3 Preisträgern,
Cincinnati, ÖFVW und Porsche Austria, freute mich natürlich, daß auch die
ÖFVW diesmal mit dabei war. Das einzig wenig erfreuliche ist nur, daß
weder der Rundfunk noch das Fernsehen von diesen Veranstaltungen Kennt-
nis nehmen, dies liegt sicherlich aber nicht an den Organisatoren, ja
auch nicht an Frau Staatssekretär, sondern an dem wenigen Interesse
des ORF. Selbst als wir bei manchen Staatspreisen bedeutende Maler wie
Fuchs und andere auszeichneten und dazu die Presse und selbstverständlich
auch den ORF geladen hatten, ist auch niemand erschienen.

ANMERKUNG FÜR VECSEI: Ergründe vorsichtig, wer im ORF sozusagen hier
immer diese Entscheidung trifft.

In der LUGA, soz. Vorstandsfraktion, wurde ich zu einem politischen Re-
ferat aufgefordert, an das sich diesmal sogar eine längere Diskussion
anschloß. Immer wieder auch hier die Klage, daß führende Genossen, sei
es Parteiprobleme oder führende soz. Gewerkschafter dann auch Lohn- und
Gewerkschaftsprobleme in der Öffentlichkeit diskutieren, ohne sich vor-
her abzusprechen oder nur zu versuchen auf eine gemeinsame Linie im
kleinsten Kreis zu kommen. Diese Kritik insbesondere jüngerer Genossen
verwundert mich nicht, nach wie vor ist auch bei den jungen Funktionären
erwünscht, daß man zwar hart diskutiert, aber nur im Kreise unserer Par-
tei oder der Gewerkschaft, keinesfalls aber in der Öffentlichkeit und
dadurch nur dem Gegner hilft.

Die Vorstandssitzung verlief dann wie üblich, dort referiere ich ja
prinzipiell primär über Probleme, die die LUGA besonders betreffen. In
der Diskussion dann eben die sehr konkreten Fragen, was geschieht mit
dem Biospritprojekt, wird jetzt der Zuckerhirse, wie die Zuckerarbeiter
natürlich wollen, erste Priorität eingeräumt. Wird die Gündner, die ja
auf Stärkebasis eine Biospritanlage möchte, als ersten Schritt ihre
Versuchsanlage errichten, werden für all diese Projekte öffentliche
Mitte resp. Zinsenzuschüsse gewährt werden, alles Fragen, die niemand
konkret beantworten kann, weil sie ja noch nicht entschieden sind.
Sicher ist nur eines, daß Dir. Wohlmeyer von der Gmünder Stärkefabrik
jetzt angeblich einen Beschluß in seinen Organen durchgebracht hat, daß
er eine Versuchsanlage errichten wird. Die jetzt schon bestehenden Spi-
ritusfabriken, die ja alle eine wesentlich höhere Kapazität haben, als
sie Brennrechte vom Finanzminister zuerkannt bekommen haben, fürchten,
daß womöglich jetzt Wohlmeyer auch ein Kontingent von einer stillzu-
legenden Fabrik erhält, vorerst wird er zwar nur mit einer sogenannten


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Vormerkverkehrsregelung das Auslangen finden, wenn sich dann heraus-
stellt, daß dieses Projekt so nicht geht, wird er dann im Hinblick auf
die durchgeführten Investitionen und die Beschäftigungslage im Wald-
viertel alles daran setzen, um auch ein inländisches Brennrecht dafür
zu bekommen. Als vollkommen falsch wurde mir erklärt, ist die Behaup-
tung, daß er 50 Beschäftigte in dieser Fabrik wird zusätzlich unterbrin-
gen können, die gesamte Spiritusindustrie hat auf diesem Sektor nur
170 Beschäftigte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Unser Branchenreferent Mandl soll dies im ein-
zelnen genau prüfen.

Bei dem Bericht über die einzelnen Gruppen wurde auch die Situation
bei Masterfoods im Burgenland geschildert. Ich habe dem Vorstand auch
meine Verwunderung mitgeteilt, daß wir für Dutzende Mio. Hunde- und
Katzenfutter importieren und es noch immer Veterinäre und sonstige
Behörden gibt, die eine inländische Produktion verhindern, obwohl dort
wirklich sofort 50 Beschäftigte zusätzlich eingestellt werden könnten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie weit, hat Mandl jetzt festgestellt, gibt es
noch Widerstände gegen dieses Projekt.

Die Süßwarenarbeiter BRO Beck hat sich bei mir bedankt, daß es jetzt
auch möglich ist, in die DDR für 1 Mio. DM, das sind 7 Mio. S, Schokolade
und Süßwaren zu exportieren. Sie hofft sehr, daß dieses Geschäft noch
ausgeweitet werden kann resp. sich vielleicht auf einen längeren Zeit-
punkt erstrecken wird.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte bei Beil-Besuch erinnern.

Im Parlament wurde bis am Nachmittag der Grüne Bericht von über einem
Dutzend Redner diskutiert. Der Integrationsbericht und Mühlenfondsbe-
richt kam daher sehr spät zur Debatte. Zu meiner größten Überraschung
hatten sich auch zum Integrationsbericht 7 Redner gemeldet. Als einziger
hatte nur der ehem. GSekr. Lanner, der sich früher mit Integrationsfragen
sehr intensiv beschäftigte, zwar kurz, aber dafür sehr aggressiv die Re-
gierung angegriffen. Mir hat er nur vorgeworfen, daß ich erst zweimal
in Brüssel gewesen bin und 44-mal in den Oststaaten, angegriffen hat er
aber direkt, aber für allem indirekt den Bundeskanzler, weil er sich
nach Meinung der ÖVP um die große Politik kümmert und nicht, wie man allen
Ernstes kindisch vorgeschlagen hat, er sollte auch nach Brüssel gehen,
um die Agrarwünsche dort durchzusetzen. Die Kreiskysche Politik bringt


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nach Auffassung der ÖVP gar nichts. Mit Gaddafi zusammenzukommen, ist
vollkommen falsch. Was mich dabei verwundert ist, daß die ÖVP auch
jetzt noch nicht erkennt, wie gerade diese Politik Kreiskys der öster-
reichischen Wirtschaft und auch der Landwirtschaft gedient hat. Ich
habe daher in der Beantwortung ganz hart Lanner gesagt, unsere Exporte
in die OPEC-Staaten haben sich von 8 Mrd. 1979 auf 18 Mrd. im Vorjahr
erhöht, werden viele landwirtschaftliche Produkte, vor allem auch Holz
geliefert, er soll sich bei ÖVP-Bundesrat Schwaiger, der einer der
Haupttransporteure von Agrarprodukten in diesen Raum ist, darüber erkun-
digen.

Kritisiert wurden, und dies zu Recht, die Maßnahmen der französischen Re-
gierung, für Videorecorder ein einziges Zollamt, mitten in Frankreich ge-
legen, das europäische und vor allem auch japanische Einfuhren abferti-
gen darf, das Verlangen alle Begleitpapiere bei Exporten müssen in
Hinkunft auf Französisch sein und die Frage an mich, welche Gegenmaßnah-
men ich durchführen werde. Insbesondere wollte Tichy-Schreder von mir
hören, ob der Vorschlag Sallinger, den französischen Botschafter zu mir
zu bitten, bereits durchgeführt wurde. Da ich gar nicht die Absicht habe,
überstürzt irgendwelche unbedachte Maßnahmen zu setzen, habe ich nur
erklärt, ich werde dies alles im engsten Einvernehmen mit der Bundes-
handelskammer machen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß alle Maßnahmen zusammenstellen und
recherchieren, was andere Staaten dagegen unternehmen.

Beeindruckend für mich war aber die Schilderung von Tichy-Schreder,
daß man beim Export von 300 Flaschen Qualitätswein nach München Stempel-
gebühren von 623.20 S durch die Zollabfertigung und entsprechende
Hausbeschau usw. bezahlen muß und noch für die Sortenuntersuchung
768.–– S. Ich glaube, daß diese konkreten Fälle wirklich geprüft werden
sollten, um eine entsprechende Vereinfachung erzielen zu können.

ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte diese Frage mit dem Finanzmini-
sterium besprechen.

Der Obmann des Getreidefonds, ÖVP-Abg. Fachleutner, hat dann bei dieser
Gelegenheit die schwierige Exportsituation durch die Überschußproduk-
tion der Landwirtschaft dargelegt. Für die Getreideexporte fehlen seiner
Meinung nach 400 Mio. S für dieses Jahr noch, der Zuckerexport soll heuer
noch 200.000 to betragen, wofür natürlich im Zuckerfonds auch nicht die


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Deckung vorhanden ist. Durch die riesige Weinernte müßten im nächsten
Jahr beträchtliche Exporte durchgeführt werden, mit einem Wort, die
österreichische Bundesregierung soll ihm sofort sagen, wie diese Über-
schußprobleme der Landwirtschaft gelöst werden. Sein einziger Vorschlag
war, man sollte so wie in der EG alles entsprechend subventionieren,
dann seien die Landwirte die Sorgen los. Er selbst hat aber zugegeben,
daß der Landwirtschaftsfonds in der EG von 90 Mrd. S Mitte der 70-er Jahre
jetzt bereits auf 380 Mrd. gestiegen ist. Die EG macht sich selbst größte
Sorgen, wie sie diese ungeheuren Mittel aufbringen kann.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Zuckerfondsabrechnung resp. Vorschau
zusammenstellen lassen.

Beim Mühlenfondsbericht hätten ebenfalls Redner dazu Stellung nehmen. Da
aber die Bauern so lange ihren Grünen Bericht debattierten, wurde nicht
nur, wie ich selbst überrascht war, der Integrationsbericht trotz der
vielen Redner und doch meiner notwendigen Antwort, alle haben sich aber
sehr kurz gefaßt, zum Mühlenfonds dann alle Redner gestrichen. Zum
Mühlenfonds war ja wirklich nichts zu sagen, die Wünsche, die im Handels-
ausschuß bezüglich zusätzlicher Information geäußert wurden, habe ich ja
durch persönliches Überbringen der Antwort an den Handelsausschußvor-
sitzenden Staudinger zeitgerecht noch dem Hohen Haus zugeleitet. Über-
haupt kann ich einmal mehr feststellen, daß wenn ich zu irgendeinem Punkt
bei der Debatte im Plenum dann kritisiert werde, dann gilt es meistens
gar nicht mir, sondern indirekt wird "die Regierung" gesagt und man meint
in Wirklichkeit immer Kreisky. Kreisky hat daher auch, als er zufällig
bei der Attacke von Lanner im Saal war, sich zu mir auf die Regierungsbank
gesetzt und meinte, Du wirst ihm hoffentlich entsprechend antworten,
was ich auch selbstverständlich dann getan habe.

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Tagesprogramm, 11.11.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: -min.


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      Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: Sts. HM


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            Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


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              Tätigkeit: BRO Fa. Victor Schmidt & Söhne, 1110 Wien


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                  Tätigkeit: Künstler


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                              Tätigkeit: Bundeskanzler
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                                Tätigkeit: Gen.Dir. Persil


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                                  Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                                    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.; Bgm. Schwanenstadt, OÖ


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                                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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