Montag, 15. November 1982
Beim Jour fixe mit der Handelskammer habe ich Präs. Sallinger und Gen.
Sekr. Kehrer sofort über die letzte Nationalratssitzung, Integrations-
bericht, Angriff des ehem. Gen.Sekr. Lanner auf die Exportpolitik be-
richtet. Wenn die ÖVP tatsächlich der Meinung ist, wir sollten eine
andere Exportpolitik machen, dann kritisiert sie damit nicht das Handels-
ministerium, sondern in großem Umfang auch und vor allem die Handels-
kammer. Sallinger war über die Äußerung Lanners sehr unglücklich; während
er mit Staatssekretär Albrecht dann besonders über diese Schwierigkeiten,
die er in der ÖVP hat, plauderte, versicherte mir Gen.Sekr. Kehrer, daß
in immer stärkerem Maße innerhalb der ÖVP insbesondere die Frage des
Umweltschutzes zu Konfrontationen mit der Handelskammer führt. Als
Beispiel erwähnte er die von mir im letzten Jour fixe mit Recht kriti-
sierte Anfrage der Abg. Gen.Sekr. des ÖAAB, Heinzinger, und des Bauern-
bundsekretärs Riegler wegen der zu schlechten Werte in der Dampfkessel-
verordnung. Die Handelskammer kann sich jetzt innerhalb der ÖVP über-
haupt nicht mehr durchsetzen. Sallinger meinte dann abschließend zu
dieser Frage, es wäre gut, wenn wir früher wählen würden, damit der Wahl-
kampf und damit diese sinnlosen Behauptungen und Attacken unterblieben.
Sallinger berichtet mir dann voll Stolz, daß er mit Kreisky und Haiden
ausgemacht hat, die Handelskammer wird einen Lipizzaner, Wert 120.000 S,
Präs. Reagan geben. Dies war ein besonderer Preis für Sallinger, da er
meint, Lipizzaner kosten sond viermal so viel. Meine Zustimmung zu dieser
Aktion hat er vorausgesetzt und ich habe sie ihm jetzt ausdrücklich
jetzt noch einmal gegeben. Ich erwähnte nur nebenbei, daß auch ich ein-
mal namens der VÖEST-Alpine einen solchen Lipizzaner an einen Araber als
Geschenk feierlichst übertragen habe.
Sallinger hat dann mystisch davon gesprochen, daß die Bestellung der
engsten Mitarbeiterin des Präs. Reagan, von Damm, als Botschafterin in
Österreich noch nicht fix ist. In Wien hat die Kronen-Zeitung am Samstag
einmal darüber berichtet, er meinte, Wien hat das erst Freitag inoffizi-
ell erfahren, er wollte damit andeuten, daß er bei seinem Amerikabesuch
schon mehr über dieses Problem wußte resp. in Erfahrung bringen konnte.
Er hat jetzt angeblich mit von Damm telefoniert, die über die vorzeitige
Verlautbarung sehr ungehalten ist und gar nicht mit ihm sprechen wollte.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Vielleicht kannst du vorsichtigst recherchieren,
wieso die Kronenzeitung diese Information bekommen hat.
Der österreichische Handelsdelegierte in Moskau, Draszczyk, fragt an, ob
nicht auch Österreich darum bemühen sollte anstelle des 10-jährigen
langfristigen Wirtschaftsvertrages mit der SU einen 25-jährigen, wie in
Deutschland und Frankreich jetzt erreicht hat. Ich stelle sofort klar,
daß ich noch niemals an die SU mit einer solchen Forderung herangetreten
bin. Ich halte es für zweckmäßiger zuzuwarten, bis die Sowjets andeuten,
daß sie so etwas machen wollen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß die Sektion darüber.
Sallinger ersucht mich auch für das Sonderkontingent an Kommerzialräten,
60 Jahre Burgenland, die Präs. Graf dringendst braucht, mich positiv ein-
zusetzen. Ich erkläre, daß dies bereits geschehen ist.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte bei Husak-Besuch mich für Präs. Kirchschläger
erinnern.
Die Fa. Japa gibt jetzt sogenannte Kosmetikparties, diese sind nach §
57 der GewO ausdrücklich verboten. Die Handelskammer nimmt daher gegen
diese Party noch schärfer Stellung als seinerzeit gegen Tupperware. Die
Drogisten wehren sich mit allen Mitteln gegen diese Kosmetikparties, auch
Staatssekretär Albrecht stellt fest, daß von Standpunkt der Konsumenten
und des Konsumentenschutzes solche Kosmetikparties abzulehnen sind.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte Entsprechendes bei uns veranlassen.
Die Fa. Lurf, Kunstschmied in Kirchberg, hat ein Gitter vom Palais Trautson
renoviert, Minister Broda hat den Kauf abgelehnt, das Bundesdenkmal-
amt aber lehnt ab, daß dieses Gitter jetzt nach Deutschland verkauft wer-
den kann. Dadurch kommt die Firma in ganz schlimme finanzielle Situation.
Die Handelskammer ersucht mich um Intervention, bei der Eröffnung der
Privatangestellten-Gewerkschaftstage habe ich Frau Minister Firnberg
einen handgeschriebenen Zettel gegeben und ersucht, sie sollte die Export-
freigabe beim Bundesdenkmalamt erwirken, was sie mir auch zusagte. Bei
der Überreichung des großen Goldenen Ehrenzeichens an Frau Primar
Leodolter habe ich Minister Broda informiert, der mir erklärt hat sich
sofort dieses Falles anzunehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß Dir von den Büros über die Ergebnisse
berichten, damit man Lurf, 02641 8205, verständigt.
Ich überreiche die Handelskammer die Bürges Inserate, damit sie fest-
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stellen, ob tatsächlich damit eine Parteipropaganda, wie Abg. Steinbauer
erklärte, betrieben wird. Selbst nach genauem Studium durch Gen.Sekr.
Kehrer meinte dieser höchstens, daß überhaupt das Handelsministerium,
gar nicht der Handelsminister, wie ich sofort feststellte, im Inserat ge-
nannt wird.
Der Wunsch der Handelskammer, daß ich für die Geflügelhändler, durch die
Salmonellengerüchte sehr geschädigt, etwas unternehme, beantworte ich
dahingehend, daß dafür das Landwirtschaftsministerium 17 Mio. S zur
Verfügung hat.
Das Institut für Gewerbeforschung kann die gewünschten zusätzlichen
470.000 S zu den bereits fast 1 Mio. Subvention gegebenem Betrag vom
Handelsministerium nicht rechnen. Meine Idee von den WIFIs, 11 Mio.
250.000, etwas abzuzweigen, wird von der Handelskammer nicht goutiert.
Der Gen.Sekr. ist sehr verärgert, weil wir jetzt mit der DDR das Ölge-
schäft 290 Tage Ziel über die Österreichische Kontrollbank, VÖEST-Alpine
Intertrading, doch finanzieren können. Er meint, wenn dies in der Export-
finanzierung II, Sonderkredite, gemacht wird, dann zahlt die Handelskammer
auch 1/6 dazu. Da bei uns im Handelsministerium ja niemand Auskunft
geben kann, wie dies zu verstehen ist wird dann recherchiert und festge-
halten, daß tatsächlich diese 1/6-Lösung für den Rahmen II von der
Handelskammer ein begrenzter Zuschuß, nicht ganz 200 Mio., geleistet werden
muß.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Frag bei der VÖEST-Alpine an, wie sie jetzt end-
gültig dieses Iran-DDR-Geschäft finanzieren.
Beim Staatsbesuch Husak hoffe ich, daß die Diskussion über die Zollre-
duktionswünsche nicht kommt, sollte sie aber von der tschechischen Seite
angeschnitten werden, wird von mir eine Verhandlungsbereitschaft festge-
stellt. Kehrer äußert sich zu diesem Vorschlag überhaupt nicht.
Der Wunsch der Handelskammer bezüglich der französischen nicht-tarifari-
schen Hemmnisse, Zollämterbeschränkung für Videorecorder, französische
Textpflicht für alle Formulare und Verträge, Bezeichnung der Produkte
nicht Made in Austria, sondern Fabriqué en Autriche usw., soll, wie wir
uns nach längerer Diskussion darauf einigen, jetzt nicht sofort mit einer
Protestnote bei dem französischen Botschafter in Österreich von mir er-
folgen, sondern vorerst zwischen SC Meisl und dem Handelskammerabteilungs-
leiter Gleißner, vor allem aber auch mit dem österreichischen Handelsdele-
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gierten in Frankreich, Lukas, der jetzt gerade in Österreich ist, im De-
tail abgesprochen werden. Ich selbst schlage vor, man solle einen Stufen-
plan festlegen und vor allem nur dort gegen die französischen Maßnahmen
Protest einlegen, wo sie wirklich Österreich treffen. Kehrer ist mit
dieser Vorgangsweise letzten Endes einverstanden, da ich ihm zusichere, da
aich selbstverständlich ein Protestschritt beim französischen Botschafter
in Österreich jederzeit im Rahmen dieses Programmes möglich ist.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte die notwendigen Besprechungen
sofort aufnehmen.
Beim 10. ordentlichen Gewerkschaftstag hält Dallinger, nachdem er in der
Anrede alle erwähnt, die er begrüßen müßte, also vom Präs. des NR über
den Bundeskanzler, die Regierungsmitglieder bis zum Freund Rudi Häuser,
Vorgänger von Dallinger, gleich ein Einleitungsreferat. Dort geht er
auf die programmatischen Absichten der Privatangestellten für die
nächsten 4 Jahre ein, diese Methode wird immer häufiger von den großen
Gewerkschaften, die ja feierliche Eröffnungen machen, gehandhabt. Da
bei diesen feierlichen Eröffnungen viel Prominenz anwesend ist, gibt
es dem Vorsitzenden der Gewerkschaft eine gute Gelegenheit das Programm
dort in aller Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Frage ist für mich
nur, wie die Medien darauf reagieren werden. In Zeit im Bild konnte
ich abends dann feststellen, daß von Dallinger nichts gezeigt wurde, da-
für aber die Erklärung Kreiskys, man muß bei Arbeitszeitverkürzungen
in einer Krise wie der jetzigen äußerst vorsichtig vorgehen. Wenn die
Zeitungen dann auch so reagieren, dann ist auch dieser Weg bezüglich
einer objektiven Berichterstattung und vor allem der Information der
großen Masse der Bevölkerung nicht erfolgreich. Für uns LUGA ist von
mir persönlich schon allein aus Kostengründen eine solche aufwendige
Eröffnung stets abgelehnt worden.
Beim Journalistenfrühstück hat Stadtrat Hofmann über den Goodwill-
Export österreichischer Produkte durch die Volkshilfe, deren Präsident
er ist, verwiesen. Die Fa. Swoboda hat auf die Innovationstätigkeit einer
neuen Seilbahnkabine, die bisher immer importiert werden mußte, hinge-
wiesen. Diese neue Seilbahnkabine ist im Foyer des Handelsminister
ausgestellt; wie wir sie dann besichtigten und über die Details sprachen,
waren alle sehr beeindruckt. Ich bin sehr gespannt, ob die Presse
tatsächlich etwas veröffentlichen wird. Leider hat man der Presse nicht
den Gag mitgeteilt, MR Fellner hat beim Aufstellen der Kabine am
Samstag die Kabinentür von innen geschlossen und wäre dann bald nicht
mehr herausgekommen, denn wenn einer drinnensitzt und geschlossen hat,
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muß sie von außen mit einem Schlüssel erst wieder geöffnet werden.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Warum wurde der Presse nicht dieser Gag mitge-
teilt?
Staatssekretär Lacina berichtete dann über das Eisenbahnkooperationspro-
jekt mit Algerien. Natürlich wurde sofort von den Presseleuten dann ge-
fragt, wieso man von den über 1.000 km Streckenprojekt 78 jetzt auf
43 km zurückgefallen ist. Die 6 Mrd. S, die bis jetzt zur Verfügung ge-
stellt wurden, reichen für viel rollendes Material, das die Algerier jetzt
kaufen und eben nur für diese kurze Strecke. Die Algerier allerdings
haben auch ihre Pläne entsprechend abgeändert, jetzt sind sie draufge-
kommen, daß der Nahverkehr eine Art Schnellbahnfunktion mit den 43
km erfüllt werden soll und volkswirtschaftlich daher sehr wichtig ist.
Auf eine Anfrage konnte ich dezidiert erklären, daß wir in Algerien
passiv sind, dorthin aber vor allem noch viele Großprojekte und auch an-
dere Produkte liefern könnten, wenn wir zu einer Paketlösung kämen, die
Algerier wollen uns Gas und insbesondere Öl verkaufen und würden dafür,
so wie sie dies auch bei den Franzosen gemacht haben, dann große Lie-
ferungen aus Österreich akzeptieren. Da wir jetzt bereits fast 10 Jahren
mit der Sonatrach ergebnislos über Gaslieferungen verhandelt haben, fürche
ich, daß auch in den nächsten 10 Jahren sich dieser Zustand nicht sehr
viel ändern wird. Gasverträge allerdings wird man für das nächste Jahr-
tausend in Österreich dringend brauchen, weil die österreichische inlän-
dische Produktion stark zurückgeht.
Dir. Hautzenberg, ÖDK, berichtete über die Reparaturarbeiten an der
Rohrleitung, nach bisherigem Stand der Erkenntnisse ist das Platzen der
Rohrleitung nicht auf geologische oder bauliche Änderungen der Stütz-
punkte zurückzuführen. Die Gleitlager, wo die Rohrleitungen aufsitzen,
funktionieren scheinbar nicht zufriedenstellend, die Spannungen, die da-
durch entstehen, haben zum Riß der Leitungen geführt. Eine Materialprü-
fung resp. Kontrolle, ob dies von den Lieferfirmen verschuldet ist, er-
folgt derzeit. Die Reparaturarbeiten gehen zügig weiter, sodaß noch
mit Ende des Jahres die Leitung wieder zur Elektrizitätsversorgung zur
Verfügung stehen wird.
Hautzenbergs Vertrag läuft jetzt mit Jahresende ab, lt. Mitteilung des
Aufsichtsratsvorsitzenden muß jetzt sein Vertrag gekündigt werden, da-
mit lt. Ausschreibungsgesetz eben neue ausgeschrieben werden kann.
Hautzenberg ersucht das Ministerium diesen Vorgang zu prüfen, da sich
scheinbar niemand genau auskennt, wie jetzt aufgrund der neuen gesetzli-
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chen Situation eine Ausschreibung abgewickelt werden soll.
ANMERKUNG FÜR ZLUWA UND GROSSENDORFER: Bitte für mich die Rechtslage
klarlegen.
In der sowj. Botschaft liegt ein Kondolenzbuch für Breschnew auf. Albrecht
und ich tragen uns dort ein. Der sowjetische Botschafter Jefremow teilt
mir auch offiziell mit, daß am Freitag jetzt die Filmvorführung über den
Staatsbesuch erfolgt. Dort werden sicherlich Kirchschläger und Breschnew
zu sehen sein. Die Sowjets haben nicht nur einen Riesenkranz, sondern
auch zwei Sowjetsoldaten, die vor dem Bild Wache stehen.
Bei der Festansprache Bgm. Gratz bei der Überreichung des Großen Golde-
nen Ehrenzeichens an Dr. Leodolter erwähnt er die Leistungen, insbeson-
dere die Schaffung des neuen Ministeriums für Gesundheit und Umwelt-
schutz durch Leodolter, und dann vor allem ihre wirklich große Leistung,
die Einführung des Mutter-Kind-Passes. Bezüglich der Neuerrichtung des
Ministeriums meinte er, dadurch hätte Leodolter die Möglichkeit gehabt
dieses nach ihren Wünschen organisatorisch und personell zu besetzen.
Hier irrt Gratz aber ganz gewaltig, Leodolter war nobel genug bei ihrer
Antwortrede darauf nicht einzugehen. In Wirklichkeit hat sie aus dem
Sozialministerium die Beamten übernehmen müssen, die entweder in diesen
Abteilung tätig waren oder die das Sozialministerium auch froh war los
zu werden. Bei jeder Absplitterung in einem Ministerium gehen nicht
die guten Beamten weg, sondern die schwächeren, viele erhoffen sich näm-
lich im neuen Ministerium bessere Aufstiegschancen. Leodolter, die man
ja während ihrer 8-jährigen Ministertätigkeit sehr ungerecht behandelt
und auch beurteilt hat, empfand es als eine Genugtuung jetzt von Wien
diese hohe Auszeichnung zu bekommen. Gratz erinnerte daran, daß dies
am Leopolditag erfolgt, also sozusagen zu seinem Namenstag, Leodolter
hatte dann einen guten Gag, ihr Vater hieß auch Leopold, dort wurde
immer auch nach seinem Tod sozusagen als Familientreffen der Leopolditag
weitergefeiert, der heutige mit dieser hohen Auszeichnung ist der
schönste, den sie in der letzten Zeit gehabt hat.
Die Sitzung über Vereinbarung 15a bei Kreisky mit dem Land Steiermark,
anwesend die halbe steirische Landesregierung und alle betroffenen Mini-
ster, wäre kurz und gar nicht erfolgreich gewesen. LH Krainer hat näm-
lich sofort festgestellt, der bis jetzt ausgearbeitete Gesetzestext
findet nicht die Zustimmung der Steirer und man möge in einer kleinen
Kommission weiterverhandeln. Dies veranlaßte mich als einziger zu fra-
gen, ob auch die Fremdenverkehrsformulierung davon betroffen ist, nachdem
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wir die weitestgehende Regelung für die Steiermark jetzt aufgenommen
haben, die bereits mit Niederösterreich vereinbart ist. Krainer meinte
dann nach der Sitzung zu mir, er hätte nicht angenommen, daß ich mich
gegen die Steiermark wenden werde.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte bei den weiteren Verhandlungen äußerst
vorsichtig vorgehen.
Kreisky erwähnte dort, wie es mit Bauknecht weitergeht. LRat Fuchs be-
richtete wahrheitsgetreu, es wird jetzt über die Auffanggesellschaften
mit den Beamten verhandelt, diese müssen bis Ende Dezember gegründet
sein.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte diesen Plan unbedingt einhalten.
Kreisky fragte dann LH Krainer, wie er zu dem Projekt Elektrostahlwerk
in Diemlach anstelle der Felten-&-Guilleaume-Produktion steht. Ich per-
sönlich wußte nur, daß jetzt die 120.000 to, die dort erzeugt werden,
von der VÖEST-Alpine übernommen werden sollen. Die Idee dort eine
Kachelproduktion zu errichten wird aufgegeben.
Nach der Sitzung ist es mir dann geglückt mit Staatssekretär Lacina,
SL Wittmann und seinen Mitarbeitern, ohne daß ich mich blamiert habe,
weil ich eben wirklich nichts wußte, sehr geschickt die einzelnen Details
zu erfragen. Burian, der mit war, hat auch über Details keine Ahnung ge-
habt, sodaß wir beide uns nur durch entsprechende Zwischeninformation
von einzelnen Leuten, ohne uns eine Blöße zu geben, mitreden konnten.
Die Fakten sind eine Gruppe Koinigg, Tschockenmüller, Gartner, Spedi-
teur, der aber von Lacina abgelehnt wird und daher ausgeschieden werden
soll, interessiert sich für das Diemlacher Werk. Dieser Koinigg oder
Koiner, den Namen konnte ich nie genau hören, will einen Elektroofen
aus der italienischen Bresciagruppe kaufen und dort installieren.
Er verlangt nur die Energiezuleitung, in Wirklichkeit aber rechnet er
damit, daß er billigen Strom für die Elektrolyse bekommt. Die Zuleitung
wäre nämlich kein Problem, wohl aber dann der Strompreis. Schrott will
er importieren und gleich mit 150 Beschäftigten beginnen. Die VÖEST-
Alpine hat natürlich größte Bedenken gegen dieses Werk und auch die
Steirer sind daher sehr zurückhaltend. Angeblich hat die Gruppe bereits
in Ybbs das ehem. Schmidstahlwerk schon gekauft und erzeugt dort Knüppel.
Auch Wilhelmsburg, die ehem. Gießerei von Volker Schmid, soll erworben
werden. Wenn die Knüppel nämlich aus Italien wie ursprünglich beabsichtigt
importiert werden, macht der Anteil dann nur 26 % österreichische Wert-
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schöpfung aus. Für ein österreichisches Produkt aber sind mindestens
30 % notwendig. Bezüglich der Schrottmengen und Aufteilung meinte
Kreisky nach Mitteilung der Firma, das soll man seine Sorge sein
lassen, tatsächlich aber wird aufgrund des jetzigen Schrottlenkungsge-
setzes nach 3 Jahren dann auch diese Firma mit inländischem Schrott
beliefert werden müssen. Lange diskutiert wurde die Frage, ob man wegen
der Quotenbelastung an die EG herantreten soll. Lacina und auch ich hielten
dies dann für unzweckmäßig, denn die VÖEST-Alpine hat bereits der EGKS-
Behörde mitgeteilt, daß durch die Stillegung von Diemlach die österreichi-
sche Produktion reduziert wird. Lacina ersuchte mich ausdrücklich, daß
wir keine Schritte unternehmen sollten. Ich vereinbarte mit Lacina, daß
wir in dieser Frage engstens mitsammen vorgehen wollen. Blamabel war
nur, daß ich ja nichts im Detail vorher wußte. Dieses Nichtwissen aber
sehr gut tarnen konnte.
Fuchs hat erklärt, es gibt auch ein Nichteisenmetallprojekt, in Diemlach
soll dann eine Gießerei für Aluminium und Bronze entstehen.
Momentan gibt es aber noch die Hauptschwierigkeit, daß die Felten &
Guilleaume 120.00 Mio. S Verkaufspreis für das Werk, das jetzt von ihnen
stillgelegt wird, verlangt. Dies ist es erstens nicht wert und zweitens
würde niemals jemand einen solchen Kaufpreis dafür, für ein stillgelegtes
Stahlwerk bezahlen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was wußte unser Ministerium über diese Projekte.
Die Hauptschwierigkeit sehe ich aber darin, daß dort auch von der neuen
Firmengruppe Draht für Baustahlgitter erzeugt werden soll. Da in Öster-
reich der Baustahlgitterabsatz sehr zurückgegangen ist, selbst die Re-
gierungsaktion, über ÖNORM und Qualitätskontrolle die Importe aus Italien
zu unterbinden, bis jetzt keine Früchte gezeigten hat, sehe ich im
Produktionsprogramm große Probleme. Staatssekretär Lacina, der ja mit
mir aus unserer jahrzehntelangen AK-Tätigkeit nicht nur gut bekannt ist,
sondern auch ein Freund von mir, versichert mir, er wird stets darauf
drängen, daß gemeinsam zwischen BKA und Handelsministerium in diesen
Fragen vorgegangen wird.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte die Kontakte mit Lacina auch
in diesem Fall sofort herstellen.
Tagesprogramm, 15.11.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)