Donnerstag, 16. Dezember 1982
Im Gewerbestrukturbeirat in der Bürges berichtet die Geschäftsführung,
daß der Rückgang der Anträge, aber auch der Kreditsumme, bis zu 25 %
in den ersten 3 Quartalen, sich jetzt wesentlich verbessert hat.
Noch immer sind die Aktionen im Vergleich zum Vorjahr bis Ende
November negativ: Gewerbestrukturkreditvolumen bis 15 %, Klein-
gewerbeaktion bis 8 %, Fremdenverkehrssonderaktion bis 17 % weniger
Kreditvolumen vergeben als im Vorjahr. Nur die Existenzgründung hat
noch immer ein positives Resultat, 11 % mehr Anträge und auch das
Kreditvolumen gegenüber dem Vorjahr + 0,3 %. Natürlich kommt mit
der Budgetzuteilung vom Handelsministerium die Bürges leicht aus.
Aus der positiven Gebarung können für das nächste Jahr 70 Mio. S über-
tragen werden.
Über die Zinsobergrenzensenkung hat die AK 1 % vorgeschlagen, die
Handelskammer 1/2 %, wird der Kompromiß von 3/4 %, den Jagoda macht,
akzeptiert. Für die Kleingewerbekreditaktion wird dieser dann 9 %
sein und für Gewerbestruktur 9 1/2 %. Trotzdem glaube ich ist die
Flaute auch bei Klein- und Mittelbetrieben der Investitionsbereitschaft
durch noch so günstige Kreditmaßnahmen nicht zu beenden. Entschei-
dend ist für einen Unternehmer, ob er investiert, daß die Produkte,
die er dann daraus erzeugen könnte, eben verkaufen kann. Bei einem
derartigen miesen Wirtschaftsklima, wie wir es derzeit haben, ist
dies halt nicht in dem Ausmaß der Fall, als er erwartet.
Über die Richtlinienänderung für Gewerbestrukturkredite einigt sich
der Beirat insofern, als alle Gruppen ihre extremen Wünsche dokumen-
tieren, mehr oder minder dann die zwischen Gen.Sekr. Kehrer, Bundes-
kammer, Dkfm. Blaha, AK, und mir abgesprochene Kompromißlinie dann
doch akzeptieren.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Wie ist es dann im Detail noch endgültig ver-
laufen und beschlossen worden.
Bei der Staatswappenverleihung an den ersten gewerblichen Bäcker in
Wien, Mann, hat der Bundesinnungsmeister Maureder, aber auch Präs.
Sallinger besonders auf die kritische Situation des Bäckergewerbes
bezüglich der verzögernden Brot- und Semmelpreiserhöhungen verwiesen.
Diese Bäckerei macht mit 83 Beschäftigten 60 Mio. S Umsatz, 10 % davon
für die McDonald's-Hamburgerbrötchen, wofür um 4 Mio. S eine eigene
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Anlage gebaut werden mußte, die, wie mir der Chef dann mitgeteilt hat,
jetzt noch vergrößert werden muß. Überrascht war ich, daß tatsächlich
dieser Betrieb in der Vergangenheit Brot bis nach Libanon exportieren
konnte. Er hofft, daß jetzt wieder diese Exportmöglichkeiten dann bei
einer friedlichen Entwicklung im Libanon möglich wären. Derzeit hat
er leider überhaupt keine Chance, denn schon wieder beginnen dort die
Kampfhandlungen zwischen den einzelnen Gruppen.
Eine Gruppe von Köchen hat für 1.000 DM am Tag rausgefunden, daß man
in Deutschland dafür in den Hotels in Österreichwochen österreichische
Spezialitäten herstellen kann. Hotels, die sie mieten, kommen in den
12 Tagen auf einen Umsatz von 40.000 bis 60.000 DM. Sie wollen vom
Handelsministerium keine finanzielle Unterstützung, wohl aber soll
man ihre Aktivitäten durch die ÖFVW oder durch entsprechenden Ein-
fluß auf die Landesfremdenverkehrsverantwortlichen durch Vermittlung
fördern.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Zolles und Würzl darüber reden.
Der Aufsichtsratspräsident der Verbund, Mussil, glaubt allen Ernstes,
wenn er zu mir kommt, bin ich sofort bereit die Vorstandsverträge
entsprechend besser zu dotieren, als ich laut Vertrag leider machen
muß. "Leider" sage ich deshalb, weil gerade jetzt die Bezüge der E-
Wirtschaft durch den Profilartikel von Worm sozusagen in aller Munde
sind. Richtig ist, daß es in den einzelnen Gesellschaften, sowohl
im Verbundkonzern, aber noch viel stärker in den Landesgesellschaften,
ganz verschiedene und stark differenzierte Bezüge gibt. Die Grazer
und Wiener sind am tiefsten, Sondergesellschaften der Verbund
am höchsten, vereinzelt haben jetzt einzelne Landesgesellschaften
nachgezogen, teilweise sogar vielleicht auch wirklich die Spitze er-
reicht. Ich erkläre Mussil dezidiert, daß der vertragliche Mindest-
erhöhungsfaktor 4,4 % von mir akzeptiert wird und nicht mehr. Die
Regelung der Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten ist insofern
günstiger, als dort ein höherer Prozentsatz zu Anwendung kommt, der
sich wieder aus einer Vertragsvereinbarung ergibt, wonach die
über die Mindestregelung hinausgehende Erhöhung in einen Topf kommt
und dort entsprechend individuell verteilt werden kann.
Ich erkläre Mussil außerdem, daß jetzt die beabsichtigte vertragliche
Pensionsregelung, bis jetzt war eine de jure freiwillige, nur dann von
mir akzeptiert wird, wenn entsprechende Gutachten vorliegen, die be-
stätigen, daß auch die jetzige freiwillige Pension durch die Länge
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der Dauer und vor allem auch durch die Formulierung eine quasi
automatische ist.
Über dieses Problem gibt es dann noch am Abend eine lange Diskussion
zwischen NR Köck, BRO Nischkauer und dem dafür fachlich zuständigen
Dr. Turner der Verbund und Grossendorfer und mir. Da diese Regelung
bis zu außerordentlichen Hauptversammlung, die dies beschließen sollte,
geregelt werden muß, haben die Betriebsräte jetzt zugestimmt, daß
die sogenannte freiwillige Pension um 21 % gekürzt wird. Dabei gibt
es Ungereimtheiten und Protektionen, da vereinzelte Ansätze bis
zu 80 % gekürzt wurden resp. werden mußten. In der E-Wirtschaft ist
es tatsächlich, ohne daß ich davon etwas wußte, größtenteils auch vor
meiner Kompetenzverantwortlichkeit, zu Regelungen gekommen, die man
gerade in der jetzigen Zeit kaum vertreten kann. Überrascht war
ich, daß am 3. Mai 77 zwischen dem Vorstand und der Belegschaft
auch ein sogenannter Treuebrief vereinbart wurde, wonach nach 20-
jähriger Betriebsangehörigkeit ein Kündigungsschutz gegeben war.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß die Belegschaft geglaubt hat,
daß es auch in Hinkunft nur noch positive Beschlüsse über entsprechen-
de weitere soziale Verbesserungen geben wird, ohne daß der Vorstand
dagegen im Interesse des Unternehmens irgendwelche andere Gegenfor-
derungen durchsetzt. Hier stoßen sie natürlich beim jetzigen General-
direktor Fremuth auf Granit. Dieser erklärt mir immer wieder, er
muß eben durch Kleinarbeit und äußerst schwierige und langwierige
Verhandlungen versuchen den Betrieb wirklich auch in dieser Bezie-
hung in die Hand zu bekommen. Mussil selbst hat mir ja gesagt, früher
war es eben ein reiner Gewerkschaftsbetrieb, als ehem. Gen.Sekr, der
Bundeskammer versteht er darunter, daß die Betriebsräte dort das
Sagen hatten. Dies dürfte auch tatsächlich gestimmt haben.
Nischkauer teilte mir dann mit, daß die Unzulänglichkeiten in einzel-
nen Verträgen darauf zurückzuführen sind, weil die Betriebsräte vor
dem Zeitpunkt, wo ich ein entsprechendes Mitwirkungsrecht ihnen ver-
schafft habe, niemals gewußt haben, wie die Vorstandsverträge zu-
standegekommen sind und was sie beinhalten. Dieses Mitspracherecht
habe ich ihnen verschafft und dabei bleibt es auch. Dies habe ich auch
NR Wille, der meinte, es gäbe jetzt wieder Schwierigkeiten in der
Verbundgesellschaft, erklärt. Entschieden habe ich aber festgestellt,
daß ich ausschließlich und einzig darauf Wert lege, wenn es Diffe-
renzen gibt, daß dann beide Teile gleichzeitig zu mir kommen, damit
sie bereinigt werden.
Die Verbund wird jetzt außer von Prof. Tomandl, der aus der Handels-
kammer gekommen ist, von Prof. Strasser, der aus der AK kommt, und von
der AK selbst entsprechende Gutachten vorlegen.
Dieses Problem habe ich mit SL Zluwa abgesprochen, der mir erklärt
hatte, wenn drei Gutachten vorliegen, dann sieht er keine wie immer
geartete Schwierigkeit mehr in Zukunft, auch nicht mit dem Rechnungs-
hof, warum diese Umstellung von freiwillig auf vertraglich verankert
akzeptiert werden mußte.
Der Vorsitzende des Fachverbandes der Papierindustrie Stepski und
insbesondere Dr. Steurer, der ja die ganzen Stellungnahmen erarbeitet,
haben mir ein Papier überreicht, was geschehen müßte, damit die
Papierindustrie jetzt der Abwertung der schwedischen Krone um 16
% und damit den entsprechenden Preisverbilligungen auf ihrem Sektor
bei Importen aus diesem Land begegnen kann. Die Vorschläge sind sehr
vernünftig, Ausdehnung der Exportkredite, darüber habe ich sofort Ge-
spräche mit GD Kienzl von der OeNB, Dr. Castellez von der Kontrollbank
vermittelt. Der Wunsch eine entsprechende Studie vom Handelsministe-
rium zu finanzieren wurde mit 1/3 Kostenübernahme auch akzeptiert,
die Handelskammer wird ein zweites Drittel beistellen und die Indu-
strie selbst das dritte Drittel.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächstes Jour fixe HK setzen.
Die Papierindustrie möchte auch vorübergehend zumindestens eine
Strompreisermäßigung; da sie von den Landesgesellschaften beziehen,
habe ich die Energiesektion ersucht, diesbezügliche Gespräche mit
den Landesgesellschaften aufzunehmen, ich bin nicht überzeugt, daß
es gelingen wird auch hier nur einen Groschen von den Landesgesell-
schaften Strompreisnachlaß zu bekommen.
Eine weitere Investitionsförderung ist, wie Steurer mir sofort zuge-
geben hat, nur auf dem Papier verlangt worden, sie wissen ganz genau,
daß da es sich hier nur um vorübergehende Maßnahmen handeln kann,
spätestens in einem halben Jahr ist ja die Abwertung von 16 % durch
Preissteigerungen in der Papierindustrie in Schweden längst wieder
aufgebraucht, besteht kaum eine Chance langfristige Maßnahmen dafür
zu bekommen.
Da ich ja sofort die entsprechenden Beschlüsse gefaßt habe resp.
alle notwendigen Verhandlungen mit anderen Stellen vorbereitet
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habe, an denen dann auch SC Marsch teilnehmen wird, war Stepski, aber
auch Steurer von meiner Art der Erledigung, wie sie mir dann auch
sagten, sehr begeistert. Mein altes Prinzip hat sich wieder einmal
bewahrheitet. Wenn man etwas erledigen muß, ist es am besten, man er-
ledigt es sofort, wenn man dann selbst nur 1/3 dessen gibt, was ge-
fordert wird, ist es noch immer ein Riesenerfolg, das Schlechteste
ist alles auf die lange Bank zu schieben, selbst wenn man nachher
die Forderungen 100-%ig erfüllt, wirkt es nicht annähernd mehr so
wie eben meine Methode.
ANMERKUNG FÜR ALLE: Wenn möglich, bitte auch, wie ich bereits seit
Jahrzehnten sage, dieses System bei der Bürokratie durchsetzen.
SC Peyerl hat im Marmorsaal seinen Abschiedsempfang gegeben. Staats-
sekretär Albrecht hat ihm Blumen gebracht, ich habe ihm mit meiner
Ansprache auch Blumen im wahrsten Sinne des Wortes überreicht. Ins-
besondere dankte ich ihm, daß er es doch ermöglicht hat, die reibungs-
lose Übergabe von der Sektionsleitung jetzt an Zluwa.
Bei diesem Empfang habe ich unseren Geologen Weiss getroffen der
von der Eröffnung der Gruppe in Sierra Leone zurückgekommen ist und
mir darüber sehr positiv berichtete.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte veranlaß, daß in Hinkunft, wenn einer
zurückkommt, mir sofort telefonisch einen Bericht gibt.
Die Betriebsräte hatten bei Kreisky wegen der zollfreien TV-Röhren-
importe aus Japan einen Vorsprachetermin. Leider war zu diesem Zeit-
punkt genau eine Abstimmung im Parlament, weshalb ich nicht wegkonnte.
Kreisky selbst dürfte ja jetzt mit der Parlamentsführung nicht ge-
rade im besten Verhältnis sein, denn bis vor ein paar Tagen hat er
noch alle Besprechungen im Parlament abgehalten, jetzt hat er den
letzten Ministerrat schon wieder ins BKA verlegt, auch dann, wenn Par-
lamentssitzung ist, ebenso hat er jetzt keine Besprechungen mehr im
Parlament, sondern alle wieder im BKA. Ich bin daher ganz selbstver-
ständlich bei der Kampfabstimmung im Parlament verblieben und eben
später erst zu dieser Sitzung dazugestoßen. Dort hatten bereits die
beiden Direktoren Brandtner und insbesondere Weinzierl Kreisky infor-
miert, daß wenn eben nicht ihre berechtigte Forderung auf weitere
Zollsenkung der japanischen Farbfernsehröhren kommt, dann müßten
sie entsprechende Leute entlassen, Kreisky war daher, als ich hinge-
kommen bin, innerlich sicher schon festgelegt, das muß eben jetzt
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sofort gemacht werden. In teilweise sehr harten Auseinandersetzungen
habe ich dann den Betriebsräten und vor allem den Direktoren klarge-
macht, daß es mir persönlich gar nicht darum geht, ob ich Philips be-
vorzugen will oder Grundig, sondern daß ich eine Lösung finden muß,
damit eben nicht einer der beiden entsprechende Maßnahmen dann setzt.
Innerlich bin ich nämlich fest davon überzeugt, daß beide nur da-
rauf warten, wenn sie Beschäftigte freisetzen müssen, dann zu erklären,
daran ist das Handelsministerium, im Besonderen Handelsminister
Staribacher schuld. Kreisky konnte dann glaube ich überzeugt werden,
daß es eben gar nicht so leicht ist jetzt sofort eine Lösung zu
finden; als ich ihm angedeutet habe, er müsse ja dann auch noch mit
Philips reden, meinte er, nein, nein, das macht nur ihr.
Eine Rücksprache mit dem Finanzminister Salcher im Parlament ergab
dann, daß wir auf alle Fälle bei der jetzigen Entscheidung, keine
weitere Zollsenkung für japanische Farbfernsehröhren, bleiben sollen,
dies entspricht dem EG-Österreich-Vertrag und auch den EFTA-Verein-
barungen. Da die Fa. Grundig erklärt, sie hätte für die schon einge-
bauten Farbfernsehröhreneinen Zoll von 50 Mio. S bezahlen müssen,
selbst aber jetzt keine volle Zollbefreiung von 15 %, sondern nur mehr
von 10 % verlangt, kann man den 50 Mio. Mehrleistung um 1/3 kürzen,
Salcher wird jetzt sich bemühen sich mit Dallinger über die Arbeits-
marktförderung, damit Grundig eben die Beschäftigten hält, den Be-
trag von 33 Mio. S flüssig zu machen. Dagegen wird Philips nichts
unternehmen können, weil sie vor längerer Zeit mir in einem Brief
bestätigt haben, daß Grundig eben anders entschädigt werden sollte,
wobei allerdings dieses anders nicht genau definiert wurde.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte diese Variante, 33 Mio. S Stützung, jetzt
sofort mit dem Finanzministerbüro finalisieren.
Im Kaiserhaus Wallnerstraße, das dem österreichischen Patentamt ge-
hört und herrliche Repräsentationsräume besitzt, hat Präs. Leberl den
alten Präs. Leidenfrost und seinem Vize Wittmann verabschiedet und
die neuen Präs. Wurzinger und Schragel eingeführt, bei denen ich mich
auch entsprechend bedankte für die Tätigkeit und den Neuen alles
Gute für die Zukunft wünschte. Dieser oberste Patent- und Markensenat
mußte beim Patentamt gebildet werden, weil der Verfassungsgerichtshof
65 die Regelung 1899, wo der oberste Patentgerichtshof errichtet
wurde, aufgehoben hat und mehr oder minder eine neue Regelung not-
wendig wurde. Unwahrscheinlich, wie die Verfassungslage aus dem vori-
gen Jahrhundert erst sozusagen in den 70-er Jahren geändert wurde
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und die Verfassler sind sicherlich der Meinung, verbessert wurde, ob
dies stimmt, wird wirklich erst die Zukunft weisen. Meiner Meinung
nach ist dieses ewige Ändern und vor allem das Verrechtlichen unserer
ganzen Gesellschaft und insbesondere der Wirtschaft kein glücklicher
Trend.
Im SPÖ-Präsidium, das im Parlament stundenlang tagte wurden verschie-
denste Probleme des Bezirksvorstehers besprochen. Während der alte
Bezirksvorsteher Berger kaum das Präsidium, ja nicht einmal die Be-
zirksräte befragte, angeblich aber auch wirklich nichts getan hat,
um zu koordinieren, überzieht meiner Meinung nach der jetzige Bez.-
Vst. Reviczky dies ein wenig.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich glaube, man sollte ihn motivieren mehr selbst
Entscheidungen zu treffen.
Im Parlament gab es zuerst das Kapitel Land- und Forstwirtschaft, dies
ist verhältnsimäßig sehr ruhig gelaufen, wie mir Haiden berichtete;
als dann allerdings Staatssekretär Schober von der Regierungsbank
her über die Genossenschaften, insbesondere auch über die Einfuhr
von Äpfel über die ÖVP herzog, gab es den richtigen und obligaten
Wirbel. Schober mußte sich allerdings sagen lassen, daß jetzt sogar
auch der Landwirtschaftsminister Einfuhr von Äpfeln gegen Export von
Fischmarinaden, also einer Kompensation mit Ungarn, zustimmen mußte.
Bei den 14 Gesetzen, die dann anschließend noch verhandelt wurden
und bis spät abends dauerten, war auch der Beharrungsbeschluß über die
Parteienfinanzierung, da ja die ÖVP mit der Bundesratsmehrheit abge-
lehnt hatte. Über diesen Beharrungsbeschluß gab es dann natürlich
eine sehr interessante und teils auch sehr heftige Diskussion. Die
ÖVP hatte sich als Taktik ausgedacht, daß sie und die FPÖ auch den
Saal verlassen werden, den Fehler, den dabei Abg. Schüssel als letzter
Redner machte, daß mit hauchdünner Mehrheit die SPÖ dieses Gesetz
neuerdings beschließen wird. Da aber alle Abgeordneten den Saal ver-
lassen haben, nur ein Abg. muß in diesem Fall von der ÖVP drinnen
bleiben, verlangte Klubobmann Fischer sehr schnell und sehr geschickt
dies nützend eine Auszählung der Stimmen, das Ergebnis war, daß mit
93 zu 1 Stimme ausgezählt das Gesetz beschlossen wurde, in diesem
Fall kann man optisch nicht von einer knappen Mehrheit reden. Der
Gag ist Fischer gelungen, ob wir allerdings mit diesem Finanzierungs-
gesetz glücklich werden, bezweifle ich. Die Parteien haben sich damit
sehr große Fesseln aufgelegt, auch die SPÖ. Die Finanzierung über die
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befreundeten Organisationen wird gar nicht mehr so einfach sein.
Tagesprogramm, 16.12.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)