Mittwoch, 26. Jänner 1983
Eine Besprechung mit dem Unilever-BRO Bayer und dem LUGA-Sekretären
ergab, daß Bensdorp von Unilever doch nicht verkauft wird. Eine Aus-
sprache bei Suchard in Vorarlberg ergab, daß diese Firma eine Kapa-
zität von 24.000 to in der Bludenzer Fabrik erzeugen kann, 18.000
davon brauchen sie jetzt schon, dazu kommen die 3.000 to von Mirabell
in Salzburg. Derzeit produziert Bensdorp 12.000 to, sodaß an eine
Stillegung des Tullner Werkes nicht zu denken ist. Suchard wird mit
einer Zusammenarbeit mit Bensdorp nur gegen die deutsche Konkurrenz
versuchen den österreichischen Markt zu halten. Die deutsche Firma
Ritter in Deutschland, 700 Beschäftigte, ein Umsatz von 2,1 Mrd. S,
wird, wenn sie Walde in Tirol erwirbt, über diese Verkaufsorganisation
versuchen in den österreichischen Markt einzudringen. Suchard wird
in Hinkunft die Schokoladeproduktion dem Typ nach zart, Bensdorp
den Typ nach sportlich beibehalten und hofft mit der Kooperation der
deutschen Konkurrenz besser standhalten zu können. Bei der gestrigen
Aufsichtsratssitzung hat BRO Bayer die Forderungswünsche der Be-
legschaftsvertreter an die Unternehmungsleitung festgelegt, danach
würden alle Unileverbetriebe solidarisch zusammenstehen, um die Ar-
beitsplätze in Tulln, d.h. die Aufrechterhaltung der Tullner Produktion
zu sichern.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Mandl soll dieser Entwicklung besonderes Augen-
merk zuwenden.
Die Fraktion soz. Gewerkschafter, Landesgruppe Wien, hat ihren Jahres-
kongreß abgehalten. Bei dieser Landesgruppe sind alle 15 Gewerkschaften
durch entsprechende Delegierte, daher auch die LUGA vertreten. Landes-
gruppenobmann Pöder hielt eine sehr herzliche Begrüßung vieler Honora-
tioren, von der Regierung waren Firnberg, Rösch, Dallinger und ich er-
schienen. Kreisky selbst hielt ja dann am Nachmittag vor diesem Kon-
greß sein politisches Referat.
Im Parlament tagte zum letzten Mal der Unterausschuß zur Vorbehandlung
des Volksbegehrens auf Aufhebung des Sperrgesetzes zum Betrieb des
KKW Zwentendorf. Die ÖVP hatte bei der letzten Sitzung verlangt, daß
über die Betonwanne, die errichtet wurde, um erdbebensicher das Kraft-
werk zu gestalten, Univ.Prof. Reifenstuhl als Fachmann vor dem Unter-
ausschuß aussagen sollte. Dieser erörterte neben dem Univ.Prof.
Rauch, der das letztemal schon die physikalische Erklärung gegeben
hatte und diesmal wieder ergänzte, die Wannenkonstruktion und insbe-
sondere die Abdichtung gegenüber dem Grundwasser bis in das letzte
Detail. Wenn man weiß, daß diese ganzen Aussprachen der ÖVP nur
dazu dienen über die Runden zu kommen, so fragt man sich wirklich,
ob dieser Aufwand an Experten und an Zeit überhaupt zweckmäßig ist.
Der Gesundheitssprecher der ÖVP, der das nächste Mal wahrscheinlich
gar nicht mehr im Parlament mehr sein wird, da ihn seine Gruppe nicht
auf einen wählbaren Platz bringen kann, machte wieder das Fragespiel
bis ins letzte Detail. Die Univ.Professoren und Fachleute müssen sich
ga wirklich fragen, was soll dies.
Da die seinerzeit von der ÖVP gestellten einzelnen Abschnitte der
notwendigen Auskünfte alle jetzt durchgearbeitet wurden, mit Ausnahme
des Problemes der Entsorgung, stellte ich nach stundenlangen Verhand-
lungen fest, daß damit wohl jetzt außer dem Kapitel der Entsorgung
alle Fragen geklärt sind. Die ÖVP, insbesondere auch Energiesprecher
König, mußte dies zugeben, meinte aber, sie hätten aber keine Wertung
der Aussagen vorgenommen. Meine Argumentation dagegen ist, daß es aber
notwendig gewesen wäre, wenn noch offene Probleme bestanden hätten,
daß man die mit den Experten hätte diskutieren müssen. Selbst der
Abg. Stix, der ja immer gegen das Kernkraftwerk war, erklärte, in seinem
Abschlußbericht wird nicht nochmals eine Diskussion über die schon
abgeführten Probleme gefordert Da aber die ÖVP einer Regelung in
dieser Legislaturperiode ja gar nicht zustimmen wollte, die SPÖ aber
mit der Erklärung, nur mit 2/3-Mehrheit im Parlament ein Gesetz zu
beschließen, war man längerer Zeit sich schon einig, daß überhaupt
keine Behandlung im Handelsausschuß, geschweige denn im Plenum erfol-
gen soll. Ich erklärte letzten Endes, es nützen die ganzen noch so gut
gemeinten Aufklärungen der Experten und der Wissenschaftsverantwortli-
chen im Parlamentsunterausschuß nichts, wenn es sich bei den Diskus-
sionen und Auseinandersetzungen um das Kernkraftwerk in Wirklich-
keit schön langsam um eine Glaubensfrage handelt. Der Obmann des
Handelsausschusses und gleichzeitig auch des Unterausschusses, Staudin-
ger, erklärte dann auch die Tätigkeit des Unterausschusses als beendet,
ein gemeinsamer Bericht, ja überhaupt ein Bericht wird dem Handels-
ausschuß gegeben, der Unterausschuß ist sozusagen selig dem Herren
entschlagen, mit Ende der Legislaturperiode erlischt seine Tätigkeit,
alle nicht erledigten Gesetzesanträge sind verfallen. Ich glaube
aber, daß es besser war diesen Weg zu gehen, als im Unterausschuß einen
Minderheitsbericht abzufassen, im Handelsausschuß dann einen Mehrheits-
beschluß herbeizuführen und dann im Plenum eine Atomdebatte zu führen,
die nichts anderes bringen würde als das Aufleben der Atomdiskussion
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vor der Nationalratswahl.
Die jugoslawische Firma Radenska hat mit der deutschen Firma Kajo,
die in Österreich eine Niederlassung hat und von hier aus ihr kalorien-
armes Fruchtsaftgetränk Deit vertreibt, den Essenzbezug aus Österreich
eingestellt. Radenska wäre vertraglich verpflichtet diese Essenzen
aus Österreich zu beziehen. Aus Devisenmangel, nach jugoslawischer An-
sicht force majeure, höhere Gewalt, kann und will sie dies nicht
mehr tun. Der Fa. Kajo ist dadurch ein Schaden von 21 Mio. S entstanden.
1 Mio. haben die Jugoslawen bezahlt, um 1,3 Mio. wird jetzt noch verhan-
delt. Die Fa. Kajo will jetzt noch mit anderen jugoslawischen Firmen
Kontakt aufnehmen, die Belgrader Behörden haben aber den jugoslawischen
Firmen dies verboten. Wir einigten uns darauf, daß MR Feith neuerdings
bei den Jugoslawen gegen diese Vorgangsweise protestieren wird. Die
ganze Frage wird außerdem beim österreichisch-jugoslawischen Handels-
kammerkontaktkomitee nächste Sitzung in Belgrad zur Sprache gebracht.
Müller von der Fa. Kajo erbat dann Unterstützung für eine Deitproduk-
tion in der SU. Mit der sowj. Handelskammer, Vizepräsident Pitowranow,
wurden diesbezügliche Gespräche in Moskau schon geführt. Dort würde
sofort eine große Produktion von 1 Mrd. Flaschen, Umsatz 350 Mio., aufge-
nommen werden, wenn das sowjetische Außenhandelsministerium eine dies-
bezügliche positive Stellungnahme abgibt. In der SU werden jetzt in
immer stärkerem Maße Westgetränke produziert. Pepsi Cola soll angeb-
lich jetzt von 10 Abfüllern auf 25 Abfüllern erweitert werden. Deit
hofft als kalorienarmes alkoholfreies Getränk in der SU bei den ja
sehr bekannten sowjetischen Frauen entsprechende Absatzmöglichkeiten
zu haben. Ich sagte Herrn Müller selbstverständlich entsprechende Unter-
stützung insbesondere bei der nächsten Gemischten Kommission zu. Müller
wird entsprechende Unterlagen zeitgerecht zur Verfügung stellen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Fälbl soll dies mit mir besprechen.
Im Unterausschuß des Handelsausschusses über Produktsicherheitsgesetz
gab es einen verspäteten Beginn. Die ÖVP-Fraktion wollte noch mit ihrer
Experten Details besprechen. In Wirklichkeit aber war die ÖVP-Fraktion
aber dann in der Sitzung zu diesem Gesetz sehr positiv eingestellt.
Die Abg. Tichy-Schreder hat gleich einleitend bemerkt, daß die ÖVP
diesem Gesetzentwurf zustimmt und Frau Staatssekretär Albrecht dafür
sogar gratuliert. Auch die FPÖ, Dr. Stix, erklärte ihre Zustimmung, sodaß
einer Beschlußfassung nichts mehr im Wege stand. Staatssekretär Albrecht
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war natürlich darüber sehr erfreut, weil es immerhin ihr Gesetz ist,
was noch im letzten Moment in dieser Legislaturperiode beschlossen
wird. Im Unterausschuß gab es daher fast überhaupt keine Diskussion,
der Vertreter des Zentralarbeitsinspektorates vom Sozialministe-
rium dagegen wollte, daß die Arbeitsinspektoren aus dem Gesetz ausgenom-
men werden. Aufgrund des Arbeitsinspektionsgesetzes hat, wie der zu-
ständige Ministerialrat vom Sozialministerium ausführte, der Arbeits-
inspektor ein besonderes Vertrauensverhältnis mit den Unternehmern
in den Betrieben. Dieses könnte nach Meinung des Sozialministeriums-
vertreters gestört werden, wenn das jetzige zu beschließende Gesetz
vorsieht, alle Dienststellen, aber auch Untersuchungsanstalten usw.
haben die Pflicht, wenn sie gefährliche Produkte irgendwo bemerken, dies
dem Handelsministerium mitzuteilen. Selbstverständlich ist auch das
Handelsministerium zur strengsten Verschwiegenheit verpflichtet, trotz-
dem glaubt aber das Arbeitsinspektorat, es würde sein besonderes Ver-
trauensverhältnis mit den Unternehmern dadurch gestört werden. Diese
Argumentation geht meiner Meinung nach ganz daneben. Die Arbeitsin-
spektion beschränkt sich auf die Sicherheit der Arbeitnehmer. Dort
mag es ein Vertrauensverhältnis geben, eine Firmenleitung ist verpflich-
tet dem Arbeitsinspektor z.B. über die Zusammensetzung von chemischen
Produktionen Auskunft zu geben, damit festgestellt werden kann, ob die
dort Beschäftigten dadurch gesundheitlich gefährdet werden. Die Forde-
rung auf Ausnahme wurde daher von allen drei im Unterausschuß ver-
tretenen Parteien entschieden abgelehnt.
Nach der Sitzung habe ich den Ministerialrat des Sozialministeriums
meine Meinung noch deutlicher gesagt, die Arbeitsinspektoren sind mei-
stens Gewerkschaftsvertrauensleute. Die Unternehmer haben daher eine
gewisse Aversion gegen diese Arbeitsinspektorate. Aus meiner Praxis
weiß ich daher auch, daß das Vertrauensverhältnis ganz anders zustande
kommt und aufgebaut wird, als dies im Unterausschuß von dem Sozial-
ministeriumvertreter dargelegt wurde.
Mit dem Präsidialisten Schuberth und SC Jagoda besprach ich neuerdings
die Frage der Errichtung einer Abteilung über die innere Kontrolle.
Diese Forderung wird nach wie vor vom Rechnungshof erhoben, ein Referat,
wie wir es derzeit haben, genügt ihm nicht. Auch Staatssekretär Löschnak
meint, man müsse doch der inneren Kontrolle ein größeres Augenmerk
zuwenden. Das Bautenministerium wird jetzt, wie SL Schuberth erklärte,
im Rahmen des Präsidiums eine solche Abteilung wahrscheinlich errichten.
In diesem Fall wäre es meiner Meinung nach zweckmäßig, so wie wir eine
gemeinsame Rechtsabteilung und eine gemeinsame Budgetabteilung im
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Rahmen des gemeinsamen Präsidiums zwischen Bauten und Handelsministe-
rium haben, vielleicht auch diese Abteilung dann für innere Kontrolle
zu führen. SL Schuberth wird diesbezüglich alle Gespräche aufnehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Du hast die Diskussion ja mitverfolgt, bitte
mich ständig am Laufenden zu halten.
Tagesprogramm, 26.1.1983